Sie kommt einige Schritte auf mich zu und bleibt bei einem halben Meter vor mir stehen.
„Es tut mir leid, wie ich dich beschimpft habe, ich...ich wollte das nicht!", sagt sie leise. Ich schaue ihr überrascht in die Augen. Ich hätte eine Ohrfeige oder noch mehr Beschimpfungen von ihr erwartet, aber das? Plötzlich zieht sie mich in eine Umarmung, während ich noch immer überrumpelt dastehe. „Ich habe bis jetzt alle Aidens Freundinnen gehasst, aber dich kann ich gar nicht hassen. Ich bin sogar froh, dass du endlich seine feste Freundin geworden bist", spricht sie und löst sich dann von der Umarmung. Ich blicke zu Aiden rauf, der bei dem Türrahmen steht und wie es aussieht auch so wie ich überrascht schaut.
„Ich weiß nicht was ich sagen soll. Danke?!", zeige ich Mia kurz mein Lächeln. Ich bin einfach nur nervös, unsicher, happy oder auch verwirrt von dem Ganzen.
„Gerne, Ahso Ja, ich will fertig Pizza aufwärmen, kommt runter in die Küche, dann können wir noch gemeinsam Tee trinken. Und du darfst aus meinem Zimmer gerne meine Hose ausborgen", sagt sie schnell und geht viel zu aufgeregt raus.
„Ich dachte schon, dass sie mich schlagen will", sage ich mit einem Lächeln zu Aiden, der eben auf mich zukommt.
„Also, so eine Reaktion hätte ich von ihr auch nicht erwartet. Wie es aussieht, mag Mia dich wirklich", sagt er und atmet erleichtert durch.
„Ich denke, deine Mutter wird es aber nicht so sehen. Sie wird schockiert sein, genauso wie meine Mutter. Ich mein, wir sind seit klein auf beste Freunde gewesen und jetzt das? Vielleicht hättest du mich erst gar nicht küssen dürfen", spreche ich meine Gedanken aus.
„Du redest von unserem ersten Kuss auf der Party? Sei mal ehrlich, hat es den nicht schon davor zwischen uns gefunkt? Erinnerst du dich an unsere erste Aufgabe: Laubblätter aufsammeln?", erinnert er mich und hält meine Haarsträhne zwischen seine Finger und mustert mich süß. Damals bin ich ausgerutscht und auf ihn gefallen. Ich hätte aber nicht gedacht, dass er damals auch was gefühlt hatte.
Wieder einmal vibriert sein Handy in der Hosentasche und stört unseren perfekten Moment. Ich greife hin, um das Handy vor ihm rauszuholen, jedoch hält er meine Hand zurück und holt es selber raus. Kurz blickt er drauf und will es wieder vor mir verstecken.
„Wieso zeigst du mir nicht, wer dir Nachrichten schickt?", frage ich und versuche das Handy aus seiner Hand zu reißen.
„Was hast du vor?", grinst er und streckt seine Hand mit dem Handy weit nach oben, so dass ich niemals darankommen werde. „Zwerg!", lallt er noch zusätzlich.
„Du bist ja so witzig", grinse ich und fange an seinen Bauch zu zwicken, und zwar richtig stark. In Sekunden schnelle verstaut er sein Handy bei seiner hinteren Hosentasche und hält meine beiden Arme zurück.
„Dein Zwicken ähnelt sich nach kitzeln und du weißt ich hasse es, wenn du mich kitzelst", meint er viel zu amüsiert und nähert sein Gesicht meines.
Ich versuche mich aus seinem Griff zu befreien.
„Lass mich los! Ich find es gar nicht witzig, wie du deine Nachrichten vor mir versteckst. Wäre da nichts zu verbergen, dann würdest du dich nicht so aufführen", zische ich wütend und versuche ihn von mir weg zu schubsen, doch er lässt sich kein Stückchen bewegen.
„Es gefällt mir nicht, wenn du anfängst mich zu kontrollieren. Wenn du schon so viel über richtige Beziehungen weißt, wieso weißt du dann nicht, dass vertrauen das wichtigste ist? Ich werde keinen Fehler machen, damit ich dich nicht verliere", sagt er ernst und lockert seinen Griff. Ich schaue ihm tief in die Augen und sage:
„Fein! Ich werde mein Handy dir auch nie zeigen. Ich mein du vertraust mir doch, oder?", frage ich und schaue kurz zu Boden. „Obwohl, ich habe einige unbeantwortete Nachrichten von Niclas. Ich finde ihm nicht zu antworten wäre unhöflich." Wie findet er das? Auch wenn alles gelogen ist. Kurz lächelt er süffisant, dann spannt er seinen Kiefer an.
„Du bist manchmal so ein Biest", seufzt er und holt endlich sein Handy raus. Vor meinen Augen öffnet er ein Chat und hält mir sein Handy hin. Verwirrt nehme ich das Handy in die Hand und fange an die Nachrichten zu lesen. Oben ist nur eine Nummer zu sehen, also keine Ahnung wer diese Person ist.
Der Chat:
„Aiden, ich weiß, ich bin das letzte was du im Moment zu gebrauchen hast, aber ich brauche dringend deine Hilfe. Mein Onkel ist in der Stadt und wie du weißt ist er der Einzige, der immer für mich da war. Ich hatte ihn versprochen, dass ich mein Leben in den Griff bekommen werde, und er hat mir versprochen, dass er mich mit ihm mitnehmen wird, damit ich in einem besseren Ort studieren kann. Er ist meine einzige Hoffnung, ich ertrage es hier nicht mehr. Meine Eltern streiten sich dauernd und ich bin wegen den beiden psychisch am Ende. Ich will endlich frei leben. Bitte begleite mich morgen zu einem Dinner mit meinem Onkel. Überzeuge ihn, dass ich ein guter Mensch bin und wir glücklich zusammen sind, denn er hat dich sehr gemocht. Er wird mich wieder hierlassen, wenn er erfährt, dass du mich verlassen hast."
Daraufhin lese ich Aidens Antwort:
„Nach all dem was zwischen uns passiert ist, findest du im aller ernsten wieder mal einen Weg, um mich nach Hilfe zu betteln, Camilla. Wie oft habe ich dir geholfen und wie oft war ich das Opfer am Ende? Du hast mir oft was vorgespielt, da weiß ich nicht was ich überhaupt von dir halten soll. Was für lügen soll ich den deinem Onkel auftischen? Ändere dich zuerst, dann können wir weiterreden."
Ich blicke rauf in Aidens Augen, der gespannt auf meine Reaktion wartet.
„Deine Antwort ist ehrlich gesagt wirklich hart", sage ich unsicher.
„Wieso? Soll ich ihr helfen, oder was?"
„Ja! Geh hin und hilf ihr ein letztes Mal. Danach streichst du sie komplett aus deinem Leben. Viel verlangst sie da nicht. Einfach nur einen Abend ihr Freund spielen."
Er drückt seine Lippen zu schmalen und schaut mich irgendwie verletzt an.
„Also macht es dir nichts aus, wenn ich vor ihren Onkel ihre Hand halte und schöne Sachen über sie erzähle?"
Ich schlucke und blicke wieder auf das Handy. Die weiteren Nachrichten sind wie sie ihn anbettelt und er ihr schreibt, sie soll jemanden anderen suchen der für sie das erledigen kann. „Gut, ich gehe hin", höre ich Aiden sagen. Und ja er hat recht, die Vorstellung, dass er von seiner Ex die Hand halten wird und das ganze Abend mit ihr verbringen wird, verletzt mich sehr.
Ich schaue ihn erneut an.
„Oder du willst mich auf die Probe stellen. Du willst dir einfach sicher sein, dass du die Entscheidung, die du getroffen hast, doch nicht bereust...Hast du etwa noch Kontakt zu ihm?", hinterfragt er.
„Was? Nein! Du verstehst mich einfach falsch. Camilla bettelt dich an, siehst du das nicht? Sie braucht wirklich Hilfe und das wird hoffentlich auch das letzte sein was sie von dir will. Ich mein, kannst du ihr nicht klar machen, dass du ihr diesen letzten Gefallen tust und ihr beiden dann in Guten auseinander geht? Ich mag sie zwar nicht, aber ich wünsche ihr auch nichts schlechtes", versuche ich zu erklären.
Er nickt nach einer kurzen Pause. „Ich überlege es mir noch. Komm lass uns runtergehen zu Mia."
====
„Und hast du dich schon auf deine Präsentation vorbereitet?", fragt mich meine Sitznachbarin Lilly in Physik Unterricht.
„Präsentation?", frage ich verwirrt.
„Ja! Heute bist du an der Reihe, siehst du?", zeigt sie mit dem Finger auf ihren Blatt, wo drauf steht zu welche Woche, welcher Student eine Präsentation hat.
„Verdammt", sage ich leise. Was ist in letzter Zeit nur los mit mir? Wie konnte ich sowas überhaupt vergessen? Ich beiße mir in Sorge auf meine untere Lippe und überlege einen Plan. „Wir haben heute zwei Stunden Physik, das heißt ich kann die Präsentation auch nächste Stunde halten", sage ich als würde ich mit mir selber reden. Sofort schlage ich das Buch auf und suche mein Thema, wenigstens weiß ich welches Thema ich hatte. Ich schreibe mir auf einen Zettel alles runter, während der Herr Professor sein Unterricht weiterführt.
Die ganze Stunde vergeht wie im Flug in dem ich mich wie ein verrückter auf die Präsentation vorbereite.
„Schau, nach meiner Präsentation, die wirklich furchtbar sein wird, werde ich in die Runde fragen, ob wer fragen an mich hat und da greifst du ein und fragst mich das hier!", murmle ich und lege ein kleiner Zettel wo die Frage drauf steht direkt vor Lilly auf dem Tisch.
„Und wenn ich dir diesen Gefallen tue, können wir dann wie früher wieder befreundet sein?", fragt sie ehrlich. Überrascht, dass sie wirklich noch immer mit mir befreundet sein will, nicke ich breit grinsend.
„Gut, dann mach ich's", erwidert sie mein Grinsen. Der Professor ruft mich auf, damit ich nach vorkomme. Ich habe zwar keine PowerPoint Präsentation vorbereitet aber hoffe, dass es auch so geht. Wie ich es gehört habe, gibt es dafür ein paar Punkte Abzug.
Nachdem ich mich vor der Tafel gestellt habe und über die Newtonsche Gesetz: Trägheitsprinzip, Aktionsprinzip Wechselwirkungsprinzig und so weiter präsentiert habe, indem ich auch ab und zu einige male auf mein Stichwortzettel geschielt habe, spreche ich nach fast zehn Minuten Präsentation meinen letzten Satz zu Ende und sage: „Das war meine Präsentation, ich hoffe es hat euch gefallen. Habt ihr Fragen?" Ich spüre schon den unzufriedenen Blick meines Professors auf mich.
Wie abgemacht meldet sich Lilly zu Wort und fragt: „Ich habe das eine Beispiel nicht so ganz verstanden. Wenn jetzt zum Beispiel mein Auto 1,5 Tonnen wiegt, es soll aber bei einem Stoppschild mit 10 Meter pro Sekunde Quadrat beschleunigen. Wie viel Kraft soll der Motor dann aufbringen?"
„Sehr gut, dass du das fragst, ich kann dieses Beispiel mal auf dem Tafel schreiben, damit es jeder verstehen kann...", tu ich auf Schlaumeier und schreibe die Aufgabe auf. „F ist gleich 15000 Kilogramm, weil die 1,5 Tonnen umgewandelt wird, dann mal Meter geteilt durch Sekunde Quadrat und das Ergebnis ist 15 Tausend Newton", erkläre ich während ich das ganze aufschreibe. Ich drehe mich wieder um und grinse meinem Professor an.
„Was soll ich sagen? Die beste Präsentation war das gerade nicht...", meint er und schaut überlegen zur Tafel. Er will mir fix eine dicke fünf geben.
„Herr Professor, seien sie nicht zu streng zu Aurelia, ihr Hund ist vor zwei Tagen gestorben, deswegen hat sie wegen der Trauer nicht die Kraft gefunden, um sich besser vorzubereiten", mischt sich Rachel plötzlich ein. Überrascht starre ihr in ihre Richtung. Wieso zum Teufel sollte ausgerechten Rachel mein Arsch hier raushelfen wollen?
„Oh das tut mir leid. Dann kann ich es verstehen. Ich gebe dir ausnahmsweise eine Drei, aber nächstes Mal bereitest du dich besser vor", murmelt der Professor und lässt mich wieder auf meinem Platz. Zu Rachel blickend forme ich einem Danke mit meinen Lippen, die sie gerne mit einem warmen grinsen annimmt. Irgendwie vermisse ich meine verrückten Freundinnen. Vielleicht sollte ich ihnen wirklich eine letzte Chance geben, und vergessen, wie sie mit mir mal waren.
===
Nach einige Stunden betrete ich mein Zuhause und lege meinen Rucksack auf den Boden und folge das Geräusch die aus dem Wohnzimmer kommt. „Mama?", rufe ich und betrete das Zimmer.
Niclas erhebt sich vom Sofa und kommt auf mich zu. Ich hingegen schaue ihn irritiert an.
„Was machst du hier? Wie kommst du überhaupt ins Haus?", frage ich nach kurzer Sekunde aufgebracht.
===
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro