Camillas Onkel
„Ganz ruhig", lächelt er als wäre das alles selbstverständlich. „Deine Mutter hat mir vor einer Woche eure Hausschlüssel gegeben. Sie meinte, ich wäre für sie wie ihr eigener Sohn...", grinst er triumphierend. Ich ziehe skeptisch meine Augenbrauen zusammen.
„Ja glaube ich dir aufs Wort", nicke ich ungläubig.
„Gut, Spaß beiseite. Sie war vor einer Stunde bei uns und hat mir erlaubt hier vorbeizuschauen, damit ich mit dir alleine reden kann." Somit kommt er einen Schritt auf mich zu, so dass es fast einen Meter Abstand zwischen uns besteht. „Bitte!", fleht er mit einem traurigen Blick.
„Ich höre!"
„Es ist so, dass mein perfekter Plan wie aus dem nichts zerstört wurde. Es ging alles nach deinem Plan, mein Uniabschluss, mein Führerschein, den Kontakt zu euch halten, wieder hierher zurückkommen und deine Hand anhalten wollen... ich...ich denke einfach, dass ich, dass alles mit dir etwas leichter vorgestellt habe. Ich hätte dir mehr Zeit lassen sollen, bis du dich wirklich in mich verliebst. Wenn du willst, können wir wieder von neu anfangen, so wie du es möchtest, aber bitte gib mich nicht auf! Ich darf oder möchte auf keinen Fall meinem Plan für die Zukunft auseinanderbringen, ich werde damit nicht klarkommen. In meiner Vorstellung bist du meine Zukunft, verstehst du das?", fragt er und schaut mir tief in die Augen.
„Plan Ja? Tja wenn du so weiterlebst, wirst du nicht weit kommen. Das Leben läuft nicht wie ein perfekter Plan! Ich habe schon einen Freund, einen den ich liebe und du kannst nichts daran ändern! Du hast es gut, hast es so weit nach deinen Plänen dein Leben geführt. Bei mir zum Beispiel wäre es perfekt, wenn ich ein Auto besitzen würde, wenn meine Familie für immer gesund bleibt, wenn ich Uni absolviere und für immer mit dem Mann zusammen bleibe den ich liebe. Ja, so sieht mein Plan aus, aber man kann nicht alles haben. Und damit kann jeder Mensch leben, auch wenn es für den Anfang schwer erscheinen mag, wird was Besseres auf dich zukommen. Vielleicht wirst du eine kennen lernen die deine Liebe erwidert", erkläre ich ihm ehrlich.
„Nein, da kann ich dir nicht zustimmen", sagt er entsetzt. „Ich möchte nicht, dass du mir so antwortest. Ich will einfach eine zweite Chance! Ich weiß zwar nicht in wem du verliebt bist, aber ich kann dich besser behandelt als er. Ich gebe nicht so leicht auf...", redet er und in dem Moment höre ich wie die Haustür aufgeschlagen wird. Die Schritte nähern sind bis hier her zu hören. Ich blicke zu der Wohnzimmertür und entdecke plötzlich Aiden. Wie angewurzelt bleibe ich bei meiner Position und reiße meine Augen vor Schreck auf. Verdammt was macht er hier. Hier in meinem Haus? Nein nein nein...wenn das meine Mutter sieht. Scheiße, was wenn meine Mutter gleich nachhause kommt?
„Als hätte ich es geahnt!", zischt Aiden etwas wütend und kommt drohend auf Niclas zu.
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Aiden
„Ich bin schon da!", schicke ich die Nachricht an Camilla, während ich vor unseren vereinbarten Platz neben dem Restaurant stehe. Als ich von meinem Handy auf schaue entdecke ich, wie sie breit grinsend auf mich zukommt.
„Hey, schön dich zu sehen!", grüßt sie mich und umarmt mich kurz, bevor ich auch reagieren kann. „Ich bin so froh, dass du mir helfen willst", meint sie unsicher und schaut überall hin nur nicht mir in die Augen. Ist sie nervös? Sie hat abgenommen und aus irgendeinem Grund mache ich mir auch Sorgen.
„Ja, ich bin gekommen. Ich konnte dich doch nicht bei so eine große bitte im Stich lassen. Wann kommt dein Onkel?", frage ich und lächle sie kurz an, erst dann schaut sie mir in die Augen und fühlt sich etwas sicherer was die Sache angeht.
„Er wartet dort drinnen auf uns", meint sie und zeigt mit dem Finger zu dem Restaurant. So marschieren rein und grüßen ihren Onkel Michael. Er scheint ein aufrichtiger Mann zu sein. Perfekt nach hinten gekämmter Frisur und schwarze elegante Smoking. Auch das Restaurant ist nicht mal das billigste was er sich ausgesucht hat. Ich wette das Mercedes Benz da draußen gehört auch ihm. Kein Wunder, dass Camilla ausgerechten von diesem Mann abhängig sein will. Ich kenne diesen Mann eigentlich nur von damaligen Videoanruf als ich mit Camilla zusammen war, und seitdem sagt sie mir, dass er jedes Mal nach mir fragt und er sich freut, dass sie einen wie mich gefunden hat Blabla. Keine Ahnung was er in diese fünf Minute Gespräch in mir gesehen haben muss, denn kein Mensch hat mich was Besonderes gefunden, nur weil ich ein paar Worte gesagt habe, die nichts bedeutend waren. Als wir bei dem Tisch Platz nehmen, fängt er an über seine Immobilien Markler zu sprechen.
„Ich bin so froh, dass meine Nichte etwas aus ihrem Leben machen will. Sie hat so viele Pläne was die Zukunft angeht. Wenn sie jetzt schon so groß träumt, wird sie es zu was Großem bringen, findest du nicht?", fragt Michael mich und wirft auch einen schelmischen Blick zu Camilla.
Genau wo ich antworten will, mischt sich Camilla ein und sagt: „Oh Onkel du weißt nicht wie viel mein Schatz mich unterstützen will. Er ist in guten und wie schlechten Zeit immer bei mir." Dabei hält sie meine Hand und legt unsere verschränkten Hände auf dem Tisch, damit der Onkel es auch sehen kann. Und da ist es was sie unbedingt ihm zeigen will, nämlich ein Ring auf ihren Ringfinger. Einige Sekunden ruht mein Blick darauf. Ich habe keine Ahnung was das Ganze soll, noch dazu will sie einfach meine Verlobte spielen.
„Ich gratuliere euch beiden", sagt ihr Onkel überrascht und strahlt über sein ganzes Gesicht. „Mein Bruder hat mir gar nicht erwähnt, dass seine Tochter verlobt ist...Wow, das ist so schön zu sehen", redet er weiter. Obwohl das hier nicht zum Plan gehört, versuche ich mal mitzuspielen.
„Camilla ist was Besonderes, sie ist geduldig, zielstrebig und eine perfekte Frau", sage ich und schaue sie an, damit das glaubwürdig klingt, doch in dem Moment drückt sie mir ihre Lippen auf meine und löst sich nach zwei Sekunden von mir. Am liebsten würde ich vor Wut hier und jetzt aufspringen und raus marschieren, doch das wäre zu kindisch. So wie sie mich ansieht, hat sie wohl noch Gefühle für mich oder irre ich mich? Ich hoffe ich irre mich, denn ich fühle nichts, nicht bei dem Kuss oder auch nicht bei Händen halten. Verdammt, Ari bringt mich um, wenn sie erfährt, was passiert ist. Darauf passiert eigentlich nicht viel, denn Michael redet über Lebensweisheiten und was Camilla achten muss, wenn sie mit ihm kommt und ihr altes Leben hier aufgibt.
„Habt ihr euch beiden schon über die Wohnung erkundigt? Ich kann euch für den Anfang ein wenig Beihilfen, immerhin werden wir nicht weit auseinander wohnen", meint er und packt eine Mappe aus, um einen Plan von einer Wohnung zu zeigen. Wohnung? Camilla und ich?
„Verzeihung, ich muss kurz mit Camilla reden, könnten Sie so lange bitte hier warten?", frage ich höflich und erhebe mich innerlich wütend von meinem Platz.
„Aiden?", fragt Camilla entsetzt, doch ich warte nicht auf die Antwort von ihrem Onkel und ziehe sie von der Hand mit mir mit bis zu Badezimmer im hinteren Bereich.
Ich schließe die Tür grantig zu und widme mich zu ihr.
„Was soll dieser Scheiß?", fange ich zu schreien. „Zuerst dieser Ring, dann küsst du mich und jetzt ist da auch eine Wohnung für uns beiden? Ich weiß zwar nicht was dieses ganzen Mists hier soll, aber du kannst vergessen, dass ich mit dir am Ende der Welt verreisen werde! Ich wollte dir heute nur einen letzten Gefallen tun und auch das lässt du mich bereuen!"
Sie atmet auf und schaut mich wieder mit diesem Blick an. „Ich dachte...naja es hat sich echt angefühlt, wie du mich vorhin angeschaut hast. Und...naja ich dachte du hast noch Gefühle für mich so wie ich für dich habe", meint sie und zuckt verbittert mit den Schultern.
Aufgebracht gehe ich mit der Hand durch meine Haare und schüttle verneint meinen Kopf. „Nein, da hast du falsch gedacht!"
„Es tut mir leid!", lallt sie und fängt an wie aus dem nichts zu weinen. Spielt sie mir wieder mal die verletzliche vor? Ich dachte ich hätte das alles hinter mir, aber nein...
„Hör auf zu weinen!"
„Ich kann nichts für meine Gefühle okay? Du tust hier so als würde ich alles falsch machen. Ich möchte doch nur von jemanden geliebt werden. Wir wären nie auseinander gegangen, wenn es Aurelia nicht gegeben hätte. Sie hat früher Jungs Sachen getragen und ihr war es egal ob ihre Haare gekämmt waren oder nicht. Sie ist nur mit Jungs abgegangen. Doch in den letzten drei Jahren hat sie angefangen sich besser zu kleiden so, dass ihre perfekte Figur zum Vorschein kommt und sich zu schminken hat sie angefangen, dann war mir klar, dass du dich eines Tages in sie verlieben wirst. Und so ist das auch passiert... kannst du mir dann mein Verhalten verübeln?", fragt sie und einige Tränen fließen ihr über die Wangen. Ich weiß gar nicht, was ich darauf antworten soll. „Bist du mit ihr zusammen?", will sie diesmal wissen.
„Ja!", antworte ich, ohne zu zögern.
Sie lacht gespeilt und wischt sich enttäuscht die Tränen weg. „Ich will hier weg. Wir verabschieden uns von meinem Onkel als wäre nichts, dann gehen wir zwei verschiedene Wege. Morgen werde ich mit ihm mitgehen und ihm erklären, dass du später nachkommst. Und dann, wenn er wieder fragt, sage ich, dass du nicht kommen konntest wegen der Uni und wir eine Fernbeziehung führen. Ich denke nicht, dass ich ihm überhaupt Beweise wegen unserer Beziehung liefern muss", meint sie und bringt ihre Haare ein wenig in Ordnung.
„Und wieso bist du sicher, dass dein Leben dort besser sein wird? Vor was genau rennst du weg?", frage ich interessiert, denn ihre Eltern schienen mir nie bedrohlich zu sein.
Sie zieht ihre langen Ärmel hoch und zeigt ihren Oberarm mit zwei großen blauen Flecken. Meine Augen weiten sich. „Ich renne von meinem Vater weg, und vor eine Mutter, die ihre eigene Tochter nie zur Seite steht. Wenn ich weg gehe, werden sie hoffentlich ihre Taten bereuen", erklärt sie und zieht ihren Ärmel wieder runter.
„Das ist nicht so schlimm wie es aussieht", sagt sie beschwichtigend.
„Tut mir leid für dich", schlucke ich.
„Schon gut, danke dass du heute gekommen bist! Ich hab ein gutes Gefühl dabei, wenn ich diese Stadt hier endlich verlassen werde."
Nachdem die Sache erledigt ist, fahre ich Camilla nachhause und wir verabschieden uns zum letzten Mal. „Ich wünsche dir alles Gute und ich hoffe du findest dein Glück!", sind auch meine letzten Worte, die ich zu ihr gesagt habe.
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Meine Füße führen mich in die Küche, ehe ich zuhause ankomme. Ich fülle mir ein Glas voll mit Wasser und kann nicht aufhören darüber nachzudenken, wie Camillas Vaters ihr sowas antun konnte. Seit wann fand wohl bei ihr häusliche Gewalt statt? Bis jetzt habe ich nie bei ihr blaue Flecken entdeckt. Und außerdem, aus welchem Grund sollte ihr Vater so gewaltig werden? Was muss sie wohl angestellt haben? Andererseits wird sie morgen mit ihrem Onkel wegfahren, vielleicht ist das wirklich das richtige Wahl was sie getroffen hat.
„Hier!", höre ich hinter mir meine Mutter sagen. Ich drehe mich um und sehe, wie sie ein Teller voll Spaghetti für mich auf dem Tisch platziert und hindeutet ich solle essen.
„Ich bin schon satt", sage ich leise und lege das Glas von meiner Hand auf die Theke.
„Was ist los? Du hast mich nicht mal zurück gegrüßt beim vorbei gehen. Hast du irgendwelche Sorgen? Ahja, wenn du denkst, dass dein Vater dir noch immer verbietet im Haus zu essen, so ist das nicht. Also setzt dich hin und genieße dein Essen", lächelt sie mich an.
Ich kratze kurz auf den Nacken und sage: „Ich war ein letztes Mal mit Camilla essen, danke trotzdem!"
Sie setzt sich schnell hin und schaut zu mir rauf, als hätte es bei ihr plötzlich einen Klick gemacht. „Komm lass uns darüber reden", meint sie und schaut dann nachdenklich auf das Essen. Na gut, was will sie wohl reden?
Ich befolge ihren Befehl und setze mich gegenüber ihr hin.
Sie atmet auf und beginnt. „Aurelias Mutter hat mir die Wahrheit erzählt, was bei dem Hochzeitstag passiert ist. Ich...ich war enttäuscht als ich es gehört habe. Ausgerechnet mein Sohn hat die Hochzeit ruiniert." Ich wusste, dass das Kommen würde. Sie presst ihre Lippen zusammen und schaut mich eine Art an als hätte ich jemanden umgebracht. „Diese Frau hat alles gesetzt, damit ihre Tochter diesen einen Mann heiratet und was machst du? Ich mein klar du hast vielleicht Angst bekommen, dass deine beste Freundin nun heiratet und ihr euch nicht mehr so oft treffen könnt, aber Aiden, ihr seid jetzt schon erwachsen, eure Freundschaft würde sowieso nie so lange halten. Ich mein das Leben läuft nicht so. Aurelia muss eines Tages heiraten und eine Familie gründen, sie kann nicht jeden Jungen absagen und nur auf eure Freundschaft fixiert sein, sowas kannst du von ihr nicht verlangen!", erklärt sie. Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen und fixiere ihren Blick.
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