
KAPITEL 17: Tapetenwechsel
Hermine betrat den Raum und schloss die Tür. Sie blickte sich in dem schäbigen Etablissement um, restlos alles in diesem Raum hatte wohl schon bessere Tage gesehen. Die Scheiben waren schmutzig, die Vorhänge des Himmelbettes waren mottenzerfressen und als Hermine sich auf einen der Sessel am Kamin setzen wollte, stieg eine Staubwolke empor. Schnell stand sie wieder auf.
Auch Ginny selbst war keine glanzvolle Erscheinung. Die Milliardärin musterte diese genauer, man sah ihr an, wie sehr sie das alles mitnahm. Die Augen waren aufgequollen, die Haut fahl und die Wangen eingefallen. Im Zimmer waren sämtliche Habseligkeiten der Jüngeren verteilt, ob Kleidung, Bilder oder Fotoalben, selbst ein Besen stand in der Ecke. Sie musste wohl all ihre Besitztümer in aller Eile mit einem Aufrufezauber gepackt hatte.
„Ich muss mich bei dir bedanken", Hermine fiel es schwer diese Worte auszusprechen, aber dennoch wollte sie der Mutter helfen. Sie hatte viele Details des Rosenkriegs des Potter-Ehepaares aus sämtlichen Zeitungen der gesamten britischen Zaubererwelt entnommen, das Restliche hatte sie von Perry und Cassie erfahren, diese waren ja mit den Potter-Zwillingen gut befreundet. Sie wollte sich nicht ausmalen, wie es den drei Kindern von Ginny und Harry Potter gehen würde. Es war ja schon schlimm genug, wenn sich die Eltern trennen wollten, aber es war noch viel schlimmer, wenn die gesamte Welt auf einmal kein anderes Thema mehr zu kennen schien. Sie hatte ihren Kinder eingeschärft, dass diese den Teufel tun sollten und Lily und Albus auch noch im Stich lassen sollten.
„Perry hat mit erzählt, dass du deinen Kindern geschrieben hast, dass es dir egal ist, ob sie mit meinen befreundet sind", Hermine seufzte auf, „Dafür bin ich die unendlich dankbar. Du ahnst nicht, wie schwierig es für Perry und Cassie ist, Freunde zu finden, weil sie eben immer dennoch sich hatten. Ich hatte mir schon Sorgen um die Beiden gemacht"
Die rehbraunen Augen wurden glasig, sogar eine Träne bahnte sich ihren Weg über das sorgsam geschminkte Gesicht. Schnell bemühte sich Hermine diese mit ihrem Zeigefinger wegzuwischen.
Als Ginny sah, wie wichtig Hermine ihre Kinder waren, fühlte sich sich der Brünette direkt wieder viel näher, sie hatte das Gefühl, die „alte" Hermine zu erkennen. Aber auch die Rothaarige hatte das Gefühl, dass ihre Augen auch feucht wurden. Sie hatte keinen Chance mehr, den Schwall der Gefühle aufzuhalten, bevor dieser ausbrach. Alle Dämme brachen.
„Es tut mir so leid, ich hätte schon damals für dich da sein sollen! Doch ich habs damals auch nicht verstanden!", schluchzte Ginny los, nachdem sie sich auf das marode Bett gesetzt hatte, „Harry, er ist so verblendet, von diesem jahrzehntelangen Hass! Er schreibt nur James, ich hab das Gefühl, Lily und Albus existieren für ihn überhaupt nicht mehr. Harry James Potter hat doch, wenn wir mal ehrlich sind, nie etwas, auch nur das Kleinste, alleine zustande gekriegt!"
Hermine konnte jetzt auch nicht mehr umhin, setzte sich neben Ginny auf das Doppelbett und umarmte diese, doch unterbrach Ginevra Potter nicht in ihrem Monolog. Sie hatte eigentlich nicht vorgehabt, dieser so schnell zu vergeben, aber sie hatte durch den Gefühlsausbruch gemerkt, wie leid es dieser tat.
„Ich meine, ich hab keinen zum Reden, alle Freunde von mir sind hauptsächlich die Freunde Harrys. Meine Familie hält auch größtenteils zu Harry. Als wäre ich verrückt geworden!"
Als Hermine merkte, dass Ginny fertig mit Reden war, stand sie auf und lief durch das Zimmer. Dann stoppte sie abrupt und sah die Rothaarige an.
„Ich werde dir helfen. Aber ich hab eine Frage: Wie soll es denn weitergehen?", Hermine hatte zwar gelesen, dass am morgigen Tag scheinbar ein Scheidungstermin im Ministerium stattfinden sollte, doch sie erkundigte sich lieber noch einmal selber.
Ginny schluchzte erneut auf.
„Morgen ist der Scheidungstermin", brachte sie nach mehreren Anläufen heraus, „Aber was soll ich jetzt tun? Ich bin pleite, habe keinen Job, keinen guten Ruf und auch kein Zuhause mehr!"
Wieder brach die Rothaarige noch mehr in Tränen aus. Sie hatte alles verloren. Das Einzige, was ihr bleiben würde, wäre die Rückkehr in den Fuchsbau, ein marodes Gebäude, welches nun schon seit über 15 Jahren nicht bewohnt und auch nach dem Krieg nie richtig renoviert worden war. Einzig ihre Mutter ging öfters dorthin, um sich dort um den Garten zu kümmern, das konnte die große Stadtvilla im Grimauldplatz nicht bieten.
„Schon erstaunlich, wie schnell man aussortiert wird, sobald man ein einziges Mal nicht der Meinung des Auserwählten ist", das Wort betonte die junge Frau mit Verachtung, sie stand auf, blickte aus dem Fenster hinaus auf die Bahnstrecke, die vor dem Fenster verlief, „Ich hätte damals für dich damals sein sollen, das hab ich inzwischen auch verstanden. Ich hab mich blenden lassen, mich manipulieren lassen, von Harry, von Ron, von allen, dass es nur schwarz und weiß gäbe, kein grau, dass niemand sich ändern kann, niemand eine zweite Chance verdient hätte. Doch, sind wir nach diesem Krieg nicht alle grau?"
Nachdenklich betrachtete Hermine sie, Ginny schien mehr zu sich selbst sprechen, dennoch hatte die Hexe jedes Wort verstanden. Hermine hatte erkannt, dass Ginny ihre Fehler eingesehen hatte, auch brauchte die gebürtige Weasley Hilfe.
„Wie gesagt, ich werde dir helfen, ich bin froh, dass meine Kinder in Lily und Albus so gute Freunde gefunden haben. Komm schon, zieh dich an, wir werden dich erst einmal in eine würdigere Unterkunft bringen, dann schauen wir, wie es weiter gehen soll."
Eine Stunde später standen die beiden jungen Frauen in der 100 Quadratmeter großen Opera-Suite des St. James. Das St. James war eines der exklusivsten Hotels in London. Durch den Eingangsraum gelangte man in das Schlafzimmer mit angrenzendem Bad und Ankleide, das Gästebadezimmer, aber auch in das Wohn-und Esszimmer, an das noch eine eigene Küche angrenzte.
„So, das wäre ihre Suite, Mrs. Potter, kann ich sonst noch etwas für Sie tun?", fragte ein Butler des Hotel, welcher Ginny zu ihrer Unterkunft gebracht hatte. Vollkommen überfordert schaute Ginny Hermine an, die auf der grauen Couch saß.
„Reginald, seien Sie doch so gut und packen Sie die Koffer von Mrs. Potter aus.", Hermine blickte den jungen Mann freundlich, aber bestimmt an. Dieser verneigte sich, nahm sofort die Koffer von der Rothaarigen und trug diese Richtung Schlafzimmer. Er wartete nicht, bis Ginny selbst zustimmte, denn er wusste, dass das hier die Konzernchefin war.
Verdattert nahm Ginny neben der Brünetten Platz. Auch wenn sie bei den Harpies nicht schlecht verdient hatte, solche einen Luxus war sie nicht gewöhnt. Sie drehte ihren Kopf zu der Älteren.
„Hermine, dass kann ich nicht annehmen. Was kostet dieses Zimmer überhaupt pro Nacht? Das kann ich mir doch niemals leisten.", unsicher kaute die sonst so selbstsichere Frau auf ihrer Unterlippe.
„Darum brauchst du dich nicht zu kümmern. Dieses Hotel gehört mir, zusammen mit zahlreichen anderen. Also, heute Abend gehen wir gemeinsam essen, ich hoffe es ist in Ordnung, dass Luna auch kommt, ich habe sie eingeladen. Wie früher.", sie wollte Ginny auf andere Gedanken bringen und ablenken.
„Warum machst du das alles, was hast du davon? Ich habe dich damals im Stich gelassen", fragte Ginny, ihre Schuldgefühle nagten immer noch an ihr.
„Ich mache das, weil ich es kann. Ich mach es, weil ich es gern tue, ich hab dich vermisst", antwortete Hermine wahrheitsgemäß.
Diese wusste überhaupt nicht, wie ihr geschah, so viel Anteilnahme, wie sie auf einmal erhielt, sie umarmte Hermine einfach, da sie nicht wusste, was sie darauf erwidern sollte. Die beiden Frauen wurden in ihrer Umarmung durch ein Klopfen an die Zimmertüre der Suite unterbrochen. Wer war das? Ginny schreckte auf. Hermine lachte nur.
„Das müssen F&W sein.", machte sie sich auf, um die Türe zu öffnen.
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