Kapitel 10
Ich trat in einen von Sonnenlicht durchfluteten Raum. Und in den letzten Momenten meines Bewusstseins, nahm ich noch eine Tür war, die zu einer breiten Terrasse führte, auf der Viviana am Geländer der Terrasse festgebunden war und Simon von einem fünfzehnjährigem Mädchen fest umklammert wurde. Und in der letzten Sekunde vor dem Schlag, registrierte ich noch Simons und Vivis vor Schock, Schreck und Angst verzerrte Gesichter war, dann schlug mir etwas schweres auf den Kopf und ich bekam einen kräftigen Tritt in die Rippen und mir wurde schwarz vor Augen.
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Als ich die Augen wieder aufschlug dröhnte mein Kopf. Kaum versuchte ich mich wieder aufzurichten, durchzuckte mich ein heftiger Schmerz und ich entschied mich, lieber liegen zu bleiben. Mittlerweile war es bereits dunkel geworden. Wie lange war ich wohl ohnmächtig gewesen? Unter mir spürte ich den kühlen Fliesenboden der Terrasse. Was ist passiert? Da fiel es mir wieder ein und sogleich wurde mir übel. Ich hatte versagt. Das ältere Mädchen, musste Marlene gewesen sein, die Simon gerade festhielt und Jakob, falls meine Theorie stimmte, hatte mich dann unter Umständen niedergeschlagen und unsanft auf dem Boden abgelegt. Aus dem Augenwinkel erkannte ich den Schemen Vivianas, die zusammengekauert mit den Händen festgebunden an der einen Ecke der Terrasse saß. Simon war dann auch hier irgendwo. Ich zwang mich dazu, den Kopf zu drehen. Erst jetzt bemerkte ich, dass meine Hände mit einem Seil straff zusammengebunden waren. Ein roter Striemen würde auftauchen, wenn ich das Seil abbekommen könnte, doch das war eh schier unmöglich. Trotz des Schmerzes, den es erzeugte, wenn ich meinen Kopf bewegte, hörte ich nicht auf damit und ignorierte die warnenden Stiche. Meine Hände waren schwitzig und mein Hals staubtrocken. Die Hitze machte mir zu schaffen und lies mich nicht in Ruhe. Da sah ich auch ihn. Auf einem Stuhl war Simon festgebunden. So musste er nicht die ganze Zeit im eisernen Griff Marlenes festgehalten werden. In dem Moment, als ich den Kopf noch ein Stück weiter drehte, konnte ich Jakob und Marlene erkennen, wie die beiden gerade zur Terrassentür nach draußen schritten. Hinter sich verschlossen sie hastig den einzigen Ausweg. Jakobs Blick begegnete meinem und ich wurde innerlich zu Stein. Äußerlich war ich das ja irgendwie schon. Es lies mich erzittern und jagte einen Schauder über meinen Rücken. „Vielleicht wundert ihr euch, dass wir euch erst jetzt hierher bestellt haben. Tja, der Augenblick war günstig und wir mussten uns erst einmal den Schlüssel zu diesem Haus besorgen." Jakob spuckte die Worte regelrecht aus. Ein fieses Grinsen huschte über sein und Marlenes Gesichter und lies das Szenario noch schlimmer wirken. „Ihr habt uns unsere einzigen Freunde genommen. Und, ganz ehrlich, was wäre, wenn es einem von euch genauso erginge...?" Marlene nickte zustimmend. „Wisst ihr, wir haben euch beobachtet. Und ihr hängt die komplette Zeit zusammen, so, als wärt ihr aneinander geklebt. Da ist uns klar geworden, dass wir da dringend etwas dran ändern müssen. Das hätten Max und Lenni auch getan" Während Jakob das sagte, spürte ich, wie mir eines klar wurde: Jakob beneidete uns regelrecht für unsere Freundschaft. Und er hasste den Gedanken, dass er das nie mit seinen Freunden haben konnte. Er konnte es einfach nicht mehr mit ansehen. Jetzt stellte sich die Frage, was sie mit uns vorhatten. Wie konnten sie uns auseinander reißen? Selbst mit den schlimmsten Verletzungen, wir würden immer befreundet bleiben. Wie dann? Plötzlich ging Jakob auf Simon zu, Marlene auf Viviana. Sie wurden losgemacht. Jetzt lag nur noch ich am Boden. Viviana stand mit vor Angst geweiteten Augen da. Simon versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Das war wahrscheinlich auch besser so. Besser keine Angst zeigen. Das sollte ich wohl auch tun. Viviana wurde von Marlene zum Geländer der Terrasse geschleift. Mir wurde noch übler. Was...? Ich versuchte mich loszureißen, zu schreien, musste irgendetwas tun, um ihnen zu Hilfe zu kommen! Da das mit dem Loskommen wie erwartet nicht hinhaute, versuchte ich irgendwie ohne Hände aufzustehen. Mein Gesicht verkrampfte sich zwar, wegen der Schmerzen, doch ich schaffte es, mich hochzuhieven. Die beiden waren nicht so schlau gewesen und hatten mir nicht die Füße zusammengeknotet. Oder sie hatten einfach nicht damit gerechnet, dass ich mich selbstständig machen würde. Immerhin hatte ich eine Kopfverletzung, die mich für einige Stunden ins Koma befördert hatte. Vielleicht konnte ich es schaffen, mich auf Marlene zu stürzen und sie niederzuringen. Jetzt wäre ein günstiger Moment, denn beide hatten mir den Rücken zugekehrt. Möglich, dass es nicht eine meiner besten Ideen war, doch es war einen Versuch wert.
Ich nahm Anlauf und versuchte sie mit meiner Schulter zu rammen, was mir wegen meines Überraschungsmomentes auch gelang. Mit zu einer Grimasse verzerrtem Gesicht blickte Marlene in meine Richtung. Wir drei standen nahe dem Geländer, das bestimmt unter den Mindestmaßen lag, wenn es um Höhe ging. Ein gezielter Stoß und einer würde fallen. Also war ich mit meinen gebundenen Händen ganz schön im Nachteil, denn ich konnte jemandem noch nicht einmal die Hand schütteln, geschweige denn jemanden stoßen und Simon und Viviana helfen. Nicht, dass ich heimlich vorgehabt hätte, einen vom Dach zu befördern.... Marlene lies von Viviana ab , die sich wohl so fühlen musste, als wäre sie am Boden festgewachsen und war mit nur einem Schritt bei mir. Sie überragte mich um mindestens zwei Köpfe und sah so aus, als wäre sie mehr als doppelt so stark wie ich. Mir war klar, dass wir zu dritt nicht gegen beide ankommen würden. Wir brauchten Hilfe! Doch bevor ich auch nur einen weiteren Gedanken fassen konnte, trat mir Marlene brutal in den Bauch. Mir blieb die Luft weg. Ich bekam keine Luft mehr! Dann versetzte sie mir einen solchen Stoß, dass ich auf dem Boden landete. Es tat höllisch weh, doch durch den harten Aufschlag öffnete sich mein Brustkorb schlagartig wieder und es strömte frische Luft in meine Lungen. Ich keuchte auf und bemerkte gerade noch rechtzeitig, dass Marlene auf mein Gesicht eintreten wollte. So konnte ich mich mit letzter Kraft auf die Knie abrollen und einen Versuch wagen, ohne zu benutzende Hände aufzustehen. Nur gerade so bekam ich es hin. Mein Atem ging nur noch in Stößen. Schwarze Punkte tanzten für einen Moment vor meinen Augen, doch das hielt zum Glück nicht gerade lange an. Viviana hatte sich mittlerweile aus ihrer Starre gelöst und stürzte sich mit einem Schrei auf Marlene. Hilfe, dachte ich, wir brauchen unbedingt Hilfe! Es war dunkel und nur die Laternen der Straße ließen uns etwas erkennen. Mir fiel urplötzlich etwas ins Auge. Das nun verwucherte Haus, auf dessen Terrasse wir nun mit einer schönen Tasse Tee verweilten, hatte allem Anschein nach mal eine Art Hecke gehabt. Diese stach mir unmittelbar unter der Terrasse ins Auge. Natürlich ein ganzes Stück weiter unten, doch wenn ich Glück hatte, konnte ich mich auf diese fallen lassen und versuchen, Hilfe zu holen. Ich konnte nicht sagen, was sie mit uns vorhatten, vielleicht wollten sie uns auch nur Angst einjagen, doch das musste ein Ende haben. Es sollte das letzte Mal sein, dass Jakob und Marlene solch etwas taten. Mit einem Blick versuchte ich Simon zu verstehen zu geben, was ich vorhatte. Vivi war noch mit Marlene beschäftigt. Diese wurde zu Boden gerungen und war nun im Nachteil. Jakob war versucht mit dem sich währenden Simon fertig zu werden. Ich sah ins Dunkle hinab. Genau dort muss ich landen. Ungeschickt stieg ich über das Geländer. Es war der einzige Weg nach unten. Die Terrassentür war ja verschlossen worden.
„Ich kann das nicht. Ich kann das einfach nich.", flüsterte ich immer wieder und wieder. Ich stand am Abgrund, vor mir das dunkle Schwarz, die unerbittliche Leere. Nichts. Doch dann fasste ich all meinen Mut zusammen und sprang.......
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