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Knapp eine halbe Stunde später sitzen wir gemeinsam beim Abendessen. Hashirama hat wirklich Nerven aus Drahtseilen.
"Hast du gar keinen Appetit?", fragt er, er klingt dabei leicht besorgt. "Nicht wirklich", entgegne ich. Ich hätte gerade fast den Löffel abgegeben.
"Also, was hattest du im Wald verloren?" "Du meintest, ich solle mich mal mit Jutsus auseinandersetzen, weswegen ich Tobiramas Suiton-Techniken ausprobieren wollte ... Ich habe das Ganze leider nicht bis zum Ende durchdacht."
"Verstehe." Er hat das verstanden?
"Pass bitte besser auf und gehe ohne mir Bescheid zu sagen nirgendwo mehr hin." Ich nicke sofort. "Werde ich." "Wäre ich nicht auf der Suche nach dir gewesen, wäre das Ganze wohl nach hinten losgegangen", lacht Hashirama, scheinbar um die Stimmung aufzulockern. Zum Lachen ist mir gerade allerdings nicht zumute, und das scheint er auch zu bemerken. "Du solltest trotzdem zumindest etwas Reis essen. Es ist immerhin Tobiramas Körper und es ist nicht gesund, zu lange nichts zu essen."
"Stimmt", murmele ich. Obwohl mir der Magen in den Kniekehlen liegt, fange ich still an zu essen.
"Und hat es am Ende zumindest etwas gebracht?", will Hashirama irgendwann wissen. "Ich bin zwar noch lange nicht auf eurem Level, aber ich würde sagen, ich habe zumindest die Grundlagen gemeistert ..." "Das freut mich zu hören", lächelt Hashirama sanft.
Irgendwie beruhigt mich seine Anwesenheit. Kein Wunder, dass jeder wollte, dass er der erste Hokage wird...
"Ich habe keine Ahnung, was wir jetzt machen", murmelt Hashirama, und ich schaue überrascht auf. "In welchem Kontext?"
"Ich überlege, ob es irgendeinen Weg gibt, den Kampf mit den Uchiha morgen aufzuschieben. Ohne Tobirama haben wir niemanden, der Izuna effektiv in Schach hält. Wir würden schwere Verluste beklagen. Außerdem würden zwangsläufig Fragen aufkommen, wenn Tobirama nicht mit auf dem Schlachtfeld ist. Aber selbst wenn ich dich mitnehmen würde, um keine Zweifel unter meinen Clan-Mitgliedern auszulösen, dann könntest du dich nicht verteidigen, und im schlimmsten Fall würden du und Tobirama draufgehen. Da wir keine Ahnung haben, wo sich Tobiramas Geist momentan aufhält, könnte entweder einer von euch draufgehen oder beide gleichzeitig. Jetzt, wo ich so drüber nachdenke, wie sieht es eigentlich an dem Ort aus, von dem du kommst? Du hast mir noch gar nichts über dich erzählt."
"Stimmt", sage ich nachdenklich. "Also, ich komme aus einem Land namens Japan. Dort besuche ich die erste Klasse der Oberstufe. Normalerweise sind Schüler bei uns ziemlich fixiert darauf, gute Noten zu schreiben, aber irgendwie bin ich in einer Klasse voller Loser gelandet. Sagen wir, das ist der Haufen, denen ihre Laufbahn eigentlich egal ist. Dementsprechend langweilig ist es dort. Aber im Gegensatz zu hier ist es um einiges sicherer. Es gibt zwar Kriege, aber momentan nicht bei uns. Dementsprechend lernen auch nur Leute das Kämpfen, die das nebenbei noch machen oder Interesse daran haben, später beruflich Sportler zu werden oder zum Militär zu gehen. Aber diese Begriffe sagen dir wohl überhaupt nichts."
"Tun sie nicht, aber das klingt alles sehr interessant", sagt Hashirama, während seine Augen strahlen. "Für einen Außenstehenden vielleicht. Ich kann mir allerdings nichts Öderes vorstellen, als mich über meine Welt zu unterhalten. Das Spannendste, das passiert, sind Dramen im Internet." "Internet?" "Erklär ich dir wann anders", meine ich. Ich habe jetzt gar keine Lust, mir zu überlegen, wie man jemandem erklärt, was das Internet ist.
Wir schweigen uns eine Weile an. Wenn wir schon mal dabei sind, über einander zu reden, kommt mir eine Frage in den Kopf.
"Wie schaffst du es eigentlich, Leute zu töten, wenn du das gar nicht möchtest?" Hashirama sieht kurz überrascht aus, lächelt mich dann aber beruhigend an. "Früher habe ich mich auch gefragt, warum man Leute umbringen sollte, die einem nichts getan haben. Aber darum geht es in einem Krieg nicht. Ich denke, jeder, der dem Tod schon mal ins Auge geblickt hat, wird an den Punkt gekommen sein, dass er eine Entscheidung treffen musste. Wenn es Dinge gibt, die man beschützen will, darf man nicht frühzeitig sterben. Und wenn es notwendig ist, andere dafür umzubringen, ist das durchaus bedauerlich und keineswegs gerechtfertigt, aber manchmal unausweichlich."
"Verstehe", murmele ich. Das klingt zwar so kitschig, dass ich behaupten würde, solch eine Ansprache in jedem Anime bereits gehört zu haben, aber jemandem gegenüber zu sitzen, der solch eine Einstellung wahrhaftig vertritt, ist noch mal etwas ganz anderes. Es berührt mich irgendwie sogar.
Ich erhebe mich. "Es wird spät, ich denke, ich gehe dann mal zurück auf Tobiramas... mein Zimmer." Hashirama wünscht mir eine gute Nacht.
Daraufhin gehe ich. Ich brauche einen Moment, um den Weg in Tobiramas Zimmer erneut zu finden, aber diesmal geht es schon deutlich einfacher. Ich blättere noch eine Weile durch Tobiramas Aufzeichnungen, bevor ich mich schließlich hinlege. Zwar habe ich heute bereits eine Menge geschlafen, jedoch ist auch viel passiert. Ich bin jedenfalls erschöpft. Nicht körperlich, sondern geistig.
Es fällt mir schwer, Izunas Sharingan aus dem Kopf zu kriegen. Sein Blick, sein Katana, der Moment, in dem er mich fast erstochen hätte ... wie eine dunkle Wolke hängt dieses Bild in meinem Kopf. Wie ein lautes Donnergraulen hält mich der Gedanke daran wach.
Während ich daliege und versuche, meine Gedanken zu ordnen, fällt mir erneut auf, wie absurd die ganze Situation doch ist. Ich bin in einem fremden Körper, in einer fremden Welt, und muss mich mit Problemen herumschlagen, die ich nicht einmal verstehe.
Ohne Hashiramas beruhigende Art hätte ich wahrscheinlich bereits vollkommen den Verstand verloren.
Dennoch schlafe ich irgendwann ein, in der Hoffnung, dass der nächste Tag weniger chaotisch wird.
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890 Wörter
danke fürs lesen ♡
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