
Kapitel 15
Ich bin jetzt schon 2 Tage fort.
David scheint mich nicht zu vermissen.
Das einzige, was ich vermisse ist das Essen. Ich habe seit meinem Ausbruch nichts zu mir genommen.
Getrunken habe ich an eiskalten Seen.
Tajlor hat es wieder einmal leichter.
Er hat immer Essen dabei. Er geht sogar auf seinem Essen.
Verfroren laufe ich neben ihm. Ich halte ihn nicht an den Zügeln fest, das wäre mühsam, er läuft auch so neben mir.
Dann plötzlich höre ich Schritte im Schnee. Ein bestimmter Takt. Ein Galopp Takt. Eines Pferdes.
Dann Rufe.
Ich will mich nicht umdrehen. Dafür bin ich zu müde, zu kraftlos.
Ich streiche Tajlor über den Hals, als er sich besorgt umdreht.
"Alles gut, mein Junge", sage ich beruhigend.
"SAMANTHA"
Okay, da will jemand zu mir. Oder es heisst auch jemand anderes Samantha, der weggelaufen ist.
Wobei letzteres eher unwahrscheinlich ist. Daher drehe ich mich genervt um, als die Schritte abrupt hinter uns zum Verstummen kommen.
Der Anblick gefällt mir nicht.
Überhaupt nicht.
Die Person steigt ab, kommt auf mich zu und will mich umarmen aber ich weiche gekonnt aus.
"Hau ab, David!"
Verwirrt schaut er mich an.
"ICH SAGTE: HAU AB!"
Er versteht noch immer nicht. Tajlor stellt sich schützend neben mich.
"Was ist los Sam?", fragt er mich nun mit einem unschuldigen Hundeblick.
"Ach nichts", sage ich ironisch, "Nur, dass mein Freund fremdgeht. Tut mir leid; Exfreund. Nur dass ich ihn erwischt habe. NUR DASS MICH DIESER IDIOT 1 1/2 JAHRE LANG VERARSCHT HAT!"
Verdutzt steht er da, mustert mich von oben bis unten und zieht die Augenbrauen hoch.
"Bitte was?"
"Ich habe dich gesehen, David. Mit ihr. Mit dieser Lina", sage ich abschätzig.
"Wann?"
"Jetzt tu nicht so unschuldig, als wüsstest du von nichts."
"Am Sonntag?"
"Ja, am Sonntag." Ich war jetzt auf 180.
Er schlägt sich gegen den Reiterhelm und Cash neben ihm erschrickt ein wenig.
"Das- Oh, Sam! Das ist ein dummes Missverständnis!"
"Ja, das sage ich dann auch, wenn ich mal fremdgehe." Zickig verschränke ich meine Arme vor der Brust und schaue ihn genervt an.
"Du verstehst nicht: Wir haben nicht von dir geredet, Samantha. Sondern von Sylvia! Lina ist ihre Tochter und sie ist von Australien hierher geflogen. Es sollte eine Überraschung werden."
"Wie bitte?" Verwirrt mustere ich ihn und meine Verschränkung löst sich.
"Man, Sam! Ich würde dich nie betrügen!" Er kommt erneut auf mich zu.
"D- Das heisst, ich habe mir hier draussen für nichts den Arsch abgefroren?" Ich grinse ihn ein wenig an.
"Scheint wohl so zu sein." Er streckt seine Arme aus und umarmt mich. Ich kann dem Drang nicht widerstehen, denn, obwohl ich wütend auf ihn war, habe ich ihn vermisst.
Aber ich wollte es mir da nicht eingestehen. Das wäre zu peinlich gewesen.
~in the horse boarding school~
Ich reite mit Dave wieder nach Hause, zum Internat. Das hatte ich wohl am meisten vermisst, das ganze Internat.
All die bekannten Stimmen, den Geruch nach frischem Heu und die kalte Brise, welche hier immer einen kleinen Windhauch vorbeischickt.
Mein Vater steht vor dem Stall.
Breitbeinig.
Mit den Händen in die Hüften gestützt.
Als ob er sagen wollte: "Ach, kommst du auch noch"
"Wo hast du gesteckt, Sam? Ich hab mir solche Sorgen gemacht!"
Ich erschrecke fast ein bisschen, als er das sagt. Erwartet hatte ich nämlich einen anderen Tonfall.
Auch Sylvia kommt aus dem Haus gelaufen, als wir stehen bleiben und absteigen.
"Samantha!" Sie umarmt mich, als ob ich gerade von den Toten auferstanden wäre.
Ich war nur 2 Tage fort, denke ich mit verblüfft hochgezogenen Augenbrauen.
Das kann ich aber nicht einfach so sagen, das wäre unangebracht.
Also umarme ich sie herzlich zurück und auch mein Dad und Dave kommen dazu.
Es fühlt sich fast so an, als wären wir komplett.
Fast.
Mom
Sie fehlt mir.
Sie fehlt mir, und zwar so sehr.
Mehr, als ein Mensch je fühlen kann, mehr als ich je Schmerzen spüren werde und mehr als ich je weinen kann.
Eine Träne kullert mir an der Wange herunter.
Schnell wird sie von Sylvias Pullover aufgesogen. Das, was bleibt, ist ein nasser Kreis aus Salzwasser.
Wie eine Narbe, die da bliebt.
Ich spüre Tajlors weicher Mund in meinem Kopf, und merke, wie er sanft anfängt, meine Haare in sein Maul zu nehmen.
Heute darf er das.
Er hätte es immer dürfen.
Aber ich wollte nicht.
Das sind die kleinen Sachen, die einem so mitnehmen. Denn gleich darauf kann ich all die Tränen, all den Schmerz der vergangenen 2 Tage nicht mehr aushalten.
~evening~
Nach dem Essen will ich raus. Es ist kalt draussen, aber ich schnappe mir eine Decke und gehe auf die Treppe im Eingang.
Ich höre, wie leise die Tür zum Ess-Saal aufschwingt.
Schritte.
Es gibt eine 33.33% Chance, dass es Dave ist.
Ich schaue hoch und erkenne, wie er mich mit einem Lächeln anschaut.
"Darf ich mich setzen?"
Ich nicke leicht mit dem Kopf und lege dann die Decke um ihn und mich.
"Du hör mal, Sam", beginnt er mit einem Räuspern am Anfang und ich starre in seine hellblauen Augen, "Also, ich wollte fragen- Also es ist völlig okay, wenn du jetzt nein sagst, weil ich dich dann total verstehen würde und-"
"Dave." Ich unterbreche ihn und lege meine Hand auf sein Oberschenkel.
"Hm?" Er wird ein bisschen rot.
"Du kannst mich schon fragen. Was immer du willst."
"Was immer ich will?"
"Was immer du willst, Dave."
"Also, möchtest du wieder meine Freundin sein?" Er schaut mich erwartungsvoll an.
"Als ob man bei deinem Charakter und Aussehen nein sagen könnte!", lache ich, doch da liegen seine Lippen bereits wieder auf meinem Mund und ich versinke in einem Gefühl aus purem Glück.
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