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Müde rieb sich Nina die verschlafenen Augen, während ihr Blick an der Zeitungsausgabe, gegenüber von ihrem Lieblingscafé, hängen blieb. "Es gab gestern Nacht an der Hauptstraße einen Unfall?", murmelte sie überrascht, stand auf, griff nach ihrem Cappucciono und lief zu den Zeitungen.
Als sie das abgebildete Auto sah, riss sie geschockt die Augen auf und ließ ihren Kaffee auf den Boden fallen. Die braune, heiße Flüssigkeit spritzte auf ihre graue Hose und durchnässte einen ganzen Stapel der Zeitungen. Nein. "Hey, Miss!", drang eine genervte Stimme an ihre Ohren, doch sie blendete alles und jeden um sich herum aus. Sie musste sich irren.
"Kaufen Sie den Stapel Zeitungen!", wies ein älterer Mann sie gereizt an und stand im nächsten Moment direkt neben ihr. Irritiert schaute Nina auf und sah ihren Gegenüber geschockt an. "W-Wissen Sie, wie der Fahrer des weißen PKWs hieß?", fragte sie, unsicher, ob sie wirklich die Antwort hören wollte.
"Was fragen Sie mich das?", erwiderte der Mann mürrisch, ehe er auf den Artikel zeigte. "Da steht es doch. Park Muyeong. Wieso? Kannten Sie den Verstorbenen?" Ninas Blick war unfokussiet, ihre Gedanken waren bei dem Mann, welcher letzte Nacht noch neben ihr gelegen hatte. Er hatte genau so ein Auto gehabt, wie es auf dem Bild zu erkennen war. Auch das Nummernschild schien zu stimmen. Scheiße, ist er wirklich tot? "Ich schätze, den hat es voll erwischt."
Die junge Frau wirbelte zur Seite und schaute in die dunklen Augen des Teufels höchst persönlich. "Wirklich?", wollte Nina zögerlich wissen, ehe sich ein böser Gedanke in ihrem Kopf bildete. Hatte er etwa was mit dem Unfall zu tun? Er war schließlich der Teufel. " Ja.", antwortete Taehyung leichtfertig, bevor er sich zu den braun gefärbten Zeitungen beugte und pustete. Nina hatte über diese Geste lachen wollen, aber als sie bermekte, dass das dünne Papier binnen weniger Sekunden wieder wie neu aussah, verschlug es ihr die Sprache. Sie suchte nach Passanten, die auch das Wunder gesehen hatten, aber niemand schien sie zu beachten. "Er ist tot, also verschwende deine Energie nicht für ihn.", fügte Taehyung ruhig hinzu, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte.
"Ist das dein Ernst? Jemand den ich kannte, ist gestorben!", entgegnete die hübsche Frau aufgebracht, obwohl sie selbst zweifelte. Er war ein Arschloch gewesen, der vielleicht seine gerechte Strafe bekommen hatte. Er hatte seine Frau betrogen, mit anderen Frauen geschlafen und sie vergewaltigt. Nina bemerkte, wie der gutaussehnde Mann sie grinsend anstarrte. "Du hast absolut recht." Warum hatte sie das Gefühl, dass er ihre Gedanken und nicht ihre ausgesprochenen Worte meinte?!
"Was willst du hier?", fragte Nina seufzend, während sie ihren heruntergefallenen Kaffeebecher aufhob und anschließend in den Mülleimer warf. "Ich dachte, du bräuchtest einen Motivationskick am frühen Morgen.", erklärte Taehyung amüsiert und lief neben der jungen Frau her.
"Brauch ich nicht.", zischte Nina, deren Laune am Tiefpunkt angekommen war. "Ich will weder deine übertriebene Stimmung noch deine Visage sehen." Gespielt gekränkt fasste sich der Teufel ans Herz. Vermutlich hatte er nicht einmal ein Herz, dachte die junge Frau grimmig.
"Würde ich nicht wissen, dass du meine Gesellschaft zu schätzen weißt, wäre ich wohl glatt verletzt."
Nina blieb aprupt stehen und blickte ihm tief in die schwarzen Augen. "Ich meine es Ernst, Taehyung. Lass mich in Ruhe. Ich bin nicht in der Stimmung für kleine Späße." Einen Moment lang sah er sie schweigend an. "Jetzt erzähl mir nicht, dass du wegen dem toten Dreckskerl so zickig bist. Abgesehen davon solltest du dich umziehen oder willst du etwa so in die Arbeit gehen?"
Fassungslos starrte sie ihn an. Ihr war durchaus bewusst, dass er der Höllenwächter war, aber ihr Geduldsfaden war gerissen. Wie unverschämt konnte man eigentlich sein? "Ich bin nicht zickig und habe auch nicht nach deiner Meinung gefragt. Aber falls ich jemanden brauche, der mich runterzieht, weiß ich ja jetzt, zu wem ich gehen kann." Ohne seine Antwort abzuwarten, ging sie weiter.
Sie war sich sicher, dass er ihr folgen würde, umso überraschter war sie jedoch, als sie bemerkte, dass er verschwunden war. Kopfschüttelnd setzte sie ihren Weg zu dem Hautpflege Unternehmen, ihrem Arbeitsplatz, fort.
Vor dem Eingang des großen Hochhauses blieb sie stehen, sah an ihrer Hose herab, nur um festzustellen, dass die Flecken verschwunden waren. Ihre blauen Augen weiteten sich, als sie realisierte, dass er sie wohl entfernt haben musste. Bei dem Gedanken wurden ihre Wangen aus unerschwinglichen Gründen heiß. "Warum werde ich immer so schnell rot?!", murmelte sie peinlich berührt, bevor sie hastig in ihr Büro lief.
~
"Was soll das?!", schrie ihr Boss zornig, während er die dünne, grellgelbe Mappe auf den Tisch knallte. "Warum sind Sie nur so unfähig!?"
Kaum war die junge Frau in ihrem Büro angekommen, wurde sie auch schon in das Büro ihres Chefs gerufen. Sie habe eine falsche Designvorlage benutzt. Die Wahrheit war aber, dass ihr Boss ihr den falschen Auftrag gegeben hatte.
Und nun stand Nina mit hängendem Kopf vor dem Abteilungsleiter und ließ sich von ihm zusammenfalten. "Ich bitte um Verzeihung, Sir.", entgegnete Nina und verbeugte sich vor ihrem Gegenüber, was ihn jedoch nur noch wütender zu machen schien. "Wollen Sie mich verarschen? Der Kunde kommt morgen früh vorbei und Sie haben noch nicht einmal angefangen, Designs zu entwerfen!"
"Ich habe noch bis morgen Zeit, das schaffe ich!", erwiderte Nina zuversichtlich, in der Hoffnung, ihren Boss zu beruhigen. Auch wenn das bedeutet, dass sie die ganze Nacht durcharbeiten musste. "Nun, das hoffe ich für Sie.", entgegnete der Abteilungsleiter kopfschüttelnd, ehe er ihr mit einer Handbewegung zeigte, dass sie gehen sollte. Die junge Frau verbeugte sich ein letztes Mal und verließ das räumige Büro, um sofort anzufangen zu arbeiten.
"Verdammt.", presste Nina nach ganzen zwölf Stunden Arbeit erschöpft hervor und warf ihren Kopf in den Nacken. Ihre Pupillen waren von der Anstrengung geweitet, ihr Nacken verspannt und ihre beiden Füße schon zum dritten Mal eingeschlafen. "Ich hasse diesen Job." Ihre Kollegen hatten die Firma schon lange verlassen und es war unheimlich ruhig in dem Großraumbüro geworden - nur das Tippen auf der Tastatur durchbrach die Stille. Ihr Blick fiel wieder auf ihren Computerbildschirm. Wie zur Hölle sollte sie das nur schaffen?! Ruckartig stand sie auf, nur um ungeschickt auf den harten Boden zu fallen, da ihre schwachen Beine sie nicht halten konnten.
Nun war es zu viel. Tränen flossen über die Wangen der jungen Frau. Wie erbärmlich konnte man sein? Wie tief konnte sie noch sinken? Schluchzend versuchte sie sich aufzurichten, doch ihre Beine kribbelten immernoch so unangenehm, dass sie erneut auf den Boden plumste.
"Ach du meine Güte.", ertönte plötzlich eine bekannte Stimme. Erschrocken sah Nina auf und blickte in die dunklen Augen des Teufels. Sie wollte ihm die Schuld an allem geben, sich für ihr Verhalten schämen und ihn hassen. Doch überraschenderweise war sie für seine Anwesenheit dankbar. Und als er ihr seine Hand anbot, hätte sie beinahe noch mehr geheult.
Zögerlich legte sie ihre Hand in seine und ließ sich von ihm hochziehen. Schweigend starrte sie auf ihre Finger und schämte sich nun doch für ihren Anblick. Sie musste furchtbar aussehen.
Taehyung schüttelte mit einem leichten Grinsen auf den Lippen den Kopf, ehe er mit einer kleinen Handbewegung ihren schnellen Herzschlag senkte. Die junge Frau merkte, wie sie unerwartet ruhig wurde. "Setzt dich auf den Stuhl.", wies er sie steng an, sodass Nina ohne Widerworte gehorchte. "Und jetzt schau mich an." Ihre großen blauen, geröteten Augen blickten auf und sahen ihm direkt ins Gesicht. "Was machst du gerade mit mir?", flüsterte sie, während sie spürte, wie ihre Augenlider immer schwerer wurden. "Ich muss den Auftrag bis morgen früh fertig haben."
"Ich weiß.", entgegnete der Teufel mit sanfter Stimme, während er nach ihrer linken Hand griff und vorsichtig über sie strich. Nina versuchte mit aller Kraft gegen das, was auch immer er mit ihr machte, anzukämpfen, aber ihr Kopf fiel immer weiter zur Seite. "Wie kannst du das nur machen? Hör auf!", sagte sie schwach. "I-Ich habe dir vertraut."
Belustigt lachte Taehyung und seine Augen blitzten amüsiert auf. "Du süßes, naives Mädchen. Vertrauen ist für Kinder und Dumme. Du, meine Liebe, bist eine Kämpferin."
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