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Kapitel 1

So... das erste Kapitel. Natürlich würde ich mich wieder über Votes und vor allem Kommentare freuen ^^ 

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Jede Geschichte hat einen Beginn und ein Ende. Meine hat schon vor vielen Jahrzehnten begonnen und findet nun ihren Schluss. 

Und doch scheint sie weiterzugehen. Eines führt zu dem anderen. Hätte ich vor vielen Jahren, damals, als all diese schrecklichen Dinge geschahen, andere Entscheidungen getroffen, wäre vielleicht alles ganz anders heute. Schon seltsam wie jeder Entschluss, der vor Ewigkeiten gefasst wurde, jeder Gedanke, der von irgendjemandem gedacht wurde, seine Auswirkungen auf das Hier und Jetzt besitzt.

Habe ich damals auch etwas bewirkt? Ja, bestimmt. Denn auch, wenn die Menschen vergessen - und das passiert eben mit den meisten, gewöhnlichen Menschen, sie werden vergessen - so vergisst die Geschichte dich nie. Unter tausend anderen ziehen sich deine Fußspuren durch diese Zeit und jede davon könnte der Grundstein für etwas Bedeutendes sein. Ein schöner Gedanke, nicht wahr? 

Meine Entschlüsse scheinen wohl hierzu geführt haben, zu dieser Geschichte. Ich bin nichts weiter als eine stille Begleiterin, die bereits beginnt langsam zu verblassen und irgendwo in der Vergangenheit zu verschwinden.

Jede Geschichte hat einen Beginn und ein Ende.
Doch wer kann schon wirklich sagen, wo die eine anfängt und die andere endet?

-Ariana Davids Tagebuch-  

***

Ich hatte mein Talent immer als Gabe betrachtet, als ein Geschenk. Ein Segen, dem ich bereit war mein restliches Leben zu widmen. Bis zu dem Tag, an dem ich dank meiner Gabe alles verloren hatte, was mir wichtig war. 

Für nichts in der Welt hätte ich ihn eingetauscht. Nun, da ich tatsächlich nur noch diesen Segen -mittlerweile hätte ich es lieber als Fluch bezeichnet- besaß, hatte er jedoch seinen Zauber verloren. Mein Talent schien mir als Bürde. Mein Leben schal und leer.

Ich starrte auf die unter mir auf den Fels schlagenden Wellen, den hochspritzenden weißen Schaum und die pechschwarze Weite des Meeres, die irgendwo am Horizont mit dem grauen Himmel verschmolz. Der immer stärker über die Hügel fegende Wind zerrte an meinem dunklen Haar und dem dünnen Pullover, der wohl kaum unpassender für dieses Wetter hätte sein können. Die milde Wärme, die ich mittlerweile von zu Hause gewöhnt war, hatte mich wohl vergessen lassen, wie rau die Kälte hier an der Küste Englands sein konnte. Zu Hause...das hier ist dein zu Hause.

Seltsamerweise fühlte sich meine Rückkehr in mein Elternhaus kein Bisschen danach an. Nicht, dass ich das erwartet hätte. Doch meine scheinbare Ungerührtheit, meine eigenen Gefühle schienen mich doch selbst etwas zu überraschen. Keine schönen Erinnerungen, keine Geborgenheit, kein Trost. Nichts davon erwartete mich hier. Eher schienen meine Gefühle erkaltet, unter der Oberfläche tobend, doch nach außen hin völlig unbemerkbar...nicht vorhanden. 

Die Rückkehr in mein Elternhaus schien mir keine zu sein, vielmehr ein Eingeständnis meiner Niederlage, meines Versagens. Habe ich versagt? Natürlich hatte meiner Mutter das nicht gesagt, als sie mich in die Arme schloss oder als sie mir, so wie sie es immer tat, einen heißen Tee anbot, den ich wie immer ablehnte. Und obwohl Carolyn Mayfair kein einziges Wort über die Sache, die Umstände meiner Rückkehr verlor, lagen ihre unausgesprochenen Gedanken doch beinahe drohend, spürbar in der Luft. 

"Ich habe dir gesagt, dass es ein Fehler war, Amina. Du wolltest nicht hören und jetzt siehst du, wie weit du es damit gebracht hast." Auch ohne, dass sie es aussprach, wusste ich, dass meine Mutter das dachte. Während ich meine Arme jetzt fest um den Körper schlang, eher aus Reflex als in der tatsächlichen Hoffnung es könne mich wärmen, stellte ich fest, dass ich es meiner Mutter nicht einmal allzu übel nehmen konnte. 

Carolyn Mayfair war vermutlich mein exaktes Gegenteil. Gefangen in ihrer kleinen Welt fand sie Erfüllung in ihrem Leben als Hausfrau und Mutter. Es machte sie glücklich und sie tat es mit einer Hingabe, die ich niemals verstanden und doch immer bewundert hatte. 

Ihre mütterliche Fürsorge und Verständnis fanden allerdings ihr Ende, als ihr klar wurde, dass ihre Tochter so ganz anders war als sie selbst - auf eine Art und Weise, die ihr gehörig gegen den Strich zu gehen schien. Das zeigte sich -zumindest glaubte ich, es wäre so gewesen- das erste Mal als ich mich im Alter von neun Jahren in das immer verschlossene Musikzimmer, dessen Existenz mir deshalb immer ein Rätsel gewesen war, geschlichen und leise auf dem Klavier zu spielen begonnen hatte. 

Das Instrument hatte mich vom ersten Moment da ich es sah, völlig in seinen Bann gezogen, mich beinahe dazu gezwungen über die glatte Oberfläche zu streichen, dann den Deckel anzuheben und vorsichtig die Tasten zu berühren. Jeder einzelne Ton, gleichgültig wie ungeschickt er noch gespielt wurde, faszinierte mich und so verbrachte ich Stunden am Klavier. Aus den einzelnen Tönen, wurden kleine Melodien, daraus schließlich ganze Lieder. 

Meine Begeisterung war jäh unterbrochen worden, als meine Mutter ins Zimmer gestürzt, mich aus unerklärlichen Gründen unglaublich wütend vom Klavier weggezerrt hatte. "Ich habe dir doch verboten dieses Zimmer zu betreten, Amina!" 

Was nun daran so schlimm war, hatte ich weder als kleines Mädchen verstanden, noch später, als ich meiner Familie eröffnet hatte, Pianistin werden zu wollen und nicht das Leben zu führen, das sich meine Mutter für mich gewünscht hatte: Heiraten, Kinder bekommen, als Hausfrau alt werden, wie sie selbst. Damit hatte sich Carolyn mir wohl endgültig abgewandt. Auch das war mir unbegreiflich, ebenso wie ich nicht verstehen konnte, wieso das Musikzimmer an diesem einen Tag, der eine gefühlte Ewigkeit zurücklag, nicht abgeschlossen war. 

Der Wind, dessen Kälte nun immer tiefer in meine Knochen kroch, holte mich aus der Vergangenheit zurück in die Gegenwart. Schnell schüttelte ich diese Erinnerungen ab, die mich die letzten Wochen immer häufiger heimzusuchen schienen und das erste Mal fragte ich mich, ob meine Mutter vielleicht recht gehabt, ob ich einen Fehler gemacht hatte.


Mit einem Seufzen ließ ich meine Jacke auf die Lehne des Stuhls fallen, der wie immer ordentlich und exakt an seinem Platz stand, ehe ich mich setzte. Wie hätte es in diesem Haus auch sonst sein sollen? Wieder einmal kam mir unvermittelt der Gedanke, dass sich hier absolut nichts verändert hatte. Immer noch dieselben Bilder, die selben Möbel... Nun, es sah aus, wie vor zehn Jahren auch schon. Unverändert. Der einzige Fremdkörper, der so vollkommen anders war und kein bisschen hierher passte, war ich. 

Ja, ich hatte mich verändert. Umso seltsamer war es, hier alles so vorzufinden, wie ich es in Erinnerung hatte. Nur in meiner Erinnerung erschien mir dieses Haus zumindest noch ein bisschen wie ein Zuhause. Nun nicht mehr. 

"Amina, wo warst du denn so lange?" Wie immer schwang etwas Tadelndes in der Stimme meiner Mutter mit, etwas woran ich mich mittlerweile bereits gewöhnt hatte. 
"Draußen, bei den Klippen", antwortet ich schlicht. War ich ihr denn selbst jetzt noch Rechenschaft schuldig was ich tat und wohin ich ging? Anscheinend. 

Das dunkelbraune Haar wie immer ordentlich hochgesteckt und ihre Kochschürze umgebunden, verschränkte sie die Arme vor der Brust und musterte mich kritisch. "Was tust du denn immer da draußen? Und das auch noch so? Es ist eiskalt draußen, du holst dir ja den Tod, Amina!" Besorgt - wie immer. Wäre ich diese Art der Bevormundung nicht bereits gewöhnt und das in Dingen, über die sie nun wirklich nicht zu entscheiden hatte, hätte ich darüber beinahe lächeln können. Aber auch nur beinahe. "Mum, ich weiß schon, was ich tue." Auch wenn ich mir da in letzter Zeit nicht mehr so sicher war. 

Ich konnte den anklagenden Blick in meinem Rücken spüren, ohne ihn sehen zu müssen. Vermutlich stand Carolyn, die Arme in die Hüften gestemmt, hinter mir und bedachte mich mit diesem Blick, ihrer ganz speziellen Art jemandem ein schlechtes Gewissen zu machen und zu vermitteln wie falsch er doch lag. In diesem Falle ich. "Offensichtlich weißt du das nicht."

Es war nicht das, was sie sagte, sondern vielmehr, was sie nicht sagte, was mich einen Moment lang den Atem anhalten ließ. "Du weißt nicht, was du tust. Wüsstest du es, wärst du ja wohl kaum still und heimlich von zu Hause weggelaufen, um deinen Träumen nachzujagen. Du hättest nicht so ein sorgloses Leben geführt, hättest dich nicht verlobt und hättest nicht wegen dem Tod dieses Mannes hierher zurückkommen müssen. Das alles hättest du dir ersparen können, hättest du nur ein einziges Mal auf mich gehört." Unglaublich wie viele unausgesprochene Worte doch in ein paar Momenten des Schweigens liegen konnten. 

Einen kurzen Augenblick lang schloss ich die Augen. Nein, ich würde jetzt keinen Streit vom Zaun brechen, so groß die Versuchung auch war. Stattdessen erwiderte ich nichts darauf und behielt meine Gedanken einfach für mich. Die Stimmung zwischen uns war ohnehin bereits frostig genug, einen heftigeren Streit herauszufordern wäre wohl das denkbar dümmste, was ich hätte tun können. Egal, wie schwer es mir meine Mutter auch manchmal machte. 

Ja, sie besaß die Gabe auf ihre ganz spezielle Art Salz in eine Wunde zu streuen und das machte es oft nur umso komplizierter mit ihr. Genügte doch die Tatsache, dass mein komplettes Leben schon nicht zu ihrer Zufriedenheit verlief, so hatten die jüngsten Geschehnisse ihr nun endlich einen Anlass verschafft mir erklären zu können wie falsch ich doch immer gelegen hatte... und wie richtig sie selbst. Das Problem war, dass ich es wohl schon bald selbst zu glauben begann. 

Kopfschüttelnd versuchte ich mich nicht auf die negativen Eigenschaften meiner Mutter zu konzentrieren, die es regelmäßig schafften mich auf die Palme zu bringen, sondern auf die positiven. Ihre beinahe endlose Fürsorge, zum Beispiel. Obwohl sie so offensichtlich wütend auf mich war, konnte sie es sich nicht nehmen lassen mir Tee zu machen. Vielleicht war das auch nur ihre verschrobene Art sich selbst zu beruhigen und auf andere Gedanken zu bringen. 

Doch auch, wenn ich es nur ungern zugab, tat die dampfend heiße Flüssigkeit meinem durchgefrorenen Körper gut. Das raue Wetter an der englischen Küste war wohl noch so etwas, woran ich mich erst wieder gewöhnen musste, ebenso wie an diese neue Situation. 

"Warst du...", setzte meine Mutter an, zögerte aber einen Moment ihre Gedanken auszusprechen. "Warst du wieder dort?" Wie jedes Mal, wenn sie von dem Haus sprach, flackerte Besorgnis in den warmen, braunen Augen meiner Mutter auf. Noch so etwas, was ich einfach nicht verstehen konnte. 

Mir entkam ein leises Seufzen. "Nein, ich war nicht dort." Ich nahm einen weiteren Schluck Tee. Earl Grey. Selbst nach all den Jahren weiß sie es immer noch? Nur was sie nicht wusste, war, dass dieser Tee nun auch noch andere Erinnerungen in mir weckte. Erinnerungen, auf die ich im Moment nicht gefasst gewesen war. Eher etwas vergeblich versuchte ich die Tränen aus meinen Augen zu blinzeln.

"Aber du warst es in letzter Zeit nicht selten. Ich werde vermutlich nie verstehen, was dir so an diesem alten, verwahrlosten Haus liegt", kopfschüttelnd setzte sie sich zu mir an den Tisch. 
Auch, wenn wir doch nie auf einen grünen Zweig kamen, wie eigentlich fast immer, so kam mir das Thema ausnahmsweise einmal gelegen. Es war eine willkommene Ablenkung von meinen trüben Gedanken. "Und ich werde vermutlich nie verstehen, was du so schrecklich daran findest", entgegnete ich ruhig. 

Schon als ich noch ein Kind gewesen war, hatte sie mir immer untersagt diesem Haus zu nahe zu kommen. Nein, es war vielmehr ein Anwesen, das direkt über den Klippen thronte. Es war vermutlich das einzige, das an diesem Ort auch nur einen Hauch von "Zuhause" verströmte, das einzige worüber ich glücklich war, dass ich es wiedersah. 

Das Haus, das immer diese Magie des Verbotenen ausgestrahlt hatte und mich vermutlich gerade deshalb schon als kleines Mädchen zu sich gezogen hatte. Damals hatte ich mich immer gefragt, was sich wohl hinter den hohen, weißen Mauern verbarg. Wer dort lebte, und wer dort früher gelebt hatte. Vor vielen hundert Jahren... Alleine diese Vorstellung hatte mich dazu bewegen können stundenlang in der Kälte zu sitzen, trotz des eiskalten Windes, und zu dem Anwesen hochzublicken und mir all diese Dinge auszumalen. Und selbst jetzt, nach all den Jahren, hatte dieses Haus seine Magie nicht verloren. Immer noch zog es mich zu ihm. Zu Wiloughby Hall. 

Carolyn Mayfair schüttelte den Kopf. "Schon als kleines Mädchen warst du vollkommen vernarrt in dieses Haus. Gott weiß, wieso!" 
"Ist das denn so schlimm?" 
"Du solltest vielleicht weniger diesen Träumereien nachhängen, Amina. Weißt du, alte Mauern bergen alte Geschichten. Und nicht alle davon sind schön." 

Ich verstand nicht, was sie mir mit diesem merkwürdig kryptischen Satz sagen wollte. Aber ich fürchtete auch, dass ich nicht mehr von ihr erfahren würde, also ließ ich es darauf beruhen. Wahrscheinlich musste ich akzeptieren, dass dies zu den vielen Dingen gehörte, die ich niemals verstehen würde.


Ich zog mich ziemlich bald nach dem Abendessen in mein Zimmer zurück. Unten hörte ich noch leise die Stimme meines Vaters. Zumindest er hatte meine Entscheidungen akzeptiert und mir nicht die Schuld an allem aufgelastet. War ich denn wirklich verantwortlich für all das? 

Seufzend ließ ich mich auf mein Bett fallen, das genauso weich war wie ich es in Erinnerung hatte und damit so viel Geborgenheit verströmte, dass ich mich für ein paar Momente wirklich entspannen konnte. Das Land verlassen und Pianistin werden - War diese Idee denn wirklich so verkehrt gewesen, so abwegig? Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen. Und doch schien irgendetwas gewaltig schiefgegangen zu sein. Sonst wäre ich wohl kaum hier.
Verzweifelt, in der Hoffnung eine Antwort auf meine Frage zu finden, durchforstete ich meine Gedanken. Was konnte ich falsch gemacht haben? 

Mit achtzehn hatte ich überstürzt mein Elternhaus verlassen, ohne direktes Ziel. Im Grunde wollte ich nur weg und meinen Traum verwirklichen - Pianistin werden, etwas aus dem Talent machen, das ich doch angeblich im Überfluss besaß. Es schien wohl zu stimmen, denn ich schaffte es tatsächlich Kariere zu machen, auch wenn das nie mein Ziel gewesen war. Ich wollte weder berühmt, noch reich werden, ich wollte nur Klavier spielen. Damals war ich vermutlich schrecklich naiv gewesen, vielleicht auch einfach nur unbekümmert. Wie man es auch nennen wollte, es sorgte dafür, dass mein Interesse nicht mehr und nicht weniger galt, als der Musik. Es war alles, worum sich mein Leben drehte. Bis zu dem Tag, als ich ihm das erste Mal begegnete. Daniel Bradshaw.

Eigentlich hatte ich überhaupt kein Interesse an einem Interview gehabt. Wieso denn auch? Was hätte es geben sollen, was ich irgendeinem Journaliten erzählen konnte, geschweige denn wollte? Zwar hatte ich es damals schon genossen auf großen Bühnen zu spielen, doch das war auch schon genug an Öffentlichkeit. Nach meinen Konzerten wollte ich davon nichts mehr wissen und das hatte sich bisher nicht geändert. 

Erst nach stundenlanger Diskussion und der beständigen guten Zurede meines Agenten hatte ich mich zu diesem Interview breitschlagen lassen. Schon Tage davor hatte ich mir das schlimmste ausgemalt. Warum, konnte ich im Nachhinein beim besten Willen nicht mehr sagen. Doch alle Befürchtungen waren mit einem Mal zerschlagen worden, als er den Raum betreten hatte. Am Ende des Gesprächs wusste er doch um einiges mehr über mich, als ich hätte preisgeben wollen. Und plötzlich trafen wir uns in einem Café über zwei dampfenden Tassen Earl Grey wieder. Meine Liebe zu Tee war seiner Meinung nach immer "typisch englisch" gewesen, worüber er sich regelmäßig lustig gemacht hatte. Ich wusste selbst nicht, wie das passieren konnte, doch er schaffte es, dass sich meine Welt plötzlich nicht mehr nur ums Klavierspielen drehte.

Bis heute fragte ich mich noch, wie er das angestellt hatte, es war mir immer ein Rätsel geblieben. Und das würde es auch weiterhin, wie so vieles andere. Mein Blick glitt zu meinem Verlobungsring, den ich seit Wochen immer noch trug. Vielleicht in der Hoffnung, dass es die Realität irgendwie ändern könnte, wenn ich mich nicht einfach meinem Schicksal ergab. Doch natürlich würde das nichts an den Tatsachen ändern. Daniel war tot und nichts auf dieser Welt würde ihn zurückbringen können. 

Das Klingeln meines Handys riss mich aus meinen Gedanken und holte mich eher unsanft in die Gegenwart zurück. Seufzend warf ich einen Blick auf den Bildschirm, auf dem ein Name aufleuchtete. ... Mein Agent. Ich stöhnte innerlich auf. Mit Sicherheit würde er wieder versuchen mich zu einem Konzert zu überreden. Die Frage war nur, wo es diesmal sein sollte. Amerika? Europa? Irgendwo sonst? 

Seit Daniels Tod hatte ich jeden seiner Anrufe gekonnt ignoriert. Zwar hatte ich ihm viel zu verdanken, doch er würde mich niemals verstehen. Selbst, wenn ich es versuchen würde, zu erklären. Und nicht einmal dazu war ich im Moment bereit.

Ich lauschte dem leisen Klingeln meines Handys. Würde er denn niemals aufgeben? Anscheinend nicht. Zumindest noch nicht. Wütend pfefferte ich das Gerät in die nächste Ecke und vergrub mein Gesicht in den Kissen. Wann würde er es endlich begreifen? Mit einem Seufzen schloss ich die Augen. Ich konnte nicht mehr spielen. Nie wieder.
Während ich langsam in einen tiefen Schlaf sank, nahm ich noch den Sturm wahr, der draußen tobte und an meinem Fenster rüttelte.


Noch vor dem Frühstück, im Morgengrauen, triebes mich hinaus zu den Klippen. Der Wind schien heute sogar noch rauer alssonst, doch diesmal war ich darauf vorbereitet. Ich wagte mich zumindest nichtnur mit einem dünnen Pullover bekleidet in die Kälte. 

Doch schon nach ein paar Minuten, die ich den Abgrund entlang lief, wurde mirklar, dass selbst die Jacke gegen diese Art von Wetter nur wenig Schutz liefernkonnte. Nur kurze Zeit hielt sie mich warm, ehe der Wind mich erzittern ließ.Trotzdem kehrte ich nicht um. Daran dachte ich nicht einmal, auch wenn dieVorstellung eines warmen, gemütlichen Hauses bei weitem anheimelnder war, alshier draußen durch den eisigen Wind zu laufen. Und doch verschwendete ichkeinen einzigen Gedanken daran, zurück zu gehen, stattdessen steuerte ichzielstrebig auf die dunkle Silhouette in der Ferne zu. Das Haus an den Klippen.

Es sah aus wie einem Buch entsprungen, surreal wie ein Gemälde. Hätte ich nichtdie Kälte gespürt und die Seeluft gerochen, hätte ich glauben können, das alleswürde gar nicht existieren. 

Eine schier endlose Fläche Gras, das rhythmisch hin und her wippte und manchmalbei heftigeren Sturmböen erzitterte. Der graue Himmel, eine unendliche Weite andunklen, sich auftürmenden Wolken, die erst am Horizont mit dem unruhigen Meerverschmolzen. In eben diesen Himmel ragte das schneeweiße Anwesen, neben dem derFels steil in die Tiefe hinab führte. Sich dem Sturm entgegenstellend stand esvon meinem Blickwinkel aus scheinbar direkt an den weißen Klippen, zwischenAbgrund und sicherem Land.

Kurz glitt mein Blick in die Tiefe, direkt unter mir, gerade einmal einen kleinenSchritt entfernt, schlugen die Wellen gegen den weißen Fels. Dann wanderte erzurück zu dem Anwesen. Unwirklich, dieses Wort beschrieb es wohl am besten. VorJahren hatte ich jedes Mal, wenn ich auch nur einen Moment lang meinen Blickabwandte, gefürchtet, es könnte verschwunden sein als wäre es nichts weiter alsein seltsames Gebilde meiner Fantasie. Manchmal fürchtete ich das immer noch. Eineher gequältes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Vielleicht war ich auchschlichtweg verrückt. Wahrscheinlich stimmte das sogar... 

Ein eiskalter Windhauch fuhr durch meine Kleidung und ließ mein Lächelnaugenblicklich ersterben. Was war das? Eine Stimme? Hatte ich da gerade eineStimme gehört? Nein, ich musste mich getäuscht haben. Doch da war es wieder.Eine Stimme, leise, kaum hörbar, wie das Flüstern des Winds. Hinter mir. 

Mein Herz setzte einen Schlag lang aus, nur um im nächsten Moment doppelt soschnell zu schlagen. Das konnte doch nicht sein... Unmöglich! Hier war niemand,da war ich mir sicher. Woher also konnte diese Stimme kommen? Woher? Und wie-

Ich fühlte eine Berührung an der Schulter, selbst durch meine Jacke hindurchwar sie deutlich spürbar. Nur mit aller Mühe konnte ich den Schreiunterdrücken, der bereit war meine Lippen zu verlassen, stattdessen schnappteich nur erschrocken nach Luft.     

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