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Die Reise geht länger als sie dachte. Ist der Stützpunkt so weit außen? Nun gut, je weiter draußen desto ruhiger ist es unter Umständen. Vielleicht doch keine so schlechte Idee ihn dort hinzubringen. Sie reiten nur einen kurzen Weg erst entlang des Nils, wobei sich die junge Frau den einmal in seiner glorreichen Leere ansehen kann. Sie sieht aber auch ein paar Nilkrokodile, die sich in der Hitze am Ufer zu sonnen scheinen und ihre Mundwinkel gehen hoch, als ihre Augen den kurzen Blick auf ein paar Nilpferde erhaschen können! So etwas sieht man nicht einfach so. Marik bringt sie aber nach einer kurzen weile vom Nil weg und sie reiten gemeinsam durch einen kleinen Teil der Wüste, ehe sie auf Gestein treffen und sich der Sand nun auf Felsformationen wiederfindet. Den Pferden scheint das aber relativ wenig auszumachen, was Charly wirklich positiv findet. Immer wieder geht ihr Blick die Felsen hinauf und sie kann nur daran denken wie einfach hier ein Überfall wäre. Einfach nur die Schlucht blockieren und schon hätte man sie in der Falle, aber wieso macht sie sich überhaupt Sorgen darum? Das hier sollte sicheres Gebiet sein und Marik wird schon wissen welche Routen sicher sind und welche nicht. Sie beruhigt sich selbst wieder und ist noch entspannter als sie wieder aus der Schlucht raus sind. Die Paranoia haut teilweise wirklich rein, das ist ekelhaft. Mit einem Mal bleibt Marik stehen und fast sofort tut dies auch Charlette. Fragend blickt sie zu ihm, doch er sieht mit zusammengekniffenen Augen in eine bestimmte Richtung. Nun auch ein wenig unsicher folgt sie seinem Blick, kann aber nichts erkennen. Was soll da sein? Steine. Sie sieht Steine, Felsen und Sand, mehr ist da einfach nicht. Im nächsten Moment schnalzt Marik mit der Zunge und sie sieht wieder zu ihm, merkt wie er sein Pferd beschleunigt und sie folgt ihm ohne zu zögern. Sie ist ein wenig überrascht als sie in den vollen Galopp übergehen und braucht einen Moment um sich wieder dort einzufinden. War lange her dass sie reiten gelernt hat, aber man verlernt es eben nicht. Ist wie Fahrradfahren. Der Sand wirbelt hinter ihnen auf und das Schnauben der Tiere ist fast das Einzige was zu hören ist. Die vom Sand gedämpften Hufe lassen auch noch darauf hinweisen dass sich etwas nähern könnte, doch sonst ist Marik still und sieht sich nur immer wieder um. Nicht um nach der jungen Frau zu sehen die neben ihm her galoppiert. Um zu sehen ob man sie verfolgt. Sie rasen noch gute 10 Minuten, bis er wieder langsamer wird und beide Pferde in einen gemütlichen Schritt übergehen. Sowohl Reiter als auch Tiere schwitzen aufgrund der Hitze und er holt einen Trinkbeutel heraus den er ihr gibt. Dankbar trinkt sie ein paar Schlucke, ehe sie ihn zurückgibt und ihn mit dem fragenden Blick durchlöchert. Marik steckt den Beutel wieder zurück und deutet an einen Bogen zu spannen, ehe er nach hinten deutet. Perplex starrt sie ihn an, blickt dann zurück und dann wieder zu ihm. Da war ein Bogenschütze? Wo? Verwirrt deutet sie sich auf ihre Augen, denn sie hat überhaupt nichts gesehen. Das lässt ihn so ein wenig stolz schmunzeln und er nickt. Er ist schon ein paar Jahre dabei, da sollte man so etwas erkennen. Man bekommt mit der Zeit seine Erfahrung nach was man Ausschau halten muss und wann man auf sein Gefühl hören sollte. Es ist nicht mehr weit bis zur kleinen Festung, die eigentlich nicht viel mehr als ein Stützpunkt ist, an dem der Wachmann stationiert ist den man für ein paar Monate zu einem normalen Wachdienst degradiert hat. Aber immer noch eine bessere Strafe als zu Tode gepeitscht zu werden. Das ist ein langer und schmerzhafter Tod vor dem Charly ihn gerettet hat. Sehr zum Missfallen des Pharaos, aber dieser hält sich an die Wünsche des Geschenks. Soweit Marik weiß ist ihm der Name von ihr immer noch nicht bekannt und er wird erneut ein wenig stolzer als er daran denkt dass er mehr weiß als der Herrscher selbst. Den Rest des Weges passiert nichts und so erreichen sie den Außenstützpunkt nicht lange danach. Während Charlette sich neugierig umsieht, sieht sich auch Marik um. Aber nicht weil er schon lange nicht mehr hier war, sondern weil hier etwas nicht stimmt. Normalerweise wird man schon von einer Wache begrüßt um den Grund anzugeben wieso man hier sei. Niemand hält auf dem eigens dafür gebauten Turm Ausschau. Es ist totenstill, nur der leichte Wind bringt ein wenig Sand in Bewegung. „Charly." Die junge Frau hört sofort und sieht zu ihm, ehe er durchpariert und stehenbleibt. Skeptisch bleibt auch sie stehen und er steigt ab. Mit einer erhobenen Hand zeigt er ihr an auf dem Pferd zu warten um schnell fliehen zu können wenn es sein müsste. Mit dem Chepesch in der Hand geht Marik vorsichtig und vor allem leise immer weiter auf das Gebäude zu. Er ist angespannt, die Konzentration liegt auf der Unterkunft vor ihm. Was ist hier passiert? Wieso ist hier niemand? Hier müssen immer mindestens fünf Mann sein um als vollständiger Wachtrupp diese Seite der Grenze im Blick behalten zu können. Er kann aber nichts sehen was irgendwie helfen würde zu identifizieren was hier passiert ist. Höchstwahrscheinlich wird Marik im Gebäude auf einen Hinweis stoßen. Charly hingegen sieht sich skeptisch um und entdeckt auf dem Pferd etwas in der Ferne. Der Höhenunterschied macht es aus, da sie über eine kleine Steinformation hinweg blicken kann. Marik kann sie aber jetzt nicht stören und weit weg ist sie ja nicht, also steigt sie ab und sieht dem Wachmann dabei zu wie er in das Gebäude geht. Ob das wirklich so eine gute Idee ist einfach allein dort hin zu gehen? Aber er lässt sie ja auch allein hier draußen stehen, was sollte es also für einen Unterschied machen? Ein letztes Mal blickt sie zu dem Gebäude in welchem er verschwunden ist, ehe sie sich selbst in Bewegung setzt um dort hinter die Steine zu sehen. Nur ein einziger Blick, mehr ist es schon nicht!
Ja, mehr ist es nicht. Dachte sie. Sollte sie jemals ein Beispiel für Schock brauchen, so hat sie es nun. Fliegen surren über die blutigen Leichen und laben sich daran. Es sieht aus als habe schon etwas an den Männern genagt und ihr kommt ein übler Geruch entgegen. „Marik?" Die blauhaarige dreht sich um und sieht zum Haus. „Marik!" Dieser kommt im nächsten Moment aus dem Haus gelaufen da er schon denkt dass sie irgendjemand angreift oder sie in Gefahr schwebt! Es braucht einen Moment sie zu finden, da sie nicht auf ihrem Pferd sitzengeblieben ist wie er eigentlich befohlen hatte. Sie winkt ihn zu sich und in einem lockeren Laufschritt kommt er zu ihr und kann den Geruch schon etwas weiter entfernt wahrnehmen. Der Wachmann wird langsamer und bleibt neben ihr stehen. Sieben Männer liegen nackt und getötet auf dem Boden hinter einer Steinformation die den Blick darauf erst einmal verwehrt hat. Um sie vor dem Anblick zu schützen, hält er ihr eine Hand vor die Augen, doch sie nimmt nur seinen Unterarm und senkt ihn wieder. Für einen Moment hält sie den Atem an als sie den Rücken desjenigen erkennt, weswegen sie eigentlich dort hin wollten. Charlette lässt ihn los und steigt vorsichtig über die anderen Leichen, ehe sie neben dem Mann in die Hocke geht. Der Gestank wird sich in ihren Kleidern festsetzen, die Bilder in ihrem Kopf. Dennoch hat sie das Gefühl dort sein zu müssen. Sie hatte ihm geholfen dem Tod von der Schippe zu springen und er wurde bei der nächstmöglichen Gelegenheit umgebracht. Marik beobachtet sie dabei, wie sie sich zwischen den Leichen umsieht, behält aber auch gleichzeitig die Umgebung im Blick. Es kann gut sein dass die Leute die das getan haben nicht weit entfernt sind. Zwar liegen die Leichen schon länger dort, wenn man dem generellen Zustand glauben schenken mag, aber das heißt noch lange nichts. Ob der Bogenschütze zu ihnen gehörte? Die blauhaarige Frau runzelt die Stirn als sie etwas auf dem Boden liegen sieht was nicht so zu der Umgebung passt. „Marik?" Sie geht in die Hocke und zieht die kleine Waffe hervor die halb unter einer der Männer gelegen hat. Ein kleiner Dolch, aber er sieht überhaupt nicht aus wie die, die sie im Palast gesehen hat und die die Wachen dort tragen. Vorsichtig kommt er zu ihr und nimmt den Dolch aus ihrer Hand. Das Blut auf der Klinge ist getrocknet und auch das auf dem Heft ist schon trocken. Skeptisch mustert er die kleine Waffe von allen Seiten, ehe er etwas entdeckt was ihn die Augenbrauen hochziehen lässt. Diese kleine Entdeckung zeigt er Charly, die es im ersten Augenblick kaum wahrnehmen kann. Ganz fein ist etwas in das Kreuz, den Teil zwischen Heft und Klinge, eingraviert worden. Das muss eine Menge Arbeit gewesen sein es so hauchfein zu bearbeiten und keinen Fehler zu machen! Marik deutet auf das Zeichen, welches für sie so etwas wie einen Adler darstellt, oder irgendeinen Vogel mit gespreizten Schwingen. „Echra." Meint er jetzt damit die Gruppe die dahintersteckt, oder irgendein bestimmtes Wort welches sie verstehen soll. Oder ist dass das Wort für das Symbol? Marik deutet noch einmal auf den Vogel und wiederholt das Wort, bis sie versteht. Dann heißt diese Gruppe wohl so, was das wohl in der Sprache bedeutet? Charly sieht von dem Dolch zu den Leichen und presst die Lippen aufeinander. Sie sind hergekommen um einen Besuch abzustatten, nicht um Tote zu finden. „Marik...?" Langsam dreht sie den Kopf zu ihm und schluckt, ehe sie ihn umarmt. Es ist wirklich etwas anderes ‚normale' Leichen im Krankenhaus zu sehen, als brutal zugerichtete Männer die mit voller Absicht getötet wurden. Überrascht blickt der Wachmann zu ihr hinunter und legt ihr vorsichtig eine Hand auf den Rücken, mit der anderen hält er das Chepesch und den Dolch fest um schnell genug reagieren zu können. Vielleicht ist sie ein Geschenk der Götter, aber im Augenblick ist sie ein ganz normaler Mensch mit ganz normalen Gefühlen und Emotionen, so kommt es ihm zumindest vor. Und wenn man nicht an den Anblick gewöhnt ist, braucht es ein bisschen um die Angst, die Trauer und das Entsetzen zu überwinden. Wobei er bezweifelt dass das bei ihr so schnell funktionieren wird. Charlette hingegen entspannt sich langsam wieder. Diese Bilder werden ihr nicht mehr aus dem Kopf gehen, der Geruch wird für immer in ihr Gedächtnis gebrannt sein. Dennoch ist es beruhigend dass Marik da ist und es zulässt dass sie ihn einfach antatscht und umarmt. Im generellen tut menschliche Berührung gut im Moment, beruhigt wirklich. Tief atmet sie noch einmal ein, bereut es und atmet wieder aus, ehe sie ihn wieder loslässt und ihm dankbar zunickt. Dann sieht sie wieder zu den Leichen und kaut sich auf der Innenseite der Wange herum. Selbstjustiz ist nicht einfach, besonders nicht wenn sie nichts modernes hat was ihr helfen könnte. Das alte Ägypten ist und bleibt eben das ALTE Ägypten. „Charly." Marik drängt sie auf die Seite und in Richtung der Pferde. Er gibt irgendetwas von sich, was sie wieder einmal nicht verstehen kann. Doch WAS sie versteht ist die Eile zu der er sie antreibt.
Sie entwischen ein paar unbekannten Gestalten gerade noch so und jagen mit ihren Pferden über den heißen Wüstensand. Immer wieder kontrolliert Marik ob sie da ist und ob sie verfolgt werden. Zum Glück kann er nichts feststellen, behält das Tempo aber weiterhin bei um einfach sicher zu gehen. Den Dolch hält er fest in der Hand, das Chapesch hat er wieder an seinem Gürtel verstaut. Bei der Schlucht reitet er voraus da er nun nicht wirklich auf die Umgebung hören kann. Die Pferde schnauben und trampeln, es besteht kaum die Möglichkeit etwas anderes zu hören. Durch die Geschwindigkeit ist es selbst für geübte Männer wie ihn schwierig etwas auszumachen, aber nicht unmöglich. Dennoch kommen sie unbeschadet zurück zur Stadt, in welcher sie das Tempo verringern. Aber auch nur von einem vollen Galopp zu einem normalen, denn er muss die Nachricht sofort an den Pharao weitergeben. Das ist nichts womit man spaßen sollte und wenn sie sogar am hellichten Tag einen Außenstützpunkt angreifen und die Männer dort niedermetzeln, das wird ihm überhaupt nicht gefallen. Während Marik vornweg den Weg freimacht, ist Charly immer dicht hinter ihm und muss sich darauf konzentrieren nicht abgehängt zu werden. Jede Abbiegung ist eine Gefahr ihn zu verlieren, jede Person die ihnen in den Weg läuft eine Gefahr umgerannt zu werden. Sie versteht nicht viel von der Situation, aber das was sie versteht ist nicht gut. Der Dolch hat ein Zeichen welches Marik kennt und er war nicht wirklich entsetzt darüber dass sie tot waren. Gut, vielleicht überspielt er das auch, kann auch sein. Aber das Zeichen war ihm bekannt, somit der Name und das wiederum heißt für sie, dass sie wohl schon länger mit dieser Gruppe zu tun haben. Doch die jetzige Reaktion zeigt ihr, dass sie es wohl noch nie so extrem herausgefordert haben. Schon von weitem kann man sehen wie die beiden zum Stall galoppieren und so werden die Tore geöffnet und die Männer stehen bereit um die höchstwahrscheinlich ausgelaugten Pferde in Empfang zu nehmen. Auch stehen Männer und Frauen mit Trinken und Tüchern bereit um den Schweiß bei den Reitern abzuwischen. Marik bremst sein Pferd erst im Stall, während Charly kurz danach reingetrabt kommt und die Stute sanfter zum Stehen bringt. Die Nüstern sind weit gebläht, das Fell verschwitzt und sie kann auch sehen dass sie ein wenig zittert. Das dürfte jetzt auch eine halbe Stunde vollspeed gewesen sein, gefolgt von dem Labyrinth der Stadt. Marik springt ab und gibt Befehle, sie steigt ein wenig gediegener herunter. Aber auch ihre Beine zittern und selbst ihre Hände sind nicht mehr wirklich still. Das eigene Herz rast, sie ist verschwitzt und die blauen Haare kleben ein wenig am Kopf. Doch Marik muss gar nicht auf sie warten, denn wie ein Schatten ist sie sofort an seiner Seite und folgt ihm durch die Gänge laufend bis zu jenem Raum des Kerls, den sie hin und wieder nervt. Die Wachen davor sehen sie unverständlich an und während Marik mit ihnen redet, lehnt sich Charly nach Luft schnappend an die nächste Wand und rutscht nach unten auf den Boden. Sie braucht definitiv eine bessere Ausdauer! Ihr Wachmann sieht dies, seufzt und geht zu ihr, ehe er in die Hocke geht und sie besorgt ansieht. „Charly?" Sie hebt den Kopf und lächelt erschöpft. Leicht schüttelt sie den Kopf und deutet damit an, dass alles in Ordnung ist während sie abwehrend eine Hand hebt. Zwar würde Marik nun gern rein gehen, aber allein wird er sie nicht lassen auch wenn die Wachmänner sich um sie kümmern könnten. Also steht er auf und hält ihr seine Hand hin. Immer noch nach Luft schnappend, aber schon ein wenig ruhiger, betrachtet sie seine Hand und schnaubt amüsiert, ehe sie seine Hand nimmt und er ihr beim Aufstehen hilft. Eine der Wachen ist schon reingegangen um bescheid zu geben dass es wichtig ist und somit treten die beiden auch in das Privatgemach ein.
Dieses Zimmer unterscheidet sich nicht viel von ihrem eigenen, so viel kann sie schon einmal feststellen. Das große Bett in der Mitte, die Tierfelle, die Deko, das ist alles fast gleich. Nur ist der Raum hier noch einmal größer, das ist aber schon der einzig wirklich merkenswerte Unterschied. Marik geht auf die Knie und blickt den Boden an, um dem Pharao seinen Respekt zu zollen. Charlette sieht auf ihn runter, dann zu dem Kerl und dann wieder zu ihrem einzigen Freund hier. Der verhält sich echt so als wäre der Kerl ein großes Tier. Marik fängt an zu erzählen was passiert ist und irgendwann bekommt er den Befehl aufzustehen. Alnasr ist es gewohnt dass sich die blauhaarige Frau nicht den Regeln unterwirft welche sie besitzen und für ihn ist es eher ungewohnt sie außer Atem zu sehen. Und- Ist das Blut an ihrer Hand? Diese Frage gibt er an seinen Wachmann weiter der sich aufgerichtet hat und nun zu Charly sieht. Er selbst hebt die Hand und deutet dann auf sie, ehe sie selbst ihre Hand hebt. Im ersten Moment ist sie geschockt, hat sie sich selbst verletzt? Dann aber erinnert sie sich an das Untersuchen der Leichen und daran, dass sie den Dolch unter einer Leiche hervorholen musste. Einer blutigen Leiche. Wissend nickt sie und sucht Marik mit den Augen ab, ehe sie den Dolch erkennen kann. Mit einem entschuldigenden Lächeln zieht sie ihm jenen aus dem Gürtel raus und hebt ihn leicht hoch, ehe sie ihre Hand vorsichtig auf das Blatt legt und so tut als würde sie die Klinge rausziehen. Verwirrung. Sie stiftet damit nur Verwirrung. Leicht frustriert seufzt sie und denkt nach. Wie kann sie es sonst noch sagen dass das nicht ihr Blut ist? Nachdenklich streicht sie sich am Kinn herum und spürt die Kruste des getrockneten Blutes auf ihrer Haut. Getrocknetes Blut. Blut. Flüssig? Zeichnen! Aber wie? Es ist getrocknet. Zeichnen...? Idee! Ihre Augen gehen wieder zu Marik und sie tut so als würde sie in der Luft schreiben. Wenigstens das versteht er und so stellt er dem Herrscher die Frage ob dieser etwas Papyrus und Kohle hätte, denn Tinte ist im Moment rar. Natürlich hat er so etwas immer in seinem Raum und er gibt dem Geschenk der Götter die Utensilien. Sie bedankt sich mit einem Lächeln und setzt sich auf den Boden. Sowohl Marik, als auch Alnasr stehen über sie gebeugt da und warten darauf was sie zeichnet. Erst ist so etwas wie ein Schädel zu sehen, dann hebt sie ihren Kopf und zeigt sieben Finger. Zustimmend nickt Marik und gibt weiter, dass es eben sieben Leichen waren die sie gefunden haben. Dann folgt etwas, das aussieht wie... ist das ein Pferd? Warte... ein Mensch? Ist das eine der Leichen?! Über diesen Körper kommt der Dolch hin, gefolgt von einem Pfeil der von dem Dolch auf den Bauch der Leiche geht, wo sie diesen erneut hinmalt. Der Dolch war unter der Leiche, soweit versteht Marik. Dann folgen dunkle Flecken und ein paar Striche auf der Leiche. Was sollen die Striche? Diesmal ist es Alnasr der fragt ob es vielleicht die Wunden sein könnte. Für einen Moment ist der Wachmann still, ehe er nickt. Könnte sein. Aus den Wunden tritt Blut aus und sie deutet von dem auf ihre eigene Hand. Das Blut stammt also von der Leiche als sie den Dolch darunter hervorgezogen hat! Beide Männer sind erleichtert und sie kann wieder aufstehen, ehe sie sich den Kerl noch einmal ansieht dem Marik wohl alles erzählt hat. Im nächsten Moment deutet sie auf sich und nickt. „Charly." Alnasr runzelt die Stirn und blickt zu Marik, der ebenfalls nickt und ihm erklärt dass das ihr Name sei. Perplex blinzelt der Pharao und kann es nicht fassen dass ein einfacher Wachmann vor ihm wusste wie das Geschenk der Götter heißt. Und dann hat er es ihm nicht gesagt! Sein Fehler? Laut werden und Marik anbrüllen dass es schon fast Verrat ist was er getan hat. Er tritt sogar einen Schritt auf ihn zu, bevor er Charlette direkt in die Augen blickt. Diese hat alles fallen gelassen und sich kurzerhand zwischen die beiden gestellt. Schützend vor Marik, der im ersten Moment überrascht ist, dann aber seufzt und den Kopf schüttelt. Es ist wirklich toll dass sie ihn verteidigen will, aber das führt doch zu nichts. Die blauhaarige umgreift das Heft des Dolches noch fester, räuspert sich und hebt die Waffe. Sie wird sie nicht einsetzen, aber damit drohen ist auf jeden Fall drin. Daraufhin geht Alnasr einen Schritt zurück und sie lässt den Dolch wieder sinken, der ihr von Marik sofort weggenommen wird. Dagegen tut sie nichts, sondern dreht nur leicht ihren Kopf und sieht ihn besorgt an. Ein vorwurfsvoller Blick seinerseits ist die Folge und er schüttelt nur den Kopf. Das könnte die Dinge einfach so extrem verkomplizieren und sie hat nicht einmal eine Ahnung wen sie da gerade bedroht hat. Die junge Frau weiß jetzt nicht so wirklich warum er so schlecht gelaunt ist, aber es wird schon seinen Grund haben. Ein Räuspern lenkt die Aufmerksamkeit wieder auf den Pharao und er deutet auf sich. „Alnasr."
Und wie soll sie das aussprechen? Charly probiert es wirklich, aber schlussendlich reibt sie sich leicht frustriert den Nasenrücken. „Al-na... fuck." Sie bekommt es nicht auf die Reihe. Es wird so komisch für sie ausgesprochen und ihre Zunge verknotet sich eher, als dass sie das irgendwie hinbekommen würde es richtig auszusprechen. Marik presst seine Lippen aufeinander und sieht in die verschiedensten Richtungen um nicht zu lachen, während der Pharao nicht weiß ob er lachen oder weinen soll da sie seinen Namen nicht aussprechen kann. Das ‚r' gleich hinter dem ‚s' bricht ihr jedes Mal das Genick. „Kann ich nicht einfach Alnasir sagen? Alter..." Es ist frustrierend es nicht hinzubekommen. „Al..nasir?" Der Pharao spricht diesen Namen aus und sieht dabei Charly an, dessen Namen er einigermaßen hinbekommt. Sie hebt den Kopf und nickt, ehe sie entschuldigend lächelt. „Alna-" Dabei schüttelt sie den Kopf und sieht kurz auf die Seite, ehe sie ihn wieder ansieht. „Alnasir." Dabei nickt sie und probiert dann wieder seinen eigentlichen Namen, wobei sie gestikuliert dass sie ihn einfach nicht aussprechen kann. Alnasr mustert sie skeptisch, ehe er seufzend nickt. „Alnasir." Dann wird sie ihn wohl so nennen. Er will dass sie ihn beim Namen nennt und wenn sie einen benutzt der ähnlich klingt wie der eigentliche, dann muss das reichen. „Okay... also Marik mein Wächter und einziger Freund und... Alnasir dessen Stellung ich immer noch nicht kenne. Nice." Beide Männer sehen zu ihr, während sie die Arme verschränkt und auf den Boden sieht. Wie kommt sie jetzt am besten an die Informationen ran die sie braucht? Es ist das alte Ägypten, Zeit der Pharaonen und Götter. Problem Nummer eins ist wohl, dass sie keine Ahnung hat wie sie wirklich gut kommunizieren kann. Problem Nummer zwei, sie kennt sich hier überhaupt nicht aus was die Götter angeht. Sie kennt Osiris, Ra, Toth, Anubis, Bastet, Isis und Nephtys. Das wars. Ihr Wissen über die Götter hält sich sehr in Grenzen, aber wofür bräuchte sie es auch im 21. Jahrhundert? Das hier... Das hier ist wahrscheinlich noch vor der Zeitrechnung wie sie es kennt. „Charly?" Aus ihren Gedanken gerissen hebt sie den Kopf und sieht zu dem Pharao, der die Stirn gerunzelt hat. Doch sie lächelt nur leicht und winkt ab. Was soll sie ihm sagen was er verstehen könnte? Nichts. Kurz denkt Alnasr nach und nickt dann, ehe er seine spontane Idee an Marik weitergibt. Dieser zieht eine Augenbraue hoch, nickt aber und verneigt sich, ehe er geht. Charly folgt ihm wie immer, doch er hält sie mit einer erhobenen Hand auf und deutet auf den Boden. Sie soll hier bleiben? Ihr fragender Blick lässt ihn nur nicken und somit geht er und lässt die junge Frau wirklich mit dem Kerl allein den sie hin und wieder nervt. Täglich. Keiner der beiden sagt etwas, da eine Konversation nutzlos ist. Eine schon fast peinliche Stille herrscht und die junge Frau hebt das auf, was sie vorhin wegen Marik fallen hat lassen. Mit einem fragenden Blick sieht sie Alnasr an, ehe dieser auf einen Tisch deutet von dem er es geholt hat. Sie legt es dort hin und entdeckt ein paar Papyrusrollen. Eine ist offen und auch wenn es unhöflich ist, sieht sie sich die Bilderschrift an. Aber sie kann überhaupt nichts damit anfangen, weswegen es so oder so nutzlos ist. Der Pharao beobachtet sie und geht schlussendlich zu ihr um zu sehen was sie so interessiert. Er deutet auf die Schriftrolle und sie legt den Kopf schief, ehe sie nickt und dann wieder den Kopf schüttelt. Kurz hebt sie die Hand und nimmt noch einmal das Papyrus und die Kohle, die sie vorher benutzt hat. Damit schreibt sie das Alphabet auf, mit welchem sie aufgewachsen ist und gibt zu jedem Buchstaben auch den Laut an, was ihn wiederum total fasziniert. Die Schrift der Götter, so seine Gedanken. Er hat noch nie in seinem Leben so eine Schrift gesehen und es gibt verschiedene Linien. Manche geschwungen, manche eckig. Dennoch ist nichts bekanntes dabei. Charlette zeichnet ein paar dieser Linien und deutet auf sich. „Charly." Sie hat einfach ihren Namen geschrieben, ehe sie seinen schreibt. In zweifacher Ausführung, einmal mit und ohne dem ‚i'. So schreibt man ihn also in der Schrift der Götter, faszinierend! Vorsichtig streckt er die Hand aus und sie gibt ihm das Stück Kohle, ehe er sich das Papyrus nimmt und anfängt ihren Namen zu schreiben. Es gibt keine direkte Übersetzung in ihre Schrift, aber das ist das ähnlichste was es dafür gibt. Neugierig stellt sie sich direkt neben ihn und sieht ihm über die Schulter, während er Zeichen nach Zeichen macht. „Charly." Er sieht wie ihre Augen anfangen zu glänzen als wäre sie ein kleines Kind welches gerade eine Belohnung bekommen hat. Alnasr hat oftmals darüber nachgedacht wie er ihr helfen könnte sich auszudrücken. Doch wenn er bedenkt dass ihre Schriftzeichen sich auf 26 beschränken und ihre Schrift bis zu 700 Zeichen beinhaltet, wäre es wohl einfacher ihr beizubringen wie man spricht ehe man mit der Schrift anfängt. Somit hat er sich ein neues Ziel gesetzt. Er wird ihr beibringen seine Sprache zu sprechen! Und das wird nur er machen, niemand anderes hat die Erlaubnis. Gut, vielleicht noch Marik.
Doch erst einmal wird eine kleine Feier veranstaltet um sie endlich nach all den Tagen richtig begrüßen zu können. Natürlich vergisst Alnasr nicht was passiert ist, die Anweisungen für die Verstärkung der verschiedenen Festungen hat er schon gegeben. Auch soll jener Außenstützpunkt, der überfallen und fast niedergemacht wurde, erneut besetzt werden. Aber mit doppelt so viel Männern! Und er will regelmäßig auf den neusten Stand gehalten werden, immerhin sollte das nicht noch einmal passieren. Zuvor wird aber noch für Horus eine kleine Zeremonie abgehalten. Als Schutzgott für die Pharaonen wird ihm auch noch einmal gedankt, ihnen das Geschenk geschickt zu haben. Nun aber wird Musik gespielt, Essen und Getränke werden aufgetragen und einige seiner besten Verbündeten sind ebenfalls zu besuch gekommen nachdem er sie spontan eingeladen hat. Die Flöten und Trommeln ergeben eine stimmige Musikeinlage, während man sich unterhalten kann. Charly weiß nicht so ganz wie sie sich fühlen soll und bleibt immer bei Marik, der sich endlich einmal entspannen kann. Auch leichtbekleidete Damen und Männer laufen herum und entführen die ein oder andere Person in gewisse Hinterzimmer. Alkohol fließt in Strömen, während sich auch Alnasr gut unterhalten fühlt. Als Marik von einer der Frauen mitgenommen wird, steht die junge Frau schlussendlich komplett allein da und sieht ihm unsicher hinterher. Und was soll sie jetzt machen? Sie kennt hier niemanden außer den Kerl bei dem sie langsam aber sicher das Gefühl hat dass er der höchste Befehlshaber ist. Der Herrscher. Der... Pharao. Das bedeutet dass sie dem Pharao Kinderstreiche gespielt hat. Sie hat ihn bedroht! Und sie hat ihn vor allen Leuten gedemütigt als sie den Mann weggeschleppt hat den er zu Tode peitschen wollte. Ach du scheiße, die Erkenntnis ist jetzt nicht die beruhigendste. Charlette zieht sich so gut es geht zurück, ohne direkt aufzufallen und ohne direkt zu verschwinden. Sie fühlt sich alles andere als wohl und würde sich am liebsten in ihr Bett verkriechen. Hunger hat sie auch nicht wirklich und getrunken hat sie bisher Wasser. Aus dem Augenwinkel sieht sie wie jemand auf sie zukommt und dreht ihren Kopf dort hin. Der Stoff den der Mann trägt sieht teuer aus, die Perücke aus Echthaar sitzt perfekt, die Schminke ist fast zu viel und dennoch passt es irgendwie. Er spricht sie an, hält ihr sogar einen Krug hin, doch sie lächelt nur und lehnt mit einem Kopfschütteln ab. Erst ist der Mann enttäuscht, lächelt dann aber und redet weiter und weiter und immer weiter. Charly fühlt sich immer unwohler, kann es aber nicht wirklich sagen oder zeigen ohne unhöflich zu wirken und die Party vielleicht zu sprengen. Er fängt an über irgendetwas zu lachen und hält ihr den Becher wieder hin, diesmal ein wenig auffordernder. Doch wieder lehnt sie ab und sieht dann auf die Seite. Kann er nicht einfach abhauen? Kann er sie nicht einfach in Ruhe lassen und mit irgendjemand anderem reden? „Charly?" Aufgrund der bekannten Stimme ist sie schon erleichtert, doch noch erleichterter ist sie, als sie Alnasr erkennt der sie anlächelt und dann zu dem Gast sieht. Irgendetwas wird ausgetauscht, woraufhin er sich tief verneigt und fast augenblicklich abhaut. Der Pharao sieht ihm entgeistert hinterher, ehe er sich der jungen Frau wieder zuwendet. Dass sie sich alles andere als wohl gefühlt hat in der Nähe dieses Gastes hat er leider erst viel zu spät gesehen und so entschuldigt er sich, in dem er sich eine Hand auf die Brust legt und den Kopf neigt. Als er sie wieder ansieht merkt er ihr Lächeln und ist selbst wieder entspannter. Gut dass er helfen konnte, er hätte es sich nie verziehen wenn sie geflüchtet wäre weil er nicht auf sie aufpassen kann. Im nächsten Moment sieht Charlette auf die Seite und erkennt, dass sie angestarrt werden. Leises Geflüster ist zu hören und Alnasr gibt einen Befehl von sich der zutiefst genervt klingt. Augenblicklich sieht man von ihnen weg und er blickt sich selbst noch einmal um, damit auch wirklich jeder gehört hat dass man nicht starren sollte. Wenigstens etwas auf das man hier hören kann. Er spürt etwas um sein Handgelenk und sieht sofort dorthin, nur um festzustellen dass Charly ihre Hand darum gelegt hat und immer wieder unsicher auf die Seite sieht. Doch was wäre er für ein Pharao und für ein Mann wenn er so jemanden wie sie einfach allein lassen würde? Vor allem da Marik ja weg ist und sich um etwas anderes kümmert. Alnasr nickt lächelnd und sie lässt ihn los, ehe sie ihm folgt wie ein zweiter Schatten. Immer wieder achtet er darauf dass ihr niemand zu nahe kommt, unterhält sich aber mit ein paar anderen oder holt sich etwas zu essen oder zu trinken. Als er ihr etwas hinhält, da der Pharao einfach noch nicht gesehen hat dass sie etwas zu sich genommen hat, ist es das erste Mal dass sie wirklich etwas annimmt.
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