Freundschaft zu Ende?
„Du wirst jetzt sofort das Video aus deiner Seite entfernen!", sage ich ihr bedrohlich. Sie verschränkt ihre Arme vor der Brust und mustert mich.
„Eben siehst du das Video und kommst zu mir? Aber auf meine Nachrichten, die mittlerweile schon die Zahl 30 erreicht haben, ignorierst du? Du schuldest mir noch immer eine Antwort. Ich entferne das Video, wenn du mir sagst, dass du die Freundschaft mit Aurelia beendet hast. Habe ich doch von dir verlangt, nicht?", fragt sie provokant.
Ich spanne meinen Kiefer an. „Keine Ahnung, was bei meiner Antwort letztens nicht so verständlich war. Entweder bist du dumm oder tust es nur so", werfe ich zurück.
„Du bist so richtiger Arsch geworden."
„Ich habe keine Lust mit dir zu diskutieren. Entfern jetzt das Video und wir müssen uns nie wieder sehen."
Sie schluckt und kommt mir etwas näher. „Nie wieder sehen? Also gibst du mich wegen dieser kleinen Schlampe auf?", fragt sie enttäuscht.
„Ja!", sage ich knapp.
„Ich liebe dich so sehr und dennoch, entscheidest du dich für sie? Ich habe so eine Abweisung nicht verdient! Ich habe es nicht verdient so dreckig behandelt zu werden! Ich bin besser als sie und dennoch willst du das mit uns beenden?" Ich fass es nicht, wie sie das nicht akzeptieren will.
„Wenn es dir nicht gefällt, dann mach doch als erster Schluss, wie es aussieht bist du nicht scharf drauf, dass dich jemand als erstes abweist. Ahja fast hätte ich es vergessen, ich habe dich auch betrogen und bereue es kein bisschen!", erzähle ich und zeige kurz mein gezwungenes schiefes Grinsen, was sie ja so sehr an mir hasst, wenn ich so arrogant klinge. Mit der Befürchtung, dass sie mich wieder ins Gesicht spuckt, entferne ich mich von ihr ein Stück. Sie scheint vor Wut ganz rot im Gesicht zu werden.
„Du verdammter Mistkerl, Du scheiß Bastart!", schreit sie. Bestimmt haben das die ganze Nachbarschaft gehört. „Ich hasse dich! Und ich mache Schluss mit dir! Es ist endgültig aus und vorbei! Hast du das verstanden?", schreit sie weiter.
„Ich danke dir so sehr, Camilla!", sage ich erleichtert.
Mit zusammengebissenen Zähne schaut sie mich eindringlich an und sagt: „Du kannst auch vergessen, dass ich das Video entferne!"
Somit geht sie abrupt ins Haus und knallt die Tür zu. Mittlerweile sind ihre Eltern schon aufgewacht und ich höre, wie sie irgendetwas reden.
Was soll ich jetzt tun?
Mittags kommt Josh vorbei und wir unterhalten uns in meinem Zimmer.
„Wie sich Kristin wohl gefühlt haben muss, als ihre Party ruiniert wurde. Ich glaub nächstes Jahr wird sie keinen einladen, die Probleme gemacht haben", lacht Josh, während er auf dem PlayStation das Fußballspiel startet.
„An ihrer Stelle hätte ich nicht mal die Mühe gegeben sowas zu organisieren. Wie kann ihr sowas nicht langweilig werden, jedes Jahr dasselbe. Ich gehe immer hin, weil Aurelia es von mir verlangt und sie der Meinung ist, es wäre unhöflich dort, nicht aufzutauchen", äußere ich mich.
„Ahja was Aurelia angeht, ich kann es noch immer nicht fassen was dieser Typ ihr angetan hat."
„Hast du deinem Cousin den Hacker schon gefragt, ob er das Video entfernen könnte?", frage ich.
„Klar, er ist noch bei der Sache. Er wird das schon schaffen. Das Video hat mittlerweile schon über 300 tausend Aufrufe." Ich erstarre als ich das höre.
„Was? So viel schon?", frage ich entgeistert.
„Leider Ja. Und du willst nicht wissen was alles bei den Kommentaren steht. Das sind schlimme Beschimpfungen. Ich hoffe Aurelia geht es gut...", erzählt er und schaut mich an.
„Sie hebt nicht ab. Ihre Mutter habe ich heute angerufen und sie meinte, dass Aurelia zuhause wäre. Ari und ich, wir haben uns gestritten...", murmle ich und blicke nachdenklich zu Boden.
Ich hätte sie nicht küssen dürfen, auch wenn es sich so richtig angefühlt hatte. Ich hätte nie gedacht, dass ich Gefühle für meine bester Freundin entwickle.
Abends nachdem Josh weg ist, schreibe ich Aurelia an mit: „Wie geht es dir?" Aber ich denke nicht, dass sie mir antworten wird.
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Aurelia
Seitdem ich von dem Video was Camilla gepostet hat erfahren habe, weine ich nur noch unter meine Bettdecke. Jetzt hat es fast jeder aus der Uni gesehen. Die Kommentare unter dem Video waren einfach schockierend. Ich bin geliefert, mein Leben ist ruiniert.
„Aurelia?", höre ich meine Mutter, die gerade mein Zimmer betreten hat. Ich wische schnell meine Tränen weg und setze mich auf.
„Ja?", frage ich mit brüchiger Stimme. Sie hat bestimmt auch das Video angesehen, so wie sie mich gerade anstarrt. Sonst kommt sie immer, wenn ich weine zu mir und tröstet mich liebevoll, doch diesmal sieht sie wütend aus.
„Was ist das für ein Video?", fragt sie laut und deutet auf ihr Handy in der Hand.
„Das ist auf der Party..."
„Habe ich dich so erzogen? Wie konntest du sowas anstellen?", unterbricht sie mich schreiend. Ich fass es nicht, glaubt sie die scheiße echt?
„Mama, mir wurde eine Falle gestellt, das was du siehst ist doch gar nicht wahr!", rechtfertige ich mich und erhebe mich von meinem Bett.
„Deswegen wollte ich nicht, dass du zu dieser Party gehst. Hast du auch dort Alkohol getrunken? Wie oft habe ich dir schon erklärt, dass du zu Typen nicht nachhause gehen darfst?"
„Ich war bei niemandem. Nein, Alkohol habe ich auch nicht getrunken. Was er dort zeigt ist ein verarbeitetes Foto, das bin nicht ich..."
„Das Video zeigt aber was anderes! All diese Leute dort haben es also gesehen? Sie haben sowas von meiner Tochter erfahren? Echt, schämen sollst du dich."
Als würde ich gegen die Wand reden.
„Wenn nicht mal meine eigene Mutter mir glaubt, wie sollen es dann andere?", frage ich enttäuscht.
„Ohne ein Grund kommt sowas nicht ins Netz! Gib mir dein Handy, du hast Hausarrest!"
„Nein, du kannst mein Handy nicht wegnehmen, ich brauche es, um das ganze geradezubiegen!", wiedergebe ich.
„Du darfst künftig nicht mehr fortgehen!", sagt sie anschließend und verlässt wütend mein Zimmer.
Ich denke, nachdem was gestern passiert ist, werde ich auch gerne freiwillig auf Partys verzichten.
Am nächsten Morgen wollte ich zuhause bleiben, aber da ich noch mehr Ärger mit meiner Mutter ersparen will, mache ich mich auf dem Weg zur Uni.
Ich bin auf das schlimmste vorbereitet. Ich weiß, dass mich viele beschimpfen werden. Auch meine Freundinnen haben sich laut der Kommentare was sie unter dem Video geschrieben haben, gegen mich gewendet. Ich bin einfach nur enttäuscht von denen.
Als ich die Gebäude beträte muss ich schon ein paar Hassblicke und Beschimpfungen ertragen. Ich ignoriere alles gekonnt und eile mich in meine Klasse. Als ich mich bei meinem Platz niederlasse, sehe ich, dass meine Freundinnen sich auf die andere Seite gesetzt haben. Die vorderen, hinteren und seitlichen Plätze um mich herum sind alle frei, als hätte ich die Pest. Ich sehe komplett wie eine Außenseiterin aus. Es verletzt mich, dass alles hier verletzt mich zutiefst.
Ich habe im Instagram noch nicht geschaut, wie viele Zuschauer das Video erreicht hat. Ich denke, ich möchte das auch nicht mehr wissen. Ich würde mich am liebsten vom Erdboden verschlucken lassen oder einfach weglaufen, wo mich kein Mensch kennt.
Vor dem Unterrichtsschluss müssen wir alle unsere Arbeiten bei dem Professor abgeben und als ich meines Abgegeben habe und mich wieder auf meinen Platz setze, bemerke ich, dass meine Mitschrift was auf dem Tisch liegt, völlig durchnässt ist. Jemand hat mit Absicht eine Flüssigkeit drauf geschüttet. Ich höre auch schon einige über mich belustigt kichern.
Halte durch Aurelia, rede ich mir ein.
Nachdem Läuten packe ich meine Sachen zusammen, damit ich zum nächsten Kurs laufen kann, doch plötzlich als ich mich erheben will, landet etwas Hartes auf meinem Kopf und alle fangen an zu lachen. Der Professor ist nicht mehr da, natürlich haben alle auf das Highlight gewartet. Entsetzt greife ich mit der Hand zu meinem Kopf und stelle fest, dass es ein rohes Eis ist. Wütend erhebe ich mich.
„Was soll der Mist? Sind wir in der Volksschule oder wieso verhält ihr euch so kindisch?", raste ich laut aus.
„Oh ist unsere weibliche Hure etwa wütend?", fragt Paul lachend und alle lachen mit ihm mit.
Ich halte meine Tränen zurück und renne mit meinem Rucksack an der Schulter aus der Klasse. Ich suche das nächste Badezimmer und versuche das Ei aus den Haaren zu waschen aber ohne Erfolg. Ich brauch da dringend eine richtige Dusche, um das abzubekommen. Es ist erst eine Stunde vergangen und so viel musste ich ertragen. Was kommt als Nächstes? Ich lasse das mit meinen Haaren sein und möchte zum nächsten Unterricht erscheinen, doch diesmal werde ich von einem männlichen aus den höheren Kursen, zur Seite gezogen und gegen die Wand gedrückt.
„Ich möchte, dass du eine Nacht meine Freundin spielst, wie viel kostet das?", fragt er unverschämt. Empört reiße ich meine Augen weit auf und schubse ihn dann grantig von mir weg.
„Verpiss dich! Was fällt dir ein?!", schreie ich und suche schnell die weite von ihm.
Nein, ich kann das nicht. Ich halte es hier nicht aus, nicht die weitere sechs Stunden. Schweratmend verlasse ich die Gebäude und lasse erst dann meine Tränen freien Lauf.
Ich öffne Instagram und will wissen, wie viele Aufrufe das Video nun erreicht hat. Am besten würde ich gleich auf Camilla zugehen und mich beschweren, aber ich trau mich irgendwie zu gar nichts. Aiden habe ich heute auch kein einziges Mal gesehen, auch wenn, würde ich ihm aus dem Weg gehen.
Ich scrolle und scrolle bei Camillas Seite und kann das Video nirgends mehr finden. Was ist passiert? Hat sie das etwa entfernt? Oh mein Gott, es wurde rausgelöscht. Es ist tatsächlich nicht mehr da. Erleichtert lache ich kurz auf und kann das gar nicht fassen.
Meine Mutter ist gerade sicher bei der Arbeit, das heißt sie würde es bestimmt nicht merken, wenn ich jetzt schnell heimfahre und einiges erledige.
Mit einem Plan im Kopf erreiche ich mein Zuhause. Ich dusche mich schnell, föhne meine Haare, ziehe mir was Schönes an und stelle mein Handy auf dem Tisch. Ich atme tief durch, lasse mir nochmals alles durch den Kopf gehen und drücke auf dem Aufnahme Knopf.
„Hallo Leute, ich heiße Aurelia, mittlerweile kennt mich sicher schon die halbe Welt. Ich nehme das hier auf um euch die Wahrheit über das ganze was gestern passiert ist zu erklären, um mich über das Video zu äußern", sage ich und schiebe mein Sessel nervös etwas nach hinten. „Es ist so, ich wurde von Kristin eingeladen. Ich habe mich über diese Einladung gefreut und wollte wie jeder andere auch einfach ein wenig Spaß haben, doch dann wurde mir von einer Person mit Absicht den Cocktail auf mein Kleid geschüttet, danach ist eine zu mir gekommen und hat mir ein neues Kleid angeboten. Und da war der Fehler, ich hätte das Kleid nicht annehmen dürfen, denn als ich mich umziehen war, wurde ich gefilmt. Leute, jeder der Kristin kennt und sich bei ihrem Haus auskennt, weiß doch gleich in welche Badezimmer ich mich umgezogen habe", erkläre ich und atme durch. „Cedric, falls er überhaupt wirklich so heißt, hat nur lügen über mich erzählt. Nichts was er von sich gegeben hat, war die Wahrheit. Und was das Foto anging, Leute keine Ahnung wie er das geschafft hat, aber er hat das Foto so gut bearbeitet, dass man denkt ich wäre die Person. Niemals habe ich je sein Haus betreten oder diese sogenannten Freunde von ihm kennengelernt. Er ist einfach auf Rache hinaus, obwohl ich unschuldig bin. Ich erzähle euch gerade nur die Wahrheit!", erkläre ich und meine Augen füllen sich mit Tränen. „Ich hoffe ihr glaubt mir, denn ich habe das alles nicht verdient. Und sollte ich da draußen irgendjemanden unbewusst verletz haben, dann tut es mir leid. Ich bin kein schlechter Mensch und würde niemanden was schlechtes antun", somit drücke ich auf dem Knopf und veröffentliche das Video auf Instagram, bevor ich es mir anders überlege.
Keine Ahnung, ob das eine gute Idee war oder nicht, aber ich hatte keine andere Wahl. Irgendwas musste ich doch unternehmen und das hier war die einzige Möglichkeit, die ich hatte.
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Der darauffolgenden morgen fühle ich mich etwas besser und schaue auf dem Weg zur Uni auf Instagram vorbei. Überraschenderweise habe ich viele Aufrufe auf dem Video und die Kommentare sind auch positiv. Also hat sich da was getan, ich bin echt erleichtert.
Der Tag verläuft besser als erwartet. Niemand macht sich heute die Mühe mich wie gestern zu mobben. In Mensa redet nur Elisa mit mir, sonst bin ich bei meinen anderen Freundinnen aus dem Weg gegangen.
„Der Rektor erwartet uns alle vier heute in seinem Büro. Er will und die letzten zwei Aufgaben zuteilen", gibt mir Elisa bekannt, nachdem sie mit dem Essen fertig ist.
„Was? Ich dachte wir sind für ein paar Wochen frei", murmle ich demotiviert.
„Anscheinend nicht. Er hat das die Frau Professorin abgestritten. Er will, dass wir das schnell zu Ende bringen und ihm ist es egal ob wir für die Prüfungen lernen müssen oder nicht. Und laut Aussage, sind die letzte zwei Aufgaben leichter als die bisherige", meint sie und zuckt mit ihren Schultern. Seufzend lege ich mein Sandwich zur Seite. Mein Appetit ist schon verdorben. Ich blicke kurz rauf und bemerke wie Aiden die Cafeteria betritt. Heute bin ich auch ihm aus dem Weg gegangen. Trauriger Weise scheint wohl unsere Freundschaft ganz zu Ende zu sein. Gerade wo er in meine Richtung blickt, senke ich schnell meinen Blick. Ich hoffe er kommt nicht hierher. Ich antworte seit diese zwei Tage nicht mehr auf seine Nachrichten, also muss ihm klar sein, dass ich mit ihm kein einziges Wort wechseln will. „Redet ihr noch immer nicht miteinander?", fragt Elisa, als sie mein Verhalten bemerkt.
„Nein", gebe ich kurz zurück und spiele mit meinem Strohhalm.
„Hmm, aber dir ist schon klar, dass er das Video rausnehmen lassen hat, oder?"
„Echt? Also hat er mit seiner Freundin geredet und sie hat's rausgenommen, würde ich für ihn ja auch tun..."
„Warte...hast du denn nicht gehört? Alle reden doch, dass es zwischen Aiden und Camilla Schluss ist. Und nein, er hat es einem Hacker löschen lassen. Ich denke, er hat dir wirklich einen Gefallen getan." Warte was?
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