Dienstag - 7.1 - Sirenenterror
Don't forget - it's fiction!
Schlag mich nicht, jetzt gehts in die Vollen. Wenn Du irgendwie Probleme mit Traumatisierung und/oder Triggern hast - Finger weg!
Ach, und das Bild habe ich einfach ausgesucht, weil sie da so schön in der Reihe stehen. Es bedeutet nichts für Taehyungs Verhalten in diesem Kapitel!
....................................................................................................................
Wir wachen davon auf, dass ein paar „Heinzelmännchen" versuchen, gaaaanz leise Frühstück zu machen. Mein erster Blick gilt sofort Hoseok, der sich verschlafen die Augen reibt und zunächst nicht weiß, wo er ist. Dann dämmert es ihm langsam, und er schaut mich kurz peinlich berührt an, dann weichen seine Augen meinen aus. Wir setzen uns auf, und ich lege wieder meinen Arm um seine Schultern. Als nächstes checkt er sein Handy und stellt fest, dass sich seit Namjoons Telefonat mit seinen Eltern nichts mehr getan hat. Erleichtert seufzt er auf. Und dann flüstert er, damit es die anderen nicht mitkriegen.
"Sie haben mir jeden Tag erzählt, dass sie Angst haben, mich nie wieder zu sehen. Ein paar Tage lang konnte ich gegenan reden, aber irgendwann hatten sie mich 'weich geklopft'. Gestern hat dann nach und nach mein Verstand ausgesetzt. Es tut mir sooo leid, dass ich euch so viel Sorgen und Mühe gemacht habe. Das war nicht in Ordnung."
„Ach, Hoseok. Was deine Eltern getan haben, war für uns alle ziemlich schlimm, aber DU musst dich nicht bei uns entschuldigen. Du hast wirklich dein Bestes gegeben! Das ist jetzt so gelaufen. Auch wenn wir ganz gut miteinander klarkommen und unsere Tage sinnvoll und vergnügt verleben, ist doch klar: wir alle sind unterschwellig angespannt. Wir wissen einfach nicht, wann und wie das enden wird. Bitte glaube mir: das ist nicht deine Schuld!"
Wir machen uns nun auch frühstücksfertig und setzen uns an den schon gedeckten Tisch. Ich möchte aufatmen, dass nun auch Hoseok scheinbar wieder gefestigt ist und jetzt vielleicht alle Katastrophen überstanden sind. Nichts hat mich und uns darauf vorbereitet, was im nächsten Moment über uns alle hereinbricht.
Denn während alle anderen am Tisch eintrudeln, schaut Jimin auf einmal ganz verträumt zu mir rüber.
"Ich würde ja auch gerne mal in Deinen Armen einschlafen."
Und Jeongguk kontert grinsend.
"Da musst du dich aber hinten anstellen. Erst bin ich dran!"
Mit diesen Worten flitzt er zu meinem Stuhl und baut sich vor mir auf. Das Ganze bekommt eine unkontrollierte Eigendynamik, und bald schubsen sich alle vor mir, um in einer Schlange möglichst weit vorne zu stehen. Es wirkt witzig und leicht, bis Hobi sich auch in die Schlange stellt und von jemand weggeschubst wird mit leider sehr unbedachten Worten.
"Du hattest schon, du musst dich hinten anstellen!"
Da fängt er an zu weinen, zu sehr zermürbt ist er einfach noch von der vergangenen Nacht. Und genau in diesem Moment beginnen die Sirenen zu heulen. Hoseok fällt zu Boden, zittert und wimmert - und fängt an zu krampfen. Totenstille. Entsetzte Blicke.
Ich flitze zum Sofa, und Namjoon reicht mir das zitternde Bündel. Plötzlich holt Jeongguk tief Luft, wird knallrot vor Wut und fängt an zu brüllen.
"Ihr Idioten! Glaubt ihr, Hobi hat sich darum gedrängelt, mit Tina auf dem Sofa zu nächtigen? Könnt ihr mal euer Hirn benutzen? Seit Tagen geht es ihm total scheiße, selbst Tina und Jooni kamen nicht an ihn ran. Und jetzt kriegt er auch noch so einen blöden Satz hingeknallt. Jeder von uns hat soviel von Tina bekommen, wie er gebraucht hat. Immer wieder! Da gibt's keine Reihenfolge. Boah, ich bin echt sauer auf diese Scheißaktion!!! Und stell doch endlich mal jemand die bescheuerten Sirenen ab. Das nervt!"
Erneut Totenstille.
Jeongguk rennt raus. Jimin sackt weinend zusammen. Yoongi erstarrt zur Salzsäule. Namjoon schiebt den weinenden Jimin an meine eine Seite, den erstarrten Yoongi vor meine Füße. Maja läuft hinter Jeongguk her. Tae steht mit käseweißem Gesicht und geballten Fäusten mitten im Wohnzimmer und knurrt. Und dann fällt plötzlich Jin um wie ein gefällter Baum. Sein Gesicht ist kreidebleich, und er ist zwar nicht bewusstlos, aber auch nicht ansprechbar. Dazu immer noch das Geheul der Sirenen. Es ist ein Hexenkessel. Namjoon und Markus schnappen sich Jin und setzen sich auch noch aufs Sofa. Sie halten ihn einfach fest und achten darauf, dass er atmen kann. Schließlich schiebt Maja den völlig fassungslosen Jeongguk zur Tür rein.
Während ich den krampfenden Hobi halte, belle ich Befehle in den Raum.
"Tae, beruhig dich bitte und sieh nach Jimin, ich hab keine Hand frei! Guk, halte bitte einfach Yoongi im Arm – falls er es zulassen kann. Bleib auf jeden Fall an seiner Seite! Simon, setze bitte Hobi meine Kopfhörer auf!"
Und dann fühle ich mich plötzlich innerlich wie leergefegt. Ich kann nicht mehr denken, nichts mehr planen. Ich kann nur aushalten und abwarten. Wie alle anderen auch. Die Sirenen sind längst verstummt, aber Hoseok, Jin, Jimin und Yoongi scheinen sich nicht zu beruhigen. Ich flehe zum Himmel, dass ich verstehen kann, was passiert ist, dass mir irgendetwas einfällt, das ich tun könnte - tabula rasa im Hirn. Aus meinem Inneren steigt ein Lied auf, das ich schließlich anfange zu summen. Immer wieder. Immer weiter. Als hinge mein Leben davon ab, singe ich, damit ich selbst nicht den Verstand verliere, denn das hier ist der seit Tagen befürchtete Supergau. Nahezu alle haben gleichzeitig die Kontrolle verloren, und ich bin hilflos.
Wir haben so lange durchgehalten! Und nun wird aus einer spontanen Blödelei so eine Katastrophe!
Nach 20 Minuten wird Jins Atmung allmählich normaler, er kommt zu sich und sackt erschöpft in sich zusammen. Auch Namjoon und Markus atmen auf. Das war echt anstrengend. Schnell fragen sie bei Jin ab, ob er irgendwelche Schmerzen oder Verletzungen durch den Sturz hat. Leise weint Jin vor sich hin. Noch 10 Minuten später hören Hobis Krämpfe auf, sein Wimmern wird leiser, er kann loslassen. Dadurch kann auch Jimin sich wieder beruhigen, der die ganze Zeit entsetzt in Hobis Gesicht gestarrt hat. Tae hat mit erstarrter Miene Jimin von hinten gehalten und zieht ihn nun vorsichtig in seine Arme. Aber erst nach einer Dreiviertelstunde darf endlich Guk Yoongi in die Arme nehmen, während der sich entspannt. Ich glaube, das waren für uns alle die längsten 45 Minuten unseres Lebens. Ich singe immer weiter, immer dieselben Strophen, einfach immer weiter, bis das letzte Schluchzen verklingt, unser aller Atmung sich normalisiert hat und alle wieder ansprechbar sind. Dann fange ich an zu reden.
"Jungs, ich bin froh, dass wir das überstanden haben, ohne dass sich jemand von uns verletzt hat. Und ich habe eine Bitte an euch, die ich sehr wichtig finde: ich möchte nicht wissen, wer vorhin was getan oder gesagt hat. Ich möchte keinen Schuldigen finden, nichts aufrechnen. Wir wissen alle, dass das keine böse Absicht und trotzdem eine ganz blöde Aktion war. Und dass wir das bestimmt nicht nochmal haben wollen."
Allgemeines Nicken, erschöpft, erleichtert.
„Ich wüsste aber wohl gerne, was in euch vorgegangen ist, weil wir dann vielleicht verhindern können, dass euch das nochmal passiert. Ihr könnt das jetzt sofort erzählen, wo die Gefühle noch frisch sind, oder später. Ihr könnt es allen erzählen oder nur einem von euch oder mir. Das ist eure Entscheidung. Und wir sollten frühstücken, wenn wir dazu wieder in der Lage sind. Das war für alle sehr anstrengend."
In Taes Gesicht ist aus der Scham Sorge geworden. Er wiegt noch immer Jimin in den Armen.
"Es tut mir leid, dass ich vorhin so nutzlos in der Gegend rumgestanden habe. Als ob das irgendwas geholfen hätte. Ich konnte nicht kapieren, wie aus meiner Alberei so schnell so viel Angst werden konnte. Ich habe das alles nicht gewollt."
Jimin rappelt sich auf und beruhigt uns mit leiser Stimme.
"Ich bin schon wieder in Ordnung. Ich musste einfach weinen, weil mir Hobi so leid tat. Und dann Guk. Und dann Yoongi. Und dann Jin. Es war schrecklich, das mit anzusehen. Aber jetzt geht es wieder."
Trotzdem ist er noch ganz weiß um die Nase.
Jeongguk räuspert sich verlegen und murmelt leise.
"Ich möchte mich entschuldigen. Eigentlich habe ich ja damit angefangen, diese Schlange zu bilden. Und dann fange ausgerechnet ich an, so loszubrüllen. Das Chaos war schon perfekt, und dann mische ich nochmal alles auf. Ich habe in den letzen Tagen gesehen, wie es Hobi immer schlechter ging, und konnte einfach nicht fassen, dass aus seiner Not plötzlich so eine Alberei wurde. Aber ich habe überreagiert. Es tut mir leid! Ich wollte auch nicht wegrennen. 'Es' ist einfach gerannt. Das muss so feige ausgesehen haben!"
Maja protestiert sofort.
"Du warst nicht feige! Du warst überfordert, und dann reagiert die Seele ohne den Umweg über den Verstand. Mach dir doch keine Vorwürfe!"
Dankbar blickt er sie an.
Yoongi meldet sich nun endlich auch zu Wort.
"Ich hab einfach wieder die Kontrolle verloren. Die Sirene ist in meinem Kopf explodiert. Und ich hasse es, dass das jedes Mal so lange dauert! Allmählich reichts mir!"
Und mir erst!
Hoseok taucht aus meiner Umarmung auf und schaut alle an.
„Ich möchte nicht, dass ihr euch schuldig fühlt. Die ganze Situation ist so sch... Wenn ich nicht tagelang versucht hätte, stark zu sein, und alles in mich reingefressen hätte, wäre ich auch nicht so zusammengebrochen. Gestern Abend nicht und eben auch nicht. Seit dem Debut habe ich mich nicht mehr so hilflos und überfordert gefühlt wie heute."
Namjoon ist noch ziemlich erschöpft, weil es total anstrengend war, Jin so festzuhalten.
"Ich möchte ausdrücklich sagen, dass ich niemand einen Vorwurf mache. Ich habe selbst nicht mit bekommen, mit wem oder was es angefangen hat. Ich bin sehr erschrocken und war nur froh, dass ich noch irgendwie in der Lage war zu reagieren. Wir haben die Situation gemeinsam gemeistert, und das ist die Hauptsache. Bitte zieht alle die Lehre daraus, dass wir unsere Ängste nicht alleine mit uns abmachen dürfen. Wir müssen miteinander reden, solange unsere Gefühle noch nicht überkochen. Bitte versprecht mir das."
Alle nicken.
Während der ganzen Zeit sehe ich aus dem Augenwinkel, dass Jin uns mit großen Augen anschaut. Sein Staunen wird immer größer, und ich habe den Verdacht, dass er nicht weiß, wovon wir reden. Und das bestätigt er dann auch.
"Könntet ihr mir mal sagen, was hier eigentlich passiert ist? Ich kann mich an nichts erinnern. Ich weiß nur, dass mir alles weh tut."
Verblüfft und betreten sehen ihn alle an. Namjoon erklärt ihm einigermaßen sortiert, was in der letzten Stunde alles passiert ist.
Jin schluckt und versucht, das Gehörte in seinem Kopf zu verankern an irgendeiner Erinnerung.
„Ich kann m.mich an das Weinen überhaupt nicht erinnern! Aber da ist eine Ahnung, dass ... es war wie ... mit Dominosteinen. Erst hat Hobi angefangen, und dann sind alle anderen hinterher gepurzelt. Und die Sirenen dazu. Ich glaube, ich war einfach der nächste Stein in der Reihe. Ich habe es nicht ausgehalten, euch so zu sehen, und bin hinterhergekippt."
Mich beschleicht die Sorge, dass all die Ängste dieser Tage sehr viel tiefer gehen in diesen Seelen, als uns bisher klar ist.
Wenn die Jungs Pech haben, haben sie nun Traumareaktionen für den Rest ihres Lebens, so oft sie eine Sirene hören werden. Und das wäre echt nicht witzig. Yoongis Starre, Hobis Krämpfe und Jins totaler Kontrollverlust sind nichts, was sich im Alltag so leicht händeln lässt.
Plötzlich fängt nun, nachdem alles vorbei ist, Maja an zu weinen. Und Simon folgt. Markus und ich sehen uns entsetzt an.
Es war doch jetzt alles vorbei!
Aber auf der anderen Seite haben unsere beiden Kinder sechs Tage lang tapfer alles mitgemacht, alles ausgeglichen, sich allem angepasst, sich um alles gekümmert – und nie geklagt. Wir haben immer wieder miteinander geredet. Aber vielleicht haben sie sich einfach nur zusammengerissen, um uns Eltern nicht zusätzlich zu belasten, haben uns 'einfach' den Rücken frei gehalten. Markus nimmt Simon in die Arme. Meine Arme und alles um mich rum ist noch belegt mit den Jungs, aber Guk, der inzwischen neben Tae gekrabbelt war, rutscht schnell wieder runter vom Sofa und nimmt Maja in die Arme.
„Maja, kannst du bitte erzählen, warum du jetzt weinst?"
Ich frage ganz sanft, will sie nicht drängen.
„Ich bin so stolz auf uns alle. Wir haben das alles so richtig prima hingekriegt. Aber das eben war einfach zuviel. Ich weiß auch gar nicht, warum ich eigentlich hinter Guk hergerannt bin. Ich hatte in dem Moment das Gefühl, dass jetzt keiner von uns alleine sein sollte, deshalb habe ich ihn zurückgeholt. Ich habe außerdem gespürt, dass du nun auch nicht mehr weiter weißt, und da habe ich Angst bekommen. Das habe ich aber erst jetzt hinterher kapiert. Ich glaube, da will einfach nur die Anspannung raus. Aber lange halte ich das echt nicht mehr aus!"
„Wir alle nicht, Mädchen, wir alle nicht. - Und du, Simon, magst du uns sagen, was mit dir los ist?"
Unser Sohn hat sich einfach in den Armen seines Vaters vergraben und schüttelt den Kopf. Schließlich antwortet er doch.
"Ich sags nachher Pappi."
Eine Weile sitzen wir noch beieinander, dann frage ich in den Raum.
"Frühstück???"
Auch, wenn das jetzt eher schon ein Brunch ist ...
............................................................................
17.11.2018 - 21.4.2019 - 16.8.2019
29.10.2019 - 27.3.2020
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro