00. Prolog
♪ Toccata – Johann Sebastian Bach
Seit über einem Jahrhundert stand es in einer Ecke.
Unbenutzt, die Tasten verstaubt, das schwarze Holz matt. Ein Gegenstand aus einer anderen Zeit, der beinahe in Vergessenheit geriet.
Menschen kamen und gingen und jeder, der sich für das alte Piano interessierte, ließ jedoch schnell davon ab. Spätestens dann, wenn er feststellte, dass man dem ehrwürdigen Instrument keinen Ton zu entlocken vermochte.
„Es ist kaputt", bekam der Besitzer des Trödelladens oft zu hören.
„Nein, es ist verzaubert", entgegnete dieser stets höflich. „Man kann es nur erwecken, wenn man die richtige Melodie darauf spielt."
„Und was ist die richtige Melodie?"
„Das weiß ich leider nicht, nur das Piano kennt sie."
Konversationen wie diese führten meist dazu, dass die Kaufinteressenten sich enttäuscht von dem besonderen Gegenstand abwandten. Und so stand das Piano bis zu einem kalten Tag im Dezember, noch immer in der Ecke des Ladens, ohne jemanden gefunden zu haben, der ihm die richtige Melodie entlocken konnte.
Der Tag, der alles veränderte, begann mit einem heftigen Schneesturm, wie London ihn noch nie gesehen hatte. Binnen einer Stunde lag die weiße Pracht fast einen halben Meter hoch, bedeckte den Asphalt, sämtliche Grünflächen, sowie die Dächer der Gebäude.
Knarrend öffnete sich an diesem Nachmittag die Tür des Trödelladens, durch die ein junger Mann trat. Seine Nase leuchtete knallrot, seine braunen Locken schauten wirr unter einer Zipfelmütze hervor, während seine grünen Augen interessiert die Gegenstände musterten, die sich im Laden befanden.
„Kann ich Ihnen behilflich sein?", erkundigte sich der Ladenbesitzer, dessen Stirn durch eine fette Narbe geziert wurde, freundlich.
„Kommt darauf an", erwiderte der junge Mann. „Ich interessiere mich für alte Musikinstrumente. Vorzugsweise ein Piano."
Sofort hellte sich das Gesicht des glatzköpfigen Verkäufers auf. „Da hätte ich vielleicht etwas für Sie. Bitte folgen Sie mir."
Er führte den jungen Mann in die hinterste Ecke des Ladens und als der Kaufinteressent das Piano erblickte, stieß er einen überraschten Laut aus.
„Das ist mindestens hundert Jahre alt."
„Vermutlich."
„Darf ich es anfassen?"
„Nur zu."
Behutsam strichen die Finger des jungen Mannes über das Holz. Vorsichtig öffnete er die Klappe, welche die leicht eingestaubten Tasten freigab.
„Es sieht aus, als sei es lange nicht benutzt worden", sinnierte der junge Mann, worauf der Ladenbesitzer nickte.
„Wissen Sie, es ist verzaubert." Anschließend erklärte er, was es damit auf sich hatte und der junge Mann hörte aufmerksam zu. Währenddessen ließ er das alte Piano nicht aus den Augen. So, als wolle er eine Verbindung zu diesem aufbauen.
„Und niemand konnte ihm bisher einen Ton entlocken?" Ungläubig schaute der junge Mann drein und der Glatzkopf nickte.
„Niemand. Es steht schon in dieser Ecke, seit ich den Laden übernommen habe. Der Vorbesitzer hat mich darauf hingewiesen, dass das Instrument verzaubert sei. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich noch damit anfangen soll, wenn nicht bald jemand kommt, der es mitnimmt."
Er seufzte tief und der junge Mann erkundigte sich, welchen Preis er dafür haben wollte, falls es ihm gelänge, dem Instrument einen Ton zu entlocken.
Laut lachte der Ladenbesitzer auf. „Ich bin froh, wenn ich es los bin. Sagen wir hundert Pfund und Sie können es mitnehmen."
„Das ist viel zu wenig", protestierte der junge Mann. „Ich bin Pianist, ich kenne mich mit Musikinstrumenten aus."
Doch der Ladenbesitzer schüttelte nur den Kopf. „Versuchen Sie Ihr Glück. Wenn Sie es schaffen, geben Sie mir hundert Pfund und die Sache ist geritzt. Sehen Sie es als eine Art Weihnachtsgeschenk."
Für einen Moment dachte der Mann mit den grünen Augen nach, dann willigte er schließlich ein.
Langsam ließ er sich auf dem Hocker nieder, der vor dem Instrument stand, krempelte die Ärmel seines schwarzen Mantels hoch und streckte kurz seine langen Finger aus. Und dann tat er etwas, was den Ladenbesitzer verblüffte. Er redete mit dem Piano, wie mit einem alten Freund.
„Sag mir, magst du eher ein langsames oder ein schnelles Stück, um geweckt zu werden?"
Sekundenlang verharrte er, horchte in sich hinein, legte den Kopf leicht schief und legte seine Finger behutsam auf die Tasten. Augenblicklich erklang eine Melodie, schnell, fordernd, galoppierend, intensiv und gleichzeitig wundervoll.
Andächtig lauschte der Ladenbesitzer den Klängen und voller Anerkennung applaudierte er, als der junge Mann das Stück beendete.
„Meine Güte, das war großartig! Wie heißt die Melodie, die Sie gespielt haben?"
Selig lächelnd antwortete der Lockenkopf: „Toccata. Der Komponist heißt übrigens Johann Sebastian Bach."
„Wundervoll, das war einfach herrlich. Sie dürfen das Piano nun ihr Eigentum nennen, Mr? Wie war doch gleich ihr Name?"
„Mein Name ist Styles. Harry Styles."
Zu diesem Zeitpunktahnte Harry noch nicht, dass das alte Piano sein Leben verändern würde.
____________
Hallo meine Lieben, das war der Prolog vom verzauberten Piano. Ich hoffe, er hat euch gefallen und ihr seid gespannt, wie es nun weitergeht und ob Harry dem alten Instrument noch andere Melodien entlocken kann.
Seid gewappnet für alles. :)
Ich wünsche euch einen schönen 1. Advent und wir lesen uns hier nächsten Sonntag.
LG, Ambi xxx
29.11.2020
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro