2 ~ Kapitel 2
Der halbe Tag verging einfach so, dass ich im Krankenbett lag und das Fernsehprogramm durchzappte, da ich eindeutig nichts Besseres zu tun hatte. Irgendwann kam mein gutaussehender Arzt wieder und lächelte: „Wie geht es dir jetzt?"
„Genauso wie zuvor.", lächelte ich und setzte mich umständlich auf: „Nur noch gelangweilter."
„Das haben Krankenhäuser für Patienten so an sich.", konterte er amüsiert und machte dann eine Geste: „Aber nachdem es so aussieht, als wäre die Wunde nicht so schlimm, als sie auf den ersten Blick gewirkt hat, kannst du jetzt gehen. Ich habe auch schon deine Entlassungspapiere unterschrieben."
„Das klingt gut.", freute ich mich und stemmte mich vorsichtig hoch. Oh, wie ich Wunden hasste.
Sobald ich zuhause war, würde ich sie heilen lassen und nie wieder in ein Krankenhaus auch nur einen Fuß setzten. Es verschwendete nur kostbare Zeit und war nicht einmal interessant, oder lustig. Einmal abgesehen von meinem Arzt, der wirklich ungeheuerlich gut aussah.
Ich sah mich kurz um und griff nach meinem Handy: „Dann rufe ich ein Taxi."
Er musterte mich einen Moment: „Kann dein Bruder dich denn nicht abholen."
Nein. Der sollte sich gefälligst um Loominah kümmern. Sie war jetzt um Ecken wichtiger als ich. „Der ist beschäftigt.", konterte ich einfach und suchte den Taxiservice den ich mir rausgesucht hatte, als wir hier angekommen waren.
Ich hatte gewusst, dass wir trotz zwei Autos dennoch immer mit einem fahren würden, deshalb war ich davon ausgegangen, dass sich mein toller Bruder immer das Auto schnappen würde.
„Er wird doch wohl Zeit haben, um seine Schwester aus dem Krankenhaus abzuholen.", meinte der Arzt und legte dabei ungläubig die Stirn in Falten, doch ich schüttelte schnell den Kopf: „Nein. Ich denke nicht. Es ist wirklich wichtig, was er gerade tut. Auch für mich. Dafür kann ich mir gerne einmal ein Taxi rufen."
„Soll ich dich fahren?"
„Hast du nicht noch Schicht?", stellte ich die Gegenfrage, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass er einfach so hier weg konnte.
Er zog etwas aus seiner Tasche: „Erstens habe ich einen Pieper und zweitens habe ich in einer halben Stunde aus. Wenn du so lange noch in einem langweiligen Krankenhaus bleiben willst, dann kann ich dich schon nach Hause bringen."
Ja. Aber nur weil er so gut aussah. Und nett war.
Nein. Weil das durfte ich nicht.
Scheiße.
Ja.
Nein.
Innerlich hätte ich mir gerne auf den Kopf gegriffen, doch stattdessen biss ich mir auf die Unterlippe und betrachtete den Mann einmal von oben bis unten. Wie von selber, antwortete ich einfach: „Gut. Oder wir fahren gleich zu dir."
War flirten schwerer geworden, oder war ich einfach aus der Übung? Das klang so bescheuert, ich hätte gerne meinen Kopf gegen eine Wand geschlagen.
„Wärest du nicht meine Patientin, würde ich dem vielleicht zustimmen, aber du solltest dich ausruhen.", gab er zurück.
Unzufrieden stieß ich ein Seufzen aus. Alles nur wegen dieser Verletzung. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich von ihm angezogen. Er war einfach genau mein Geschmack. Wahrscheinlich lag es daran, dass seine Freundlichkeit und Aufmerksamkeit mich an Adriel erinnerte. Außerdem hatte ich schon lange keinen Sex mehr gehabt und es würde mich vermutlich beruhigen.
Oder zumindest auf andere Gedanken bringen als immer nur die ganze Zeit an unsere Probleme zu denken. An Gefühle und Leute die ich noch brauchte (so wie Loominah und leider auch Azael).
Dennoch nickte ich zurückhaltend und meinte: „Ich kann die halbe Stunde noch warten. Ich werde aber nach unten in die Eingangshalle gehen, wenn das okay ist."
„Natürlich.", nickte er lächelnd und wollte mir helfen, doch ich schüttelte den Kopf: „Geh lieber zu deinen anderen Patienten, während ich die Treppen hinunter gehe. Keine Sorge ich schaff das auch alleine.", schlimmstenfalls würde ich mich einfach heilen.
Doch das konnte ich ihm schwer sagen, also stemmte ich mich nun komplett hoch und verzog mein Gesicht. Mein Bauch streikte dabei, als hätte ich Extremsport gemacht. Doch immer noch ließ ich es nicht zu, dass er mir half. Ich schüttelte den Kopf, weswegen er mir wohl noch einen kurzen besorgten Blick zuwarf, bevor er wieder in die Weiten des Krankenhauses verschwand.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis ich unten angekommen war und mich geschafft auf eine der Bänke setzte, die dort waren um wartende Verwandte nicht stehen zu lassen, aber um ehrlich zu sein hatte ich diese nun wohl nötiger als jeder andere.
Ich lehnte mich erschöpft zurück und schloss meine Augen. Das Traurigste an meiner Situation war wohl, dass ich, auch wenn es nur ein Tag gewesen war, wirklich Spaß mit der Lux gehabt hatte. Um Loominah herum schwirrten eine Menge Gefühle, doch es war als würden sie mich neu beleben. Ich wusste ehrlich nicht was ich davon halten sollte. Es verwirrte mich.
Und nun... nun hasste sie mich bestimmt. Etwas anderes zu glauben, wäre nicht ehrlich gewesen. Das Schlimme war, dass sie noch nicht einmal die Hälfte meiner Geschwister kennengelernt hatte.
Von 15 Geschwistern hatte sie gerade erst vier kennengelernt. Und noch dazu die harmlosesten vier. Wenn Aeron, Kilian und Anastasia hinter ihr her waren, musste ich mich auch auf Dantalion gefasst machen.
Eigentlich hatte ich die letzten dreihundert Jahre versucht ihm aus dem Weg zu gehen.
„Bist du eingeschlafen?", hörte ich eine Stimme, die mich zurück ins hier und jetzt riss. Ich zuckte zusammen und sah den Arzt an, der direkt vor mir stand und mich amüsiert ansah. Mir war nicht aufgefallen, dass ich nicht mehr auf meine Umgebung geachtet hatte, und so vollkommen abgedriftet war.
Schnell schüttelte ich den Kopf und fragte etwas irritiert: „Ist die halbe Stunde schon um?"
„Ja...", nickte er und hielt mir seine Hand vor: „Entweder du hast geschlafen und willst es nicht zugeben, oder du warst in Gedanken..."
„Gedanken...", murmelte ich und nahm seine Geste an. So brachte er mich zu seinem Auto, schien nicht weiter darüber nach zu denken und half mir auf den Beifahrersitz: „Wohin?"
Ich gab ihm die Adresse des Motels an und sah dann aus dem Fenster. Wir sagten beide die gesamte Fahrt über nichts. Meine Gedanken waren zu voll damit mir Gedanken darüber zu machen, wie die Geschichte mit Loominah sich wohl noch entwickeln würde. Meine Geschwister waren unberechenbar und Azael...
Dem vertraute ich so viel wie Aeron. Nämlich absolut überhaupt nicht. Hm... vielleicht sollte ich einen Alleingang wagen... ich musste mich dabei eindeutig noch festlegen.
Als er den Wagen bei dem Hotel parkte, lächelte er mich noch einmal sanft an: „So da wären wir. Wohnst du wirklich in dem Motel?"
„Vorübergehend.", antwortete ich ihm und blieb einen Moment still sitzen: „Danke."
„Gerne.", lächelte er: „Bei so einer schönen Patientin..."
Ich lehnte mich vor. Unsere Lippen berührten sich zaghaft. Es fühlte sich so richtig an, ihn zu küssen und doch war ich mir nicht sicher, aus welchem Grund ich es tat. Trotzdem schienen mich meine Gefühle in eine andere Welt zu geleiten. In eine sanfte, herzliche. Als würde einen Moment alles von mir abfallen. Doch dann ließ ich langsam von ihm ab und flüsterte: „Bei so einem gutaussehenden Arzt."
Unsere Blicke trafen sich. Ihm stand Überraschung ins Gesicht geschrieben. Es tat mir leid, dass wir uns nie wieder sehen würden, doch gleichzeitig, war es auch gut so. Weder wollte ich ihn ausnutzen, noch wollte ich, dass es ihm wie Adriel erging.
Bevor er etwas sagen konnte, öffnete ich die Tür, lächelte ihn noch sanft an und ging dann schnell ins Motel. Mein Körper war angespannt. Ich wusste nicht was ich denken sollte, was ich wollte...
Ich wollte meine Liebe zurück. Dafür würde ich über Leichen gehen.
***
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