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Das letzte Glas Wasser

Wasser. Mit Wasser hat alles angefangen. Wasser ist wichtig. Neben Sauerstoff das Wichtigste um zu leben. Wasser ist vielseitig einsetzbar. Man kann es trinken, um die Körperfunktionen aufrecht zu erhalten. Man kann sich darin waschen, um Infektionen zu vermeiden. Man kann es erhitzen und Nahrung darin kochen. Man kann es einfrieren und sich damit abkühlen.
Wasser hat viele Gesichter. Ein kleines Rinnsal, ein plätschernder Bach, ein reißender Fluss, ein schäumendes Meer. Eine kleine Pfütze, ein schlafender Tümpel, ein stiller Weiher, ein spiegelglatter See.
Und Regen. Regen darf man nicht vergessen. Regen, der Wasser an Orte bringt, an den kein Bach oder Fluss reicht und keine Quelle einen Tümpel oder See bildet.
Regen ist wichtig. Wasser ist wichtig. Es kann sogar seine Form ändern. Ein See kann zufrieren, aus Regen kann Schnee werden, ein Gletscher kann schmelzen und Pfützen können verdampfen. Doch mit diesen vielen Formen kommen ebenso viele Gefahren. Zu heißes Wasser kann uns verbrühen, zu kaltes Wasser kann uns unterkühlen, zu viel Wasser kann uns ertränken oder wichtige Salze und Minerale aus uns herauswaschen und durch zu wenig Wasser können wir verdursten.
Verdursten...

Jeder kennt das Gefühl von Durst. Wenn der Mund etwas pappig wird, der Speichel etwas weniger, der Hals etwas kratzig. Das tritt bei jedem unterschiedlich schnell auf, doch durchschnittlich dauert es nicht sehr lange. Nach ein paar Stunden kann es schon deutlicher werden. Die Lippen werden vielleicht etwas trocken, leichte Kopfschmerzen können sich einschleichen, das Verlangen zu trinken steigt. Nach noch mehr Stunden kann man sich eventuell etwas schummrig fühlen, der Hals tut weh, Schlucken wird trocken. Noch länger sollte man das Trinken nicht aufschieben. Der Körper gibt einem in der Regel Signale, allerdings nehmen nicht alle diese Signale auch wahr. Wenn Durst schwierig zu bemerken ist, sollte man sich anders daran erinnern. Jede Stunde ein Glas Wasser, jede Pause ein halber Liter oder drei Flaschen haben, die am Ende des Tages leer sein müssen. Auf zwei, besser sogar drei Liter sollte man pro Tag kommen.
Doch wenn man einen ganzen Tag nichts trinkt? Ein Gefühl, als würde die Zunge aus Sandpapier bestehen, für Speichel fehlt die Flüssigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Kreislaufprobleme. Wenn man auf die Toilette geht, ist der Urin nicht mehr gelblich sondern dunkler. Viel dunkler, fast schon orange. Und dieser Durst. Auch wenn Schlucken weh tut, trinken ist jetzt mehr als wichtig.
Doch wenn man nicht trinkt? Wenn man nicht trinken kann?

Eine schreckliche Vorstellung, nicht trinken zu können.
Alle Flaschen sind leer, aus dem Wasserhahn kommt nichts mehr. Dann wohl zurück zum altbewährten. Eimer oder Töpfe holen und zum nächsten fließenden Gewässer aufmachen. Mit genug Hitze können wir die Bakterien abtöten. Als Übergangslösung wird das wohl hinhauen.
Doch wo ist die Elbe? Wieso fließt der Rhein nicht mehr? Die Elster ist über die Jahre immer trockener geworden, doch die ist doch winzig. Die ist doch nicht überlebenswichtig, auf die können wir verzichten. Doch die Flüsse?
Es hat sich angekündigt, doch niemand wollte es wahr haben und jetzt sind alle überrascht.
Okay, wenn fließende Gewässer nicht gehen, dann müssen jetzt wohl oder übel stehende herhalten. Sehr viel mehr Verschmutzung, viel zu wenig Verdünnung. Doch da müssen wir jetzt durch. Wir haben viele Technologien entwickelt, um schmutziges Wasser zu säubern. Doch bringen auch die uns nichts, wenn es kein Wasser mehr gibt.

Der Bodensee ist kein See mehr. Kein Teich mehr, keine Pfütze mehr. Gab es Fische? Wo sind die Fische? Haben sie das ganze Wasser getrunken? Hat das Wasser sie mitgenommen? Wohin ist das Wasser? Wohin sind die Teiche? Die Flüsse, die Seen, die Bäche, die Weiher? Wenn die Gewässer leer sind, woher sollen wir dann Wasser nehmen?
Die Brunnen.
Sie werden tiefer gebohrt. Tiefer und tiefer. Irgendwann müssen wir doch auf Grundwasser stoßen. Doch die Bohrköpfe nutzen sich ab, das Material beginnt zu schmelzen. Wohin ist das Wasser?
Wenn es nicht unter der Erde und nicht auf der Erde ist, dann vielleicht über der Erde. Wasser hat viele Formen. Mit der Richtigen Mischung aus Druck und Temperatur können wir die Alpen trinken. Schnee und Eis halten das Wasser fest. Speichern es, fangen es. Klar, es ist über die Jahre... Jahrzehnte weniger geworden, doch etwas wird ja noch da sein. Oder?
Wer hat die Alpen jemals komplett ohne Weiß gesehen? Wir.
Wann haben wir die Alpen jemals komplett ohne Weiß gesehen? Jetzt.
Wo ist der Schnee hin? Wann haben wir überhaupt das letzte Mal Schnee gesehen? Sicher, es ist weniger geworden, ausgefallen. Die neuste Generation hat ihn noch nie vom Himmel kommen sehen, doch wer hätte denn damit gerechnet, dass die Gebirge nun leer sind? Alle.
Alle wussten es, alle haben es kommen sehen, doch haben alle die Augen verschlossen.
Gut... keine Seen mehr, keine Flüsse mehr, keine Tümpel, Bäche, Brunnen oder Gletscher mehr. Dann zur letzten Instanz. Zur letzten Möglichkeit.
Salzwasser sollte man nicht einfach so trinken, aber Destillation wird uns retten. Das Wasser wird verdampfen, aufsteigen, das viele Salz zurücklassen, kondensieren und wenn wir die nötigen Minerale wieder hinzugefügt haben, können wir es trinken. Die Meere sind groß, die Ozeane sind weit. Es wird genug für alle da sein. Siebzig Prozent der Erdoberfläche, es wird genug für alle da sein.
Auf zur Küste. Auf zum Strand. Die Straßen füllen sich mit Menschen. Alle auf dem Weg zum Meer. Der Asphalt ist heiß, die Erde rissig. Das Gras vertrocknet, die Blumen welk. Sobald wir das Wasser aufbereitet haben, können wir die Gärten gießen. Die Bäume müssen Früchte tragen, die Felder müssen weiter wachsen. Doch zuerst trinken. Zuerst die Kehle befeuchten, zuerst diesen unerträglichen Durst löschen.
Der Strand ist weit, der Sand brennt. Die Sonne strahlt herab und im Sand glitzern die vielen Müllstücke und Glasscherben. Es ist still. Die Luft ist still. Kein Wind zu spüren, kein Rauschen zu hören. Keine Wellen, die Schaum an den Strand spülen.
Hinter dem Horizont. Mit Sicherheit ist es hinter dem Horizont. Das trockene Gezeitenbecken füllt sich. Füllt sich mit Menschen, die dem Wasser entgegenlaufen. Es wird gleich auftauchen. Hinter dem Horizont. Mit Flaschen, Eimern, Kanistern und Bechern gerüstet, es wird gleich auftauchen. Wir müssen nur Geduld haben, die Gezeiten werden wechseln. Es ist nur Ebbe. Ebbe wird vorübergehend. Die Gezeiten haben uns noch nie im Stich gelassen.
Wo bleibt die Flut? Wo bleibt das Glitzern am Horizont? Das Rauschen in der Ferne? Und die Möwen? Hat jemand Möwen gesehen? Suchen sie auch das Meer? Haben sie es schon gefunden? Haben sie auf ihrem Weg alle Fische gefressen? Gierige Möwen. Nehmen keine Rücksicht auf andere. Nehmen sich alles, was sie wollen und lachen dann auch noch. Klauen einem das Essen aus den Händen, welches doch uns gehört. Gierige Möwen. Haben alle Fische gefressen. Und jetzt verstecken sich die Feiglinge auch noch. Feiges, dummes Federvieh. Verschwenden keine Gedanken daran, dass neben ihnen auch noch andere hier leben. Arrogantes Pack. Bestimmt haben sie das Wasser versteckt, weil sie so gierig sind. Bestimmt lachen sie sich den gefiederten Bürzel ab. Bestimmt werden wir sie gleich einholen und das Meer finden. Bestimmt...
Doch das Meer ist fort. Das Meer ist fort. Die Fische sind fort und auch keine Möwe wird gesehen. Wo ist das Meer? Wo sind die Wellen, wo ist das Schäumen? Dort. Am Horizont bewegt sich etwas. Eine weite Masse, die über den Sand strömt. Doch es ist kein Meer.
Sind wir schon so weit gelaufen? Warum kommen uns Dänen entgegen? Sie suchen auch das Meer. Das Meer, den Ozean, das Wasser. Alle suchen das Wasser. Wo ist das Wasser?

Trockenes Husten geht durch die Menge. Hände, die an die Stirn gedrückt und Augen die geschlossen werden, um dem Schwindel entgegenzuwirken. Sprechen fällt schwer. Es ist leise, tonlos, angestrengt. Eine Brise, die über eine ausgedorrte Wiese weht.
Was sollen wir trinken? Was ist übrig, das wir trinken können?
Die Strahlen der Sonne verschwinden. Es ist Tag, doch wird es dunkel. Wolken. Wolken ziehen auf. Viele Wolken, dunkle Wolken.
Wir sind gerettet. Regen wird fallen. Wenn all das Wasser von der Erde verschwunden ist, wird es im Himmel sein. In der Luft, in diesen Wolken. Der Regen wird uns das Wasser wiedergeben und direkt unsere Felder gießen. Wahrscheinlich sollten wir das Regenwasser aufbereiten, bevor wir es trinken. So viele Schadstoffe. Doch das bekommen wir hin. Technologien. Reinigung. Wir machen den Regen wieder trinkbar.
Wenn er denn gekommen wäre.
Die Wolken sind da, die Wolken sind dunkel. Der Himmel lädt sich auf, Knistern liegt in der Luft. Haare stellen sich auf und strecken sich dem Äther entgegen. Es blitzt. Es donnert. Es regnet nicht.
Die Menschen suchen Schutz. Rennen, stolpern, kriechen. Flach auf dem Boden, so klein wie möglich. In Häuser, in Autos, weg von viel zu ebenen Flächen und weg von Bäumen. Die Bäume...
Es blitzt. Es knallt. Es flackert.
Feuer. Flammen. Nein. Nein nicht jetzt. Jetzt ist der schlimmste Zeitpunkt. Feuer, Funken. Trocken. Alles trocken.
Sirenen, Blaulicht. Doch wozu? Was wollen sie machen? Der Tank ist leer, die Hydranten geben nichts her. Feuerlöscher. Große, kleine, alte, neue rote Feuerlöscher. Aus den Häusern, aus den Schulen, alle die wir auftreiben können. An die Krone des Baumes kommen wir nicht ran, aber so können wir die herabfallenden Äste löschen. Das Gras ist trocken, das Feuer breitet sich aus. Wir müssen gegen wirken. Feuerlöscher gezückt, Stift gezogen, Düse gerichtet.
Nichts. Nur Pulver. Nur weißes, staubiges Pulver. Die Flammen lodern, greifen weiter. Sprühen Funken. Was sollen wir tun? Kein Regen, der das Feuer im Zaum halten kann, kein Wasser, mit welchem wir es selber löschen können.
Ersticken.
Erde. Sand. Feuerfeste Decken. Alles wird auf die Flammen geschippt. Kleine Reste werden ausgetreten. Der Baum ist nicht zu retten, aber wir können versuchen die Verbreitung einzudämmen. Rauch in der Luft, Asche auf dem Boden, Husten, Keuchen. Doch das Feuer wird schwächer. Die Energie ist verbrannt. Die Häuser sind sicher, die Bäume sind sicher. Niemand wurde ernsthaft verletzt.
Licht! Knall! Flackern. Feuer. Bäume. Die Bäume brennen. Mehr Blitze, mehr Funken. Das Gewitter wütet. Kein einziger Tropfen erreicht die Erde. Wind zieht auf. Heizt das Feuer an, trägt die Funken weiter. Lässt die Wolken fortziehen. Aber der Regen... Wo ist der Regen?

Der Himmel ist klar, die Sterne verblassen. Es war Nacht? Wo ist die Zeit? Zeit...
Wie viel Zeit bleibt uns noch?
Die Kehle schmerzt, der Speichel fehlt. Schwindel, Kopfschmerzen, Kreislauf. Manche können nicht mehr stehen. Augen geschlossen, Kopf gesenkt. Freunde die ihnen Luft zufächeln, Familie die sie hochheben und wegtragen. Wer noch Kraft hat hilft die neuen Flammen im Zaum zu halten. Doch die Gegend ist nicht mehr sicher. Zu viel trockene Wiese, zu viele Blitze anlockende Objekte, zu wenige Löschmittel. Nein, gar keine Löschmittel, zu wenige Erstickungsmittel.
Fort. Die Menschen müssen fort. Fort von dem Feuer, fort von den Bäumen. Augen brennen von dem Qualm, Kinder weinen, als ihre Eltern sie von Zuhause wegbringen. Doch keine Träne verlässt ihre Augen. Wie sollen sie weinen, wenn keine Flüssigkeit übrig ist?
Was sollen wir trinken? Wodurch können wir Flüssigkeit aufnehmen?

Ist noch Obst da? Was ist mit Konservendosen? Auch andere Nahrung hat Wasser in sich. Vielleicht nicht viel, aber nicht viel ist besser als nichts.
Supermärkte, Lagerhallen, Keller. Alles wird durchsucht. Die Getränkeflaschen sind leer, das haben alle schon zu Anfang realisiert, doch keiner hat die Konserven geöffnet oder eine Wassermelone aufgeschnitten.
Das Obst sieht schrumpelig aus. Doch das kann passieren, wenn es einen Tag rumliegt. Oder zwei Tage? Wann haben die Läden das letzte Mal Obst geliefert bekommen? Egal. Dieses hier ist da, dieses hier sieht brauchbar aus. Etwas schrumpelig, ja, aber immer noch wie Obst.
Die Prioritätenliste ist klar. Die Kinder bekommen zuerst etwas. Nicht alle halten sich daran, doch wenn es um das Wohl ihrer Kinder geht, bringen Eltern erstaunliche Kräfte auf um sich gegen andere durchzusetzen, selbst wenn sie selber in einem schlechten Zustand sind. Sie nehmen das Obst und die Kinder beißen als erstes hinein, hoffend, flehend.
Knirschen. Bröseln. Nein... Wie- warum- was passiert hier? Das Obst ist alles außer feucht. Hart, porös, krümelig, zäh. Schmerzensschreie entfahren einigen, als ihnen Zähne ausbrechen.
Milchzähne sind dazu da ersetzt zu werden.
Sie wachsen nach, keine Sorge, sie wachsen nach.
Spuck das Blut aus, es hört gleich wieder auf.
Die Melonen werden auf den Boden geschmissen. Sie platzen und Klumpen und Brösel verteilen sich wie Schotter auf einer Baustelle auf den Supermarktböden. Und die Konserven? Die Dosen? Jede Nahrung, die Flüssigkeit beinhaltet?
Schreie. Schluchzen. Offene Konserven, deren Inhalt verstreut wird. Trocken. Hart. Ungenießbar. Alles ist ungenießbar, denn alles ist ausgedorrt. Manche versuchen es zu essen. Versuchen einige der Stücke zu kauen und runterzuschlucken, um vielleicht doch an etwas Flüssigkeit zu gelangen. Doch alles wird ausgespuckt. Zu hart zum kauen oder so porös, dass das Zerkaute eingeatmet wird. Husten. Trockenes Husten mit trockenen Krümeln und trockenem Staub, der durch die Luft geschleudert wird. In früheren Zeiten war das eine Internet-Challenge. Aus Spaß an Zimt ersticken. Doch jetzt ist es kein Spaß mehr.
Schlucken funktioniert nicht mehr. Zu stark sind die Schmerzen, zu Müde die Muskeln. Kein Speichel, welcher die Nahrung zu einem Brei verbindet, kein Schleim um die Speiseröhre geschmeidiger zu machen, kein Wasser um dies zu ersetzen.
Kein Wasser, keine Flüssigkeit, nichts. Nichts ist mehr übrig. Außer...
Augen reißen auf, Atem stocken und Blicke richten sich langsam auf das Blut, welches die Kinder ausgespuckt haben.
Es glänzt.
Es fließt.
Es ist flüssig.

Gewehre werden geholt, Baseballschläger, Messer, sogar Armbrüste wer eine hat.
Auf in die Wälder, rauf auf die Weiden, rein in die Ställe.
Es wäre nobel, wenn niemand den Gedanken in Betracht gezogen hätte, die Haustiere als erstes aufzusuchen. Doch war dies der erste Gedanke. Ein schmerzhafter, grauenvoller Gedanke. Aber lange müssen sie sich damit nicht auseinandersetzen. Wie die Fische, wie die Möwen, die Haustiere sind fort.
Mama, wo ist Bello?
Papa, wo ist Fussel?
Selbstbeweihräuchernde Gedanke durchziehen die Gemüter. Man selber hätte es doch sowieso niemals über das Herz gebracht, Hoppel und Löffel die Kehle zu öffnen. Doch sind das alles Lügen. Jeder wäre dazu bereit. Vielleicht jetzt noch nicht alle, aber die Zeit wird kommen.
Also in die Wälder. Tiere, zu denen man keinen Bezug hat, lassen sich leichter erlegen. Nahrungskette. Der Stärkste gewinnt. Wir machen es nur um zu überleben. Es muss sein. Es muss...
Haben sie es geahnt? Haben sie geahnt was kommen wird und sind vorsorglich in Sicherheit gegangen? Tiere haben ihren mysteriösen sechsten Sinn. Tiere die einen Wald verlassen, weil sie ahnen, dass der Vulkan ausbrechen wird. Kleine Krabbelviecher, die vom Strand fliehen, weil ein Tsunami im Anrollen ist. Haben sie auch das geahnt? Wo sind die Tiere hin? Die Rehe, die Hasen, die Reiher, die Spatzen, die Igel, die Fliegen?
Der Waldboden ist ruhig. Es sieht so unnatürlich aus. Nirgends krabbelt eine Ameise, klettert eine Spinne, gräbt ein Wurm. Und diese Stille. Diese alles übertönende Stille. Kein Vogel zwitschert, kein Zweig knackt, keine Hufe scharren das Laub auf. Auch der Wind ist wieder verstummt. Nichts. Nichts zu hören. Nichts zu sehen.
Die Blätter verfärben sich. Es ist doch Anfang Sommer. Doch die Blätter haben keine Kraft mehr. Keine Kraft. Kein Wasser.

Schreie erklingen aus den Wäldern. Aus den Ställen, aus den Zoos. Sie sind leise, rau, tonlos. Alle Tiere sind weg.
Niemand ist mehr hier. Niemand, außer wir.
Sie kommen zurück von ihrer Jagd. Mit leeren Händen, mit leeren Bechern, doch mit vollen Magazinen. Kommen zurück zu ihren Familien, setzen sich an die Betten ihrer Eltern, ihrer Kinder, ihrer Geschwister.
Es tut mir so leid Oma, ich hab es nicht geschafft.
Oma?
Oma...?
Die Oma rührt sich nicht. Viele Omas rühren sich nicht mehr. Viele Opas, viele Kinder.
Nein. Nein das kann nicht- bitte nicht-
Oma?
Oma?
Wir schaffen das, wir kriegen das hin, es wird alles gut Oma.
Doch für Oma ist jetzt alles gut. Oma hat es geschafft. Oma ist, wo die Tiere sind. Wo das frische Obst ist, wo die grünen Blätter wachsen. Oma ist, wo das Wasser ist. Weg.

Es gibt keine Zeit zu trauern, keine Zeit die Verluste zu verkraften, denn die Geister beherrscht nur ein einziger Gedanke.
Wie kann ich diesen unerträglichen Durst löschen? Wie? Wie...?
Und die Idee kommt auf. Die Idee war schon da, sobald der erste Tropfen Blut auf dem Supermarktboden glänzte. Jeder hatte die Idee. Die letzte Idee. Die grauenhafte, einzige Idee.
Oma ist weg, aber ihr Körper ist noch da.
Niemand will es gewesen sein, aber einer hat angefangen. Wenn das Herz nicht mehr schlägt, fließt das Blut nicht mehr so gut aus den Wunden.
Größere Wunden.
Es ist nicht viel, es ist fast schon Gelee, doch es ist feucht. Es beinhaltet Flüssigkeit. Und trotz der Schmerzen, trotz des Ekels, trotz des tränenlosen Weinens, wir schlucken es. Und es wirkt.
Die Kopfschmerzen lassen ein winziges bisschen nach, die Kehle wird ein klein wenig feuchter, die Stimme wird ein Quäntchen kräftiger.
Wir sind gerettet. Wir sind gerettet. Wir sind...
Die Euphorie vernebelt die Gedanken, blendet alles aus was wir tun, getan haben und was auf uns zukommen wird.
Wir sind nicht gerettet. Wir haben die Grenze überschritten. Nun gibt es keine Grenze mehr.
Oma hat nicht gereicht, Opa muss her.
Opa hat gefleht, doch das Messer hat keine Ohren.
Opa hat noch gelebt, so spritzt das Blut aus allen Poren.
Es ist flüssig, es ist mehr.
Wir sind gierig, wir brauchen es so sehr.
Jeder Tropfen der aus ihm fließt, wird ohne Sinn und Verstand aufgeleckt.
Das Gewehrt zielt und schießt, auch wenn der Nachbar sich im Schrank versteckt.
Es gibt keine Vernunft mehr, keine Moral.
Das Leben ist nicht fair, so ist diese Situation nun mal.
Niemand will das, doch macht es jeder.
Nur für dieses Tröpfchen Nass, jagt der Jäger den Jäger.
Nahrungskette. Der Stärkste gewinnt. Wir machen es nur um zu überleben. Nur um zu überleben. Nur um zu überleben. Doch was wir machen, wenn keiner mehr da ist, daran denkt niemand. Will niemand denken. Kann niemand denken.
Es gibt nur das Hier und Jetzt. Kein Gedanke gilt dem Morgen.
Wer übrig bleibt zuletzt, der hat dann die Sorgen.
Kleine Gruppen bilden sich. Nicht zu große, sonst reicht die Beute nicht für alle.
Egal ob Frau, egal ob Kind, egal wie sehr sie flehen.
Der Stärkste gewinnt. Der Stärkste bleibt bestehen.

Doch lange hält dies nicht. Die Patronen gehen zur Neige, die Bolzen und Pfeile brechen zunehmend. Wessen Waffe nicht mehr will, hat keine Chance mehr. Niemand nimmt noch ein gieriges Maul mit auf und als Einzelgänger kann man niemandem trauen.
Friss oder stirb. Friss oder stirb. Trink oder stirb.
Wir trinken. Wir trinken, was wir können. Wir trinken und werden getrunken. Ziehen durch die Städte, die Dörfer, die Straßen, die Felder. Die meisten Türen nützen nichts mehr, doch gibt es vereinzelt winzige Zusammenschlüsse, die sich verbarrikadiert haben.
Mama, ich kann nicht mehr.
Mama, mein Kopf tut so weh.
Natürlich werde ich auf Felix aufpassen, er ist mein kleiner Bruder, was soll die Frage Mama?
Mama, pass mit dem Messer auf, das ist scharf.
Mama- nein- nicht am Hals.
Mama, Mama stopp.
Du brauchst dein Blut noch.
Mama, wir sind keine Vampire.
Nein Mama, ich kann nicht...
Ich passe auf Mama, ich passe auf...

Keiner weiß, wie viel Zeit verstrichen ist. Die Sonne ist ein paar Mal untergegangen, aber es lässt sich noch an beiden Händen abzählen.
Die Truppen werden kleiner. Die Beute wird weniger. Wer es bis hier her geschafft hat, ist selber zum Jäger geworden.
Verdorrte Leichen liegen auf den Wegen. Leer. Alles, was in irgendeiner Form Flüssigkeit zu bieten hatte, wurde verzehrt. Die Jäger müssen regelmäßig Lose ziehen. Keiner will freiwillig, doch so lange einer der Stärkste ist, folgen die anderen. Solange es nur nicht sie sind. Jeder, außer ihnen.
Sie durchkämmen die Straßen bei Dunkelheit. Die Sonne ist zu gefährlich. Sie holen die Beute in der Nacht und trinken sie am Tag. Wenn die Kehle feucht genug ist, werden einige Brocken Nahrung mit runtergewürgt.
Man muss auch das Positive sehen: ohne Wasser im Obst kann dieses nicht mehr schimmeln. Super, oder?
Wenn des Tages Wolken aufziehen, ist Fortbewegung auch Mittags möglich. Die Wolken sind zwar dunkel, es windet, es blitzt und donnert, doch regnet es nie.
Auch wenn es alle wissen, jedes Mal aufs Neue sehen wir den Wolken flehend entgegen. Hoffend, dass ein Tropfen, ein einziger Tropfen die Erde erreichen würde. Doch geschehen ist das nie.
Und selbst wenn, was würde es uns bringen?
Hoffnung.
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und auch wenn sich alle einig sind, dass diese bereits mit dem ersten menschlichen Trinkpäckchen gestorben ist, so sitzt sie doch nach wie vor in unseren Herzen. Niemand will mehr hoffen, hoffen bedeutet Schmerz, unerträgliche Qualen, doch die Hoffnung lässt uns nicht los. Egal wie sehr wir darum bitten.

Wir sind in einer Gruppe, doch sind wir alle allein. Wir können mit niemandem reden, jeder könnte der nächste sein.
Die Nacht bricht an, die letzten Tropfen werden ausgepresst und wir ziehen weiter.
Wohin weiß keiner.
Nicht mal der sogenannte Anführer hat ein Ziel. Das wissen alle, doch traut sich niemand was zu sagen. Wenn wir ihn stürzen, was dann? Niemand würde sich dann weiter unterordnen und niemand würde übrig bleiben.
Also folgen wir.
Die Hoffnung, die sich den Deckmantel der Verzweiflung übergeworfen hat, dirigiert unsere Gedanken.
Ich werde der nächste sein.
Bitte lass mich nicht der nächste sein.
Ich werde der nächste sein.
Bitte lass mich nicht der nächste sein.
Ich werde nicht der nächste sein.
Bitte lass mich der nächste sein.

Donnergrollen erklingt und Köpfe wenden sich. Das Gewitter ist nah. Und es kommt näher. Blitze, Donnern, Wind, Plätschern.
Plätschern?
Alle bleiben stehen.
Ist das- kann es- niemals.
Halluzinieren wir?
Niemand hat seit Beginn von alledem Wasser plätschern gehört. Was dem am nächsten gekommen ist, war das langsam werdende Tröpfeln des Blutes, welches in den Eimern aufgefangen wurde.
Doch es plätschert.
Das Gewitter spielt Orchester und neben Trommeln und Trompeten hat nun das Piano mit eingestimmt. Es ist das schönste Stück, das jemals einer von uns gehört hat. Es ist leise, doch unverkennbar.
Irgendwo regnet es.
Irgendwo. Irgendwo in unserer Nähe.
Wir sehen nach oben. Das Plätschern kommt von oben.
Dort.
Der riesige Bürokomplex – oder war es eine Fabrik? – dort drüber schwebt eine einsame, tiefliegende Wolke und auch wenn wir so weit entfernt sind, der verschwommene Schleier unter ihr lässt uns rennen. Rennen und rennen und rennen.
Beute sind wir nicht hinterhergerannt, das konnten wir uns nicht leisten. Die konnten wir- die mussten wir aus dem Hinterhalt oder der Ferne erlegen, doch können wir die Wolke nicht erschießen. Wir können sie nicht vom Himmel holen und das Wasser aus ihr pressen, wir müssen dort sein, wo das Wasser zu uns kommt.
Es prasselt auf das Dach. Nur auf das Dach. Die Wege um das Gebäude herum sind alle trocken.
Ich muss dort hoch.
Ich muss dort hoch.
Es gibt nur noch „Ich". Es gibt kein „Wir" mehr, gab es nie. Nur dieser Schein eines „Wir"s, doch jetzt ist alles vergessen.
Wir- sie brechen ein. Zertrümmern die Fenster, klettern alle durch einen anderen Eingang rein. Niemand will, dass einer einem folgt, jeder will das Wasser für sich, jeder will der Erste sein. Jeder muss der Erste sein. Nur der Erste wird es schaffen, nur der Schnellste wird es schaffen, nur der Stärkste kann es schaffen.
Der Stärkste...

Schüsse hallen durch die ausgestorbenen Gänge. Jetzt gibt es einen neuen Stärksten.
Seinem Körper wird keine Beachtung geschenkt, niemand bleibt stehen um das das Blut aus seinen Wunden aufzulecken. Es geht nur noch um das Wasser. Das Prasseln des Regens hat gestoppt, doch wird auf dem Dach etwas übrig sein. Pfützen. Die Sonne ist nicht da um sie zu verdampfen, das Wasser wird noch ein wenig dort verweilen.
Alle rennen die Treppen hoch, durch die Gänge, durch die Räume, auf der Suche nach einer Tür, die auf das Dach führt. Außer ihren donnernden Schritten und keuchenden Atem ist nichts zu hören, bis...
Tropf.
Tropf.
Einer hört es. Dann ein anderer.
Tropf.
Aus einem der Räume.
Tropf.
Hat das Dach ein Loch?
Tropf.
Dann müssen sie gar keine Tür finden.
Sie rennen. Rennen, wie sie noch nie in ihrem Leben gerannt sind. Die Türen werden aufgestoßen, alle Verbleibenden stehen sich im Raum gegenüber.
Tropf.

Lange Tische stehen im Raum. Umgekippte Stühle, verstreute Papiere. Einzelne Teller liegen in Scherben auf dem Boden und umgekippte Tassen und Gläser sind auf den Tischen verteilt.
Tropf.
Risse in der Decke.
Tropf.
Eine große dunkle Stelle am Kopfende des Raumes.
Tropf.
Glitzernde Tropfen, die unendlich langsam aus dem Zentrum fallen.
Platsch.
Und darunter, ein einzelnes Glas.
Sie alle starren auf das Glas. Versteinert. Nur ein einziger Gedanke zerfrisst ihre Köpfe.
Das ist meins.
Das ist meins.
Das ist meins.
DAS IST MEINS.
Bewegung kommt in sie. Sie alle wissen, dass sie das selbe wollen.
Es knallt. Es klirrt. Sie schießen, sie schlagen, sie treten. Sie alle müssen als erstes bei dem Glas Wasser sein und sie alle müssen die anderen daran hindern.
Blut spritzt. Doch Blut ist egal. Es ist alles egal. Es geht nur noch um dieses Glas Wasser.
Die Menschen gehen zu Boden, röchelnd, blutend, sterbend. Nicht sofort. Sie sehen zu, wie die letzten von ihnen aufeinander einschlagen, stechen, treten, die Augen kein einziges Mal von dem Glas wendend.
Egal. Egal. Die Hoffnung zerfrisst sie, die Hoffnung noch ein letztes Mal Wasser trinken zu können. Und sie ist grausam. Sie lässt sie zuschlagen, lässt sie kratzen, sogar beißen. Es ist egal, wen sie treffen, solange sie selber noch stehen.
Um jeden Schritt nach vorne kämpfen sie, zerren sich zurück und einer nach dem anderen fällt. Die Kraft, die ihnen ihr letztes Adrenalin gegeben hat, ist vollends aufgebraucht. Sie können nur noch zusehen, wie die letzten beiden sich zwei Schritte vor dem Tisch auf dem Boden wälzen, auf die Köpfe einschlagen, die Luftröhre abdrücken, bis einer aufspringen kann, sich nach vorne wirft, das Glas umschlingt und das Wasser in sich kippt.
Er schluckt schwer.
Die Hälfte fließt sein Kinn hinab.
Meins.

Er hat es geschafft. So gut wie es ihm möglich ist, leckt er sich das Kinn, die Hände.
Meins...
Er spürt, wie es seine Kehle hinab rinnt, dünner als Blut, kälter als Blut. Spürt, wie es in seinem Magen gurgelt.
Keine Übelkeit, wie beim Blut.
Schließt die Augen und leckt sich ein letztes Mal über die Lippen.
Kein metallener Geschmack, wie Blut.
Tropf.
Er öffnet die Augen. Von der Decke tropft es noch. Er schaut sich nach dem Glas um, doch er hat es zerbrochen.
Tropf.
Er leckt die wenige Feuchtigkeit vom Tisch und hebt hastig eine Tasse vom Boden auf. Behutsam stellt er sie an die selbe Stelle, wo das Glas stand.
Tropf.
Pling.
Treffer.
Jemand röchelt. Er dreht sich um.
Da liegen sie. Liegen seine... wie auch immer man sie nennen kann. Sie sterben. Das Wasser fließt aus ihnen heraus. Es ist rot, aber es ist das was alles am Leben hält. Wasser.
Wieder ein Röcheln. Der Mensch, den er zuletzt aufhalten musste, liegt zu seinen Füßen. Er atmet schwach.
„Papa?"
Seine Stimme ist kräftiger, als sie es seit dem Beginn des Ganzen jemals war. Er kniet sich hin und wischt seinem Papa die grauen Haare aus dem Gesicht. Sein Atem wird schwächer.
Nein.
Das- nein- Papa...
Es wird alles gut werden Papa!
Er wirbelt herum und schnappt sich die Tasse, in die es kein weiterer Tropfen geschafft hat.
Papa-
Er hält ihm die Tasse an den Mund.
Nein- bitte- Papa...
Der einzelne Tropfen landet auf seiner Zunge doch erreicht die Kehle nicht mehr.
Er sieht zu dem Fleck an der Decke, welcher bereits zu trocknen beginnt. Kein Tropfen mehr.
Seine Augen brennen. Und zum ersten Mal seit Beginn dieser Scheiße spürt er eine Träne in seinem Auge. Er sieht sich im Raum um.
Der letzte von ihnen.
Der letzte von uns.
Seine Kehle wird wieder rau, sein Mund wieder trocken.
Der letzte, der übrig ist.
Die Tasse fällt zu Boden und er vergräbt das Gesicht in den Händen.
Hätte ich dieses verfluchte Wasser nur nicht getrunken...

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