J wie Jährlich

Mittlerweile war es ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Nach einem Jahr war es immer eine ziemliche Arbeit alles wieder auf Vordermann zu bringen, aber das gehörte dazu.

Zuerst wurden die kleinen Büsche geschnitten. Das alleine verbrauchte schon einen großen Teil des Vormittags. Dann musste das Unkraut gezupft werden, doch nicht zu viel, denn alles Blühende durfte stehen bleiben, schließlich sollte es fröhlich wirken, wenn auch ein wenig chaotisch.

Je nach Laune brachte er frische Blumen mit, die zu dem bunten Durcheinander gepflanzt wurden. Er selbst war während der Arbeit still, sowie seine Umgebung. Alles was er hörte war Ruhe und hin und wieder den Wind oder einige Vögel.

Es tat gut das alles selbst zu tun, dabei komplett in sich gekehrt zu sein. So sollte es sein und so würde es sein. Wenn die Pflanzen alle gepflegt und gegossen waren kam der schwerste Teil: Mit dem restlichen Wasser säuberte er den großen polierten Stein, sorgte dafür dass alles blitzte und glänzend und das auch die Buchstaben wieder funkelten.

Als letztes stellte er eine Kerze auf, zündete sie an und besah sich seine Arbeit.

„Alles Gute zum Geburtstag kleiner Bruder." Das erste Mal hatten ihm bei diesen Worten noch Tränen in den Augen gestanden, jetzt trug er nur ein trauriges

Lächeln. Jährlich kam er hier her, um sich um das Grab seines Bruders zu kümmern, immer an dessen Geburtstag.