04. Epilog
♪ Die Musik der Nacht – Peter Hofmann (Musical Phantom der Oper)
Es war weit nach Mitternacht, als Harry erwachte.
Er lag in seinem Bett, in seinem vertrauten Schlafzimmer in London.
„Was für ein irrer Traum", murmelt er verschlafen vor sich hin und rieb sich die Augen. Das fahle Licht der Straßenlaterne erhellte den Raum nur mäßig, dennoch war Harry in der Lage zu erkennen, dass er nicht allein in seinem Bett schlummerte.
Urplötzlich begann sein Herz wie wild zu schlagen, als er langsam die Decke anhob, um in das Gesicht einer jungen Frau zu blicken.
Die Prinzessin.
Für einen Moment stellte er das Atmen ein, fasste sich an den Kopf und schüttelte diesen anschließend ungläubig. Das konnte doch nicht wahr sein, oder doch? Halbnackt lag sie neben ihm, das blonde Haar wirkte ein wenig zerzaust und ihre Atmung ging regelmäßig. Dieser Kobold hatte seine Wünsche erfüllt, obwohl Harry diese niemals laut aussprach, sondern nur dachte.
Unsicher was er nun tun sollte, erhob er sich vorsichtig, um Taylor nicht zu wecken. Auf leisen Sohlen begab sich Harry ins angrenzende Wohnzimmer und blickte auf das alte Piano. Majestätisch stand es da, wo es sich bis zu seiner Reise in dieses merkwürdige Wunderland befunden hatte.
Das Musikinstrument schien in einzuladen, eine Melodie zu spielen, aber Harry traute sich nicht. Was, wenn Taylor wach wurde? Was sollte er ihr erzählen? Sicher wollte sie zurück in ihre Welt. Wie hatte er nur so töricht sein können anzunehmen, dass sein geheimer Wunsch die Glückseligkeit bedeutete?
So wie er nicht in das Wunderland gehörte, war Taylor hier in einer ihr fremden Welt gefangen. Sicher, er hatte sich gewünscht, sein weiteres Leben an ihrer Seite und in seiner Welt verbringen zu können, aber das würde nicht so einfach möglich sein.
Seufzend setzte er sich vor das Piano, das ihn magisch anzog. Harry konnte sich nicht dagegen wehren und wie von selbst berührten seine Finger die Tasten, erschufen ein Stück. Die Melodie der Nacht, aus dem Musical Das Phantom der Oper. Dies war Harrys Lieblingsmusical und er wusste gar nicht, weshalb ihm genau jetzt diese Melodie im Kopf herumspukte.
Harry brachte das Stück zu Ende und als er den Kopf hob, erwartete er halb, entweder einen der Elfen oder den Kobold auf dem Piano sitzen zu sehen. Aber nichts dergleichen geschah, sie ließen ihn alle im Stich. Es gab niemanden, den er um Rat hätte fragen können, was nun am besten zu tun sei.
Spätestens wenn Prinzessin Taylor erwachte, hatte er ein Problem.
Ein Geräusch, das aus dem Schlafzimmer kam, ließ ihn urplötzlich aufschrecken. Hektisch sprang Harry auf, da kam Taylor bereits durch die Tür gelaufen. Sie lächelte, ging auf ihn zu, umarmte ihn und sprach: „Das war vielleicht ein Abend, was? Erst diese Cocktails in der Bar und dann die tolle Nacht bei dir zuhause. Hoffentlich schickst du mich nicht weg, denn ich möchte nachher gerne mit dir frühstücken."
Harry glaubte sich verhört zu haben. Was war hier geschehen? Von welcher Bar redete Taylor? Und wie bitte hatten sie die Nacht verbracht? Er besaß keinerlei Erinnerungen daran, sondern sah sich und Taylor noch immer im Schloss, im Wunderland.
Zu seiner Verwunderung drückte Taylor ihm einen Kuss auf die Lippen, was sein Herz wie wahnsinnig schlagen ließ. Diese Frau besaß den Zugriff zu seiner Seele. Er wollte sie nie wieder gehen lassen.
„Ich gehe jetzt wieder schlafen, Harry. Bitte lass mich nicht zu lange alleine, auch wenn ich es liebe, wenn du auf diesem Piano spielst."
Leichtfüßig tänzelte sie durch den Raum und schlüpfte durch die Tür ins Schlafzimmer. Restlos aufgewühlt stand Harry da, blickte zu seinem Piano und da sah er ihn.
Niall saß auf dem Instrument, in seiner linken Hand hielt er einen Briefumschlag, mit dem er Harry zuwinkte. „Der ist für dich."
Eilig lief der Pianist in Richtung Piano und riss dem Kobold den Umschlag aus der Hand. In geschwungener Schrift standen die Worte: An meinen Urenkel darauf.
Überrascht und neugierig zugleich öffnete Harry das Papier, wobei seine Finger heftig zitterten.
„Mein lieber Urenkel, ich kenne zwar nicht deinen Namen, aber ich weiß, dass du ein großartiger Pianist sein wirst. So wie ich einer war. Das Leben gab mir viele schöne Dinge, aber es nahm mir das Wertvollste auf der Welt: meine junge, wunderschöne Frau. Sie starb kurz nach der Geburt unseres Sohnes, deines Großvaters. Ich habe nie wieder geheiratet, da ich ihren Verlust nicht zu verwinden vermochte. Alles was mir aus der damaligen Zeit blieb war mein Piano. Es war kein Zufall, dass du es entdeckt hast, denn eines Tages machte ich Bekanntschaft mit einem Kobold, der mir versprach, das Piano zu verzaubern, sodass es in die Hände meiner Nachfahren gelangen würde. Dies sei allerdings erst nach einer gewissen Zeit möglich, genauer gesagt, bis zur Linie meines Urenkels. Außerdem musste er mir versprechen, dass du die Liebe deines Lebens finden wirst. Nachdem er das tat, habe ich ihn niemals wieder gesehen. Ich kann nur hoffen, dass dich dieser Brief erreicht und der Kobold, dessen Name Niall ist, sein Versprechen nicht gebrochen hat. In Liebe, dein Urgroßvater Henry."
Verwirrt ließ Harry den Brief sinken, schaute zu Niall, der ihm zuzwinkerte.
„Meine Aufgabe ist erfüllt, Harry. Ich habe alles getan, was dein Urgroßvater mir damals auftrug. Ich muss nun gehen, damit du dein Leben gemeinsam mit Taylor verbringen kannst."
„Aber... Stopp! Warte!", rief Harry. „Was ist in der Nacht geschehen? Und von welcher Bar hat sie geredet? Und warum erinnert sie sich nicht an ihr Schloss?"
Wieder zwinkerte Niall dem jungen Pianisten zu: „Vergessenszauber und Traumzauber. Sie wird sich nicht mehr an das Wunderland erinnern, sondern nur an ihr neues Leben hier. Und was die Nacht mit dir angeht, ich habe sie den besten Sex mit dir erleben lassen. Natürlich nur in ihrer Traumwelt. Also streng dich an und enttäusche sie im realen Leben nicht."
Bevor er noch etwas sagen konnte, drehte Niall sich um die eigene Achse, wirbelte eine gewaltige Wolke goldenen Koboldstaub auf und verschwand.
Zurück blieben Harry, Taylor und das Piano mit der Aussicht auf ein wundervolles Leben.
Und wenn sie nicht gestorben sind... ihr wisst schon...
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Hallo meine Lieben, hier ist nun der Epilog zur Weihnachtsgeschichte. Sie war so ganz anders, als das, was ihr von mir gewöhnt seid. Ich hoffe, sie hat euch trotzdem gefallen. Über Rückmeldungen würde ich mich wahnsinnig freuen.
Ich hoffe, ihr hattet alle ein schönes Weihnachtsfest. :) Wir lesen uns demnächst bei Tüll & Torten.
LG, Ambi xxx
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