6. Mitternachtsbesuch | Janis
Nach der so dringend benötigten heißen Dusche, wechsle ich in T-Shirt und Pyjamahose und blättere in routinierter Halbherzigkeit mein Physikbuch durch. Morten und Greta haben es sich auf dessen Bett gemütlich gemacht und debattieren heftig über ein Gedicht von Allen Gipsberg - bis Greta irgendwann der Kragen platzt, Morten offiziell für verrückt erklärt, und ohne ein Wort des Abschieds aus dem Zimmer jagt.
Gegen neun schneien Bennie und Fiete herein, die Morten überreden wollen sich ihrem mitternächtlichen Streifzug anzuschließen.
„Komm schon", drängt Bennie und lehnt sich verschwörerisch zu ihm hinüber, „genau wie in den guten alten Zeiten..."
„Das wird super lustig", kommt Fiete seinem Zimmergenossen zur Hilfe. „Was ist mit dir, Janis? Keine Lust auf ein kleines Abenteuer?"
„Das letzte Mal, als mich das jemand gefragt hat, litt ich am darauffolgenden Tag unter Sackläusen."
„Ernsthaft?"
„Ihr Name war Jaqueline. Gott, dass allein hätte mir eine Warnung sein sollen..."
Bennie lacht dreckig und Fiete mustert mich unentschlossen, so als könne es sich nicht entscheiden, ob ich einen Witz gemacht habe oder nicht.
Irgendwann geben sie auf und kratzen die Kurve - genau wie ich es aufgebe meine Physikkenntnisse zu erweitern und das Buch genervt an mein Bettende schleudere.
„Gute Nacht", wünsche ich Morten mit einem unmissverständlichen Lass mich diese Nacht gefälligst durchschlafen Unterton und knipse mein Nachtlicht aus.
Ich schlafe schlecht. Immer wieder wälze ich mich unruhig umher, aber egal in welche Schlafposition ich wechsle, der Tiefschlaf verweigert sich mir trotzdem beharrlich. Und das plötzlich angehende stechende Licht, dass mir penetrant gegen die geschlossenen Lider knallt, verschafft mir auch keine Erleichterung.
„Morten", knurre ich böse, „was treibst du schon wieder?"
„Das würde mich auch brennend interessieren", antwortet mir eine vollkommen andere Stimme und ich fahre erschrocken hoch. Im Schein meines Nachtlichts erkenne ich Valentins Silhouette, die verkehrt herum auf meinem Schreibtischstuhl hockt und mich aus dem Halbschatten heraus beobachtet.
„Alter...", bringe ich geschockt hervor, „hast du die geringste Ahnung wie creepy das gerade ist?"
„Ich wollte eigentlich zu Morten, aber der ist wohl wieder einmal auf Wanderschaft gegangen - und damit ich den weiten Weg nicht umsonst unternommen habe wollte ich unser Gespräch von..." Er zögert und sieht flüchtig auf meinen Digitalwecker. 00:02. „...von gestern weiterführen."
„Und das können wir nicht aufs Frühstück verschieben?", frage ich düster und reibe mir die Arme. Der Schock legt sich allmählich und meine komatösen Gehirnzellen erwachen.
„Nein", bestätigt Valentin wenig überraschend. „Ich habe mir deinen Vorschlag durch den Kopf gehen lassen und unter gewissen Umständen könnten wir uns einigen."
„Und welche Umstände wären das wohl?"
„Wir können über eine künftige Zusammenarbeit reden. Nachdem du mir deine Nützlichkeit bewiesen hast."
„Und wie soll ich das deiner Meinung anstellen? Soll ich vielleicht den zwölf Aufgaben des Herakles nacheifern, um dir meine ungeheure Loyalität zu beweisen?"
„Du hast nur eine Herakles Aufgabe - und die hast du dir selbst auferlegt."
Erstaunt hebe ich eine Braue. „Du willst also doch ein Date mit Morten."
„In erster Linie will ich herausfinden, welchen Einfluss du auf ihn ausüben kannst. Er würde sich vermutlich lieber teeren und federn lassen, als mit mir auf ein offizielles Date zu gehen."
„Irgendwann, wenn wir dann richtige Kumpels sind, musst du mir erzählen wie das zwischen dir und Morten überhaupt passieren konnte. Denn immer, wenn ich denke, es kann gar nicht noch abgefuckter werden schafft es einer von euch beiden doch noch eine Portion Wahnsinn obendrauf zusetzen."
„Irgendwann", verspricht Valentin verschlagen und steht auf.
„Ach, eine Sache würde ich da doch noch vorab klären wollen", halte ich ihn zurück und er blickt mich über die Schulter hinweg aufmerksam an.
„Du kennst mich noch nicht allzu gut, deshalb lasse ich es dir diesmal durchgehen, aber das nächste Mal, wenn du einem meiner Freunde wehtust - in welcher Form auch immer - trete ich dir dafür in den arroganten Arsch."
Er lächelt gelassen. „Und wenn du mich besser kennen würdest, wäre dir bewusst, das - egal ob Freund oder Feind - es niemals eine gute Idee ist mir zu drohen."
„War keine Drohung, eher eine Warnung unter zukünftigen Geschäftspartnern."
„Du solltest dein Glück nicht überstrapazieren, Janis Berger. Bisher war ich ausgesprochen nett zu dir - glaub mir, du möchtest nicht, dass sich daran etwas ändert."
„Diese Schule ist wahrhaftig ein Phänomen", sinniere ich, „nirgendwo sonst habe ich so viele Menschen auf einmal kennengelernt, dir mir vorschreiben wollen was ich denken, tun und fühlen soll. Danke, aber bisher konnte ich das auch ganz gut selbst beurteilen."
„Was... Valentin?", mischt sich eine neue Stimme ein und meine Augen heften sich an Morten, der gerade leise ins Zimmer geschlüpft kommt und nun verwundert im Raum innehält. „Was machst du denn hier?"
„Mich mit Janis anfreunden. Das wolltest du doch unbedingt?", entgegnet dieser süffisant lächelnd, woraufhin sich der Blick meines Mitbewohners verfinstert. Was Valentin allerdings vollkommen kaltlässt, als er Morten im Vorbeigehen noch einen flüchtigen Kuss aufdrückt und aus dem Zimmer verschwindet.
Ich wette, wenn ich die Hand ausstrecke, kann ich die Gewitterwolken, die sich da gerade über Mortens Kopf zusammenbrauen, physisch greifen.
„Na das war ja lustig."
„Was wollte er von dir?"
„Einen Deal mit mir abschließen."
„Ach, und der lautet?"
Seufzend lasse ich mich zurückfallen und schabe mit dem Kopf an der Wand hinunter. „Das wird dir jetzt so gar nicht gefallen."
„Ich bin ganz Ohr."
„Weißt du, warum es kein einziger von euch je geschafft hat in Valentins erlesenen Kreis aufgenommen zu werden? Selbst Greta nicht, als sie noch mit Noel zusammen war?", frage ich die Decke über mir. „Keiner von euch hat ihm je gegeben was er wirklich haben will."
„Das ist das Problem. Valentin will überhaupt nichts - außer sich die Zeit totschlagen, indem er andere schikaniert."
„Nun, eine Sache scheint er doch zu wollen."
Morten schnaubt ungläubig: „Ich hoffe du hast dir keinen Bären aufbinden lassen. Er kann unglaublich manipulativ sein."
„Er will ein stinknormales Date, Morten. Mit dir."
∧,,,∧
( ̳• · • ̳)
/ づ♡
Danke fürs Lesen❤️
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