Tod den Unwürdigen (aka me)
Donnerstag.
Yay.
Was ich dachte, was mir bevorsteht: Ein kurzes Referat über den Studiengang Journalismus für mein P-Seminar.
Was stattdessen rauskommt:
Ich habe Donnerstags immer die ersten vier Stunden frei, also muss ich erst um 11 Uhr 30 in der Schule sein. Dennoch wache ich aber immer früher auf und gehe in die Oberstufenbibliothek, weil ich irgendwie das Problem habe, zuhause nicht arbeiten zu können. Mein Hirn hat es sich angewöhnt, dass ich in der Schule lerne und zuhause höchstens körperliche Arbeit machen kann. Egal wie sehr ich mich anstrenge, es ist kaum möglich, mich zuhause zu konzentrieren. Deswegen bin ich immer in der Früh in der Schule und übe, weil ich es mir nicht leisten kann, auszuschlafen und nicht mein Hirn zu trainieren.
Rip, ich weiß, aber ich hab mich daran gewöhnt.
Na ja, fast.
Ich hatte vor, bis 7 Uhr 30 - also eine Stunde länger - zu schlafen. Ich wache auf, merke, dass ich immernoch krass müde bin und beschließe, bis 8 Uhr 30 zu schlafen. Ich wache dann um 8 Uhr 30 auf, bemerke, dass ich immernoch krass müde bin und beschließe, dann doch bis um 9 Uhr 30 zu schlafen.
Ich hatte am selben Tag ein Referat und ich wollte es in meinen ersten vier Freistunden machen, aber Schlaf hat nunmal Prioritäten. Die Mittagspause wird zur Referatsvorbereitung schon ausreichen.
Ich gehe dann in die Schule, lästere in den letzten zwanzig Minuten mit D., der anderen Psychopathin, über eine Person, die sie hasst und gehe in den Bio Unterricht, meine erste Schulstunde.
Die Vertretung ist inzwischen weg und wir haben wieder unsere ursprüngliche Bio Lehrerin, eine gechillte Witze machende und gleichzeitig ruhebedürftige Lehrerin. Am Dienstag, der bisher letzten Biostunde haben wir eine Klausr geschrieben, weswegen ich dachte, dass sie nicht über den Stoff, den sie ausgelassen hat abfragen würde.
Well.
Rip, i guess.
Ich sitze in Bio neben einem Mädchen mit bosnischen Akzent, die sich in Deutsch noch ein wenig schwer tut und einem anderen Mädchen, das irgendwie gleichzeitig studiert. Fragt mich nicht, sie lernt den Unterrichtsstoff aus Fachbüchern in der Unibibliothek und wie sie alles, und auch wirklich alles, weiß verstehe ich noch nicht ganz. Sie hat eine Antwort auf gefühlt jede Frage.
Das Thema, das wir zuletzt angeschnitten hatten war Neurobiologie mit der Ionentheorie über das Ruhepotential. Ihr wollt wissen was das ist? Tja, Pech, ich habs auch noch nicht ganz kapiert.
Wir warten darauf, dass die Lehrerin mit dem Unterricht beginnt, aber sie ruft erstmal die Bosnierin neben mir auf und stellt ihr eine Frage zum Ruhepotential. Ich habe Mitleid mit ihr, bin aber gleichzeitig froh, nicht aufgerufen worden zu sein.
Das hätte ich nicht denken sollen, denn plötzlich will Frau A., die Lehrerin, dass ich an die Tafel vorkomme und ein Axon mit ihren Ionen aufzeichne.
Lampenfieber? Hatte ich schon immer, ich musste mich jedes Mal zusammenreißen nicht einfach zusammenzubrechen. Ich weiß nicht, wieso es so krass bei mir ist, aber als ich aufstehe und nach vorne laufe fühlen sich meine Beine echt krass schwach an. Dennoch schaffe ich es in einem Stück nach vorne, nehme ein Kreidestück in die Hand und versuche mich daran zu erinnern, welche Ionen außerhalb und welche Ionen innerhalb des Axons sind.
Es war zum heulen.
Ich habe gefühlt mehr als die Hälfte falsch und auch wenn Frau A. es locker hinnahm, tue ich es nicht. So viel zur mündlichen Biologie Abiturprüfung. Die kann ich mir auch in den Arsch stecken.
Deutsch ist an der Reihe.
Die Lehrerin ist eine Frau, dessen Mann ihr zum Geburtstag nur die Hand geschüttelt hat. Wahre Geschichte. Jetzt ist es ihr Ex-Mann. Der Raum, in welchem wir den Unterricht haben ist ziemlich groß, weswegen ich sie nur mit viel Anstrengung verstehen kann. Ein Typ wird abgefragt und wie immer höre ich nicht die Fragen, die sie ihm stellt. Der Junge ist kurz leise, die Lehrerin schaut zu mir und ich höre ein Flüstern meines Namen. Verwirrt siehe ich sie an, und ihr fällt auf, dass sie lauter reden muss.
,,Können Sie mir die Umstände für Tonio Krögers Aufbruch nach Italien nennen?"
Kein Problem, denk ich mir und gebe ihr eine Antwort.
Aber anscheinend habe ich reichlich viele Aspekte weggelassen, die sie dann ergänzt.
Ufff.
Und meine soziale Angststörung sieht das als ihren Moment und greift mich an like
Nebenbei bemerkt, wenn ihr eine kurze gay-romance aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert wollt, dass lest euch Tonio Kröger von Thomas Mann durch. Die Sätze sind ein wenig kompliziert, weil das Buch 1903 geschrieben wurde aber hey
Gay.
Wir haben Mittagspause und ich wollte an meinem Referat in dem großen Vorraum bei uns weiter machen.
Kurze Vorinfo: Seit dem Corona Ding hat jede Stufe einen Bereich, in welchem sie sich aufhalten darf. Der Aufenthaltsbereich der zwölften ist das Dieselcafé. Eigentlich ist es kein Café, sonder nur ein großer Raum mit Tischen, Stühle und einer Küche, die wir begrenzt benutzen dürfen. Und dort chillen wir halt immer.
Aber als ich mich hinsetzen wollte kam plötzlich der Oberstufenkoordinator herein und sagte uns, dass die Aufenthaltsbereiche neu zugewiesen wurden.
Ab sofort durften wir uns in zwei kleinen Arbeitsräumen aufhalten.
Richtig, Kinder. 80 Schüler, ein gesamter Jahrgang, darf sich in den Pausen nur in den zwei kleinen Räumen aufhalten. Unter Beachtung des Mindestabstandes natürlich.
Gott, wie ich Menschen hasse.
In der Mittagspause setze ich mich also mit D. und einem anderen Mädchen zusammen und mache mein Referat, das ich in der nächsten Stunde schon halten muss.
Mein Problem bei Referaten ist nicht nur mein Lampenfieber, sondern auch, dass ich nicht weiß, wie man beim Vortragen atmen soll. Oft habe ich zu viel oder zu wenig Luft beim Reden eingeatmet, weswegen meine Stimme zittert oder versagt. Und genau das ist beim Vortragen dann passiert.
Körpersprache? Top.
Inhalt? Akzeptabel.
Stimme? Zu zittrig, rip.
Hotel? Trivago.
Dennoch lief es gut genug vermute ich. Na ja, das rede ich mir zumindest ein.
Kaum versehe ich mich haben wir nun Sport. Ich habe dieses Halbjahr Basketball gewählt, aber weder J. noch D. sind da, weil sie keine Lust haben.
Ja, wir machen Sport. Mit Maske.
Bis jetzt ist nur eine umgekippt, aber das scheint niemanden zu interessieren. Auch die über 155 Fälle in unserer Stadt scheinen unwichtig, weswegen wir dennoch Basketball mit Körperkontakt spielen.
Und wenn ich euch jetzt sage, dass ich keine Lust habe, dann habe ich auch keine Lust.
Aufwärmübung: Sucht euch einen Partner, holt euch zu zweit einen Ball, rennt tribbelnd bis zum Hütchen hin und zurück und gebt den Ball an euren Partner, der dann das selbe macht.
Corona Maßnahmen? Kennen wir nicht.
Todeswunsch? Wieso nicht?
Die Übung mussten wir circa fünf Mal auf verschiedene Weisen machen. Und dann hat der Typ, Herr G., wohl eine noch bessere Idee. Tribbelt bis zur Hälfte des Feldes, macht dort zwei Liegestützen - und wenn möglich auf dem Basketball stützend -, tribbelt bis zum Hütchen, macht dort wieder zwei Liegestützen und tut auf dem Rückweg das selbe.
Das Mädchen, das mein Partner ist - N. ist ihr Name - , ist eine sportliche Person, also fängt sie an und kommt nach circa einer halben Minute wieder zurück.
Nun bin ich dran.
Wie schlimm kann das schon werden?
...
Gemachte Liegestütze: 0.5
Kleiner Scherz, ich habe unter viel Aufwand die sechs Liegestütze geschafft, auch wenn ich den Ball getragen anstatt getribbelt habe, weil ich nicht mehr konnte.
Ich komme hechelnd und keuchend wieder bei N. an, wo Herr G., der mich neben Sport auch in Mathe unterrichtet, steht und mich grinsend betrachtet.
,,Mathe und Sport sind nicht gerade deine Lieblingsfächer, oder?"
Ich gebe ihm schwer atmend ein sarkastisches Grinsen, auch wenn er es nicht sehen kann, und bringe ein ,,Sehr witzig." heraus.
Ich atme durch und schließe die Augen. ,,Wie lang noch bis zur Rente?"
Er grinst. ,,Meiner Meinung nach viel zu lang, wenn man beachtet, wie sehr du mich stresst."
EX - FUCKING - CUSE YOU?
,,ICH stresse SIE?!"
Und er lacht nur.
Ich sehe ihn immernoch beleidigt an, und er geht einfach zu den anderen Schülern, sich noch nicht einmal entschuldigend.
Arsch.
Na ja
Aufwärmübung vorbei!, denke ich mir.
Diesmal wird das hin und her getribble ein Wettrennen. Die, die als langsamstes die Aufgabe erfüllen müssen entweder zehn Liegestützen oder Kängurus machen.
Glücklicherweise haben wir keine der Rennen verloren, aber am Ende saß ich dennoch schwer atmend auf dem Boden und versuchte, genug Luft zu kriegen.
Um es in den Worten von Fe., dem lustigen Mädchen, mit dem ich nicht den Fotokeller ausgeraubt habe, zusammenzufassen: TÖTET MICH.
Herr G. sagt, dass die Übung zuende ist und läuft auf mich zu.
,,Versammeln wir uns um Selina herum, weil sie es wahrscheinlich nicht mehr zu uns schafft."
Mein Mittelfinger kribbelt leicht, aber er ist zu müde und mein Abitur zu wichtig.
Nächster Part:
Dreierlauf; eine Passart, die man überraschender Weise zu dritt macht, woraufhin ein Korbleger erfolgt.
Ok, erfolgt ist das falsche Wort. Ich verwirre mich beim Laufen in Fullspeed immer selbst und verfehle den Ball oder mache zu viele Schritte.
Fast fünfmal bin ich gerannt und ich konnte nicht mehr.
,,Kurze Pause!", ruft Herr G. und ich habe noch nie in dieser Rekordzeit meine Flasche leergetrunken.
Als wäre das Training nicht schon genug macht die Maske alles umso wärmer.
Ich gehe nach ein paar Minuten zurück in die Halle und lehne mich an die Wand.
Herr G. kommt zu N. und mir.
,,Na, wieder fit?"
Ich kann meine Arme und meinen Torso nicht mehr spüren, aber ich fühle mich prächtig!
,,Ich spüre meine Arme nicht mehr.", gebe ich von mir.
Und was ist seine Antwort?
Genau, ein Fist Bump.
,,Sehr gut, dann hast du keine Schmerzen!"
...Aber Sie haben gleich welche...
Kill me.
Als letztes machen wir noch Noten zum Dreierlauf, und auch wenn ich nur bei einem von zwei Läufen den Korbleger hinbekomme, kriege ich zwölf Punkte, was einer 2+ entspricht.
Eigentlich habe ich weniger erwartet, aber hey! Eine 2+ lehnt man nicht ab.
Kurz darauf dürfen wir endlich nachhause gehen. Aber jetzt sitze ich mit einem krassen Muskelkater in meinem Stuhl und kann meine Arme kaum bewegen, weil ich sechs Liegestütze gemacht habe...
~Wine Mum
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