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Kapitel 1

»Es gibt kein Gut oder Böse, kein Schwarz oder Weiß.«

- Salina Evans


Kapitel 1

Salina

Gelangweilt schlenderte ich an den Regalreihen entlang und summte leise zu der Musik, die aus den Lautsprechern über mir drang. Zahlreiche Drogerieprodukte buhlten mit bunten Verpackungen um meine Aufmerksamkeit. Von Shampoos, Rasierern, Tampons bis hin zu Kondomen war alles dabei. Mein Blick fiel auf ein junges Pärchen, das Händchen haltend vor dem Kondomregal stehen blieb. Das Mädchen kicherte nervös, während ihr Freund mit hochroten Wangen eine Packung herausnahm und sie unauffällig hinter seinem Rücken versteckte, damit eine ältere Dame mit Rollator es im Vorbeigehen nicht zu Gesicht bekam. Mit einer Mischung aus Neugier, Skepsis und Ekel beobachtete ich sie dabei.

Auf der einen Seite wollte ich mit Liebe nichts zu tun haben. Ich war eine unabhängige Person und das wollte ich auch bleiben. Auf der anderen Seite könnte ich sowieso nie einen Freund haben. Das hatte ich nicht verdient. Zumindest keinen unschuldigen, warmherzigen Menschen. Ein merkwürdiger Stich bohrte sich bei dem Gedanken schmerzhaft wie eine kalte Pfeilspitze in mein Herz. Es war kein geringes Selbstwertgefühl, das ich hatte, sondern reine Tatsache. Dass Schattenwesen wie ich nur Böses in sich trugen, war allgemein bekannt. Ich hatte Gutes nicht verdient.

Kurz stellte ich mir vor, ich wäre anstelle des Menschenmädchens. Dann müsste ich keine Angst haben, verfolgt zu werden und die, die ich liebe, zu verlieren.

Die größte Gefahr für uns ging von den Lichtwesen aus, die Jagd auf uns Schattenwesen machten. Wegen dem, was wir waren.

Lichtwesen waren die Reinheit in Person. Sie waren von Grund auf gut und imstande zu heilen oder Feuer zu entzünden und somit Wärme zu erzeugen. Einige beherrschten die Phasenverschiebung, was ihnen ermöglichte durch feste Objekte hindurchzugehen. Dadurch konnten sie Leute aus brennenden Häusern retten oder Verbrecher festnehmen, die sich hinter geschlossenen Türen versteckten. Schattenwesen wiederum hatten schlechte Fähigkeiten, die sich – wie bei den Lichtwesen – von Person zu Person unterschieden.

Mir fiel eine kleine Kaugummipackung im nächsten Regal ins Auge. Es kribbelte in meinen Fingern, das Wasser lief mir im Mund zusammen. Ich wollte mich abwenden, doch die bunte Schachtel zog mich an. Deshalb gab ich dem inneren Drang nach. Aufmerksam sah ich mich um, doch außer mir befand sich niemand in dem Gang. Die Überwachungskamera, die in einem Eck das Geschehen filmte, war auf die teuren Dinge fixiert.

Mit einem Lächeln auf den Lippen streifte ich im Vorbeigehen die Kaugummis, die – aus Versehen natürlich – zu Boden fielen. Ich setzte eine erschrockene Miene auf und kniete mich hin, um die rechteckigen, flachen Streifen aufzuheben. Dabei öffnete ich einen und schob mir unauffällig einen Kaugummi in den Mund. Zufrieden registrierte ich, dass es sich dabei um meinen Lieblingsgeschmack handelte: Erdbeere. Das zerknüllte Papier schob ich zurück in die Schachtel, die ich mit den restlichen im Regal verstaute, ehe ich weiterging.

Ich zog meine schwarze Lieblingsmütze mit der Aufschrift Cute but Psycho – ein Geschenk von meinem Beschützer und besten Freund Isaac – tiefer in meine Stirn und folgte nun etwas fröhlicher dem Duft der Parfümabteilung. Einige Flakons zogen meine Aufmerksamkeit auf sich, sodass ich sie nahm und mich auf Teststreifen verzichtend damit einsprühte. Perplex hielt ich inne, als mir ein ganz bestimmter Duft in die Nase stieg. Es roch nach Rosen. Ein Geruch, der oft an meiner Mutter gehaftet hatte, und mich an Geborgenheit und Liebe erinnerte. Mir schnürte es die Kehle zu und ich spürte, wie mir Tränen in die Augen traten. Hastig blinzelte ich sie fort.

Ich sah mich zu allen Seiten um, dann schob ich den Flakon unauffällig in meine Manteltasche. Für einen Augenblick spürte ich ein merkwürdiges Prickeln im Nacken und es kam mir so vor, als ob ich doch beobachtet wurde. Konzentriert ließ ich meinen Blick über die Kunden des Drogeriemarktes schweifen, die allesamt in ihre Einkäufe vertieft waren, und kam zu dem Schluss, dass es vermutlich nur Einbildung gewesen war.

Mein Vater und seine Leute hatten nicht die geringste Ahnung, dass ich mich in der Stadt herumtrieb. Er hatte mir verboten mich allein außerhalb des Unterschlupfes aufzuhalten. Sollte er es herausfinden, wäre ich so was von am Arsch. Ich sah mich bereits mit einer Fußfessel durch die Gänge laufen. Wenn mein Vater mich in dem Gemäuer einsperrte, würde ich einen Kollaps bekommen. Ich musste raus. Wollte nichts weiter sein als frei. Doch das würde ich als Schattenwesen nie sein.

Meine Kehle wurde eng und ich wusste, ich stand kurz vor einem Zusammenbruch. Dabei wollte ich stark sein. Stark und emotionslos. Gefühle waren gefährlich, ließen einen schnell die Kontrolle verlieren. Deshalb durfte ich mich von ihnen nicht übermannen lassen.

Erneut spürte ich dieses Prickeln im Nacken, weshalb ich mich schaudernd umsah. Die Ahnung, beobachtet zu werden, war wieder da. Da ich jedoch keine verdächtige Person entdecken konnte, verließ ich kopfschüttelnd den Laden.

Eine Weile bummelte ich durch die Gänge des Einkaufszentrums, in denen aufgrund der Vorweihnachtszeit reges Treiben herrschte. Wir Schattenwesen feierten kein Weihnachten. Wir hatten weder einen Baum noch tauschten wir Geschenke. Aber ich kam gerne her, um die Weihnachtsdekoration zu bewundern. Überall gab es geschmückte Bäume, Nussknacker und Engel. Alles war voller Lichter, was in krassem Gegensatz zu dem stand, was mich zu Hause erwartete.

***

Da es draußen bereits dunkel war und das Einkaufszentrum gleich schloss, begab ich mich schließlich zum Ausgang. Mittlerweile war ich ziemlich spät dran und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis Dad herausfinden würde, dass ich nicht da war. Wenn er es nicht schon wusste.

Eisige Dezemberkälte schlug mir entgegen und streifte brennend wie Feuer mein Gesicht, als ich in eine Nebengasse abbog. Es war eine Abkürzung, die normalerweise keine Menschen nutzten, sodass ich unauffällig verschwinden konnte. Hier befand sich nichts weiter als ein paar einzelne Müllcontainer, von denen ein beißender Gestank ausging. Der schwache Schein einer Straßenlaterne tauchte die Gasse in ein gedämpftes Licht, das einem Horrorfilm alle Ehre machen würde. Fröstelnd vergrub ich meine Hände in den Taschen meines Mantels. Ich wollte mich gerade verwandeln und in die Schatten eintauchen, als mich wieder dieses Gefühl befiel, verfolgt zu werden.

Unauffällig sah ich über die Schulter. Am anderen Ende der Gasse erkannte ich eine einsame Gestalt, die lässig auf mich zukam.

Bestimmt war das nur ein Mensch auf dem Nachhauseweg, von dem keine Gefahr ausging. Ich lief langsam weiter, damit die Person mich überholen konnte. Doch als sie mich erreichte, griff sie mein Handgelenk und stellte sich mir in den Weg.

Reflexartig hob ich den Arm. Allerdings hielt die Person mich so unnachgiebig fest, dass sie gegen mich prallte. Wir stolperten zurück und ich wurde hart gegen die kalte Mauer des Einkaufszentrums gedrängt. Mein Magen sackte ab und mir entwich ein erschrockenes Keuchen. Das hatte ich nicht erwartet. Vor mir stand ein junger Mann, dessen Gesicht von einer Kapuze halb verdeckt war. Da ich meine Kräfte zutiefst verabscheute, wendete ich sie nur im Training und in Notfallsituationen an. Diese hier war eine. Ich hob bereits die freie Hand, da umklammerte mein Gegenüber auch mein zweites Handgelenk.

»Denk nicht mal dran, Schattenwesen«, sagte er, als hätte er meine Gedanken gehört.

Das letzte Wort spuckte er förmlich aus, sodass ich zusammenzuckte. Die Härte, der Hass und die Abneigung in seiner Stimme trafen mich mehr, als ich wollte. Mehr, als ich zulassen konnte.

Hätte ich nur auf mein Bauchgefühl gehört. Ich hatte mit meiner Vermutung, beobachtet zu werden, richtig gelegen.

»Du überfällst mich doch gerade!«, giftete ich zurück und war froh, dass meine Stimme nicht zitterte. Sein überraschender Angriff hatte mich erschreckt, obwohl ich mich nie so leicht aus der Ruhe bringen ließ. »Woher weißt du überhaupt, was ich bin?«

Sein Mundwinkel hob sich. »Das wüsstest du wohl gern, du Verbrecherin.«

Ich hatte keine Ahnung, was dieser Junge von mir wollte oder wer er war – ein Schattenwesen sicher nicht, da wir unseresgleichen nie so herablassend behandeln würden.

Was auch immer er war, er war allein und dadurch leichter zu überwältigen. Da wir als Schattenwesen ständig Gefahr liefen, von Lichtwesen aufgegriffen und festgenommen zu werden, hatte mein bester Freund Isaac genug mit mir für den Ernstfall trainiert. So sehr ich meine Kräfte hasste, sie konnten mir das Leben retten.

Der Junge, dessen Gesicht noch immer kaum zu sehen war, lachte freudlos auf. »Im Übrigen überfalle ich dich nicht, sondern sorge nur für Ordnung. Du hast einen Kaugummi und ein teures Parfum geklaut. Willst du so dringend in Schwierigkeiten geraten?«

Er zählte meine Vergehen an den Fingern auf. Dabei rutschte der Ärmel seiner Lederjacke ein wenig zurück und gab den Blick auf das Tattoo auf seinem Handgelenk frei. Ein Anker. »Ein bisschen Wagnis bringt Schwung ins Leben«, gab ich mit einem aufgesetzten Grinsen zurück.

»Bei diesem Motto wundert es mich, dass du noch am Leben bist«, konterte er, umgriff meine Arme nun mit einer Hand und schob langsam die Kapuze zurück.

Ich wollte etwas erwidern, doch meine Zunge versagte mir den Dienst. Ich hielt die Luft an, als er kaffeebraune Haare offenbarte, die im Halbdunklen geradezu schwarz wirkten. Sie standen wegen der Kapuze zu allen Seiten ab. Teilweise hingen ihm dunkle Strähnen in die Stirn, was ihn verwegen wirken ließ. Dunkelbraune Augen mit einem hellen Ring um die Pupille durchbohrten mich auf solch intensive Weise, dass mein kompletter Körper plötzlich unter Strom stand. Seine Lippen kräuselten sich zu einem amüsierten Lächeln, ehe er sich vorbeugte und mir so nahe war, dass ich seinen warmen Atem auf meiner Haut spürte.

Ich nahm seinen Geruch wahr – eine Mischung aus Sandelholz und derbem Aftershave – und eine mir unbekannte Hitze schoss mir in die Wangen. Bis auf meinen besten Freund, der wie ein Bruder für mich war, kam ich männlichen Wesen nie so nahe. Ich wusste nicht, warum, aber dieser Junge brachte mich vollkommen aus der Fassung.

»Was willst du von mir?«, knurrte ich und versuchte ein wenig Abstand zwischen ihn und mich zu bringen.

Er legte den Kopf schief und lachte höhnisch. »Liegt das denn nicht auf der Hand?«

Er schob den Ärmel seiner Jacke ein Stück höher und mir gefror das Blut in den Adern, als ich einen Blick auf ein weiteres Tattoo erhaschte, das sich auf seinem Unterarm befand. Es war ein fünfzackiger Stern, der von einem kleinen Band umhüllt war, auf dem stand: Wahrer des Lichts. Es war das Erkennungszeichen für Lichtwesen, die – gemeinsam mit ein paar Menschen – die Regierung bildeten. Ich saß ziemlich tief in der Scheiße, wenn seine Kumpane in der Nähe lauerten.

Um mir meine Verunsicherung nicht anmerken zu lassen, hob ich eine Braue. »Ich mache mir schon vor Angst in die Hosen. Wo sind denn deine Lichtwesenfreunde?«, gab ich betont locker von mir. Meine Augen huschten suchend umher, doch außer einer Ratte, die leise hinter einem Müllsack verschwand, regte sich nichts weiter. Auch wenn ich wusste, wie ich meine Fähigkeiten anzuwenden hatte: Sollte dieser Junge mich nicht allein verfolgt haben ... Ich hätte keine Ahnung, wie ich aus der Nummer wieder lebend herauskommen sollte.

Ohne auf meine Frage einzugehen, holte er Handschellen hervor, die er mit einem zweideutigen Grinsen vor meinen Augen baumeln ließ. »Sanft oder hart? Deine Entscheidung.«

Ich hatte bereits die übelsten Horrorgeschichten von Schattenwesen gehört, die sich in den Fängen der Regierung befunden hatten. Von endlosen Folterungen bis hin zu Exekutionen gingen bereits die schlimmsten Gerüchte herum.

»Lass mich in Ruhe! Ich werde mich sicher nicht von dir abführen lassen«, protestierte ich und überlegte fieberhaft, wie ich mich befreien könnte.

Der Junge vor mir verdrehte belustigt die Augen und das selbstgefällige Grinsen auf seinen Lippen wurde breiter. »Ob du willst oder nicht, ist mir egal. Du bist hiermit im Namen der Regierung festgenommen.«

»Und warum?«, wollte ich wissen. Klar, ich hatte geklaut, aber dafür hätte er mich dem Sicherheitspersonal im Einkaufszentrum melden können, statt mich bis hierher zu verfolgen.

»Die Gründe habe ich dir gerade aufgezählt. Außerdem bist du ein Schattenwesen.«

Wieder einmal zeigte sich, dass Lichtwesen uns nach Lust und Laune das Leben zur Hölle machen konnten. In ihren Augen hatten wir es nicht verdient zu leben.

Der Lichtjunge trat einen Schritt an mich heran und sein Griff verfestigte sich, als er mir die Handschellen vor meinem Körper anlegte. Obwohl ich innerlich in Panik ausbrach, zwang ich mich zur Ruhe. Ich musste einen klaren Kopf bewahren. Deshalb wartete ich, bis das kühle Metall klickte. Siegessicher streckte er den Rücken durch und stemmte mit einem triumphierenden Grinsen die Hände in die Hüften.

Er dachte, ich sei ein hilfloses Schattenmädchen, das sich der Regierung beugte und das er herumschubsen konnte, wie er wollte. Aber da hatte er sich gewaltig geirrt.

»Ist das deine erste Festnahme, Lichtjunge?«, fragte ich betont gelangweilt und hielt ihm meine Hände entgegen.

Die Handschellen öffneten sich und landeten mit einem lauten Scheppern auf dem Asphalt. Verblüfft sah der Junge erst zu Boden, dann wieder zu mir. Er starrte mich an, als könnte er nicht glauben, was gerade passiert war. Bei dem Gedanken musste ich lächeln. Er hatte mich unterschätzt.

Stirnrunzelnd legte er den Kopf schief und betrachtete mein Gesicht, nein, meine Augen näher. Mir wurde unwohl zumute. Als würde ich mich nicht eh schon wie ein Freak fühlen, hatte ich durch eine Pigmentstörung zwei verschiedene Augenfarben. Während meine linke Iris von einem kräftigen Blau war, vermischte sich auf der rechten Seite in der oberen Hälfte das Blau mit Grün und Braun. Ich sah aus, als hätte man in meinem Auge einen Regenbogen ausgekotzt.

Ein weiteres Mal sah er zu Boden, ehe er die Handschellen aufhob. Ich nutzte den Moment der Ablenkung und stieß ihn mit aller Kraft von mir. Überrumpelt stolperte er zurück, die Handschellen fielen erneut zu Boden. Mit vor Zorn zusammengekniffenen Augen baute er sich vor mir auf.

»Du willst es also auf die harte Tour? Kannst du haben.«

Er hob die Hände und für einige Sekunden passierte nichts. Bis Feuer durch seine Fingernägel brach, sodass es aussah, als hätte er lodernde Klauen. Alles lief auf einen Kampf hinaus. Dabei wollte ich genau diesen vermeiden. Die Kräfte eines Schattenwesens konnten viel Schaden anrichten.

Eindringlich sah ich ihm in die Augen.

»Bitte, hör mir zu«, versuchte ich die Situation zu entschärfen. »Es muss keinen Kampf geben. Lass mich einfach gehen und du wirst mich nie wiedersehen. Ich will niemandem wehtun.«

»Zu spät«, gab er kalt zurück. »Das hättest du dir vorher überlegen müssen.«

Im nächsten Moment schoss ein Feuerball an mir vorbei und prallte an der Steinmauer hinter mir ab.

Ich wich zur Seite, als ein paar Funken zu allen Seiten auseinanderstoben. Warum konnte er mich nicht einfach gehen lassen? Ja, ich hatte geklaut und wusste auch, dass das nicht in Ordnung war. Aber ich hatte niemandem wehgetan! Als ein weiterer Feuerball auf mich zuflog, erkannte ich, dass mir keine andere Wahl blieb: Ich musste kämpfen. Schnell rief ich mir meine gemeinsamen Trainingseinheiten mit Isaac ins Gedächtnis, der mir immer wieder eintrichterte, dass ich meinen Gegner kennen musste, um ihn besiegen zu können. Dieser Junge war ein überhebliches Lichtwesen, für das ich Dreck unter den Füßen war. So wie er sich verhielt, glaubte er die Oberhand zu haben. Wenn ich seinen Stolz kränkte, würde ich ihn sicher aus der Fassung bringen und besiegen können.

Aus diesem Grund hob ich betont gelangweilt eine Braue. »Du magst es wohl gern heiß. Soll mich das jetzt beeindrucken? Hat bisher nicht so gut geklappt.«

Damit schien ich seine Wut anzustacheln. »Du hast keine Ahnung, mit wem du dich hier anlegst«, knurrte er.

»Nein«, verbesserte ich ihn. »Du hast keine Ahnung, mit wem du dich anlegst.«

Sowie er einen kopfgroßen Feuerball formte, beschloss ich dem Ganzen ein Ende zu setzen. Obwohl sich alles in mir dagegen sträubte, konzentrierte ich mich auf seinen Körper. Sowohl die menschlichen als auch unsere Körper bestanden zu sechzig Prozent aus Wasser. Und das konnte ich sehen. Jeden einzelnen Tropfen. Jedes einzelne Wassermolekül.

Als er seine Hand hob, um mich mit dem Feuerball zu treffen, entzog ich ihm die Flüssigkeit. An seiner Miene und daran, wie das Feuer verpuffte, konnte ich sehen, dass es funktionierte. Sein vorher so selbstgefälliger Gesichtsausdruck wandelte sich in blankes Entsetzen, als er erkannte, was vor sich ging und dass ich der Auslöser dafür war.

Winzige Wassertröpfchen lösten sich wie Schweißperlen aus seiner Haut und schwebten wie Sprühregen um ihn herum. Er griff sich an den Hals, die Miene vor Schmerz verzogen. Es bildeten sich bereits Falten in seiner Haut. Er wollte etwas sagen, brachte jedoch kein einziges Wort über die Lippen, die bereits trocken und spröde wurden. Ich sah ihm an, wie verzweifelt er gegen die Dehydration ankämpfte, und mit einem Mal tat er mir leid. Er hatte mich angegriffen und bedroht. Er hätte mich bestimmt der Regierung ausgeliefert und die hätte mein restliches Dasein in die reinste Hölle verwandelt. Ich verteidigte nur mich und mein Leben. Warum fühlte ich mich dann so schlecht dabei?

Entsetzt und verwirrt über mich selbst trat ich einen Schritt zurück und ließ den Bann brechen. Sofort kehrte das Wasser zurück in seinen Körper und sein Gesicht nahm wieder Glätte und Farbe an. Für einige Sekunden erwiderte er keuchend meinen Blick, die Hände auf die Knie gestützt. Er hatte Angst. Angst vor mir.

Eine Träne löste sich aus meinem Augenwinkel und rann über meine Wange.

»Es tut mir leid«, hauchte ich so leise, dass er es vermutlich nicht hörte. Aber ich meinte es ernst.

Mit einem letzten Blick auf den fremden Jungen, der mich nicht weniger schockiert ansah, tauchte ich in die Schatten hinter mir ein und verschmolz mit ihnen.

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