3 ~ Kapitel 10
„Liebst du mich wirklich?", fragte mich Adriel entsetzt, wobei ich mir nicht sicher war, ob er entsetzt war, weil er sich nicht sicher war, ob ich ihn liebte, oder ob es wohl an meinen rot aufflackernden Augen gewesen war.
Ich schüttelte verwirrt den Kopf: „Wie kommst du darauf, dass ich es nicht tue?"
Diese Aussage hatte mich überrumpelt. Eigentlich wollte ich ihn nur in seinem Atelier überraschen, doch nun wirkte er ziemlich erschrocken. Seine Anwesenheit raubte mir die Kontrolle über meine Sinne. Ich konnte nichts gegen meine Augen machen.
Er schüttelte den Kopf: „Es ist nur... ich weiß nichts über dich. Immer wenn ich nach deiner Familie frage, weichst du dem aus, außerdem besteht unsere Beziehung hauptsächlich aus Sex..."
Ich seufzte und stellte mich ihm gegenüber: „Ich liebe dich. Vertrau mir."
„Ich würde dir gerne vertrauen, wenn ich irgendwas über dich wüsste. Alter. Nachname... irgendwas."
„Ich hab keinen Nachnamen.", stellte ich fachlich fest und ließ ihn dann los: „Ich würde es dir gerne erzählen, aber du würdest mir nicht glauben. Oder du würdest mich hassen. Wenn ich mich sogar selbst nicht leiden kann."
Ich wusste nicht woher die ganzen Gefühle auf einmal kamen, doch ich wurde überflutet von ihnen. Von allen Seiten, als wäre meine innere Barriere komplett zerbrochen.
„Ich könnte dich nie hassen.", stellte er fest und umschlang meine Taille von hinten, weshalb ich mich zurück lehnte: „Das sagst du jetzt...", dann gab ich nach: „Ich komme später zu dir nach Hause. Wenn du mich wirklich liebst, wenn du denkst du wirst mit meiner Lebensgeschichte fertig, dann lass mich hinein. Wenn nicht, dann siehst du mich nie wieder und ich verspreche dir Paris zu verlassen."
Ich hatte damals ganz fest damit gerechnet, dass ich vor der Tür stehen gelassen werden würde, doch er öffnete mit die Tür. Er wollte sich alles anhören. Vom Anfang bis zum Ende. Zu dieser Zeit waren vier Monate vergangen seit dem Zeitpunkt an dem wir uns kennengelernt hatten.
Nervös setzte ich mich an seinen Esstisch und verschränkte die Hände: „Okay. Wie soll ich anfangen?"
Er überlegte und schob mir eine Tasse Tee entgegen: „Deine Familie."
Ich seufzte und sah in das Glas hinein: „Ich habe einen älteren Bruder. Er ist ein Arschloch. Ich habe ihn schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Meine Mutter ist schon tot und mein Vater genießt das Leben auf Kosten anderer."
Ja das war eine gute Umschreibung für: Mein Vater brachte Leute um und Brüderchen war ein brutaler Sadist.
Ich musste auflachen als ich daran dachte wie ich mich selbst gelobt hatte. Adriel hatte sich noch nie mit so einfachen Antworten abgegeben. So auch in diesem Fall nicht: „Was bedeutet, dass er auf Kosten anderer sein Leben genießt. Was arbeitet er denn?"
Ich biss mir auf die Unterlippe und kniff die Augen zusammen. Unentschlossen erhob ich mich von meinem Stuhl und ging zum Fenster. Auf den Straßen Paris herrschte wie immer ein reges Treiben. Händler verkauften ihre Sachen, Menschen kauften Nahrung. Feilschten und versuchten möglichst unauffällig zu sein. Vielleicht hatte ich schon von zehn Leuten auf diesem Platz irgendeinen weit entfernten Verwandten auf dem Gewissen. Das war ein schrecklicher Gedanke. Ich wusste nicht weshalb ich ihn so schlimm fand. Sonst hatte es mir doch auch nichts ausgemacht.
„Ich bin ein Monster, Adriel.", ich setzte ab, ließ meinen Blick nicht von den Leuten: „Wenn ich dir alles erzähle, wirst du mich nicht mehr lieben. Ich habe grausame Dinge getan. Ich bin ein Monster."
„Das kann ich mir nicht vorstellen.", war die erregte Antwort: „Du kannst doch sowas nicht einfach behaupten. Du bist eine lebendige, liebevolle Person."
Ich seufzte und drehte mich nun doch wieder zu ihm: „Mein Vater ist das was die Bibel als Teufel bezeichnet. Er ist Satan höchst persönlich."
„So schlimm kann er nicht sein. Du übertreibst.", lachte er und nahm meine Hand, doch ich entriss sie ihm wieder: „Nein verflucht. Ich bin die Tochter des Teufels. Der mit den bösen Seelen und dem Krieg gegen den Himmel und so. Ich meine das Wortwörtlich."
Nun wirkte er verwirrt.
Toll.
Jetzt hatte ich ihn verwirrt.
„Und woher weißt du das?", fragte mich der Mann ziemlich... ähh... irritiert.
Ich ließ meine Augen rot anlaufen und gab bekannt: „Ich bin viel älter als ich aussehe..."
Er war nicht umgefallen. Standfest blieb er stehen. Es hatte mich fasziniert wie er mit der Situation umgegangen war.
Die ganze Nacht hatte ich es nicht geschafft ein Auge zu schließen. Mich hatten so viele Dinge beschäftigt, an Schlaf war da nicht zu denken.
Müde trabte ich in das Wohnzimmer, in dem mich Loo und Aeron begrüßt.
Azael kam direkt hinter mir in den Raum, als hätte er mich gehört. Anscheinend hatten sich alle wieder beruhigt, denn niemand versuchte irgendjemanden umzubringen.
„Gut geschlafen Loo? Wollen wir wie Freundinnen shoppen gehen? Nur wir beide?", ich lächelte sie freundschaftlich an.
„Mit mir gehst du nie shoppen.", regte sich Aeron auf.
Azael warf ein: „Zumindest nicht freiwillig."
„Lieber nicht.", lehnte Loominah ab.
„Sehr gut. Ich habe uns nämlich zwei Kinokarten gekauft.", Azael sah zu Aeron und mir: „Loominah und ich gehen heute ins Kino."
Er wirkte zufrieden.
„Perfekt!", mischte sich Aeron ein: „Ich wollte schon immer mit einem Lichtwesen ins Kino gehen."
„Nein.", fauchte Azael den Mann an und schon wieder hatte ich das Gefühl, dass sie gleich versuchten sich gegenseitig umzubringen.
Aeron fragte ironisch: „Denkst du wirklich, dass ich sie aus den Augen lasse, jetzt wo sie mein Baby in ihren Fingern hat? Das habt ihr euch selbst eingebrockt Herzchens."
„Du wolltest dich uns anschließen.", stellte Azael fest. Der Angesprochene machte eine theatralische Geste und lehnte sich über das Sofa. Dann legte er seine Hand auf seine Stirn: „Ich konnte ja nicht ahnen, dass derartige Grausamkeiten in euren Köpfen kursieren."
Was hatte er sich erwartet? Dass wir ihn willkommen hießen und ihm in den Arm sprangen?
„Ich möchte ohnehin heute nirgendwo hingehen.", meinte nun Loominah. Das war doch nicht ihr ernst?
Brüderchen Azael gab bekannt: „Doch wir gehen ins Kino. Ohne Aeron. Nur wir zwei. Ich habe die Karten schon."
„Er hat die Karten schon!", der Mann lachte: „Naja dann geht. Aber ihr könnt mich nicht davon abhalten mit zukommen.", er erhob sich vom Sofa und sah fragend zu mir: „Kommst du auch mit?"
Ich zog eine Augenbraue hoch: „Loominah will nicht gehen, warum reagiert ihr darauf nicht?", fragte ich ziemlich lustlos an dieser Diskussion teilzunehmen, dann seufzte ich aber: „Doch bevor ihr Beiden irgendeinen Schwachsinn anstellt komme ich mit, außer jemand hat etwas dagegen ein zu wenden."
***
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