Erinnerung
Die Zugfahrt kam mir wie eine Ewigkeit vor. Je näher wir London kamen, umso mehrere Gefühle kochten in mir hoch. Ich überlegte sogar, einfach aus dem fahrenden Zug zu springen. Ich wollte nicht zurück.
Dort hatte alles angefangen. Dort musste ich zusehen, wie all meine Freunde starben. Wie ihren Körpern das Leben entwich. Leere, leblose Augen die mich ansahen. Jene Augen die mich Nacht für Nacht in meinen Träumen verfolgten. Meine Hände wurden bei diesen Gedanken feucht. Ich versuchte meinen Atem zu kontrollieren.
Mandy saß mir gegenüber. Auch ihr merkte man an, wie angespannt sie wirklich war. Bei jedem vorbeigehenden Gast, zuckte auch sie zusammen. Zu viele Blicke ruhten auf uns. Das bescherte mir Unbehagen. Was wenn sie sich schon längst hier im Zug befanden? Wenn der Junge Kerl, der zwei Reihen weiter saß, einer von ihnen war? Die Paranoia hatte mich wieder in ihren Bann.
Ilias schien relativ gefasst. Zumindest wirkte er so. Draußen wurde es allmählich dunkel, dennoch konnte ich nun bereits die Lichter der Stadt sehen. Wir waren fast am Ziel angelangt.
Ilias beugte sich zu mir vor. Ich wollte nicht mit ihm reden. Doch er fixierte mich mit seinen Augen.
„Kat, es tut mir leid. Aber ich musste uns dort weg bringen. Einen Vorteil haben wir nun jedoch. Du kennst dich dort aus."
In mir brodelte es. Natürlich kannte ich mich dort aus. Doch was wenn mich jemand erkannte? Wenn ich meinen Eltern über den Weg lief? Oder überall vermissten Fotos hingen? Er war hübsch, jedoch dachte er nicht nach.
„Ilias, lass gut sein. Ich bin noch nicht bereit mit dir zu reden."
Bedrückt sah er zur Seite. Was bitte hatte er erwartet? Das ich ihm freudenstrahlend um den Hals falle? Ja, er hatte uns für den Moment in Sicherheit gebracht. Jedoch war ich mir sicher, das die Gefahr nun um so größer werden würde. Automatisch zog ich meine Kapuze ins Gesicht. Meine Gedanken überschlugen sich. Ich suchte bereits nach einem Platz. An dem wir uns verstecken konnten. Doch meine Angst hinderte mich weitgehend daran. Ich schloss für einen Moment meine Augen. Bilder rasten an mir vor bei. Blutige Bilder. Mein Herz beschleunigte seinen Rhythmus. Schnell öffnete ich meine Augen wieder. Warum nur geriet erneut alles aus dem Ruder? Ich fühlte mich wie bei Final Destination. Man konnte dem Tod nicht von der Schippe springen, ihn austricksen. War nun meine Zeit abgelaufen? Ich versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Doch es gelang mir nicht. Ich spürte wie der Zug allmählich seine Geschwindigkeit drosselte. Zittern übernahm meine Gliedmaße. Ich hatte keine Kontrolle darüber. Zuviel war hier geschehen. Im Lautsprecher ertönte die Ansage, der Zug habe nun sein Ziel erreicht. Wir blieben jedoch sitzen. Bis alle Gäste den Zug verlassen hatten. Angespannt stieg ich aus und berührte seit langem den Boden meiner Heimat. Die ich einst so sehr liebte. Wir befanden uns im Underground, in der Nähe vom Buckingham Palace. Ein sehr gut bewachtes Stück Land und das einzige was mir im Moment einfiel. Schnell liefen wir die Treppen empor. Ich war wachsamer denn je. Mandy hatte Mühe mit mir mitzuhalten. An der Oberfläche war das Londoner Nachtleben erwacht. Für den Moment war ich gelähmt.
Ich hatte ganz vergessen wie sehr ich London liebte. Zur Begrüßung prasselte der Londoner regen auf uns hinab. Mandy's stimme drang gedämpft, zittrig an mein Ohr.
„Kat... Kat, wir müssen hier weg. Bitte..."
Ich spürte das Zittern in meinen Beinen. Langsam, aber kontinuierlich wanderte es über meine Beine hinauf zum Rest meines Körpers. Nicht ein Tröpfchen Spuke war mehr in meinem Mund. Ein Junger schwarz gekleideter man stieß unsanft gegen meine Schulter. Grimmig sah er mich an. Mein Herz donnerte los. Schnell senkte ich meinen Blick. Ich setzte mich in Bewegung. Immer schneller trieb ich uns voran. Mein Atem und das donnern meines Herzens, waren alles was ich hörte. Zu sehr konzentrierte ich mich auf diese Geräusche. Schwindel drohte mich zu übermannen. Der Gedanke, erneut schutzlos zu sein überforderte mich. Kurz hob ich meinen Blick. Wir hatten den Park fast erreicht. Dennoch fühlte ich mich unwohl. Beobachtet. Es waren immer noch zu viele Leute unterwegs. Mandy staunte, als wir den Palast erreicht hatten. Er stand da, in seiner vollen Schönheit. Ein Stich Schoß durch mein Herz. Ich wusste, dass dieser Aufenthalt nicht lange andauern würde. Zumindest nicht wenn es nach mir ginge. Ich zog sie weiter. Vor uns erstreckte sich der riesige Park. Schnell steuerte ich eine der großen Trauerweiden an. Die den Park säumten. Dort angekommen, ließ ich meinen wachsamen Blick schweifen. Ehe ich erschöpft zu Boden ging. Mein Körper war ausgelaugt. Mandy ließ sich zu meiner linken nieder. Während Ilias sich mir gegenüber setzte. Ich war immer noch wütend auf ihn.
Er hob seinen Blick und sah mich voller Reue an. Seine Mimik war voller Schmerz. Er nahm tief Luft.
„Kat...ich ... es tut mir wirklich leid.."
Seine Rehbraunen Augen glänzten. Blässe legte sich über seine sanften Gesichtszüge.
„Schon okay. Wir werden heute Nacht hier bleiben. Ab zwölf Uhr werden die Eingänge bewacht. Wir müssen uns als ruhig verhalten."
Sein Mundwinkel zuckte flüchtig. Dann zog er mein Handy aus seiner Tasche und reichte es mir. Es war noch immer eingeschaltet. Eine Nachricht stand auf dem Display. Sie schrie mich an.
Willkommen Zuhause Kitty Kat.
Augenblicklich sah ich mich um. Adrenalin pumpte zum wiederholten Male durch meine Venen. Sie wissen das ich hier bin. Zittrig hielt ich Ilias mein Handy hin. Scharf sog er die Luft ein. Mandy riss angsterfüllt ihre Augen auf.
„Wir sind hier nicht sicher, oder?!"
Ihre Stimme war schrill und brach. Tränen stiegen ihr in die Augen. Während ich wie in Trance meinen Kopf schüttelte. Ich spürte die Angst. Sie kroch mir in den Nacken. Die Gefahr war allgegenwärtig. Genau jetzt, in diesem Moment. Ilias versuchte währenddessen Mandy zu beruhigen. Sie war laut. Viel zu laut. Es gelang ihm nach kurzer Zeit. Ich war noch immer wie gelähmt. Mehrere Passanten durchquerten den Park. Einige verhielten sich für meinen Geschmack, seltsam. So als würden sie jemanden suchen. Mich! Sie suchen nach mir! Nach uns. Mein Herz raste. Immer wieder linste ich hinter dem Baum hervor. Wir schwiegen. Jedem war die Anspannung anzusehen.
Noch fünfzehn Minuten. Dann wird der Park geräumt. Dann werden die Wachen ihren Posten beziehen. Noch fünfzehn lange Minuten, in denen man durchaus sterben konnte. Mein Kopf schnellte im Sekundentakt hin und her. Überall hörte ich es knacken und knirschen. Ich versuchte meinen Atem zu kontrollieren. Schloss meine Augen. Ich spürte wie mein Herz allmählich ruhiger wurde. Nur um kurz darauf wieder auszurasten. In meinem Kopf herrschte dicker Nebel. Mehrere Male spielten sich darin Szenarien ab, in denen wir starben. Genau an diesem Platze. Unter der Trauerweide. Ich erschrak fürchterlich. Automatisch warf ich meine Hände schützend über meinen Kopf, als endlich der erlösende Glockenschlag des Big Ben erklang. Zu lange hatte ich ihn nicht mehr gehört. Langsam öffnete ich meine Augen. Erneut linste ich hinter dem Baum hervor. Ruhig und leer lag der Park vor uns. Erst jetzt fiel die Anspannung von mir ab. Was mich jedoch nicht unaufmerksam werden ließ. Ich kannte Schleichwege hinein in den Park und DIE sicherlich auch. Nach weiteren fünfzehn Minuten fühlte ich mich etwas sicherer. Was mich dazu verleitete das schweigen flüsternd zu brechen.
„Die Wachen werden nun niemanden mehr hinein lassen. Für den Moment, sind wir in Sicherheit. Wir sollten jedoch weiterhin aufmerksam sein."
Mandy nickte mir zu. Schien jedoch wenig überzeugt. Ilias sah am Boden zerstört aus. Was war ihm damals widerfahren? Ich wollte es wissen. Jetzt. Ich stocherte in seiner Wunde.
„Ilias, du wolltest uns sagen was dir widerfahren ist."
Merklich zuckte er zusammen. Seine Nasenflügel bebten.
„Ich... äh... habe es bisher noch niemandem erzählt...wo soll ich anfangen?"
Ich verstand ihn. Mir selbst erging es nicht anders. Mandy war die einzige Person, die alles wusste. Jedes noch so kleine Detail. Wie ungläubig sie damals geschaut hatte. Aber auch wie erleichtert ich war. Ein knacken im Gebüsch erregte kurzzeitig meine Aufmerksamkeit. Augenblicklich spannte ich mich an. Es war jedoch nur ein Eichhörnchen. Davon wimmelte es hier im Park.
„Ganz von vorn, würde ich sagen."
Nickend sah er an mir vorbei. Seine Augen bewegten sich unaufhaltsam. So, als würde er genau in diesem Moment alles nochmals erleben.
„Es war der 13.07.2018. mein Geburtstag. Torben, mein bester Freund, den ihr als mein Bruder vorgestellt bekamt, plante zusammen mit meiner Freundin eine Überraschungsparty."
Erstaunt sah ich ihn an. Torben war nicht sein Bruder? Ich hatte es gewusst, sie sahen sich überhaupt nicht ähnlich. AEr redete weiter.
„Sandy war sehr perfektionistisch. Alles musste immer genau nach ihren Vorstellungen ablaufen. Torben war oft genervt von ihr. Er meinte sie hätte die Hosen an. Jedenfalls hatten die beiden eine Kneipe gemietet. Sandy hatte mich unter einem Vorwand dorthin gelotst. Ihr Auto hätte eine Panne. Als ich dort ankam, standen all meine Freunde vor der Kneipe. Natürlich habe ich mich riesig gefreut."
Ich erinnerte mich an die schönen Zeiten. An meine Freunde. Wie oft wir zusammen gefeiert hatten. An Henry. Mir wurde schwer ums Herz. Ich konnte Ilias Gefühle spüren. Ich sah dass seine Augen zu glänzen begannen.
„Jedenfalls gingen wir hinein und begannen zu feiern. Es war wie immer ein ausgelassener, lustiger Abend. An dem eine Menge Alkohol floss. Doch genau dieser Abend änderte mein Leben. Torben hatte sich mit Isabel amüsiert. Sie war es, die das Spiel in unsere Runde brachte. Zu Anfangs war es noch witzig. Die erste Woche würde ich sagen. So genau weiß ich es nicht mehr."
Ich jedoch erinnerte mich sehr genau daran. An jede noch so kleine Winzigkeit. Ich hatte schließlich genügend Erinnerungen auf meinem Handy. Ich wollte nicht vergessen. Ich konnte nicht. Diese Erinnerungen ließen mich vorsichtig werden. Sie retteten mir jeden Tag mein Leben.
„Immer wieder kamen neue Aufgaben. Wir erledigten diese brav und schossen unser Beweisfoto. Doch einen morgens läutete mein Handy. Cindy war völlig aufgelöst. Sie wimmerte und weinte. Ich hatte sie kaum verstanden. Als ich bei ihr ankam waren die anderen schon da. Allesamt kreidebleich. Ich drängte mich zu ihr durch. Sie war immerhin die beste Freundin meiner Partnerin. Ich fragte sie was los sei. Sie zeigte mir die Nachricht mit der Aufgabe."
Bilder schossen durch meinen Kopf. Es war als würde ich meine eigene Geschichte hören. Ich sah Maike, wie sie vor ihrer Katze stand. Für einen Moment schloss ich meine Augen. Ich spürte eine Träne, sie rollte über meine Wange hinweg.
„Kat? Alles in Ordnung?"
„Ja, erzähl weiter."
Ich sah ihn wieder an. Ilias sah fürchterlich aus. Es machte ihm sehr zu schaffen. Alles wieder erneut zu erleben. Ich kannte dieses Gefühl nur zu gut. Immerhin durchlebte ich dies Tag für Tag. Er nickte mir zu und sprach weiter.
„Was dort stand, konnte ich nicht glauben. Sie verlangten, dass sie sich einen Zeh abschneiden soll. So etwas absurdes und widerwärtiges konnte nur ein Fehler im System sein. Dachte ich zumindest. Ich versuchte sie zu beruhigen. Irgendwann schaffte ich es auch. Doch ich hatte ein seltsames Gefühl. Das Gefühl beobachtet zu werden. Ich sah immer wieder zu den Fenstern, doch dort war niemand zu sehen. Wir entschlossen uns bei ihr zu bleiben. Zwei Stunden später kam die nächste Nachricht, inklusive Foto. Cindy's kleiner Bruder Max, war in ihrer Gewalt. Wenn sie nicht das täte, was die von ihr verlangten, würde er sterben. Ich weiß noch genau wie schnell und hart mein Herz schlug. Ohne zu zögern schnappte sie sich die Geflügelschere. Torben hielt sie auf. Er wollte die Polizei Alarmieren. Prompt bekam er eine Nachricht. Wenn er das täte, würden wir alle sterben."
Ein zittern durchzog meinen Körper. Nur zu gut erinnerte ich mich daran. Es war ähnlich wie bei uns. Dies würde niemand Außenstehendes verstehen. Angst lähmt. Sie lässt uns gleichgültig werden. Das eigene Leben ist wichtiger, als das eines anderen. Zumindest denkt der Großteil der Menschheit so. Ich jedoch nicht. Ich hätte alles getan um meine Freunde zu retten. Doch jemandem das Leben nehmen, dass konnte ich nicht. Ich war also Schuld, dass sie alle sterben mussten.
„Torben reichte ihr die Schere wieder. Er schrie sie an. Alles geriet außer Kontrolle. Ich war wie gelähmt. Ich konnte das einfach nicht glauben. Cindy schnitt sich einfach ihren großen Zeh ab. Es war schrecklich. Sie schrie und wimmerte vor schmerzen. Alles lief wie in Zeitlupe ab. Blut spritzte und sie fiel in Ohnmacht. Sandy übergab sich. Torben bekam die nächste Aufgabe drei Tage später. Er sollte mit einem Mädchen gegen ihren Willen schlafen. Ich konnte nicht glauben, das er dies wirklich getan hatte. Die Freundschaft in unsere Gruppe, bekam Risse. Große Risse. Dennoch saßen wir alle im selben Boot. Niemand ging alleine irgendwo hin. Sandy musste ihre Hand auf die heiße Herdplatte legen. Sie hatte Verbrennungen dritten Grades. Natürlich durften wir nicht zum Art. Stand alles in den Nachrichten, die wir bekamen. Cindy hatte derweil Fieber. Ihre Wunde war mächtig Entzündet und ihr Bruder war nicht mehr aufgetaucht."
Das klang alles noch schlimmer, als dass was mir widerfahren war. Niemand von uns hatte ein Familienmitglied verloren. Zumindest konnte ich mich daran nicht erinnern. Erneut knackte es im Gebüsch. Was meinen Kopf in dessen Richtung schnellen ließ. Ilias folgte ebenfalls meinem Blick. Für einen Moment schlug mein Herz viel zu schnell. Doch dort war nichts zu sehen. Mandy sah wieder zu Ilias.
„Was ist dann geschehen?"
„Dann kam meine Aufgabe. Ich lag neben Sandy auf dem Boden, als ich las was ich tun sollte. Mein Magen begann zu rebellieren. Das war etwas, das ich niemals hätte tun können. Ich sollte einen meiner Freunde töten. Stellt euch das mal vor!"
Auch mein Magen rebellierte grade. Ich konnte mir das nur allzu gut vorstellen. Sie hatten ihm die selbe Aufgabe erteilt, wie mir damals. Mandy riss die Augen auf und sah zu mir. Was auch Ilias dazu veranlasste mich anzusehen.
„Wie bei dir Kat. Sie haben ihm die gleiche Aufgabe gegeben wie Dir!"
Fröstelnd sah ich ihn an. Ein schwaches nicken in seine Richtung. Er nahm tief Luft.
„Dann weißt du ja, dass dies eine Aufgabe ist, die kein normaler Mensch tun würde. Ich habe es zumindest nicht getan."
Misstrauisch sah er mich an.
„Ich könnte so etwas niemals. Ich habe niemandem das Leben genommen. Zumindest ist niemand durch meine Hand gestorben. Auch wenn ich weiß, dass es meine Schuld war. Alle meine Freunde sind meinetwegen gestorben. Weil ich niemanden töten konnte."
Seine leichte Berührung meiner Hand, ließ mich erschaudern. Er sah mir tief in die Augen.
„Genau wie ich. Ich weiß genau wie du dich fühlst. Ich konnte diese Aufgabe auch nicht erledigen. Ich war sowas von wütend. Ohne groß darüber nachzudenken schrieb ich Ihnen, dass ich dies sicherlich nicht tun würde. Augenblicklich kam eine Nachricht zurück. Ich hätte unser aller Todesurteil unterschrieben. Wenn wir noch eine Chance haben wollten, sollen wir um Mitternacht auf das große Feld des einzigen Bauers kommen. Leider waren wir so töricht, dies zu tun."
Die Bilder des Parks, nicht weit weg von hier, schossen mir in den Kopf. Es war unglaublich, dass sie diese Masche überall durchzogen. Ich wusste nicht ob ich dass, was jetzt kam hören wollte. Doch Ilias setzte seine Erzählung fort.
„Also gingen wir auf dieses Angebot ein. Ich schnappte mir ein großes Messer in Cindy's Küche. Ihr Fieber hatten wir mit Tabletten einigermaßen in den Griff bekommen. Ängstlich und mit pochendem Herzen machten wir uns gegen Mitternacht auf den Weg. Es lag eine seltsame Ruhe über uns. Nebel versperrte uns die Sicht. Das Feld, welches sich vor uns erstreckte war ein Maisfeld. Er war bereits höher als jeder einzelne von uns. Sandy hatte wahnsinnige Angst. Damit war sie nicht alleine. Torben setzte sich als erster in Bewegung und wir folgten ihm. Dann brach die Hölle los. Ich hörte Kai schreien. Laut und Schmerz erfüllt. Ich begann zu laufen und verlor Sandy. Dann stolperte ich und fiel zu Boden. An meinen Händen klebte Blut. Das Blut von Kai. Als ich sein Gesicht sah, wurde mir schwindelig. Ein Auge sah mich an. Er zuckte wie verrückt. Ehe er für immer still liegen blieb. Angst und Paranoia trieben mich aufzustehen. Ich schrie nach Sandy. In nicht allzu weiter Entfernung konnte ich Torben und Rike hören. Als ich dort ankam, hing meine Freundin an der großen Eiche. Ihre Augen quollen hervor und ihr wunderschönen Gesicht war bereits blau angelaufen. Ich übergab mich. Ihre Eingeweide baumelten aus ihrer Bauchhöhle. Torben schrie mich an. Ich hörte ihn jedoch nicht. Dann sah ich eine Gestalt. Sie kam laufend auf uns zu. Rike wurde vor meinen Augen die Kehle aufgeschlitzt. Ihr Blut übergoss mein Gesicht. Torben riss an mir und ich kam wieder zu Sinnen."
Mandy war mittlerweile blass wie eine Leiche. Ilias tat mir leid. Ich fühlte seinen Schmerz deutlich. Dies war alles wie in einem Horrorfilm. Jedoch nach einer wahren Begebenheit. Mein Herz lief gerade einen Marathon.
„Wir liefen um unser Leben. John lag auf unserem Weg in seiner eigenen Blutlache. Arme und Beine waren abgetrennt worden. Was sich dort abspielte war unglaublich. Ich hoffte jeden Moment aus diesem Alptraum zu erwachen. Torben wurde neben mir zu Boden gerissen. Augenblicklich blieb ich stehen. Er schrie, als ich ein schmatzendes Geräusch vernahm. Jemand stach auf ihn ein. Mein Messer hatte ich fest in der Hand und ging zum Angriff über. Ich spürte Schmerz. Starke Schmerzen, als sein Messer meine Rippen durchbohrte. Doch es war mir egal. Ich musste Torben retten. Der Angreifer ging zu Boden und wir liefen auf das Haus des Bauern zu. Dort steuerte ich seinen Geländewagen an. Wir schleppten uns schwerfällig dort hin. Mit meiner Faust schlug ich die Scheibe ein. Zittrig versuchte ich das Auto kurz zu schließen. Während sich uns drei schwarz gekleidete gestaltet näherten. Torben schrie mich erneut an und entriss mir das Messer. Kurz bevor sie uns erreicht hatten, ertönte das Heulen des Motors und ich trat auf das Gas. Wie in Trance fuhren wir einfach davon. Immer weiter und weiter. Am Tage versteckten wir uns in Wäldern und in der Nacht setzten wir unseren Weg fort. Bis wir schließlich in Amsterdam landeten."
Wir schwiegen. Ilas räusperte sich, während er sich umsah. Dann blickte er mir tief in die Augen. Ich wusste was jetzt kam.
„Wie war es bei dir Kat?"
Ich nickte und sah zu Boden. Ich hatte alles grade erneut erlebt. Dennoch war ich es Ilias schuldig. Ihm auch meine Geschichte zu erzählen. Also begann ich zu erzählen. Ich ließ nicht das kleinste Detail aus. Es schmerzte, aber es tat gut, zu wissen dass auch ihm ähnliches widerfahren war. Mandy schlief irgendwann ein. Ich jedoch konnte kein Auge zumachen. Immerhin hatte ich hier Zuviel durchgemacht. Ich wollte diese Nacht den Alptraum nicht leben. Auch Ilias schlief nicht. Wir schwiegen jedoch. Die Erinnerung hatte uns voll im Griff. Und mit ihr die Angst, die uns im Nacken saß. Immer wieder knackte und knirschte es um uns herum. Als es zu dämmern begann, wich die Angst und die Müdigkeit hatte mich in ihrem Bann. Ich nickte ein.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro