9 - Trugschluss & Zusammenkunft
Von der Idee überzeugt, einem komplett Fremden ohne weitere Infos zu begegnen, war sie definitiv nicht.
Es gab weitaus bessere und angenehmere Dinge, die sie sich hierbei vorstellen konnte.
Zum Beispiel illegal auf Berk zu sein. Spätestens jetzt, wo Haudrauf sie sowieso verbannte. Oder sich noch einmal mit Dagur anzulegen.
Aber nein, sie musste ja die Pergamentrolle öffnen und das Angebot annehmen.
Ob er sein Wort auch gehalten hätte, wäre sie nicht zum Treffen gekommen? Auf der anderen Seite habe ich doch nichts zu befürchten, oder?
Während die Reise relativ ruhig verläuft, steigt doch die Nervosität mit jeder Stunde mit jeder Stunde, mit der sie sich dem Ziel nähern. Auch wenn Schocker die Reaktion seiner Reiterin nicht versteht, so folgt er doch ihrem Plan. Man könnte sagen, es ist lebensmüde, aber seit den letzten Ereignissen ist deutlich geworden, dass dies nun auch keine größere Gefahr als die anderen ist. Im Vergleich zu ihrem Onkel, der Zerstörung der Festung und dem riesigen Drachen wirkt ein einzelner Wikinger unproblematisch.
Ein Problem bleibt: Sie weiß nicht, was das für ein Wikinger ist.
Die ganze Zeit über schweigend schleicht sich nur langsam ein Lächeln auf ihr Gesicht, als die Insel Stück für Stück immer sichtbarer wird. Tatsächlich ist sie genauso, wie er es ihr geschrieben hatte. Tatsächlich wollte und konnte sie nicht glauben, dass er die Wahrheit schrieb.
Bei all den Wikingern, die sie bis jetzt traf, war der Gedanke der Wahrheit immer ein gefährlicher.
Innerlich den Kopf schüttelnd spannt sie sich noch mal mehr an, als es nur noch wenige Meter sind. Wenige Meter, die sie von ihm und dieser... Insel trennen. Von dieser Insel und diesem Unbekannten.
Noch während sie sich der Insel nähern, nimmt das ungute Gefühl immer mehr zu. Die Insel selbst ist tatsächlich doch sehr... karg. Wäre es keine so große Fläche, hätte man meinen können, es wäre nur ein flacher Felsen inmitten des Meeres. Keine Felsen, keine Erhöhungen oder Kuhlen, keine Bäume oder Büsche, die man als Versteckmöglichkeit nutzen könnte. Das passt schon mal zur Beschreibung... Und doch ist es dieser eine Schatten am hinteren Rand des Plateaus, der ihre Aufmerksamkeit erregt. Könnte es sein...?
Still gibt sie ihrem Freund das Zeichen zum Landen, nachdem sie die Umgebung aus der Luft noch einmal gründlich gemustert haben. Kein Lebenszeichen noch Anzeichen von Schiffen, Drachen oder Menschen. Hält der Unbekannte tatsächlich sein Wort?
Kaum berührt Schocker den Boden, räuspert sich die Figur am anderen Ende, bleibt aber mit dem Rücken zu den beiden stehen. Das letzte Mal sah sie in bei Nacht unter Orendels Feuer, nun ist es helligster Tag. Ist es wirklich derselbe?
Vom Aussehen her traut sie sich keine Antwort zu geben, aber die Präsenz, seine Ausstrahlung hat doch was... was Gefährliches an sich. Etwas, was einen von unüberlegten Handlungen abhält. Es ist nicht nur sein Aussehen, seine Haltung, seine Rüstung, es ist Er. Er, mit dem man sich lieber nicht einfach mal so anlegen will. Unberechenbar, aber nicht unbedingt in Körperkraft.
„Wie ich sehe, hast du dich dazu entschieden zu kommen. Sehr löblich", ruhig und doch fest ist seine Stimme zu hören, als er sich endlich umdreht und sie sich von Angesicht zu Angesicht sehen können. Wobei seine dunklen braunen Augen sogleich Reiter und Drache fixiert haben.
„Und wie du sehen kannst, habe ich mein Versprechen gehalten. Ihr konntet hierherkommen, ohne das euch etwas passiert ist. Auch wurdet ihr hier von keinem Hinterhalt empfangen, noch erwartet euch solch einer. Auch wenn ihr jederzeit abreisen solltet, ihr steht unter meinem Schutz."
„Schön und gut, aber wie willst du dann von hier wieder wegkommen?", skeptisch zieht Violene dabei eine Augenbraue hoch.
Amüsiert lächelt der Angesprochene, die Hände hinter dem Rücken verschränkt behaltend: „Indem ich meinen Männern ein Leuchtsignal geben werde, wenn sie sich auf den Weg machen sollen, mich abzuholen. Oder du gewährst mir die Ehre, bei euch mitfliegen zu dürfen."
Bei diesen Worten noch skeptischer werdend umklammert sie einen ihrer Dolche unmerklich fester, ein deutliches Schlucken unterdrückend. „Ich bin gekommen, nun rede."
„Aber, aber Violene. Nun mal ganz entspannt. Wir haben doch alle Zeit der Welt oder nicht?"
Aufhorchend beißt sie sich unmerklich mehr auf die Unterlippe. Eben nicht! Ich hab da noch mein Trio... Aber noch mehr als ihre Sorge um Anni und Amelie beschäftigt sie diese eine Frage. „Woher kennen Sie meinen Namen?" Das ist ihr schon auf der Dracheninsel aufgefallen, wobei sie sich ihm nie mit Namen vorgestellt hat. Gut, er sich ihr genauso wenig, aber trotzdem!
Belustigt grinst der Angesprochene und geht einen Schritt in ihre Richtung, bevor er wieder stehenbleibt. „Ich habe es dir schon einmal gesagt, bei unserem ersten Gespräch. Erinnerst du dich nicht mehr? Ich bin ein alter Freund deiner Heimat. Mein Beileid übrigens."
„Beileid..?" So langsam weiß sie nicht mehr, was sie noch glauben kann oder soll und nicht soll. Wenn er wirklich ihre Vergangenheit und ihre Heimat kennt, so kann das einerseits echt gut sein, andererseits aber auch... Sich schüttelnd schiebt sie diesen Gedanken schnell zur Seite.
„Die Zerstörung deiner Heimat. Ich habe davon erfahren. Es tut mir leid, dass ich nicht schneller da war und deinem Stamm gegen die Angreifer helfen konnte. Fürwahr, es ist eine mehr als tragische Geschichte, die so nicht hätte passieren müssen."
„Erzähl mir mehr! Weißt du, wer die Angreifer waren? Welches Wappen sie haben? Welchem Stamm sie angehören?"
„Alles zu seiner Zeit. Ich bin gewiss, dass du denen schon einmal begegnet bist. Jedenfalls kann ich mir nicht viele Stämme vorstellen, die es schaffen würden Eurem Stamm Schaden zuzufügen. Geschweige den diesen in solch einer Brutalität zu vernichten."
„Was hat das zu heißen...?"
„Das du dich mit einem Feind anlegen würdest, der für dich alleine viel zu mächtig und zu gefährlich ist. Du bist die letzte lebende Person eures Stammes. Stirbst du, ist alles verloren. Ich habe einen Vorschlag für dich."
Stumm mustert sie ihn, wie er da steht, redet und seine Hände zur Unterstreichung mit einsetzt. Irgendwie waren das doch zu viele Informationen auf einmal. Der Feind muss bestialisch sein, ich soll die letzte Überlebende sein und er... hat einen Vorschlag? Aber das heißt auch, dass... das Narvik es nicht geschafft hat. Das er mit den anderen gestorben ist. Nein.... Nein! Mit größtmöglicher Anstrengung versucht sie ihre kühle Fassade zu bewahren und sich nichts anmerken zu lassen. Und doch erkennt sein geschultes Auge sofort, was wohl in seinem Gegenüber gerade alles los sein muss.
„Schließ dich mir an. Und ich werde dir helfen, an dem verräterischen Stamm Rache zu üben. Wir helfen uns gegenseitig bei unseren Zielen. Du hilfst mir und ich helfe dir. Du hilfst mir mit Unterstützung der Drachen und dafür bekommst du Schutz, eine Heimat und Versorgung."
Stille.
Schweigen.
Nur ein leiser Windhauch schmiegt sich an den beiden vorbei, seinem Weg folgend.
„Ist das ein Deal?"
Hey, danke dir fürs lesen :p
Ich hoffe, das Kapitel hat dir gefallen. Zeig es mir doch gerne mit einer Rückmeldung durch Votes und Kommis – Geisterleser kriege ich leider nicht wirklich mit 🥺😅
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