Kapitel 3
Ich robbte mich also gekonnt- das Loch hatte die perfekte Größe für eine achtjährige- durch den Spalt und tauchte auf der anderen Seite wieder auf....
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Erstmals vorsichtig, dann gespannter, lies ich den Blick über die Bäume gleiten, vorbei und nach Anzeichen eines Kindes Ausschau haltend. „Lass mich sofort los!" Der Schrei war kaum zu hören, er klang gepresst, als würde jemandem gerade die Hand vor den Mund gehalten bekommen. Ohne zu zögern schlich ich mich mucksmäuschenstill in die Richtung, von der ich glaubte, den klagenden Laut vernommen zu haben. Während ich mich Schritt für Schritt zu dem Geräusch, dass sicher von Simon stammte heranpirschte, sah mir Vivi, wie ich sie manchmal in Gedanken nannte, verwirrt nach, denn sie hatte wohl nichts gehört. Ein dumpfes Geräusch, dann ein gequältes Stöhnen und ich war hellwach. Ich beschleunigte meine Schritte, achtete jedoch weiter darauf, nicht allzu laut zu sein. Mein Mund war trocken und die Hitze nahm mich mehr in Anspruch denn je. Ich hatte Durst, unglaublichen Durst, doch ich beherrschte mich und hörte auf den gleichmäßigen Klang, den meine Schritte erzeugten, wenn ich über den weichen Waldboden lief. Das kleinste Geräusch würde mich zusammenzucken lassen, doch zu meiner Verwunderung dauerte es noch ein Weilchen, bis ich wieder etwas hörte. Gedämpfte Stimmen, diesmal deutlicher zu vernehmen. Ein leises herzzerreißendes Schluchzen...Simon- dann sich gedehnt, wohl mit Absicht langsame Schritte, die sich entfernten. Sie, vermutlich zwei, wenn man den Stimmen Glauben schenkte, wollten wohl beweisen, dass sie sich ruhig Zeit lassen konnten. Es war erledigt und sie wussten, dass Simon sich nicht wehren konnte. Ein paar Sekunden noch verharrte ich auf der Stelle, mit den Gedanken dabei, wie ich ihn wohl vorfinden würde. Ich atmete einmal tief durch und schickte eine flüchtige Bitte, dass Simon in Ordnung sei nach oben und trat aus meinem Versteck.
Er war es tatsächlich. Unsicher, wie seine Reaktion wohl sein würde ging ich schnellen Schrittes auf den am Baum zusammengesackten Simon zu und kniete mich neben ihn. Er zitterte und seine Mundwinkel zuckten, als wollte er etwas sagen. Seine Unterlippe war aufgeplatzt und blutete leicht. Er stand noch unter Schock und war unfähig sich zu rühren. Ich fasste ihn am Arm, doch er blieb still. Ich verstand ihn ja. Mitfühlend versuchte ich ihn zu beruhigen. Seine Unterlippe bebte und ich setzte mich zu ihm. Er musste sich erst einmal sammeln, also blieb auch ich still, immerhin wollte ich ihn nicht gleich mit Fragen bombardieren. So saßen wir da, mehrere Minuten, in Schweigen versunken, bis Simon den ersten Schritt machte. „Ich....ich konnte nichts dagegen machen. Sie haben mich von hinten gepackt, mir die Hand vor den Mund gehalten und mich hierher geschleift. Regelmäßig wollen sie von mir Geld." Wir bekamen wöchentlich etwas Taschengeld in die Hand gedrückt, das wusste ich von Viviana. Ich selbst war noch keine Woche hier. Simon starrte auf eine unbestimmte Stelle auf dem Boden. „Sie waren schon öfter da und haben mir gedroht, dass wenn ich Ihnen mein Geld nicht geben würde, dass ich es dann bereuen werde." Er stockte. "Jetzt haben sie ihre Drohung wahr gemacht", fügte er dann leiser hinzu. Ich schwieg so lange, bis er sich ausgesprochen hatte. Als ich spüren konnte, dass er nichts mehr dazu sagen wollte, schwieg ich.
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