Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

23- Wie wichtig muss man sein, damit es Attentat heißt und nicht Mord?

➴♚➶

Heute

          In keinem der zwanzig orbitalen Zirkel gab es einen schöneren oder erhabeneren Anblick als die kleine Herde aus Damen, die sich an strategisch günstigen Flecken auf der Wiese verteilt hatten. Jemand hätte sie malen und dem Primus zusenden sollen. Es hätte vielleicht sein Wohlwollen erweckt.
Mit Tüchern um ihre Haare und Schultern wappneten sie sich gegen den auffrischenden Wind, der Anstalten machte ihr Picknick frühzeitig woanders hinzutragen.

Aber dem würde ich zuvorkommen. Wie immer sah mich Lady Vanna zuerst. Sie wachte wie eine Gänsemutter über die Königin und ihre Hofdamen und erhob sich prompt, als ich mich mit Sebastian näherte.
Ihr Blick glitt über meine Erscheinung und entlockte ihr einen Laut, der jegliche Gespräche um sie herum verstummen ließ.
„Oh, bei Des rechter Hand! Sind das Hosen?"

Mir lag eine Antwort auf der Zunge, die Constantin wieder die Wände hochgetrieben hätte, verbiss ihn mir jedoch des Friedens willen. Nicht mehr lang und wir würden das Fest der Liebe feiern. Jetzt war nicht der Moment. Stattdessen wandte ich mich an ihre Majestät und knickste kurz.
„Möge immer ein Rest Himmel unter Euch sein, meine Königin."

Akemira Vanna erhob sich nicht, doch ein freundliches Lächeln spielte um ihre rosigen Lippen, als sie mir großzügig zunickte. Hinter ihr steckten die Mädchen die Köpfe zusammen.
Mit einem ein klein wenig weniger freundlichen Lächeln wandte ich mich wieder an die Mutter der Königin.
„Reithosen, Lady Vanna. Ich wollte fragen, ob Eure Majestät Lust hätte mit mir in die Stadt zu reiten. Um ihre Untertanen kennenzulernen."

Auf den Vorwand hatten Sebastian und ich uns zumindest geeinigt. Aus ihrer Mutter würden wir nichts über die letzten Vorfälle herausbekommen, also wollten wir es erst mit Miss Akemira versuchen, bevor ihre Mutter sie vor uns abschottete.

Die Wangen der Königin gewannen an Farbe. Sie wandte ihr Gesicht ab, doch ich sah das wissende Lächeln, bevor sie es verbergen konnte. Und ich sah auch den blauen Fleck in ihrem Nacken, gut verdeckt von ihrem geflochtenen Zopf.

Der Ausdruck ihrer Mutter war jedoch noch kälter als der erstarkende Wind.
„Es wird eher schneien, bevor Ihr diese Mauern verlassen dürft."

Entspannt rollte ich mein Gewicht zurück auf die Fersen und verschränkte die Arme vor der Brust, so wie Händler es taten, wenn sie wussten, dass der Käufer bluffte, drohte er zur Konkurrenz zu gehen.

„Tatsächlich ist dieser Ausflug mit dem König abgesprochen", meldete sich Sebastian, bevor ich eine frechere Antwort gab.

Es war, als bemerkte Lady Vanna seine Anwesenheit erst jetzt. Nach Luft schnappend, rappelte sie sich von der flatternden Picknick-Decke auf.
„Eine Ungeheuerlichkeit! Gedankenlos. Ich werde mit ihm sprechen." Aufgebracht stolzierte sie davon.

Ich grinste auf die junge Königin hinunter, die kichernd eine Hand vor den Mund geschlagen hatte.
„Jetzt wo sie fort ist... Lust mitzukommen?"

Eine halbe Stunde später waren die Pferde gesattelt und wir durch das Tor geritten. Wolken schoben sich vor die Sonne und stahlen das letzte Licht zwischen den Häusern. Doch für mich gab es nichts, was die Stadt hätte weniger schön erscheinen lassen können. Sie war verwinkelt und eckig, wie ein einziges Gebäude, das dutzende Male erweitert, abgerissen und neu gebaut worden war. Die weißen Fassaden, ausgeblichen von der ständigen Sonne, schimmerten in unterschiedlichen Farben, durch das bunte Licht der Sonnensegel. Die grünen Fensterläden zitterten in ihren Verankerungen. Ich wusste, dass sie eine religiöse Bedeutung hatten, aber nicht welche.

Zu spät bemerkte ich Sebastians zufriedenen Blick auf meinem Gesicht.
„Gebt es zu, Ihr habt diesen Ort vermisst."

Mein Lächeln wurde noch eine Spur wärmer. Natürlich hatte ich die Stadt vermisst. Sie war bis vor vier Jahren alles gewesen, was ich von dieser Welt kannte. Ich hatte von den anderen Zirkeln gelesen. Mir ausgemalt, wie ich die Mauer besuchte und hinunter bis auf den Grund schaute, wo der Primus lebte. Doch da war nichts außer Wolken. Und genau genommen schwebte Clevem ja über Kesh. Ich hatte Hamir gesehen und an einem klaren Tag, Piliees blaue Weiten. Aber was war die Größe der Welt gegen das Gefühl von Heimat?
„In Hamir verliert man seine Höhenangst. Es ist viel weniger ein einziger Zirkel als tausend kleine, mit Brücken verbundene Meteoriten, die noch nicht auseinandergedriftet sind. Manchmal so winzig, dass gerade Mal ein Haus darauf passt", ich wandte mich zur Königin um, die mit ihrer Leibgarde hinter uns ritt, „Wart ihr schon einmal im siebten Zirkel?"

Sie schüttelte den Kopf, den Blick auf ihre Zügel gesenkt. „Hamir pflegt keine diplomatischen Kontakte zu Piliee."

Natürlich. Hamir pflegte fast nur Kontakte zu uns, die wir direkt neben ihnen in derselben Laufbahn wanderten. Die Überfahrt war vergleichsmäßig billig, weil wir so nahe waren. Hamir war ein Stück unter uns. Aber eben nur vergleichsweise. Am Ende würden trotzdem nur vier oder fünf Leute aus unserem gesamten Zirkel jemals einen anderen sehen.

Ich ließ mein Pferd zurückfallen, bis ich neben ihr her ritt.
„Ich vergaß, Ihr kommt aus dem vierten orbitalen Zirkel, nicht wahr? Der Wasserzirkel." Vier bedeutete, ihr Zirkel war sehr nahe an dem Grund. Piliee war dank seiner Schüsselform beinahe vollständig von Wasser bedeckt. Ein schwebender See mit vielen Inseln.

Die Erinnerung an ihre Heimat entlockte ihr ein schmales Lächeln.
„Ich war fürchterlich aufgeregt, als meine Mutter verkündete, wir würden nach oben reisen. Fliegen! Könnt Ihr Euch das vorstellen? Alles bei Euch ist so groß- so weitläufig", ihre Augen leuchteten auf und wurden im nächsten Moment wieder dunkler, „Und ihr esst nicht jeden zweiten Tag Fisch."

Ein vielsagender Blick Sebastians erinnerte mich über mein Lachen hinweg, warum wir die Königin eigentlich herausgelockt hatten. Aber ich konnte mir die nächste Frage nicht verkneifen.
„Ist denn... ist der Einfluss des Primus bei euch genauso groß wie hier?" Oder war Piliee so unbedeutsam, dass der Herrscher vom Boden sich nicht sonderlich viel für sie interessierte?

Unsere Blicke trafen sich und ich glaubte, sowas wie Mitleid in ihren zu sehen.
„Er würde auf jeden Fall länger brauchen, um uns aus dem Himmel zu holen, als andere Zirkel."
Vielleicht war sie doch nicht so weltfremd, wie ich erwartet hatte. Und dann fügte sie in einem plötzlichen Anfall von Gesprächigkeit hinzu: „Glaubt Ihr wir könnten im Theater vorbeisehen? Eine meiner Damen erzählte mir, dass momentan ein Stück aufgeführt wird über zwei Liebende, die durch die Zirkel voneinander getrennt sind und einander durch die Reinkarnation immer wieder begegnen, bis De sie endlich vereint!"

Ich schnaubte beinahe vor Lachen. Das klang exakt nach etwas, mit dem man Constantin wahnsinnig machen würde. Eine großartige Idee eigentlich.
„Ihr solltet Euren Ehemann darauf ansprechen. Ich bin mir sicher, dass er das Stück ebenfalls sehen will."

Sie dachte kurz darüber nach.
„Das erinnert mich daran, Euch für Eure Rettung am Blinden Ball zu danken."

„Ich habe Euren Auftritt ruiniert."

Über uns streckten Leute ihre Köpfe aus den Fenstern und winkten, als sie den Tross aus dem Palast erkannten. Ich winkte ihnen zurück, weil es nicht möglich war abzusteigen und jeden Einzelnen von ihnen zu umarmen.

Akemira schüttelte entschieden den Kopf.
„Ich bin mir sicher, ich wäre heute nicht Königin, wenn Ihr ihn nicht ruiniert hättet. Von dieser Tradition haben wir sicher nichts auf unserer Insel gehört." Und damit brach sie in verhaltenes Gekicher aus, das von dem Wasser in den Kanalbänken zurückgeworfen wurde.

Verdammt, hoffentlich war sie nicht diejenige, die versuchte mich aus dem Palast zu werfen. Es war wirklich schwer, sie nicht zu mögen. Und ich wollte nicht in meiner Charaktereinschätzung falsch liegen.

Wir passierten eine Brücke in den zweiten Ring der Hauptstadt und ich wechselte mit Sebastian einen vielsagenden Blick. Sie ist nett. Und fürchterlich unschuldig. Was so viel bedeutete wie: Ich will sie nicht ausfragen. Mach du es!

Aber bevor einer von uns das Wort erhob, sprach sie schon weiter.
„Wie kommt es, dass der König Euch heute Freigang gewährt hat? Ich habe gehört, es gab gestern Abend einen kleinen Zwischenfall, aber niemand will mir mehr erzählen."

„Jemand hat den Wachen einen versiegelten Befehl gegeben, über Nacht das Tor und die Wehr unbewacht zu lassen, Miss", mischte sich Sebastian ein und bog auf die erste belebtere Straße ein.

Mein Siegelring wurde entwendet! Ich... ich hatte meine Zimmerwache in meinen Räumlichkeiten überrascht, aber damals noch nichts vermutet! Er muss es gewesen sein."

Sofort saß ich aufrechter im Sattel.

„Wisst Ihr, welchen Namen dieser Soldat trägt?", fragte Sebastian deutlich skeptischer.

Sie verneinte. „Mit Helm sehen sie für mich alle gleich aus."

Oh, Sebastian würde den Mann auch so finden. Wenn es um sowas ging, war er ein Bluthund.
„Ihr solltet Constantin davon berichten. Ein Siegelring kann eine mächtige Waffe sein. In den falschen Händen..." Es hatte seine Gründe, warum ich meinen behalten hatte. Was bedeutete, dass Constantin ihr den seines Bruders gegeben haben musste. Die Vorstellung gefiel mir nicht.

„Aber was ist, wenn er wütend wird?" Sie hatte so leise gesprochen, dass ich sie fast nicht über die Zurufe der Leute gehört hätte. Sie kamen inzwischen aus ihren Häusern, um uns zu winken oder ihre Hände nach uns auszustrecken. Auf ein wortloses Kommando hin, ritten die Wachen dichter an uns heran. Doch ich winkte den Soldaten neben mir fort. Das hier waren meine Leute und ich würde niemals so respektlos sein, ihnen mit Misstrauen zu begegnen.

Ich betrachtete das Mädchen neben mir kritisch. Irgendjemand machte ihr Angst. Und den blauen Flecken nach zu urteilen, hatte sie guten Grund. Aber Constantin war vieles, nur niemals gewalttätig.

„Wird er nicht. Es ist nicht Eure Schuld, wenn Euch jemand beklaut", erwiderte ich bestimmt und schüttelte einer älteren Dame die Hand, die neben mein Pferd geeilt kam, „Constantin hat deutlich mehr Verständnis, als man ihm zutrauen möchte."

Irgendetwas in meinen Worten weckte die Neugierde der Königin und Sebastian ritt weiter nach vorne, als erahne er was kommen würde.
„Wie nahe steht Ihr ihm?"

Oh.
Das Geklapper der Pferdehufe ließ die Leute auf den Gassen innehalten und sich umdrehen. Männer und Frauen in bunten, flatternden Kleidern, die Haare durch Tücher und Turbane gegen die Bedrohung der Sonne geschützt. Auch sie riefen uns Grüße zu.

Die Wärme in meiner Brust breitete sich aus. Ich hatte sie wirklich vermisst.

Eine Mutter mit Kind beteuerte mir ihre Freude über meine Rückkehr. Ihre Tochter reichte mir eine halb-vertrocknete Blume, die sie stolz in ihren kleinen Fingern hielt. Ich steckte sie mir mit einem verschwörerischen Augenzwinkern hinters Ohr. Erst dann wandte ich mich der jungen Frau neben mir zu.
„Wir waren zwei Jahre verheiratet. Irgendwann weiß man einfach das Eine oder Andere über einander."

Sofort senkte sie wieder den Kopf. Selbst als eine Gruppe Mädchen vor einer Klosterschule ihren Namen riefen, reagierte sie nicht. Sie gaben sich größte Mühe, ihre Aufmerksamkeit zu erhaschen, doch die junge Königin blieb in sich gekehrt.
„Ich habe ihn im Auge behalten, wisst Ihr? Er beobachtet Euch jedes Mal, wenn Ihr zu uns in einen Raum kommt. Als wärt ihr alleine miteinander. Als gäbe es... nichts Wichtig-... Warum schaut er mich nie so an?"

Es reichte nicht, dass mein Gesicht heiß wurde. Ich wurde am ganzen Körper heiß.
„Weil Ihr keine Gefahr für ihn darstellt. Er weiß, dass er Euch sicher den Rücken kehren kann, ohne darin kurz darauf ein Messer zu finden. Er vertraut Euch."
Die Lüge kam beschämend gut über meine Lippen. Vielleicht weil ich selbst keine Idee hatte, warum er mich nicht aus den Augen ließ.

Gedankenversunken rollte Akemira diese Information in ihrem Verstand hin und her, während wir die zweite Stadtmauer hinter uns ließen und in den vollen Teil der Hauptstadt eindrangen.
Sie bemerkte nicht die kleinen verwinkelten Gassen, die sich von der Hauptstraße abzweigten. Nicht die Wägen und das Brüllen ihrer Fahrer. Nicht die Damen mit ihren Schirmen, die zwischen den Sonnentüchern Blicke zum wolkenverhangenen Himmel hochwarfen.

Wasserniesel von einem über uns laufenden Aquädukt glitzerte in der Luft. Hier war es immer feucht und warm. Die Steine der Stadt waren in einem ewigen Wettkampf mit Schlingpflanzen und Moos gefangen. Jede Rille und jede Kante wurde von dunklem Grün erfüllt.

Während ich den Geruch meiner Kindheit einatmete, starrte sie auf ihre behandschuhten Hände.
„Wusstet Ihr, dass er die Mädchen aus den Mienen von Keltar befreit hat. Gleich an dem Tag, da Ihr Euch dafür ausgesprochen habt? Er hat ihre Überreise zurück in unseren Zirkel bezahlt und ihre Familien entschädigt."

Mein Kopf fuhr zu ihr herum. Er hatte was?
Warum hatte er nichts gesagt? Warum...?

Aber dann sah ich den Schmerz in ihrem Gesicht. Ein verzweifelter Versuch der fehlplatzierten Eifersucht Herrin zu werden.

Mein Ausdruck wurde wieder sanfter. Und ich sagte das Nächste, was mir in den Kopf kam.
„Er hat mich um meine Unterschrift unter den Scheidungspapieren gebeten."

Doch aus irgendeinem Grund stimmte sie das nicht glücklicher.
Warum machte er das? Es war so typisch für ihn! Er sagte und drohte mit den fürchterlichsten Dingen und dann tat er das genaue Gegenteil.
Aber mir fiel keine passende Antwort mehr ein und meine eigenen verwirrten Gedanken zogen mich aus dem Gespräch hinaus und zurück zu den Leuten.

Sie hatten inzwischen für uns eine Gasse gebildet und bemühten sich redlich um die Aufmerksamkeit ihrer neuen Königin, die nur Augen für die Mähne ihres Pferdes hatte.
Ich beschloss, das Thema zu wechseln.
„Ich bin hier aufgewachsen. Nur zwei Straßen runter ist das Mädchenheim, in dem ich auch die Schule besuchen durfte."

Das lenkte sie tatsächlich ab und sie sah in die Richtung, die ich ihr gedeutet hatte.
„Mädchenheim? Ihr seid eine Waise?"

Meine Geschichte war ein heikles Thema, aber da es sie ehrlich interessierte, gab ich mir Mühe, die Worte sorgfältig und so nahe an der Wahrheit zu wählen, wie es mir möglich war.
„Meine Mutter kannte ich nur aus den Erzählungen meines Vaters. Er starb, als ich elf war und ab da lebte ich bei einem entfernten Onkel."
Leider war dieser Onkel nicht weit genug entfernt.

„Dann hattet Ihr wirklich märchenhaft Glück, als Ihr von ihm Euer Vermögen geerbt habt."

Ich nickte, doch meine Lippen blieben fest aufeinandergepresst. Glück. Intrige. Betrug. Mir fielen viele Namen dafür ein.
Mir blieb allerdings nicht viel Zeit vor mich hin zu grübeln.

Der große Markt war atemberaubend, selbst an seinen Rändern. Bunt, laut und lebendig.
Ich warf einen kurzen Blick zu der Krone der Königin.
„Auf die wollt Ihr hier aufpassen", und damit rutschte ich von meinem Pferd.

Sebastian rief mir etwas zu, das prompt von dem Lärm der Leute verschluckt wurde. Es war einfach unpraktisch mit Pferd auf die überfüllte Fläche zwischen den Ständen zu reiten. Man blieb nicht nur sofort stecken und hob sich als offensichtliches Ziel für Diebe hervor, man konnte sich auch nichts ansehen.

Die Leute machten mir willig Platz und als der Regen einsetzte, zog ich das Tuch um meinen Kopf fester. Ich wollte in der Menge verschwinden, mich erinnern wie es sich früher angefühlt hatte hierher zu kommen, doch Sebastian erwischte mich am Arm.
„Er ist hier."

Unwillkürlich sah ich mich um, doch Akemira hatte allein Augen für die Leute, die uns Grüße zuriefen. Zögerlich ließ sie sich vom Pferd heben- eine perfekte Dame in jeder Situation- und kam zu uns herüber.
„Die Leute lieben Eure Geschichte."

Dieses Mal fehlte jeder Neid in ihrer Stimme und Sebastian antwortete für mich.
„Es ist nicht die Geschichte, die diese Leute lieben, Miss. Königin Dinah hat über zwei Jahre auf jede Feier zu ihren Ehren, jedes neue Kleid und viel ihres Luxus verzichtet, nur damit niemand von ihnen hungern muss", er sah zu dem großen Markt nach vorne, der wie ein pumpendes Herz in der Stadt funktionierte, „Die Leute vergessen es nicht so schnell, wenn sie im Frühjahr ihre Kinder nicht begraben müssen."

Ziemlich sicher, dass er an seine eigene Tochter zurückdachte. Etwas sagte mir, dass Miss Akemira Vanna sogar noch so viel mehr für ihre Liebe geben würde. Für irgendwelche Liebe.
Und Sebastian hatte natürlich vergessen meine vielfältigen Fehltritte zu erwähnen. Oder wie ich den beliebtesten Senator des Landes aus dem Palast verbannt hatte, ehe ich selbst verschwunden war. 

„Sie hat auch einmal einem der Senatoren einen Pantoffel an den Kopf geworfen, als er in der Dankesmesse geschnarcht hat. Wenn sie das nicht beeindruckt hat, weiß ich auch nicht." Neben uns nahm eine hochgewachsene Gestalt den Mundschutz seiner Kopfbedeckung weg. Constantins Auftauchen hätte mich vermutlich erschreckt, wenn Sebastian mich nicht gewarnt und ich nicht genau das erwartet hätte.

Er hatte heute Morgen viel zu leicht nachgegeben. Wahrscheinlich ahnte er wieder irgendetwas. Oder er hatte gute Laune. Zumindest begrüßte er seine Frau mit einem Handkuss und registrierte die rufenden Leute mit einem kurzen Nicken. In wenigen Handgriffen hatte er seinen Sonnenschutz vollkommen abgenommen und reichte ihn einem wartenden Soldaten.
Seine blonden Haare glänzten selbst ohne Sonnenlicht und hoben die absolute Abwesenheit einer Krone nur noch mehr hervor. Er trug eine schlichte Stoff-Jacke und blaue, weite Hosen. Perfekt, wenn man seiner Frau und seiner Ex-Frau unerkannt folgen wollte.

Das sagte ich jedoch jetzt nicht, sondern schlug stattdessen vor, dass wir den Markt genießen würden. Und weil sich keiner hier so gut auskannte wie ich, trotteten sie mir alle, inklusive Leibwache hinterher.
Eine eher anstrengende und zweckentfremdende Idee, denn sie alle erregten so viel Aufmerksamkeit, dass jegliches Anonymitätsgefühl verloren ging.

Es dauerte Stunden, bis ich friedlich an der Auslage eines Ledergerbers stand und sich niemand weiter um mich kümmerte. Erst als ich mich umdrehte, bemerkte ich den Grund dafür.
„Wo sind alle hin?"

Neben mir drehte sich Constantin um, der nach etwas Ausschau gehalten hatte. Außer ihm war niemand mehr in meiner Nähe.
„Du bist die einzige Person, die einen ganzen Soldatentrupp verliert und für eine halbe Stunde nichts davon bemerkt", er reichte mir einen Gürtel aus schwarzem Leder und bezahlte den Verkäufer, „Sie haben bei einem Stoffladen angehalten."

Verwirrt hielt ich den Gürtel in die Höhe. Was sollte ich damit?
„Ach wirklich? Und anstatt ihnen mit Mode-Ratschlägen zur Seite zu stehen, bist du bei mir? Welche Ehre."

Ein Augenrollen unterdrückend, griff Constantin den Gürtel und begann ihn durch die Schlaufen meiner Hose zu ziehen. Eine Handlung, die ihn so nahe an mich heranbrachte, dass ich die Wärme seines Körpers durch meine Kleidung spürte. Regen fiel auf mein Gesicht und bewahrte mich davor, rot zu werden.
„Irgendjemand muss schließlich ein Auge auf dich haben. Vorzugsweise jemand, der keine Vaterkomplexe dir gegenüber hat und denkt, du bist über jeden Verdacht erhaben."

Ich zog eine Grimasse. Sebastian war mein Freund. Freunde waren nun mal für einander da.
„Du hast keine Vaterkomplexe mir gegenüber? Alter Mann, du enttäuscht mich."

Seine Hand fuhr über meine Hüfte und sandte ein altbekanntes Gefühl durch meinen Körper. Er zog den Knoten fest und trat zufrieden einen Schritt nach hinten, um seine Arbeit zu begutachten. Erst als er das Messer aus seinem Gürtel zog und es mir reichte, fiel mir die vorgesehene Tasche dafür auf.
„Du solltest nicht unbewaffnet hier unten sein. Und einmal davon abgesehen: Sieben Jahre Unterschied sind nicht genug, um dein biologischer Vater zu sein." Er funkelte mich herausfordernd auf seinen zweifarbigen Augen an, ein Ausdruck, den ich, seit meiner Ankunft, seltsamerweise noch nicht gesehen hatte. „Obwohl... seitdem ich wieder eine Frau habe, die noch nicht die Blühte ihrer Jahre hinter sich hat..."

Mein Mund klappte auf.
„Die Blühte meiner Jahre hinter mir?"

Er zuckte mit den Schultern, ein Zucken in den Mundwinkeln, das ihn spontan deutlich spitzbübischer aussehen ließ.
„Ich bin doch nur ehrlich, Liebling."

Ich hasste es, wenn er mich Liebling nannte. Da war mir sogar das Große Grauen lieber.

Für einen kurzen Moment betrachtete ich ihn einfach nur, wie er so lässig neben mir stand, als wäre er nur ein Kerl, den ich auf dem großen Markt aufgetrieben hatte. Konnte ich mir ihn in meiner kleinen Kräuterhütte vorstellen? Ohne Krone und ohne Schwert an seiner Seite?
Ich schüttelte die Gedanken wieder ab. Zumindest halb: „Sie ist zu nett für dich. Du hättest eine böse alte Krähe verdient."

Um uns herum wurde der Regen stärker.

Die Vorstellung brachte ihn zum Schmunzeln.
„Wahrscheinlich sterbe ich, bevor sie überhaupt die Dreißig erreicht. Hoffentlich werde ich dann auf einem anderen Zirkel wiedergeboren, damit ich von dort aus zusehen kann, wie Clevem unter dem Regime ihrer Mutter im Chaos versinkt."

„Wenn du weiterhin so ehrlich bist, wirst du nicht nur wahrscheinlich tot sein, sondern auch als eine ihrer Kammerzofen zurückkommen", stimmte ich ihm zu. Irgendwer würde ihn noch jenseits der Sicherheitsmauer befördern. Eine Welle der Zufriedenheit spülte um meine Knöchel und sandte das Bedürfnis in mir hoch, ihn zu berühren. Ich ließ es lieber bleiben und zog mein Kopftuch hoch, um kein Wasser in den Nacken zu bekommen.
„Zum Stand des Waffenschmieds?"

Er nickte, in seiner Beobachtung vertieft und ließ mir den Vortritt. Schweigsam schoben wir uns zwischen den Leuten hindurch, doch ich spürte seine Anwesenheit mehr als zuvor. Vielleicht war es der Nachhall seiner Nähe. Oder der kurze Moment der Vertrautheit. Hatte er das auch gespürt? Ich hoffte ernsthaft nicht.

Um uns herum bemerkten mehr Leute den Regen. Sie stießen überraschte Laute aus, streckten die Hände in die Luft oder kommentierten den Anfang des Winters.
Niemand von ihnen suchte Schutz und verließ den Markt. Regen war kostbar und eine Gnade ihres Gottes.

Weder Constantin noch ich sahen die ältere Frau mit dem Blumenstrauß, bis ich beinahe in uns hineinlief. Eine gekrümmte, dickliche Gestalt in verdreckten weißen Tüchern.
„Meine Königin!", stoppte sie uns beide mit einem breiten, zahnlosen Lächeln, „Blumen für die Königin, von dem Ehrenmann dort hinten." Ihre Fingergelenke waren geschwollen und ausladend, wie sie sich um die Stiele klammerten.

Es waren schneeweiße Blüten in einem riesigen Strauß zusammengefasst. Sie mussten ein Vermögen gekostet haben. Vermutlich der Grund für die Begeisterung der Frau. Ich dagegen nahm sie nur sehr zögerlich entgegen. „Grablilien?" Über die Köpfe der Leute hinweg, spähte ich in die Richtung, die mir die Frau wies, während Constantin zwischen den Blumen nach etwas suchte.

Und dann sah ich ihn.

Meine vertraute kleine Blase aus gemischten Gefühlen und Erinnerungen zerplatzte und entblößte mich dem kalten Regen, der inzwischen unerbittlicher fiel. Die Angst kehrte zurück wie ein schlechter Geschmack im Mund und ich bezweifelte, dass ich mich bewegen konnte.

Dara Sarei.


➴♚➶

"Verschönert den Blumenstrauß mit kleinen Sternchen. Wie einen Weihnachtsbaum. Einen kleinen Todes-Omen-Ich-will-dich-unter-der-Erde-sehen-Weihnachtsbaum." - Dara Sarei, Hobby-Fleurist.

Ich hab dann doch mal eine Frage xD schlägt Wattpad euch auch so viel eure eigenen Geschichten vor? Oder schlägt es euch meine vor? 
Weil mein Wattpad ist felsenfest davon überzeugt, ich sollte meine eigenen Geschichten mal lesen xD (oder überarbeiten?) 

Meine Geschichten finde ich gleich zwischen jeder menge Kink und Harry Styles, was auch immer mir das sagen soll xD

Wie immer, fühlt euch geliebt

xoxo

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro