Die Verlobte
Am Anfang zählte ich noch die Tage, die Legolas nicht im Düsterwald verbrachte. Doch nun schienen bereits einige Monate vergangen. Er fehlte aber nicht nur mir, sondern auch dem Volk, dass nun mehr unter der Laune seines Königs leiden musste. Anscheinend hatte Legolas ihn in gewisser Maßen besänftigt, doch nachdem er einen Zwergen in sein Reich eingeladen hatte, war das alles wieder vorbei. Und wer bekam das alles zu spüren? Seine Diener, mit denen ich mich gelegentlich unterhielt. Sie waren freundlicher zu mir, wenn sie nicht gerade vom König geschickt wurden und sprachen auch ihre Sympathie für mich aus, doch das würde mir alles nichts nützen. Und dann erhielt ich noch die Nachricht, dass Thranduil sich für eine Verlobte entschieden habe. Und diese würde auch schon in wenigen Tagen im Düsterwald eintreffen.
Erneut half ich Celeglîn etwas aus. Inzwischen trug ich bereits Kleidung, durch die man meinen Bauch etwas mehr sehen konnte. Andere Kleidung wäre mir zu eng oder würde nicht passend aussehen, sodass ich mich damit nicht aus meinem Zimmer trauen würde. Da konnte ich auch gleich ein leichtes Gewand tragen, in dem ich mich halbwegs wohl fühlte und in dem ich auch bis zu einem gewissen Maße arbeiten konnte. Das war das Letzte, was ich für jemanden hier tun konnte.
Was mich überraschte, war die Tatsache, dass ich in den letzten Tagen immer mehr mit Mána ins Gespräch kam. Manchmal kam sie zu mir und redete über ihre Beziehungsprobleme, über die ich nur Schmunzeln konnte. Sie schüttete mir zwar nicht ihr Herz aus und drohte mir sogar mit Schlägen, sollte ich jemandem erzählen, dass sie mit mir sprach, aber es war besser als Tag ein Tag aus mit ihr zu streiten. Manchmal gab ich ihr ja sogar Ratschläge, die sie sich zu Herzen zu nehmen schien. Auch Randírdair kam manchmal zu mir und bat mich um Ratschläge, was Cel anging. Ich fragte mich zwar einwenig, seit wann ich zur Beziehungsberaterin ernannt wurde, aber sich einwenig mit anderen zu unterhalten tat mir gut und so vereinsamte ich immerhin nicht.
So verstrichen Wochen und Cel verbot mir irgendwann, mich zu sehr anzustrengen, geschweige denn auch nur zu versuchen, ihr zu helfen. Ich konnte nur lachen und beobachtete sie eine Weile, manchmal jedoch half ich ihr immer noch, indem ich ihr die Zutaten brachte. Mána ließ sich seit einiger Zeit nicht mehr blicken, auch auf den Wegen traf ich sie nur selten an. Es wurde gemunkelt, dass seit einigen Tagen die Verlobte Legolas' das Reich betreten hätte und sie und Randírdair als ihre Leibwächter engagiert wurden. Inzwischen zeigte sich schon keine Regung mehr bei mir, was dieses Thema betraf. Ich nahm es hin wie meine wiederkehrenden Visionen, zu denen wirklich keine einzige Neue hinzu gekommen ist. Ob ich darüber erleichtert sein sollte, war mir noch unklar. Aber in letzter Zeit hatte ich so das Gefühl bekommen, ich würde wissen, wer die Personen in meinem Traum waren.
Damit ich mir etwas die Beine vertreten würde, beschloss ich mich, einen Spaziergang zu machen. Im Nachhinein musste ich zugeben, dass es zu dieser Zeit eine äußerst schlechte Idee war, auch nur einen Fuß vor die Tür zu setzen. Es dauerte nicht lange, da lief mir eine Elbin mit gold-glänzendem Haar und grünen Augen entgegen. Ihre Nase hatte sie angehoben und anderen würdigte sie kaum eines Blickes. In diesem Moment dachte ich mir nur, was für eine arrogante Schnepfe sie doch sei. Und im nächsten bereute ich diesen Gedanken schon fast, denn in ihrem Schlepptau hatte sie Randír und Mána, was mich darauf schließen ließ, dass es sich hierbei um Legolas' Verlobte handeln müsste. Nun, dass Thranduil sie gewählt hatte, wunderte mich kein Stück. Sie war so gehoben wie sie es sich für eine Thronfolgerin vorstellen konnte, Manieren hatte sie dennoch. Wurde sie angesprochen, so antwortete sie zwar etwas harsch, aber freundlich. Und auf ihre Eleganz konnte ich nur neidisch werden. Sie strahlte das aus, was ich gebraucht hätte, um an ihrem Platz zu sein - Und ich merkte erst da, dass ich zu keinem Augenblick eine Chance gehabt hatte.
"Guten Tag", grüßte ich sie freundlich und verbeugte mich, so sehr es ging. Sie stoppte mitten in der Bewegung und ihr Blick fiel auf mich. Erfürchtig trat ich einen Schritt zurück und senkte meinen Blick, um sie nicht weiter anzustarren.
"Guten Tag", grüßte sie zurück. "Und .. wer bist du?"
"Mein .. Mein Name ist Tarawiel", stellte ich mich vor und sah sie wieder an. Die Fragen standen ihr regelrecht ins Gesicht geschrieben, doch Mána vermochte diese bald zu beantworten, als sie meinte, Thranduil habe bereits von mir mit ihr gesprochen. Der Blick der Elbin ging über meinen Körper und blieb bei meinem Bauch stehen, auf den ich wie aus Reflex meine Hände legte. Sie würde mir eines Tages mein Kind wegnehmen ..
"Ah", machte sie letztendlich und ein eiskaltes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. "Die Hure also"
Die .. was?! Ich riss die Augen vor Schreck auf, konnte nicht glauben, was ich da gerade gehört hatte. Hatte sie mich wirklich als Hure bezeichnet? Ich sah zu ihren Begleitern, sie schienen ebenso geschockt wie ich zu sein und redeten auf die Elbin ein, die mich nur abwertend musterte. Ihr Grinsen .. am liebsten hätte ich es ihr aus dem Gesicht gewicht, doch ich wollte keine unnötigen Streitereien anfangen.
"Ja .. scheint wohl so", gab ich letztlich kleinlaut von mir und lächelte sie an.
"Tarawiel ..", hörte ich Mána überraschend mitleidig sagen, als ich mit gesenktem Kopf an ihr vorbei lief. Das eiskalte Lachen der Verlobten konnte ich noch vernehmehmen, dass sie alles andere als ein gutes Bild von mir hatte, hatte sie in den ersten paar Momenten klar und deutlich rüber gebracht. Und ich war nicht einmal traurig. Nein. Am liebsten hätte ich ihr meine Klingen ins Gesicht gerammt, so wütend war ich auf sie. Legolas hatte eine solche Frau nicht verdient, sie war ebenso unpassend für diese Stelle wie ich es war. Doch könnte ich mein Wort nie gegen den König erheben.
In meinem Zimmer benötigte ich einige Zeit, um wieder beruhigt zu werden. Dann erst sah ich mich um und entdeckte ein Tablett mit Essen sowie frische Kleidung, was mich darauf schließen ließ, dass der Diener bereits hier gewesen sein musste. Ich war leicht verwundert darüber, dass er hier erschienen war, ohne dass ich anwesend war, gleichzeitig aber wäre mir noch etwas rausgerutscht, wenn er mich in diesme Zustand erwischt hätte.
Bevor ich etwas zu Essen zu mir nahm, entschied ich mich für ein Bad. Also nahm ich mir die frische Kleidung und verschwand in der Wanne, damit ich mich gründlich waschen konnte. Dabei strich ich mit meiner Hand mehrere Male, so wie immer, über meinen Bauch und hoffte lediglich das beste für dieses Kind, auch wenn es nun mit einer solchen Mutter aufwachsen würde. Legolas würde sich gegen sie schon durchsetzen, dessen war ich mir sicher. Nur musste er sich seine mehr oder minder dumme Idee aus dem Kopf schlagen, mit mir fortzugehen. Er hatte Verpflichtungen als Thronfolger und diesen würde er auch nachgehen müssen.
Das Essen bekam mir besser als die letzten Tage, was vermutlich damit zusammen hing, dass ich mich langsam mit meiner Situation abfand. Die Abwesenheit Legolas' trug auch dazu bei, wodurch ich hoffte, dass er erst wiederkehren würde, wenn ich schon längst gegangen wäre. Ein leichtes Lächeln umspielte meine Lippen, als ich an Legolas mit dem Kind in den Armen dachte, die Frau an seiner Seite blendete ich dabei vollkommen aus. Gerade da aber fiel mir wieder meine Vermutung über meine Visionen ein. Diese Wut, die ich gegenüber dieser Elbin verspürt hatte, könnte mich doczh tatsächlich dazu führen, sie zu töten. Diese fremde Gestalt der Frau gegenüber, die ihren Sohn weggeschickt hatte - Vermutlich war ich das. Und die Frau, die das Kind beschützte, war Legolas' Verlobte. Einerseits konnte ich daraus Hoffnung schöpfen, dass sie sich gut um das Kind kümmern würde, andererseits hatte ich damit gleichzeitig Angst vor meinem künftigen Ich. Ich würde wohl wieder diesem Wahnsinn verfallen, aus Eifersucht und Wut auf diese Elbin, die mir meinen Platz an der Seite des Mannes genommen hat, den ich liebte. Ich konnte nur hoffen, dass ich mich dagegen zur Wehr setzen könnte. Denn ich wollte meinem Kind sicher nicht die Mutter wegnehmen.
Nachdem ich mit meinen Gedanken wieder zurück in der Realität war, setzte ich mich auf mein Bett und schaute wieder an die Wand. Dass dies nicht lange andauerte, verwunderte mich selber, denn kaum eine Stunde später erschien ein Diener, der eindeutig vom König geschickt wurde und nicht aus eigenen Stücken zu mir kam. Vollkommen außer Atem versuchte er, etwas zu sagen, doch ich beruhigte in zuerst.
"Was gibt es?", fragte ich, als er halbwegs wieder zu Atem gekommen war.
"D-Der König will Sie sehen" Sofort wich mir jede Farbe aus dem Gesicht und ich starrte den Diener an. Hatte ich etwas getan, dass ihn erzürnte? Ich konnte mir nicht denken, was es war. Doch es muss etwas schlimmes gewesen sein, wenn er mich sehen wollte.
"S-Sofort", fügte der Laufbursche noch hinzu und deutete aus der Tür hinaus. Ich zögerte, hatte Angst, was mich erwarten würde. Thranduil war schon wütend genug auf mich und ich hatte bereits das Bild seines eisigen Blickes in meinem Kopf. Wahrscheinlich hatte dieses Weib irgendetwas gesagt, was wohl dazu führen würde, dass ich vorzeitig schon den Düsterwald verlassen müsse. Ich gab ein leises Zischen von mir, bevor ich den Diener zum Thronsaal begleitete. Je näher wir kamen, desto stärker und schneller schlug mein Herz. Ich hatte unglaubliche Angst und gleichzeitig war ich so verdammt wütend auf diese Elbin.
Zusammen mit den verängstigten Elben an meiner Seite betrat ich den Thronsaal und machte mich auf alles gefasst. Nur kurz sah ich mich um, da erblickte ich auch schon Randír und Mána bei diesem Weib, das sich mit Thranduil unterhielt. Der Diener eilte nach vorne um bekannt zu geben, dass ich nun da wäre, und alle Aufmerksamkeit wandte sich zu mir, doch nichts wurde gesagt. Ich sah nur das verächtliche Grinsen der Elbin und ihr leises Lachen war das einzige, was man für einige Minuten hörte.
"Wie ich .. mitbekommen habe, hast du Maylia schon kennen gelernt ..", fing Thranduil langsam an. Maylia hieß sie also. Irgendwie passte der Name so gar nicht zu ihr, aber das ging mich nichts an. Der König räusperte sich und alle wandten ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu ihm.
"Könntest du mir jedoch erklären, was dieser Aufruhr in meinem Königreich soll?" Seine Stimme veränderte sich mit einem Mal und ein eiskalter Unterton war zu vernehmen. Ich tart einen Schritt zurück.
"Ich ... Ich weiß nicht, was Sie meinen, mein König ..", gab ich kleinlaut von mir und senkte den Kopf. Er schnaubte nur, schien mir nicht zu glauben, wenn ich dies richtig einschätzte.
"Und du meinst, das soll ich dir glauben?" Meine Vermutung wurde wie eine ausgesprochene Frage sofort bestätigt. Heiliger. "Tarawiel, viele lehnen sich gegen meine Entscheidung auf. Und um ehrlich zu sein - Ich habe langsam die Nerven weg damit."
"Diese Hure hat es nicht anders verdient, mein König. Überlegt nur, was sie Euch bereits angetan hat!", mischte sich Maylia ein und am liebsten hätte ich ihr in dem Moment wirklich meine Hand ins Gesicht gejagt. Doch nicht nur ich schien aufgebracht durch ihre Aussage. Aus irgendeinem Grund erhob Mána die Stimme.
"Du hast kein Recht, so über Tarawiel zu reden", zischte sie die Elbin an, welche sich sofort empört darüber zeigte. "Sie mag zwar unverlässig sein und hat nicht die Ausbildung einer wahren Adligen genossen, aber .." Ihr Blick wandte sich zu mir. "Sie ist tausend Mal besser als dieses ... Weib, was ihr für Euren Sohn auserkoren habt. Habt doch mal ein Herz!"
"Mána ... du warst die Letzte, von der ich Widerspruch erwartet hätte", meinte Thranduil und sprach damit auch meine Gedanken aus. Hatte sie sich da gerade für mich eingesetzt?
"Mein König, es mag sein, dass sie nicht wirklich für diesen Posten qualifiziert sein mag, aber .. für Reich und für euren Sohn ist sie die beste. Sie kann sich mit Dingen auseinander setzen, die sich sonst keiner traut. Ich habe sie verachtet und schlecht behandelt - Sie begegnete mir mit einer Freundlichkeit, die man sich von dieser Maylia hier nur wünschen kann. Das Volk mag sie ebenfalls. Und ich denke nicht, dass sie Euch enttäuschen würde, würdet Ihr dieser Elbin nur eine Chance geben"
Ich hob meinen Kopf und sah Thranduil an, welcher mich mit einem ausdruckslosen Blick musterte. Mir wurde schlecht und ich hätte schwören können, die gesamte Farbe aus meinem Gesicht zu verlieren. Sein Blick ging kurz an mir vorbei zum Eingang, wobei ich hörte, wie sich das Tor öffnete und bald wieder schloss, doch niemand sagte etwas. Vermutlich war es ein weiterer Diener, der gerade von einem Gang wieder kam.
"Ihr meint also, ich solle dieser Elbin eine Chance geben ..", sagte er leise und beruhigter, dabei ging sein Blick durch den Saal. Meiner ging auf den Diener, welcher kurz zu mir sah und dann mit einem Lächeln nickte. Auch Randírdair und Mána gaben ihre Antwort durch ein Nicken, was Maylia vollkommen entsetzte. Mein Herzschlag wurde nur noch schneller, als sein Blick wieder auf mich zu fallen schien, doch dann jemanden hinter mir anvisierte.
"Und wie ist deine Meinung dazu?", fragte er die Person.
"Meine Antwort kennst du bereits, Vater", antwortete eine vertraute Stimme und erst da drehte ich mich um und sah in Legolas' lächelndes Gesicht.
"Legolas ..", hauchte ich und umarmte ihn, ohne darauf zu achten, dass der König uns sehen konnte. Ich hatte ihn so sehr vermisst, dass ich es gar nicht mehr gespürt hatte. Es war nur noch eine Leere dagewesen, die ich fälschlicherweise als Akzeptanz gesehen hatte. Diese Wut war dementsprechend wohl Eifersucht auf das Weib, welches ich zu vertreiben schien. Denn Thranduil erhob erneut die Stimme und sprach etwas aus, was ich mir schon so lange gewünscht hatte.
"Dann gebe ich den Wünschen meines Sohnes und anscheinend auch des Reiches nach. Tarawiel .. enttäusche mich nicht, mein Kind"
Legolas lachte auf und hob mich leicht an, drehte mich kurz im Kreis, so weit es ging. Ich war nur baff, mein Gesicht zeigte keine Regung, doch natürlich freute ich mich wie verrückt. Nachdem ich mich gefangen hatte, löste ich mich aus Legolas' Umarmung und drehte mich um.
"Ich danke Euch, Majestät ...", sprach ich gebrochen aus und verbeugte mich leicht. Ein Zischen vernahm ich aus Maylia's Richtung, bevor sich diese lautstark gegen die Entscheidung wehrte. Sie appelierte an meine Unzulässigkeit und dass ich nicht einmal einen Stand hätte als Fußvolk, der hoch genug wäre, um auch nur an die beiden heran zu kommen. Überraschenderweise wurde dieses Mal nicht Thranduil laut, sondern sein Sohn, welcher leicht vor mich trat.
"Du weißt nicht, mit wem du hier redest, Mädchen", mischte er sich ein und ich blickte ihn verwirrt an.
"Das weiß ich gerade auch nicht mehr ..", flüsterte ich ihm zu, doch er lächelte mich nur an. Irgendwie bekam ich ein ganz seltsames Gefühl.
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