5 - Ungewolltes Zusammentreffen
Noch immer zieht sich Orendels Feuer in malerischen Schlieren über den Nachthimmel.
Wieder einmal sind es gleichmäßige Flügelschläge, die sich zu dem fast lautlosen Wellengang mischen, getarnt und doch sichtbar in dieser Nacht. Seitdem sie von Berk aufgebrochen sind, haben sie kein Wort miteinander gewechselt, was doch ein bisschen ungewöhnlich ist. Auch wenn der ein oder andere Flug schon mal wortkarg stattfand, so war dies doch immer auch bewusst so.
Doch diesmal... Nein, diesmal sitzt der Schock noch in den Knochen. Sein Verhalten und die Verbannung von Berk. Auch wenn sie nur wenige Worte zu ihrem Freund sagte, so hat er selbst diesmal total geschwiegen. Kein Wort von sich gegeben, nicht einmal einen Laut.
Der Trampler wiederum ist nach ihrer Ankunft auf Berk direkt verschwunden. Um ihn muss sie sich keine Sorgen machen. Er ist mehr als geübt im plötzlichen Auftauchen und verschwinden, das ist ein kleiner Vorteil für Violene, grad bei solchen Aktionen.
Nachdenklich ruht ihr Blick auf Orendels Feuer.
Noch immer ist sie sich nicht wirklich sicher, was sie von Schockers Schweigen halten soll. Oder von den Begegnungen auf Berk. Es war klar, dass es mit Haudrauf schwierig werden könnte. Aber auch den Reitern zu begegnen hatte doch etwas... Unangenehmes für sie. Und das, obwohl sie als Trio mit auf deren sogenannten Drachenklippe oder auch -basis wohnen. Naja, wenn sie ehrlich ist, dann ist dies eher bei Anni und Amelie der Fall. Sie selbst war den größten Teil der Zeit dort eben nicht auf deren Insel. Es ist auch ihre innere Unsicherheit, die da auch zu einem gewaltigen Teil mit rein spielt. Obwohl Anni ihr schon zig Male beteuerte, dass die Reiter echt nett sind, so kann sie eben doch nicht dasselbe Vertrauen aufbringen. Gegenüber Anni und Amelie ist das natürlich wieder eine komplett andere Sache!
Andererseits wäre es auch mehr als ungewöhnlich gewesen, wäre in nächster Zeit nicht irgendwie eine Katastrophe passiert. Es ist wie früher. Das Leben bei ihrem Onkel und dann die missglückte Flucht. Das Unterkommen auf Berk und Gefangenschaft bei ihrem Onkel. Die Flucht von dort und die Flucht von ihrem neuen Zuhause. Und dann die ganze Geschichte mit Berk, Dagur und zig erneuten Fluchten. Ja, nach diesen ruhigen Monaten wäre es wirklich seltsam gewesen, wäre da in absehbarer Zeit nichts Verrücktes passiert.
Ohne sich mit seiner Reiterin abzusprechen, steuert er unterbewusst die Dracheninsel an. Vielleicht, weil diese am nächsten gelegen ist. Vielleicht aber auch aus Instinkt. Und doch hat diese Insel viele Vorteile. Nicht nur das dort automatisch mehrere Drachenarten leben, auch ist die Beschaffung der Insel genial als Rückzugsort. Und gerade weil dort mehrere Drachenarten zusammen auf dieser Insel leben, ist ein gewisser Grundfriede nicht abwegig. Auch wenn ein fremder Drache plötzlich dazustößt. Jedenfalls im Normalfall.
Plötzlich stellen sich ihre Nackenhaare auf, als ohne Vorwarnung ein bunter Schuss die restliche Dunkelheit erhellt. So schnell dieser aber kam, so schnell ist dieser auch wieder verschwunden. Aufmerksam sucht sie die dunklen Ecken ihrer Umgebung ab, in der Hoffnung, entweder einen zweiten Schuss entdecken zu können oder wenigstens die Herkunft davon. Abgesehen von einem tiefen Grollen, das auch von einem fernen Gewitter stammen könnte, lässt sich aber nichts entdecken. Skeptischer geworden zwingt Violene sich selbst zu mehr Wachsamkeit.
Unabhängig davon beginnt Schocker wenige Minuten darauf langsamer zu werden und in den Sinkflug zu gehen.
Mehrere Bergspitzen erstrecken sich in den Himmel und dichte Baumkronen schützen das mögliche Leben auf dieser Insel vor ungebetenen Blicken. Und genau das wollen die beiden sich zunutze machen.
Gezielt beginnt Schocker die ein oder andere Kurve zu fliegen, durch mehrere Baumkronen und Gesteinsformationen. Um dann auf einem kleinen Vorsprung endgültig zu landen. Ohne größere Umschweife steigt Violene ab und setzt sich auf einen nahe liegenden Fels, während ihr Blick auf die Natur vor sich fokussiert ist. „(DS) Warum, Schocker?"
Es sind nur zwei Worte und doch haben sie eine bedrückende Wirkung, als wären sie ein langer Monolog, gepaart mit Anschuldigungen und vor Hass triefenden Worten. Nein, eine gewisse Bestimmtheit ist nicht abzustreiten, aber doch ist es die Bindung zu ihrem Freund, die eine deutliche Besorgtheit heraushören lässt.
Stille breitet sich wie ein schwerer Mantel über die beiden aus, einzig allein durchbrochen von den Geräuschen der Natur um sie herum. „(DS) Schocker, hör mir zu. Wir kennen uns von klein auf. Und wir haben weitaus Schlimmeres durchgestanden als diese Phasen. Ja, sie kommen immer wieder hervor, aber das schaffen wir. Nicht du, nicht ich, sondern wir gemeinsam! Verstehst du? Wir werden es gemeinsam schaffen, gegen all diese Wunden und immer wieder aufbrechenden Narben. Wir sind ein Team, keine Einzelgänger."
Vorsichtig hebt der hellblaue Drache seinen Kopf, den Blick stumm auf seine Reiterin gerichtet, keine Widerworte einbringend.
* * * * * * * * * * * * * * * * * * * *
Seit ihrer Ankunft sind einige Stunden vergangen, wobei sie sich unabhängig voneinander zurückgezogen haben. Auch, um erst einmal ankommen zu können und das Geschehene für sich zu verarbeiten.
Andererseits waren auch die Drachen schon seit längerer Zeit nervöser als sonst, als wenn etwas auf dieser Insel wäre, was hier definitiv nicht hingehört. Etwas Fremdes, etwas... Bedrohliches.
Vielleicht ein Drache, vielleicht aber auch ... jemand.
Neugierig beobachtet sie die wilden Drachen, wie sie zusammenleben, aber auch auf Abstand halten. Gerade wenn es um die verschiedenen Revierbereiche geht.
Ein hohes Zischen zerreißt die Luft, erschreckt die Drachen und lässt diese abhauen, als auch schon ein knallbunter Schuss auf dem Boden explodiert. Schon wieder...? Was auch immer es ist, es ist hier. Entweder hat es uns bis hierher verfolgt oder wir sind in „sein" Revier eingedrungen. Mist!
Von den wilden Drachen ist nichts mehr zu sehen, auch nichts zu hören. Tatsächlich haben sie sich allein durch diesen Schuss so erschrecken lassen, dass sie noch tiefer in die Insel verschwunden sind. Behutsam beginnt Violene sich aufzurichten und sich aus ihrem geschützten Versteck zu schälen. Noch schneller aber wandert ihr Blick über die angrenzenden Bäume, Felsen und dann auch den Himmel. Und das gerade noch passend...
Ein bunt leuchtender Drache hat es sich auf einem Felsvorsprung gemütlich gemacht und beobachtet die junge Reiterin genau, jede einzelne Bewegung.
Zum ersten Mal schafft Violene es, einen längeren Blick auf diesen Drachen zu erhaschen. Sein Körper schillert in den verschiedensten Farben, während dieser von Eis umgeben scheint, in zackiger Form. Unmerklich lässt dieser seine Zunge raushängen, während sein Blick so auf Violene gerichtet bleibt.
„Was bist du...?"
Hey, danke dir fürs lesen :p
Ich hoffe, das Kapitel hat dir gefallen. Zeig es mir doch gerne mit einer Rückmeldung durch Votes und Kommis – Geisterleser kriege ich leider nicht wirklich mit 🥺😅
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro