𝟐𝟏 - 𝐏𝐚𝐭𝐫𝐢𝐜𝐤
Ich merkte, wie angespannt er war, als wir nun hier auf der Polizeiwache waren. Beruhigend hatte ich meine Hand in seine geschoben, streichelte immer wieder sanft mit dem Daumen über den Handrücken meines Freundes, doch ich spürte förmlich, wie Ander zitterte. Besonders freiwillig war er ja nicht hier her gekommen, aber Guzman hatte recht. Wir wussten nicht, wie der Entführer drauf war und bevor uns etwas passierte, war es besser, Hilfe zu holen.
»So, was kann ich für euch tun?«, fragte einer der Polizisten, welche zuvor noch in ihren Büros gesessen und gearbeitet hatten. Er sah freundlich aus, hatte einen leichten Bauch und freundliche Augen, die uns fragend anblickten.
»Wir brauchen Ihre Hilfe. Ein Freund von uns wurde entführt. Wir wissen auch, wo er ist. Sie müssen mit uns kommen, damit wir ihn sicher da raus holen können«, erklärte Ander. Ich stand unterstützend hinter ihm, ermutigte ihn, weiter zu sprechen und war unheimlich stolz auf ihn. Bald hatten wir Samuel wieder unter uns.
Der Polizist hörte aufmerksam zu und auch als Ander ihm sagte, wo er eventuell sein könnte, nickte er.
»Okay, ihr könnt mit zwei von unseren Kollegen dorthin fahren. Sollte euer Freund dort sein, werden wir ihn finden«, sprach er und der Lockenkopf nickte. Ich lächelte dankbar und während wir auf die Kollegen warteten, streichelte ich sanft über die Seiten von meinem Freund.
»Ich bin stolz auf dich. Bald haben wir ihn da raus geholt«, flüsterte ich ihm zu und Ander schluckte schwer. Langsam nickte er. »Es muss so sein«, sagte er nur, den Blick starr auf die Wand vor uns gerichtet.
Endlich kamen uns zwei Polizisten abholen und wir stiegen in den Polizeiwagen.
Ich beschrieb ihnen den Weg, da ich wusste, wo es zu dem alten Industriegelände ging und vielleicht auch deshalb, weil ich auch helfen wollte. Ander hatte schon so viel machen müssen. Ich wollte ihm unter die Arme greifen.
Versteckt parkten die Polizisten ihren Wagen. Wir stiegen aus und am liebsten wären wir alle einfach los gelaufen und hätten im Inneren nach Samuel gesucht, doch wir blieben brav hinter den Polizisten, wie sie es und beim Aussteigen befohlen hatten.
Guzman sah sich wachsam um, um zu verhindern, dass der Entführer uns aus dem Hinterhalt überfallen konnte.
Wir betraten das Gebäude, hielten kurz inne, um zu lauschen, ob Geräusche zu hören waren. Nichts. Es herrschte Totenstille.
Verdammt! Was wenn Samuel nicht hier war?
Schnell schob ich den Gedanken beiseite.
»Samuel?«, rief Ander plötzlich und ich zuckte zusammen. Erst da merkte ich, wie angespannt auch ich war.
Wir lauschten. Keiner traute sich auch nur zu atmen. Nichts. Kein Mucks.
Ander versuchte es nochmal, trat weiter in das Gebäude und blieb dann wieder stehen. Das Blut rauschte so laut in meinen Ohren, dass ich es wohl kaum gehört hätte, wenn Samuel ein Lebenszeichen von sich gegeben hätte, doch die Polizisten hörten es.
»Nochmal«, ermutigten sie meinen Freund und Ander gehorchte. Immer wieder schrie er den Namen unseres Freundes und bewegten uns immer mehr in die richtige Richtung. Offenbar war Samuel alleine. Das war gut. Hoffentlich würde der Entführer nicht so schnell wieder zurück kommen.
Schließlich hatten uns die Geräusche vor eine verschlossene Tür geführt, hinter der sich Samuel befand. Nur noch eine Tür trennte uns von ihm und genau diese Barriere durchbrach nun einer der beidem Beamten, indem er sie einfach auf trat.
Ander und Guzman liefen als erstes hinein. Ich folgte ihnen und da sah ich Samuel, wie er auf dem Boden saß. Als er uns sah, sprang er auf und umarmte uns. Sein Gesicht war leichenblass. Bestimmt hatte er nichtmal was zu essen bekommen. Der Entführer wollte ihn hier sterben lassen. Was ein Schwein!
»Gehts dir gut?«, fragte der etwas größere Polizist und Samuel nickte kraftlos.
»Okay, wir müssen dich jetzt aber trotzdem erstmal mit aufs Revier nehmen. Denkst du, du kannst den Entführer identifizieren?«, fragte der Beamte und Samuel nickte.
»Ja, er war so blöd und hat mir gesagt, wer er ist«, gab Samuel zurück.
»Wer war es? Und was wolltest du mir wichtiges sagen?«, wollte Ander wissen.
Der Dunkelhaarige atmete tief durch. Er zitterte am ganzen Körper und man sah ihm an, dass er sehr schwach war. Armer Samuel. So kannte ich ihn nicht.
»Ich hab herausgefunden, wer Marina getötet hat«, platzte es schließlich aus dem geschwächten Jungen heraus.
Guzman wurde sofort hellhörig.
»Was? Wer?« Er trat näher und ich verstand nicht, von wem die Rede war.
»Marina ist... war die Schwester von Guzman«, erklärte Samuel netterweise und ich nickte knapp, als Zeichen, dass ich ihm folgen konnte.
»Wer war es?«, wiederholte Guzman.
»Und woher weißt du das?«, wollte nun auch Ander wissen.
Während wir uns auf den Weg nach draußen machten, erzählte Samuel alles.
Der Entführer hatte sich als der Cousin von Polo entpuppt. Als Samuel durch ein Telefonat mit Carla erfuhr, dass Polo es war, der Marina getötet hatte, wollte sein Cousin Alessandro auch nach dem Tod von Polo die Ehre seines Cousins schützen. Keiner sollte erfahren, was wirklich passiert war und als Samuel die Wahrheit herausfand, war für Alessandro klar gewesen, dass er diesen Jungen so schnell wie möglich ausschalten musste.
Wir waren alle fassungslos. Ich sah Guzman an, dass er traurig war. Ich habe mitbekommen, dass sie früher alle mit Polo befreundet waren. Wie furchtbar. Während der Fahrt zurück zu Revier schwiegen wir. Jeder versuchte für sich selbst das Geschehene zu verarbeiten.
Auf dem Präsidium angekommen, stiegen die Polizisten aus und einer öffnete uns die Tür.
»Du darfst bald nach Hause. Wir brauchen nur ein Phantombild von diesem Alessandro. Denkst du, du bekommst das hin?«, fragte besagter Polizist freundlich und Samuel nickte. Wir gingen mit rein, weil wir uns wohl alle einig waren, dass wir Samuel erstmal nicht alleine ließen. Geduldig warteten wir, bis dieser fertig war und ich rief uns ein Taxi.
Müde lehnte sich Samuel zurück und wir fuhren zu mir. Erstens hatten wir dort am meisten Platz und zweitens kannte dieser Alessandro mich nicht. Bei mir waren wir also am sichersten.
Samuel hatte sich in mein Bett gelegt und ich wollte ihm essen bringen, doch als ich ins Zimmer kam, war er schon eingeschlafen. Leicht lächelte ich. Das hatte er sich jetzt verdient.
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