
𝟏𝟎 - 𝐀𝐧𝐝𝐞𝐫
Ich stand am Herd. In meiner Hand ein Kochlöffel. Ja, ich versuchte mich mal an einem Risotto, aber leider musste ich feststellen, dass ich das Essen komplett vergessen konnte. Augenblicklich brannte mir die Tomatensoße an und ich stellte den Herd aus. Seufzend betrachtete ich mein Chaos. Na toll, das hatte sich ja jetzt voll gelohnt.
Schweren Herzens kippte ich alles weg und reinigte dann die Töpfe. Ich sah auf die Uhr. Eigentlich wollten meine Freunde noch vorbeikommen. Ich hatte gehofft, sie mit einem Essen überraschen zu können, aber ich konnte schlicht und ergreifend einfach nicht kochen. Da konnte ich mich noch so rein hängen. Es ging nicht. Irgendwas brannte immer an.
Als es an der Tür klingelte, ließ ich die Küche alleine. Ich hatte ohnehin alles schon aufgeräumt.
Lächelnd öffnete ich die Haustür und wurde von Samuel begrüßt. Nacheinander traten sie ein und klopften mir lächelnd auf die Schulter.
Rebeka rümpfte als erste die Nase.
»Hier riechts aber verbrannt«, sagte sie und ich seufzte leise.
»Tja, das war mein Risotto. Hat eben nicht so geklappt, wie ich es gerne gehabt hätte«, gab ich zurück und meine Freunde grinsten nur.
»Wo warst du eigentlich gestern plötzlich? Bist du mach Hause gegangen oder was?«, wollte Guzman wissen und mein Blick glitt automatisch zu Omar. Nein, ich konnte nicht die Wahrheit sagen. Es würde ihm weh tun und das wollte ich nicht. Omar war immerhin noch ein Freund von mir.
»Ja genau. Ich bin nach Hause gegangen. Ich hatte plötzlich so starke Kopfschmerzen. Eigentlich wollte ich dir noch Bescheid sagen, aber ich hab dich nirgends gefunden«, log ich und fühlte mich im selben Moment so schlecht. Was war ich nur für ein scheußlicher Freund? Nicht einmal die Wahrheit sagen konnte ich.
Guzman zog die Augenbrauen hoch. Er musterte mich, so als würde er etwas suchen und verschränkte dann die Arme vor der Brust. Verdammt, gleich würde er die Bombe platzen lassen!
»Ähm...will jemand Eis? Meine Mutter hat gestern frisches gekauft. Schoko?«
»Klingt super!«, meinte Samuel.
»Ja, Eis geht immer«, stimmte auch Rebeka zu und ich holte schnell das Eis für meine Freunde. Guzman folgte mir und beugte sich schließlich zu meinem Ohr.
»Und du bist dir sicher, dass du die Nacht ALLEIN hier verbracht hast?«, fragte er leise. Natürlich, er hatte mich ja mit Patrick gesehen, wusste, wie dieser Junge sich an mich ran gemacht hatte.
»Guzman, was soll das? Du weißt genau, dass ich das nicht einfach so vor allen sagen kann.«
»Wegen Omar? Ander, wenn du ihn weiter so verhätschelst, dann werdet ihr beide nicht glücklich. Er nicht, weil er sich Hoffnungen macht, dass du vielleicht zu ihm zurück kommst und du nicht, weil du keinen Typen an dich ran lässt. Keiner, der eine ernsthafte Beziehung will hat Bock darauf, dein kleines schmutziges Geheimnis zu sein«, zischte er mir schon fast zu und so sehr mich seine Worte gerade aufgeregten, so sehr wusste ich auch, dass er bloß die Wahrheit gesagt hatte. Ich musste lernen, los zu lassen. Ich bin Omar nichts mehr schuldig. Unsere Beziehung war vorbei und ich hatte ein Recht darauf, andere Jungs kennenzulernen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen, wenn ich es vor Omar erzählen musste.
»Lass das meine Sorge sein«, gab ich nur zurück, doch ich war mir sicher, dass Guzman ganz genau wusste, dass er gerade gewonnen hatte.
Er nahm mir eine Schüssel mit dem Schokoladeneis aus der Hand und ging zurück zu den anderen.
Ich verteilte die restlichen Schüsseln und dann vergruben wir uns in meinem Zimmer.
Wir entschlossen und dazu, über Gott und die Welt zu reden. Rebeka erzählte, dass ihre Mutter gestern mit zwei riesigen Tüten nach Hause gekommen war. Eine dieser Tüten war für sie gewesen. Klar, keine besonders spannende Geschichte, aber immerhin lenkte sie mich von dem Gespräch zwischen mir und Guzman ab, das mir nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte.
Jeder erzählte etwas, was er gestern gemacht hatte. Es war beinahe wie ein kleines Spiel. Schließlich blieb jedoch ich und Omar übrig. Da alle wussten, dass Omar gestern nichts gemacht hatte, da er in letzter Zeit ohnehin nichts machte, blickten alle gebannt zu mir.
Ich schluckte schwer und sah zu Guzman, der nur kaum merklich nickte.
»Also ich...war gestern mit Guzman auf einer Gala. Er hat mich mehr oder weniger dazu gezwungen, dass ich mit gehe«, fing ich an.
»Eine Gala? Cool, ich hoffe doch, du hattest deinen Spaß«, grinste das braunhaarige Mädchen und ich sah kurz zu Omar, der bloß weg sah, als sich unsere Blicke trafen.
Nein! Schluss damit! Guzman hatte recht. Ich musste zulassen, dass mein Glück mich fand. Vielleicht war Patrick ja mein Glück. Das wusste ich ja nicht.
»Spaß im Sinne von Sex nein, aber ich habe tatsächlich jemanden kennengelernt. Ich kann noch nicht viel sagen. Wir hatten einen Abend und eine Nacht zusammen. Da lernt man keinen Menschen wirklich kennen, aber ich denke, er könnte ganz okay sein.«
Das war wohl die größte Untertreibung des Jahrhunderts. Patrick war nicht nur „ganz okay". Er war... anders. Anders als die meisten Jungs, die sich in irgendwelchen Clubs an mich ran warfen, die nur das eine im Kopf hatten. Nein, Patrick war anders. Die Maske täuschte vor, dass er nicht besser war, als all diese notgeilen Idioten, doch als ich kurz hinter diese Maske blicken durfte, hatte ich gesehen, wer dieser Junge wirklich war.
Omar schluckte schwer und es wurde still im Zimmer. Ich spürte, wie ich mich verspannte und sah automatisch auf mein Handy, aber natürlich war da keine Nachricht zu finden. Warum meldete Patrick sich denn nicht einfach? Ich hatte ihm doch meine Nummer gegeben. Wollte er mich ärgern? Oder hatte er vielleicht längst schon einen anderen? Gott, ich wollte es nicht wissen. Diese Totenstille hier in meinem Zimmer war mir schon genug.
»Cool, freut mich«, kam es schließlich von Omar, doch Freude hörte sich anders an. Ich konnte förmlich hören, wie seine Traumblase in diesem Moment zerplatzt war, doch es war nunmal Realität. Unsere Beziehung war vorbei. Nun konnte ich nur hoffen, dass meine Blase nicht platzen würde.
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