Will der mich verarschen?
Was soll das denn schon wieder? Wir hatten einen verdammten Deal. Wütend auf meinen Vater, weil er sich nicht an unsere Abmachung gehalten hat, und wütend auf mich selbst, weil ich einen kurzen Moment dachte, er meint es ernst, stapfe ich nach Hause. Dicht hinter mir mein geplatzter Deal. Oder sollte ich den Teufel besser beim Namen nennen? Tom und Julio. Zwei breite Typen Ende dreißig. Beide sehen nicht gerade nett aus und das sind sie auch nicht. Außer man kennt sie. Dann weiß man, dass sie die nettesten Typen auf der Welt sein können. >>Verdammt, verdammt, verdammt. Wie konnte er nur?!<< Sage ich zu niemand bestimmten. Julio antwortet trotzdem. >>Ach komm schon, Gwynia. Er will nur dein bestes.<< Ja, ist klar. Die zwei tätowierte Riesen, der eine sogar mit tätowiertem Schädel, der andere mit Piercings im Gesicht, sind bestimmt mein bestes. >>Er hat es versprochen. Ich glaub es einfach nicht. Wie oft hatten wir deshalb schon streit?! Ich habe aufgehört zu zählen.<< Fast bin ich zu Hause. Tief Durchatmen, sage ich mir selbst. Mein Vater ist mindestens genauso stur wie ich. Wenn ich in meinem Zustand da herein gehe, wird das nicht gut emden. Da spreche ich aus Erfahrung. Ich drehe mich zu Julio und Tom um. >>Wünscht mir Glück.<< Dann gehe ich durch unser ein wenig herunter gekommenes Gartentor und die breite Einfahrt zu unserem Haus hoch. Bevor ich das gelbe Haus betreten kann, atme ich noch ein mal durch. Was soll schon passieren? Schlimmer als der restliche Tag kann es nicht werden. Dachte ich. Man muss vielleicht ein paar Dinge über meinen Vater wissen. Er ist nicht ganz so, wie normale Väter. Eher genau das Gegenteil. Das liegt wohl an seinem Beruf. Wenn man das Beruf nennen kann. Er ist Anführer einer der Clans der Mafia und einer der gefürchtetsten Männer Italiens. Die meisten Menschen haben angst vor ihm und ich weiß, dass mein Vater kein Heiliger ist. Sein Name ist Luca Rossero. Wir wohnen schon seit ich denken kann hier in San Luca, in Kalabrien in Süditalien. Wer sich ein bisschen auskennt weiß nun auch, dass mein Vater nicht irgend einer Mafia angehört. Sondern der kalabrischen Mafia Ndrangheta. Das hatte für mich bereits Vor-, als auch Nachteile. Die Menschen, mit denen ich verkehre sind Verbrecher, aber nicht nur Verbrecher. Sie haben ihre sieben Prinzipien, die sie auch einhalten. Die Männer in dem Clan meines Vaters wurden meine Familie. Durch den Einfluss meines Vaters habe ich außerdem den Schriftsteller Corrado Alvaro kennen lernen dürfen. Was ziemlich cool war. Naja, wie man sieht möchte ich mir nur Zeit rausschlagen. Ich sollte es hinter mich bringen und endlich rein gehen. Unsere Haustüre war nie abgeschlossen, also war ich ziemlich schnell hindurch. Jetzt musste ich nur noch in unserem nicht kleinen und auch nicht großem Haus meinen Vater finden. Meine Wut war immer noch nicht verraucht, deshalb wurde mir auch erst zu spät klar, dass mein Vater nicht alleine ist. >>Wie konntest du nur!<< Schreie ich, während ich in sein Arbeitszimmer platze. Mir stehen mein Vater und mein schlimmster Albtraum gegenüber. Erdboden tue dich auf. Das darf einfach nicht wahr sein. Nicht ein einziges Mal kann etwas funktionieren. >>Hallo Tochter. Ich bin noch beschäftigt. Wir reden später darüber.<< Ich sollte gehen und jetzt keine Szene machen, aber ich war noch zu wütend. Das ist meine einzige Erklärung für mein folgendes Verhalten. Meine einzige Erklärung dafür, dass ich vor diesem Kerl, der glaubt er wäre der größte, mein Gesicht verliere. Aber wahrscheinlich weiß Alejandro Ventura nicht einmal, wer ich bin. Wahrscheinlich hat er mich einfach nie bemerkt, weil er so mit sich selbst beschäftigt war. Also kann mir egal sein, dass er hier ist. Das ist meine Erklärung, warum ich meinen Vater jetzt vor Alejandros Augen anschreie. >>Du hast es versprochen. Warum tust du mir das an? Ich möchte ganz normal behandelt werden, wie jeder andere auch. Aber du sperrst mich regelrecht ein. Ich brauche niemanden der auf mich aufpasst. Ich bin langsam alt genug und Julio und Tom sind nicht gerade unauffällig.<< Meine Arme zittern, so sehr steigere ich mich da hinein. Ich gebe auch zu, ich übertreibe. Mein Vater und ich hatten den Deal, dass ich versuche selbstständiger zu werden und er mir mehr Freiheit lässt. Dazu gehörte, dass er mir niemanden mehr zum Schutz mitschickt. Das ist ja wohl nicht zu viel verlangt. Meine Klassenkameraden sollen nicht wissen, dass ich anders bin. Nur müssen die schon ziemlich doof sein, wenn die Tom und Julio nicht bemerken. Die beiden sind Gorillas. Meine Mitschüler kennen mich als zurückhaltende Einser Schülerin, nicht als ausrastende Tochter eines Verbrechers. Wie man sieht bin ich nicht immer die Vorzeigeschülerin. Ich bin zum einen Gwynia, die Streberin und zum anderen Gwynia, die Tochter von Luca Rossero. Ich kämpfe gegen ein Leben, in dem ich nichts bestimmen darf. Ein Leben in dem Bodyguards auf mich aufpassen sollen und in dem jeder meiner Schritte überwacht wird. Es ist nicht so, dass ich mein Leben hasse, aber ich brauche meine Freiheit. Etwas Luft zum Atmen. Und diese Luft verteidige ich. Genau das macht mich aus. Mein Leben ist aber nicht nur wie das einer Gefangenen und ich weiß dass mein Vater Gründe für sein Verhalten hat. Ich werde ja auch nicht mit zu viel Beschützerinstinkt erdrückt. Wenn die Jungs da sind, entspannt mein Vater sich. Sie sind alle wie Brüder oder Onkels für mich und bilden alle zusammen meine etwas schräge Familie. Für mich ist es egal, ob sie Ndrangheta sind oder nicht. Ich liebe sie. DAS IST MEINE FAMILIE.
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