Willkommen in Goose Green
Der Transport erfolgte mit mehreren Fahrzeugen, die willkürlich konfisziert schienen. Mehrere Landrover, ein älterer LKW der Konserven- Fabrik und zwei Fahrzeuge der argentinischen Armee. Dazu gehörte zudem ein Rot- Kreuz- Fahrzeug und ein offener Geländewagen mit Ladefläche.
Die Plätze auf den Fahrzeugen waren am Hafen zugewiesen worden. Die argentinischen Soldaten waren einigermaßen großmütig, als es um ein "zusammen bleiben" von Vater und Tochter Miller ging. So hatten sie sich gemeinsam auf der Ladefläche eines Fahrzeuges der Argentinier letztlich wiedergefunden, die Koffer unter die Pritschen- Sitzbank geschoben zwischen die Beine eingeklemmt. Eng war das Sitzen, die Argentinier wollten den Platz der Fuhre wohl gut ausnutzen. Bevor die mit Personen volle Ladefläche geschlossen wurde, brachten zwei Soldaten noch 4 Benzinkanister an.
"DIE müssen noch auf die Ladefläche. Rutscht zusammen, sonst fliegt hier noch ein Koffer oder zwei herunter.", rief der eine argentinische Soldat barsch den Leuten auf der Ladefläche zu.
Die Benzinkanister fanden ihren Platz. Dann wurde die Ladekante hochgestellt und verriegelt. Der barsch redende Soldat entpuppte sich als der Fahrer des LKW, der zweite Soldat als sein Beifahrer.
Die Fahrzeuge des Konvoi starteten die Motoren und zuckelten langsam über die holprigen Wege am Hafen. Ohne zu wissen, wohin der Transport fuhr und wo sein Ziel sein würde. Die Menschen auf den Fahrzeugen waren voller Vertrauen und ohne Argwohn. Die Fahrt ging von Port Stanley aus nach Westen.
Irgendwann meldete sich ein Passagier auf der Ladefläche, ein älterer Herr mit Hut und Wachsjacke.
"Die Fahrt geht nach Goose Green erstmal, vielleicht auch noch weiter von dort."
"Woher können Sie dies wissen? Ich habe keinerlei Schilder gesehen. ", fragte besorgt eine junge Frau zurück.
"Junge Frau. Es geht nur ein halbwegs befestigter Weg in dieser Richtung. Nur die Straße nach Goose Green ist als einzige Straße mit diesen Lochblech- Platten belegt. Glauben Sie mir bitte, es geht so in dieser Richtung."
Nun, da das grobe Ziel festgestellt werden konnte begannen die Spekulationen darüber, was die Internierten und die Familien dort erwarten kann.
Das von den Argentiniern verwendete Wort "Internierung " hatte für viele der älteren Menschen einen fauligen Beigeschmack. Viele vermuten eine Lagerunterbringung, andere bezweifelten ernsthaft, dass die Argentinier sofort nach der Invasion angefangen haben, Internierungslager aus dem Boden zu stampfen- nur um Leute aus Stanley heraus zu schaffen. Auf keinen Fall sollte es eine endgültige Entscheidung über die Leute sein, ausgelagert aus der Hauptstadt der Falklandinseln worden zu sein.
"Die wollen nur die 'Unbequemen' loswerden. Da wette ich darauf.", sagte irgend jemand eine Bankreihe weiter leise.
Jeder grübelte darüber nach, ob er in irgendeiner Weise zu diesen 'Unbequemen ' zu zählen war.
Vielleicht war hier etwas Wahres gesagt, ja getuschelt worden.
Die Fahrzeuge knatterten weiter.
Nach knapp über zwei Stunden Fahrt eine Pause. Endlich mal wieder ausstrecken.
Einige rauchten, auch von den Soldaten.
Leider Gottes gab es bei der Auswahl des Platzes für die Pause wohl eher taktische Überlegungen, denn Platz für Dringlichkeiten musste man sich suchen. Sehr weit abseits suchen.
Dann ging es weiter. Wer gehofft hatte, noch versorgt zu werden, hatte sich verschätzt.
Die argentinischen Soldaten der Begleitung hatten nur Interesse daran, vorwärts zu kommen. Denen war es im Prinzip weniger wichtig, zu versorgen. Sie hatten nur von A nach B zu fahren- und mehr nicht.
Der nächste Halt hatte sich ein wenig angekündigt, denn die Kolonne an Fahrzeugen passierte bei abbrechender Dunkelheit einen Ort.
Viele auf der Ladefläche gerieten in Bewegung, vermuteten das Ziel der Reise in diesem kleinen Ort - doch die Kolonne fuhr wirklich nur an dem Ort am Wasser vorbei. Man konnte in Kurvenfahrt auch sehen, dass auf der westlichen Seite wohl auch Wasser auszumachen war. Eine Landenge?
"Das ist Darwin. Der Ort dort rechts. Am Sund. Der Ort mit der Brücke.", erklärte der Alte mit der Wachsjacke. "Dann sollten wir auch bald Goose Green erreichen. Ich schätze mal so in 10 Minuten."
Diese 10 Minuten waren erneut unruhig auf der Ladefläche. Wer jetzt vielleicht schnell war, konnte sich einen guten Schlafplatz sichern, oder der Erste sein- bei was auch immer.
Die Fahrzeuge des Konvoi hielten.
Die Soldaten öffneten die Ladekante nicht. Erst gab man in spanischen Worten einen Rapport in militärischen Beschreibungen der Fahrt. Keine Vorkommnisse! Die ersten internierten Leute aus Puerto Rivero sind "planmäßig überstellt nach Goose Green".
"Gut. Dann lassen Sie bitte absitzen. Ich möchte zu den Leuten kurz reden."
Ladekanten fielen, Leute sprangen von den LKW oder ließen Jeep- Türen knallen.
Ein junger Mann, ein Offizier stand vor dem Zugang zu einem großen Gebäude, welches wohl die Form eines großen "V" zu haben schien. Der Soldat schien freundlich, winkte die Ankommenden zu sich heran. In gutem Englisch sprach er zu den Menschen.
"Meine Damen und Herren. Ich bin Leutnant Del Vella Vazalla, für diesen Tag bestimmter Offizier des Tages hier. Ich begrüße sie in Goose Green, der zweitgrößten Siedlung hier auf Ost- Falkland- Soledad, wie es jetzt genannt wird. Sie stehen hier vor der großen Dorfhalle. In der Zuversicht, dass sie alsbald wieder nach Puerto Rivero zurückkehren können- in ihre Häuser - möchte Sie die argentinische Armee hier im Haus vorübergehend unterbringen. Die Bedingungen, welche sie sogleich vorfinden werden, sind also ebenfalls nur vorläufig. Gleichwohl hoffe ich persönlich, dass es Ihnen allen genügt. Denn es muss genügen- nicht nur Ihnen, sondern auch den noch erwarteten zivilen Personen aus Stanley, welche am morgigen Abend hier erwartet werden."
Der Offizier zeigte auf zwei junge argentinische Soldaten.
"Meine zwei unterstellten Männer werden kurz ihre Passierscheine prüfen, Ihnen Schlafplätze zuweisen und auch zeigen, wo sie Bettzeug erhalten. Zudem ist Abendessen im Gemeinschaftsraum vorgesehen in einer Stunde. Also bitte geordnet in zwei Reihen vor den Soldaten aufstellen mit Gepäck und die Passierscheine bereit halten. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit."
"Vater? Siehe nur, wer dort auch noch steht. Ein Mädchen aus der gleichen Klassenstufe. Charlotta Obirham, Vater, ich kenne sie."
"Aus der Schule?"
"Ja. Ihr Vater ist bei den Marines der Sommer- Wachgestellung der Kaserne. Ich dachte, die Soldaten und deren Familien sind alle ausgeflogen worden?"
"Seltsam, mein Schatz."
Samantha Miller blieb nicht mehr ruhig in der Reihe stehen. Sie hat Charlotta erkannt, jedoch schien die Obirham- Tochter traurig und abwesend, nahm niemand wahr.
"Hey? Charlotta? Ich bin es, Samantha Miller. Aus der Schulklasse?"
"Samantha? Was machst du hier?"
"Das wollte ich auch fragen. Es hieß, die Argentinier haben die Marines ausgeflogen?"
"Haben Sie auch. Mit dem Gouverneur und dessen Familie wurden die Marines nach Uruguay ausgeflogen. Vater musste mit, Mutter hat es auch geschafft, jedoch ohne mich und die Granny. Grandma war starrsinnig, nur deswegen sind wir wohl nun hier. Granny bereute es schon tausende Male. Nun haben wir einfach nur noch Angst. Angst um Uns, Angst um unser Überleben."
Die Obirham- Tochter zeigte durch ein Kopfdeuten in Richtung eines Jeep, der am Ende des Trosses stand. Eine ältere Frau, vom Aussehen um die 70 Jahre, saß dort in eine Decke gehüllt auf den hinteren Sitzen. Sie schien ruhig, jedoch besorgt beim Anblick des großen Unterkunft- Gebäudes- dieser Dorfhalle von Goose Green.
Charlotta Obirham beugte sich näher zu Samantha Miller. Dann flüsterte sie ihr ins Ohr.
"Granny weigert sich auszusteigen. Sie sagt, es wirke auf sie wie ein Nazi- Konzentrationslager." Dabei rollte Charlotta mit den Augen.
Die Reihe ruckte. Samantha war erfreut, ein bekanntes Gesicht zu sehen. Gleichwohl wollte sie nicht zusehr von ihrem Vater getrennt werden.
"Charlotta, ich würde mich sehr freuen, wenn wir Zwei nachher noch einmal reden könnten. Jetzt will ich Vater mal nicht zu sehr in Bedrängnis bringen. Ich gehe besser zu ihm."
Damit wechselte Samantha wieder die Reihe und ordnete sich zu ihrem Vater ein. Der junge Argentinier, der die Passierscheine der Reihe zu prüfen hatte, hatte dies jedoch bemerkt.
"He! Sie da! Junges Fräulein! Wir wechseln hier nicht ständig hin und her, wie es beliebt!"
"Ja! Vielen Dank für diesen Hinweis!", rief Samantha mutig zurück.
Der argentinische Soldat musste- wohl erschrocken über so viel Starrsinn und Mut- inne halten, machte schmale Augen, um die belustigte Samantha mit dem Blick zu prüfen. Auch nach Charlotta Obirham in der anderen Schlange blickte er.
Charlotta war früher an der Reihe, als die Millers. Der dortige Soldat bedeutete ihr jedoch, zu warten und zog den Nächsten in der Schlange der Wartenden vor.
Als die Millers in der linken Wartereihe an die Kontrolle kamen, winkte der junge Argentinische Soldat auch Charlotta Obirham zu sich , kontrollierte auch deren Passierscheine und trug die Namen seiner Liste gleich mit zu.
"Mister Miller? Obergeschoss- rechte Seite- Raum 21. Ihre Tochter und die Obirham- Damen ? Obergeschoss- rechte Seite- Raum 28. Die Räume der Herren und Damen sind getrennt, jedoch gegenüber. So können sie jederzeit ihre Tochter rufen. Ich hoffe, es ist so auch den Damen recht. Ich werde sie zusammen legen, damit sie nicht des Nachts durch Zufall anfangen, durch das Haus zu geistern, junge Frau Miller."
Der argentinische Soldat lächelte charmant. Samantha Miller bemerkte dies, ignorierte es jedoch. Allerdings entging ihr nicht das kleine Namensschild auf der Uniform, worauf sie interessiert nunmehr blickte- ganz beiläufig und sehr schicklich. 'Montoya, A.'- stand dort geschrieben.
So brachten wir denn die bescheidene Habe in die oberen Geschosse des Hauses, suchten dort die Räume. Feldbetten waren dort bereits aufgestellt, Bettzeug war ebenfalls auf die Liegen geworfen worden. Gerade dies empfand die Obirham- Grandma als sehr unangenehm, fast schon empörend. Dennoch suchte sie eine ruhigere Ecke im Raum für sich, ihre Enkeltochter und Samantha Miller aus.
Nach einiger Weile erschien der Soldat Montoya im Zimmer der Damen und erklärte in gutem Englisch, dass sich die Leute über den Tag bis 20:00 Uhr frei im Hause bewegen könnten. Dann sei bis 06:00 Uhr des Folgetages eine Hausruhe bestimmt. Toilettengänge sind dennoch möglich. Gänge außer Haus sind nicht gestattet, es sei denn, hierzu gebe es Anlass. Von den internierten Leuten sind zwei Leute zum Wasser holen eingeteilt. Die Wahl dazu sei auf Charlotta Obirham und Samantha Miller gefallen, die Wasser zum Kochen und auch zum Waschen in die Bottiche bringen- auch vorgewärmtes Wasser. Gegen die Langeweile wolle man noch Bücher und Brettspiele besorgen, sowie einige Kartenspiele. Zudem erfragte der Soldat, ob eine Kindererzieherin oder ein Arzt unter den Leuten sei. Gerade in diesem Moment sah der Soldat Montoya auf Samantha's Vater, Herrn Dr. Miller. Der Vater winkte erschrocken heftig ab, bekundete nur Geologe und Spektrologe zu sein- kein Doktor der Medizin.
Das Lager hatte einen Wachdienst, der rund um die Uhr besetzt schien. Pro Etage stand ein Tisch für einen Diensthabenden, der sich dort eifrig Notizen über die Internierten machte.
Das Dorfgemeinschaft- Haus ließ einen freien Blick auf das weite Umfeld zu. Gerade vom oberen Stockwerk und den dortigen Fenstern hatte man guten Überblick. Dennoch ist das Gebäude zur Unterbringung der internierten Leute bestimmt worden. Die Obirham- Grandma beruhigte dies- ebenso den älteren Herren vom LKW, der darin ein gutes Omen sah, dass das Haus keine Militärische Festung sei.
Einige Kraftfahrer und Leute vom Flugfeld waren dennoch im Untergeschoss stationiert- Soldaten der argentinischen Luftwaffe waren dies- Untergeschoss- linke Seite- alle Räume.
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