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Zara

An mein Zimmer grenzte ein kleines, altmodisch eingerichtetes Badezimmer an. Die altrosa Kacheln an den Wänden schienen auch schon bessere Tage gesehen zu haben und ich fragte mich, wer zur Hölle glauben konnte, dass es eine gute Wahl war, einen quietschgelben Badevorhang zu kaufen. Nachdem ich mich schnell abgeduscht hatte – den Duschvorhang dabei so gut es ging ignorierend -, beschloss ich, meine Sachen doch schon auszusortieren, bevor ich vor Langeweile einging.
Nicht gerade ordentlich stopfte ich meine T-Shirts und Hosen in die Schubladen der Kommode und ich konnte es nicht verhindern, daran zu denken, dass Mom in Ohnmacht gefallen wäre, hätte sie gesehen, wie die Stoffe zerknitterten.

Mit schwerem Herzen verstaute ich schlussendlich auch meine PS4 inklusive sämtlichen Spielen in die letzte Schublade. Dennoch regte sich die naive Hoffnung in mir, dass es vielleicht einen Aufenthaltsraum gab, in dem auch ein Fernseher vorhanden war. Ich beschloss, Delores beim Mittagessen darauf anzusprechen.

„Dann wollen wir mal", murmelte ich vor mich hin, als mein Blick das nächste Mal auf den kleinen Wecker fiel, der auf dem Nachtschränkchen stand. In wenigen Minuten würde es Essen geben und mein Magen erinnerte mich mit einem wütenden Knurren ein weiteres Mal daran, dass meine letzte Mahlzeit bereits beachtlich in der Vergangenheit lag.

Als ich mein Zimmer verließ und den Flur entlang lief, betete ich inständig, dass ich mich nicht in diesem Wirrwarr aus Gängen verirren und schlussendlich irgendwo verhungern würde. In regelmäßigen Abständen hingen an den Wänden kleinere und größere Gemälde und Fotografien, an denen ich mich orientieren zu versuchte.
Doch keines schien mir recht bekannt vorzukommen und nachdem ich nach zwei weiteren Minuten unsicheren Herumirrens immer noch nicht zu der Treppe zurück gefunden hatte, blieb ich stehen.

Erneut verfluchte ich meine Eltern, diesen Sommer und die Tatsache, dass ich elendig lange acht Wochen hier verbringen müsste.

Gerade, als ich beschloss, einfach den Weg in mein Zimmer wieder anzutreten und zu hoffen, dass Delores mich schon aufsuchen würde, wenn ich nicht zum Mittagessen erscheinen würde, hörte ich etwas.
Erneut verharrte ich und spitzte meine Ohren. Im ersten Moment dachte ich, dass ich es mir nur eingebildet hätte, doch dann ertönte es erneut.

Leise folgte ich dem Ton, welcher sich als eine Art Melodie entpuppte. Sie war von sanfter Natur, doch nicht vergleichbar mit irgendetwas, das ich bisher gehört hatte. Immer weiter schwellte sie an, bis ich schlussendlich vor einer Tür stand, die sich von all den anderen Türen, an denen ich bisher vorbeigelaufen war, unterschied. Einerseits lag es daran, dass sie schneeweiß war, doch hauptsächlich daran, dass sie mit dutzenden von kleinen Zetteln und bunten Post-its beklebt war.

Unsicher blieb ich vor der nur angelehnten Tür stehen und spitzte meine Ohren.
Ich war weder musikalisch, noch hatte ich mich jemals groß für Musikinstrumente interessiert, doch ich war mir ziemlich sicher, dass es eine Violine war, die diese Töne entstehen ließ. Und die Abfolge von diesen Tönen war etwas schier Unglaubliches.
Wie von selbst beschleunigte sich mein Herzschlag und ich wurde in die Mischung aus Eleganz, Trauer und Schönheit gerissen, die das Lied mit sich brachte.

Während ich wie versteinert dem Musikstück zuhörte, betrachtete ich die Zettel, die die Tür schmückten. Sie alle waren beschrieben. Auf manchen standen ganze Sätze, die mir sofort ins Auge sprangen.

Zara mag keine Klugscheißer, merkt euch das.
Zara ist wie alles und nichts.

Andere hingegen zierte nur ein einziges Wort.

Blumen
Sterne
Himmel
Luft
Lachen
Tanz
Dach

Verwirrt runzelte ich die Stirn und versuchte zu verstehen, was diese sinnlose Aneinanderreihung aussagen sollte. Ich meinte mich zu erinnern, dass Delores bereits den Namen Zara genannt hatte, doch ich war mir unsicher, ob ich es mir vielleicht auch nicht nur einbildete, bei der Fülle an Informationen, die sie von sich gegeben hatte.
Doch auch nach weiteren Sekunden des an-die-Tür-Starrens wurde ich nicht daraus schlau und ich beschloss, mich wieder dem eigentlichen Problem zu widmen: Nämlich wie ich zum Speisesaal fand.

Gerade, als ich mich soweit gesammelt hatte und an der Tür anklopfen wollte, um meine aussichtslose Lage erklären und um Hilfe bitten zu können, verstummte die Violine und jemand riss die Tür auf – und mir stockte der Atem.
Denn vor mir stand das atemberaubendste Mädchen, das ich je gesehen habe.

Ihre feuerroten Haare standen ihr in wilden Locken vom Kopf ab, ihre Haut schien aus Porzellan und ihre Augen waren von einem unergründlichen Grün.
Und aus genau diesen Augen sah sie mich in diesem Moment misstrauisch und forsch zu gleich an.

Ich spürte, wie ich rot wurde, und überrumpelt fing ich an zu stottern: „Ähm, ich..." Ich hatte keine Ahnung, was ich überhaupt sagen wollte, mein Kopf schien wie leergefegt und auch meine Zunge schien nicht mehr in der Lage zu sein, vernünftige Wörter zu formen. „Also ich wollte... nicht stören..." Ich schluckte, räusperte mich und atmete einmal tief durch, um mich zu sammeln. „Kannst du... mir vielleicht den Speisesaal zeigen? Delores hat mir nicht den Weg gezeigt... ähm hi, ich... bin Max."

Gedanklich verpasste ich mir selbst eine Ohrfeige. Sonst fehlten mir auch nie die Worte und jetzt kamen keine zwei Wörter, die einen Zusammenhang bilden würden, über meine Lippen!

Leicht legte sie ihren Kopf schief und musterte mich weiterhin argwöhnisch. Sie stürzte ihre Lippen, bevor sie meinte: „Zara mag keine Spione."
Ihre Stimme war klar und hoch und faszinierte mich von der ersten Sekunde an.

Ich konnte meinen Blick immer noch nicht von ihr lösen und langsam versuchte ich wieder Herr über meine Sinne zu werden. Ich schaffte es, langsam zu nicken.

„Okay, das werde ich mir merken. Richtest du Zara meine Entschuldigung aus?"

Sie sagte nichts, doch ihre grünen Augen ließen mich immer noch nicht los, als sie sich leicht an den Türrahmen anlehnte. Verunsichert fuhr ich mir durch die Haare und setzte hinterher: „Wie gesagt, ich bin Max. Darf ich fragen, wer du bist?"

Ich versuchte zu lächeln, doch ob es klappte, konnte ich nicht beurteilen. Genauso, wie ich alles andere in dieser Situation nicht einschätzen konnte.
Jetzt verzogen sich auch ihre Lippen zu einem Lächeln und dann antwortete sie: „Sagte ich doch bereits, Zara."

Bevor ich mich versah, stieß sie sich von dem Türrahmen ab und lief an mir vorbei. Verdattert blickte ich ihr hinterher, bis ich verstand, dass sie nicht auf mich warten würde oder ich anderes von ihr erwarten könnte. Da sie meine einzige Anlaufstelle war, die mir helfen könnte und die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch auf dem Weg zum Mittagessen war, relativ hoch lag, beeilte ich mich, sie einzuholen.

Sie sah starr geradeaus und schien mich gar nicht zu realisieren, als ich mich ihrem Tempo anpasste.
Ich jedoch konnte nicht anders, als sie heimlich, so glaubte ich es zumindest, von der Seite anzustarren. Ich bemerkte die vielen Sommersprossen auf ihren Armen und ihrer Nase, die wie goldene Sprenkel auf ihrer hellen Haut wirkten.
Sie war etwas kleiner und um einiges zierlicher von der Statur her als ich, dennoch schätzte ich sie ungefähr auf mein Alter ein.

„Was willst du damit erreichen?", fragte sie mich urplötzlich, ohne mich anzusehen.
„Womit?", erwiderte ich und runzelte die Stirn.
„Dass du mich die ganze Zeit anstarrst."

Schnell sah ich weg und konzentrierte mich auf den Weg, den wir gingen, damit ich mich nicht noch einmal verirrte.

„Ich weiß nicht", gab ich nach einiger Zeit der Stille ehrlich zu und zuckte dabei zur Unterstreichung meiner Worte die Schultern.

„Also macht es keinen Sinn, dass du mich anstarrst. Und man sollte nur Sachen mit einem tieferen Sinn tun, denn was hat Leben noch für einen Sinn, wenn wir unachtsam, oberflächlich und egoistisch durch die Welt laufen und nicht die tieferen Sinne verstehen und beachten?" Sie stockte für einen kurzen Moment, bevor ihr Blick für einen kurzen Augenblick zu mir schweifte. „Verstehst du, was ich meine?"

Fasziniert betrachtete ich sie wieder. Aber eine Antwort konnte ich ihr nicht geben und zum zweiten Mal an diesem Tag war ich sprachlos.
Nur ihre zweite Frage hätte ich ihr vielleicht beantworten können: Denn ob ich sie richtig verstanden habe, wusste ich nicht so recht.

Doch bevor ich überhaupt die Möglichkeit dazu hatte, länger darüber nachzudenken und mir eine Antwort zu überlegen, erreichten wir die erste Treppe.
Und bevor ich mich versah, war Zara auf das Geländer geklettert und streckte ihre Arme zu beiden ihrer Seiten aus.
Was zur Hölle tat sie da?
Schnell und anmutig balancierte sie auf dem dünnen Stück Holz nach unten und ihre Locken wippten dabei bei jedem Schritt auf und ab. Erst jetzt bemerkte ich, dass sie barfuß lief.
Ihre Zehennägel waren in einen knallorange getuscht.

„Hast du keine Angst?", rief ich ihr viel zu spät zu und stand dabei immer noch wie der letzte Depp am oberen Treppenrand.
Nun war sie unten angekommen, sprang wieder auf den Boden und machte eine Drehung, die der einer Ballerina gerecht wurde.
Sie sah zu mir hoch und stemmte ihre Hände in die Seiten und meinte: „Hast du denn gar nicht verstanden, was ich dir gerade erzählt habe?"

Sie strich sich über ihr graues Top und sah mich abwartend und fordernd zugleich an.
„Ähm", gab ich von mir und versuchte heraus zu finden, was dieses Mädchen nun von mir wollte. Denn genau genommen verstand ich nicht den Zusammenhang zwischen ihren wirren Worten und der Tatsache, dass sie gerade nicht auf normalem Wege die Treppe genommen hat. „Du sagtest, dass man alles mit einem tieferen Sinn machen soll..." Ich versuchte mich an den genauen Wortlaut ihrer Aussage zu erinnern und schüttelte schlussendlich den Kopf. Sie war doch verrückt und ich war nicht weniger verrückt, dass ich mich auf dieses Gespräch mit ihr einließ. Oder etwa nicht?
Dennoch hinderte es mich nicht daran, weiterzusprechen: „Aber genau deswegen verstehe ich nicht, warum du auf Treppengeländern balancierst. Das hat doch auch keinen tieferen Sinn. Zumindest keinen tieferen als jemanden anzuschauen." Das Wort ‚tieferer Sinn' setzte ich mit meinen Händen in der Luft in Anführungszeichen.

Ich wusste auf einen Blick, dass das die falsche Antwort gewesen war.
Wütend verzog sie das Gesicht und fing an, verständnislos den Kopf zu schütteln.
Ich kannte sie erst seit wenigen Minuten, doch bereits jetzt konnte ich sagen, dass man Zara besser nicht verärgerte.

Denn so, wie sie dort unten am Treppenrand stand - mit den langen roten Locken, die ihr Gesicht mit den grünen Augen und den goldenen Sommersprossen umrahmten, den knielangen Jeans, die wie abgeschnitten wirkten, ihren orangefarbenen Zehennägel und den in die Seite gestemmten Arme, wirkte sie wie die Königen der Wilden.
Und diese duldete keinen Widerspruch.

„Meinst du etwa, das Risiko des Fallens hat keinen tieferen Sinn als der eines Blickes?" Ihre Stimme war laut und ich zuckte leicht zusammen. „Dann balanciere jetzt so wie ich und sage mir danach, dass das keinen tieferen Sinn hat!"

Ich konnte sie nur anstarren. So wie schon die ganze Zeit über fragte ich mich, ob sie es wirklich ernst meinte. Doch weder fing sie an zu lachen, noch sprach sie weiter. Einzig und allein musterte sie mich abwartend. Mir wurde bewusst, dass sie alles, was sie gesagt hatte, auch wirklich so meinte und nun darauf wartete, dass ich ihren Worten Folge leisten würde.

Aus einen mir nicht begreiflichen Grund, den ich mir nur dadurch erklären konnte, dass mich Zara bereits jetzt schon so vereinnahmte, tat ich das, was sie forderte:
Langsam zog ich meine Chucks und Socken aus, warf sie nach unten an den Treppenrand, und kletterte weit weniger geschickt als Zara auf das Geländer. Ich richtete mich auf und kam im gleichen Moment schon aus dem Gleichgewicht. Schnell streckte ich meine Arme aus, damit ich nicht fiel.
Rechts würde mein Sturz nur nach einem knappen Meter auf den Treppenstufen enden, doch falls mein Gleichgewicht zur linken Seite versagen würde, würde ich mehrere Meter tief auf die Treppenstufen der zweiten Treppe fallen. Und auf diese Erfahrung würde ich liebend gerne verzichten.

Ich atmete einmal tief durch, dann wieder ein und setzte einen Fuß vor den anderen.
Eine Erinnerung überflutete mich urplötzlich. Wie ich auf im Sportunterricht immer und immer wieder vom Querbalken fiel und einfach nicht die Balance fand, egal, wie oft ich es versucht hatte.

Ich versuchte diese Erinnerung so gut es ging zu verdrängen, denn sonderlich hilfreich war sie nicht.
Für einen kurzen Moment blieb ich stehen, schloss meine Augen und atmete erneut tief ein. Ich spürte, wie die Luft in meine Lungen strömte und mir auf eine gewisse Art und Weise für einen kurzen Augenblick Sicherheit verlieh. Dann richtete ich meinen Blick nur auf den Abschnitt vor mir, den ich zu bewältigen hatte.

Ich war nie der Typ gewesen, der voller Abenteuerlust steckte oder mutig war.
Ich hatte Höhenangst und war noch nie davon begeistert gewesen, mir bereitwillig bei irgendwelchen Aktivitäten Schmerzen oder Blessuren zu zuziehen.

Die nagende Angst machte sich in meinen Körper breit und wies mich immer wieder daraufhin, dass ich dies hier nicht schaffen könnte.
Noch ein Schritt.
Ich sah schon förmlich, wie ich abrutschte, nach links fünf Meter in die Tiefe stürzte, mir den Kopf an den Treppenstufen aufschlug und in der ersten Sommerwoche elendig verblutete.
Vielleicht würden meine Eltern dann endlich einsehen, was für einen schrecklichen Fehler sie gemacht hatten, mich hierhin zu schicken.

Noch ein Schritt.
Es war ein Schritt, den ich gegangen war, ohne zu stürzen.
Dies ließ mich mutiger und schneller werden.
Die grauenvolle Vorahnung verschwand mit jedem Schritt und ich merkte, wie Glückseligkeit die Angst verdrängte.

Viel schneller als gedacht erreichte ich das Ende des Geländers und sprang – zwar weniger kühn als Zara, aber dafür breit grinsend – hinunter. Ich landete genau vor ihr.
Sie hatte immer noch die Arme in die Seite gestemmt, doch nun hatte sich ein leichtes Lächeln auf ihrem Gesicht ausgebreitet.

„Und sagst du es?", hakte sie nach, doch ich schüttelte als Antwort nur den Kopf.
Denn sie hatte Recht, das musste ich zugeben.

Auf irgendeine Weise hatte dieses Ringen von Glückseligkeit und Angst einen viel tieferen Sinn, als der eines nervenden Blickes.

„Siehst du", meinte sie nur und nickte zufrieden, während ich meine Schuhe aufhob und wieder in meine Socken schlüpfte.

Schweigend und ohne weitere Kletterpartie bewältigten wir den restlichen Weg bis in die große Eingangshalle, die ich bereits vor einer Stunde kurz bewundert hatte. Nun hatte ich die Möglichkeit zu bemerken, dass sie durch die großen Fenster lichtdurchflutet war und die einzelnen Marmorplatten auf dem Boden ein Muster bildeten.

„Es ist wunderschön", gab ich leise von mir und starrte auf das auf und ab Hüpfen des Lichtes, das durch die dicken, unebenen Fensterscheiben entstand.

„Psst, du weckst nur die Elfen." Sie nickte in die Richtung eines Gemäldes, das vier der genannten Fabelwesen auf einer Waldlichtung zeigte.

Ich entgegnete ihr nichts, denn ich war mir unsicher, wie ich sie und ihre komischen Aussagen einordnen konnte.
Normalerweise hätte ich gelacht und mich vielleicht darüber lustig gemacht, doch als mein Blick wieder auf Zara fiel, wurde mir bewusst, dass der Begriff normal bei ihr unangebracht war.
Denn sie war alles und doch nichts, was ich jemals in einem Mädchen gesehen hatte.
Der Schreiber des Zettels an ihrer Tür hatte Recht.
Zara war wie alles und nichts.
Dies konnte ich bereits jetzt schon, nach den wenigen Minuten, die ich bisher mit ihr verbracht hatte, sagen.

„Hier ist der Speisesaal", riss Zara mich aus meinen Gedanken und führte eine Handbewegung zu einer Doppelflügeltür aus, auf die sie im gleichen Moment zutrat und aufstieß.
Wie vom Blitz getroffen stürmte sie in den Saal und ich versuchte ihr zu folgen.
Ich beobachtete, wie sie auf den ersten Stuhl, der an der langen Tafel unter dem Kronleuchter stand, kletterte und von einem zum nächsten sprang, bis sie, durch eine ganze Reihe leerer Stühle, zu einem besetzten ankam.

Ein Junge mit kurz geschnittenem Haar saß dort, schien sich jedoch nicht von Zara beirren zu lassen. Sie beugte sich zu ihm herunter und flüsterte etwas in sein Ohr, woraufhin dieser anfing zu lachen und einen Platz weiterrutschte, um ihr seinen alten Platz zu überlassen.

Dann sah er auf und grinste mir wissend zu.
Was Zara ihm wohl erzählt hatte und über was er wohl gelacht hatte? Ich hoffte sehr, dass es nichts mit mir zu tun hatte.

Unwohl und unsicher fragte ich mich, wo ich mich am besten hinsetzen sollte. So wie Delores es mir bereits erzählt hatte, waren weitere zwei Jugendliche hier. Sie saßen schon am Tisch und schienen von Zaras kleiner Show-Einlage völlig unbeeindruckt. Vielmehr schien es, als würden sie mich von oben bis unten mustern.
Nur Zara hatte keinen Blick für mich übrig und beschäftigte sich mit dem Saum der Tischdecke.

Gegenüber von dem Jungen saß ein Mädchen mit braunem Haar und leicht legte sie ihren Kopf schief, während sie mich ohne Scham neugierig musterte. Sofort fragte ich mich, ob Zara ihnen noch nicht von dem tieferen Sinn der Blicke erzählt hatte.

Delores rettete mich aus der Situation. „Ach, Max, mein Lieber! Nun setzt dich schon. Gegenüber von Zara ist noch Platz." Sie hatte hinter mir den Speisesaal betreten und strahlte noch immer über das ganze Gesicht. „Kennst du sie schon, ja? An alle anderen, das hier ist Max Longwell und er kommt aus Georgia."

„Florida", verbesserte ich sie automatisch, während ich mich langsam in Bewegung setzte. „Ich komme aus Florida."

Sie drängte mich förmlich von hinten in den imposanten Raum. „Ach Schätzchen. Sowas kann ich mir nur schlecht merken. Georgia oder Florenz, das ist ja egal." Sie wedelte mit ihren Händen in der Luft herum, um ihre Worte mehr Nachdruck zu verleihen. „Die Hauptsache ist doch, dass du diesen Sommer mit uns verbringst, oder etwa nicht? Beim Essen kannst du uns ja etwas aus deiner Heimat in Florenz erzählen! Ach ich wollte schon immer mal nach Spanien!"


Ich hob verwirrt eine Augenbraue, doch dann bemerkte ich, wie der Junge neben Zara grinste und mir leicht zu nickte. Dies deutete ich als Zeichen, dass ich mich nicht allzu sehr wundern sollte, da es anscheinend zur Normalität gehörte.

Ich setzte mich gegenüber von Zara und neben das andere Mädchen hin und sah zu, wie Delores mit einem älteren Ehepaar sprach, das hier anscheinend auch zu Besuch war.


„Hey, ich bin Amy." Das Mädchen neben mir hatte sich zu mir umgedreht und schenkte mir ein Lächeln, als sie sich eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht strich.
„Max", stellte ich mich überflüssigerweise ein weiteres Mal vor.
„Dann herzlich Willkommen, Max, ich denke, wir werden alle gut miteinander auskommen."

Bevor ich ihr danken konnte, drehte sie sich wieder zu Delores um, die sich nun an das Ende der langen Speisetafel setzte. Erst jetzt wurde mir so richtig bewusst, dass dieser Speisesaal seinen Namen wahrhaftig verdient hatte.
Denn die Tafel, an der wir saßen, befand sich direkt in der Mitte des großzügigen Raumes und erstreckte sich über mehrere Meter. Die Platte war aus dickem Glas hergestellt und wurde nur von dünnen Metallstangen getragen, die mit vielen verschiedenen Mustern verziert war.
Genau über der Mitte der Tafel hing ein goldener Kronleuchter, den man mit einer Kette herunterziehen konnte, damit man die Kerzen anzünden konnte, wie ich nach längerem Betrachten feststellte.
Die hohen Fenster gaben den Blick auf eine saftig grüne Wiese frei, auf der mehrere Blumen blühten. Hinter der Wiese erstreckte sich ein Wald.
Es war traumhaft schön, das konnte man nicht leugnen.

Und dann fiel mein Blick wieder auf Zara, die mir gegenüber saß.
Sie sah immer noch nicht hoch und ich zwang mich, meinen Blick wieder abzuwenden, bevor sie mich ein weiteres Mal erwischen konnte.

Auf einmal ergriff Delores das Wort: „Meine lieben Gäste! Wie schön, dass ihr alle da seid, um mit mir gemeinsam den Sommer zu begrüßen. Mr. und Mrs. Johnson helfen mir jetzt schon seit mehreren Jahren aus und ich bin jeden Tag dankbar für die beiden. Mrs. Johnson hat uns diesen Mittag etwas Entzückendes gezaubert, nicht wahr, Mr. Johnson?"

Ein älterer Mann, dessen Rücken bereits vom Alter gebeugt war, erschien neben Delores und richtete seine Brille. „Mrs. Downhill, meine Frau wird wieder ganz verlegen über Ihr Lob sein, aber es stimmt..." Beinahe stolz strich er sich über seine Brust, als er über seine Ehefrau sprach. „Sie ist eine fantastische Köchin und heute gibt es zur Vorspeise Caesar-Salat, zur Hauptspeise Steak mit Kartoffelecken und Sour-Cream und zum Nachtisch selbstgemachten Apfelkuchen. Für die Miss Zara Wilkson gibt es zur Hauptspeise eine Suppe nach ihrer Vorliebe."

Sein Kopf wurde von ergrauten, schütteren Haare bedeckt und er trug Frack und Lackschuhe, was ich im ersten Moment absurd, im zweiten jedoch als überaus passend für ihn empfand.

Kurz darauf betrat eine ebenso alt aussehende Frau mit einem Essenwagen den Speisesaal und zusammen mit Mr. Johnson servierte sie uns das Essen. Als sie bei mir angekommen war, legte sie mir eine runzelige Hand auf die Schulter und stellte sich mit einem sanften Lächeln als die Ehefrau und somit Mrs. Johnson vor.

Und dann begann das Essen.
Oder vielmehr das Festmahl.
Denn weder Delores noch Mr. Johnson hatten übertrieben, als sie Mrs. Johnson als überragende Köchin bezeichnet hatten.
Es war ein einziger Traum und auch wenn ich nach dem letzten Bissen Apfelkuchen das Gefühl hatte, platzen zu müssen, würde ich mir am liebsten einen Nachschlag holen.

„Und du kommst aus Florenz? Wie ist es in Europa so?", fing Amy irgendwann das Gespräch an und schnell beeilte ich mich ihr zu erklären, dass ich weder Spanier, noch Europäer war.

„Ich wurde hier in Alabama geboren, daher kennen meine Eltern wohl auch Delores, aber ich wohne seit ich denken kann in Florida", erklärte ich und erlangte somit vollends Amys Aufmerksamkeit. Ihre Augen fingen an zu leuchten und innerlich stöhnte ich auf.
Denn ich wusste, was nun folgen würde.
Das allgemeine Florida-Klischee.
Bevor sie überhaupt nachfragen konnte, erzählte ich von selbst, dass ich mit meiner Familie nicht direkt an den Stränden von Miami, sondern in einer kleinen, unbedeutenden Stadt direkt an den Grenzen von Alabama und Georgia wohnte und auch sonst nicht der typische Surferboy war.

Während des Essens hatten wir alle geschwiegen, doch nun verwickelte Amy mich in ein Gespräch und nur am Rande meldete sich das schlechte Gewissen, dass ich mich bisher noch mit keinem Wort an Zara gerichtet hatte.
Doch als mein Blick sie für einen kurzen Moment streifte, bemerkte ich, dass sie nur träumerisch in die Ferne starrte und dabei eine Locke um ihren Zeigefinger drehte.

Nachdem das Geschirr abgeräumt wurde und wir aufstehen konnten, stand Zara auf einmal neben mir. „Nun komm schon, Max. Zwar hast du noch nie mit einem Alligator gekämpft oder gesurft, aber vielleicht steckt doch ein Wassermann in dir."

Auch wenn es nicht so gewirkt hatte, hatte sie wohl unser Gespräch mitverfolgt. Komischerweise ließ mich diese Vorstellung rot werden und mein Blick wanderte zu Amy, deren Miene sich sofort aufhellte.
Der Junge, der, wie ich zwischenzeitlich herausgefunden hatte, Dean hieß, lachte laut auf.

„Zara, sei nicht zu hart mit ihm", sprach er in ihre Richtung und unsicher sah ich ihn an.
Was meinte er damit?
Mein Blick wanderte zwischen Amy, Dean und Zara hin und her.

Doch als sich dann mein Blick mit Zaras verhakte und sie mich erwartungsvoll ansah, konnte ich es nicht verhindern zu nicken.
Es schien, als würde alles, was irgendetwas mit diesem Mädchen zu tun hatte, mich bereits jetzt, nach so kurzer Zeit, dazu zu verleiten, anders zu handeln, als ich es normalerweise tat.

Und ich wusste nicht, ob ich dies gut oder schlecht finden sollte.

„Dann hol' mal schnell eine Badehose, in fünf Minuten gehen wir los!"

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