Die Landenge
Der Ort Darwin mit seinen sechs Häusern und einigen Neben- und Wirtschaftsgebäuden schien das Interesse der beiden Seiten geweckt zu haben. Hier begann die befestigte Fahrbahn in das achtzig Kilometer entfernte Port Stanley. Und hier war auch der Engpass zwischen dem Grantham Sund im Westen und dem Choiseul Sund im Osten- zudem bot sich durch die Darwin Berge, eine Hügelkette, eine gute Stellung für mögliche Verteidiger dieser Position.
Goose Green bot zwar 15 bewohnte Häuser und hierdurch mehrere weitere Nebengebäude, es war jedoch zudem durch die größeren Gebäude, wie der Schule und dem Dorfgemeinschaftshaus, das Zentrum dieser Region.
Und hier in Goose Green war das Flugfeld- ein militärisches Ziel und wichtig für beide Seiten, um Nachschub zu erhalten und eine Basis für militärische Operationen zu bilden.
Obwohl Goose Green auf seiner kleinen Halbinsel am Choiseul Sund sonst wenig bot, war zumindest Argentinien gewillt, diesen Ort zwingend zu halten und den Bereich bis Darwin auszubauen.
Hatte die Argentinische Seite bislang um die 500 Soldaten hier stationiert, bestehend aus einem Wachbataillon, den Flugabwehrkräften und dem Personal des Flugfeldes, so waren am 24. Mai 1982 weitere 1000 argentinische Soldaten mit Hubschraubern hierher transportiert worden- die komplette Reserve der Inseltruppen mit vier 105 mm Haubitzen, 6 besseren Granatwerfern und acht weiteren Luftabwehr- Geschützen verschiedener Kaliber.
Die Darwin- Berge wurde durch eine Kette von Stellungen zu einer provisorischen Verteidigungslinie, deren nord- westlicher Punkt Boca House nunmehr wurde.
Doktor George Miller sah auf den wenigen gestatteten Spaziergängen mit Sorge auf seine ehemalige Unterkunft.
Boca House wurde augenscheinlich zu einem kleinen Leitstand oder Führungspunkt umfunktioniert worden. Tarnnetze waren an der Hütte gespannt und kleinere Gräben und Schützenlöcher im Nahfeld von Boca House ausgehoben worden. Diese provisorische Abwehrstellung zog sich quer über die Landenge- bis hin zur Straße nach Darwin.
George Miller flehte innerlich zu Gott, dass- bei all dieser Geschäftigkeit dort in Boca House- die Unterlagen im Wandversteck unterhalb der Holzpaletten nicht gefunden wurden. Zumindest hatte er voller Genugtuung festgestellt, dass Hauptmann Flagrano mit seinen Schergen seit der Landung der Briten in Port Stanley gebunden sein musste. Dies war dem Wissenschaftler mehr als willkommen, denn immer in den Vernehmungen schien es, als wäre die Situation eine Gradwanderung. Von Mal zu Mal schien Hauptmann Flagrano immer neuere, subtilere Methoden zu nutzen, um an seine Ziele zu kommen. Täuschung, Drohungen, dann wieder Lobgesänge über die Projekte von Doktor Miller und die Möglichkeit einer sorgenfreien Zukunft für George Miller und seine Tochter in Argentinien- bis die Launen des Hauptmanns wieder umschlugen. Man musste Flagrano ernst nehmen, dies war gewiss.
Auch nördlich des kleinen Feldweges, der von der Verbindungsstraße nach Darwin links in die Hügel zum Boca House abzweigte, herrschte Geschäftigkeit. Viele Soldaten machten sich dort an Erdlöchern und Deckungen zu schaffen. Man erwartete also hier einen britischen Angriff.
Heute, am 27. Mai 1982, waren erneut zwei britische Harrier- Kampfflugzeuge über der Landenge erschienen. Es war gegen Mittag. Die Stellungen in den Darwin- Bergen waren kurz bombardiert worden, einige Raketen waren gegen das Flugfeld abgeschossen worden. Rauchfahnen bekundeten, dass dort Schaden entstanden sein musste.
Mit großem Entsetzen mussten die Internierten jedoch auch sehen, wie eine der zwei Maschinen wiederum getroffen wurde und in Richtung der Halbinsel Lafonia flog. Unweit von Goose Green, zirka fünf Kilometer nach Süden, krachte die abgeschossene Maschine auf eine Grasweide. Auch dort war bis zum Nachmittag eine Rauchsäule zu sehen gewesen.
Ein LKW- Fahrer, der Versorgungsgüter aus der Inselhauptstadt gebracht hatte, schwor zudem gegenüber einem argentinischen Offizier, er habe bereits am 25 Mai, also vor zwei Tagen, einige britische Soldaten an der nördlichen Seite der Landenge gesehen. Ein Hubschrauber- Pilot gab auch heute- nach den Kämpfen am Mittag- an, weitere Briten auf dem Marsch in Richtung Darwin gesehen haben zu wollen.
Kampfhandlungen schienen auf der Landenge wohl unvermeidlich.
Doch was noch niemand zu diesem Zeitpunkt wusste- diese Kämpfe würden grauenvoll und heftig werden.
Und die Kämpfe würden für viele Leute hier, Soldaten und Internierte, großes Leid mit sich bringen.
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