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Am Nachmittag ist die Führung beendet, unterbrochen wurde sie nur durch vereinzelte ‚Rückfälle' wie Charly die plötzlichen emotionalen Zusammenbrüche nennt. Apophis kennt sie so ein wenig, ist dennoch ein wenig skeptisch was ihre Laune angeht. Sie ist ihm dann doch so ein wenig zu fröhlich, ein wenig zu sorgenlos. In den wenigen Augenblicken in welchen er sie beobachten kann ohne dass sie es merkt stellt er schnell fest, dass sie mit ihren Gedanken nur halb hier ist. „Vielleicht sollten wir ein wenig rausgehen, frische Luft wird dir auch einmal gut tun." Die junge Frau nickt und folgt ihm nach draußen. Die Kleidung die sie gestern noch getragen hat, ist weg. Apep hat sie verbrannt um sie komplett zu vernichten und somit einen Auslöser für Flashbacks erst einmal fern zu halten. Die neue Kleidung besteht ebenfalls aus einer Hose, da er genau weiß wie sehr sie Kleider oder rockähnliche Dinge hasst. Ein Wunder dass sie das Nachthemd problemlos angenommen hat, aber er schiebt es auf den Schock. Das gesamte Outfit hat er aus ihrer Zeit, damit sie etwas hat in was sie sich wohl genug fühlt um sich eventuell zu entspannen. Wobei er zugeben muss dass er sie nur entspannt gesehen hat als sie schlief. Sonst ist sie immer irgendwie angespannt. Kann er es ihr verdenken? Nein. Draußen angekommen sieht sich Charly um und runzelt die Stirn. „Das sieht aus... Wieso sieht das aus wie eine Ruine? Verfallen?" Sie schreckt zurück als sich irgendetwas in dieser Ruine bewegt. „Und warum ist da was drin?!" Leicht amüsiert sieht der Gott zu ihr und schnaubt. „Illusion. Ich will dass niemand dort hineinkommt, deswegen sieht es auch nicht ganz so einladend aus." Die junge Frau sieht sich um und blickt dann wieder den Gott an. „Es ist also nicht auffällig hier ein Haus zu haben, mitten in der Wüste. Entschuldige, eine Ruine. Wenn man hier draußen ist hält man natürlich Abstand von einem sicher aussehendem Unterschlupf, klar. Das wäre meine erste Anlaufstelle gewesen wenn ich das am Anfang gesehen hätte! Schatten in der Hitze, es hat ein Dach, sicherlich die ein oder andere Ecke in der kein Sand ist und-" „Du..." Beide erstarren und sehen sich erschrocken an. Apophis schluckt, die Stimme kennt er. Er hat sie gefunden. „DU! JA! DU! WAS DENKST DU WAS DU HIER MACHST!" Die Stimme donnert über die Wüstenebene und vibriert in Charlettes Brust. Langsam dreht sie ihren Kopf und muss ihren Kopf in den Nacken legen. „Ouh, fuck..." Anubis steht mit rotunterlaufenen Augen vor ihnen, die Arme verschränkt und die Zähne fletschend. Apophis legt ihr eine Hand auf die Schulter, drückt leicht zu. „Lauf wenn ich es dir sage." Entgeistert dreht sie ihren Kopf zu ihm, der Mund leicht offen. „Hast du Lack gesoffen? Ja, klar! Ich renne vor Anubis weg! Der kriegt mich überhaupt nicht! Junge...!" Der schwarzhaarige Gott zieht eine Augenbraue hoch. „Hör auf so einen Blödsinn zu reden." „Ja, wer hat denn angefangen?" „Könntest du aufhören so dummes Zeug von dir zu geben?" „Was, bin ich eine Konkurrenz für dich geworden?" Während die beiden sich da so die ein oder andere Sache hinschmeißen, steht ein minimal überarbeiteter Anubis da und beobachtet sie dabei. Das war ein viel zu langer Arbeitstag. Viel, viel zu lang und dann muss er sich auch noch mit so etwas abgeben. Seufzend schließt er die Augen, was Charly aber mitbekommt und fast besser losstartet als jeder normale Sprinter. Anubis hört das Geräusch von einer weglaufenden Person und sieht wieder dorthin wo er die beiden für einen Moment aus den Augen gelassen hat. Perplex sieht er der jungen Frau dabei zu wie sie sich immer weiter entfernt und auf das Haus zuläuft. Sie hatte vorher so eine gute Entscheidung getroffen und jetzt so eine dumme. Er verdreht die Augen und läuft im nächsten Moment selbst los. Erschrocken stellt Charly schnell fest dass ein großer Schatten über sie geschmissen wird und der hat gefährlich die Ausmaße von Anubis! Sie will sich erst gar nicht umdrehen, dreht so abrupt es ihr aber möglich ist nach links ab und weicht so unbewusst seiner Hand aus die sie ergreifen will. Anubis flucht innerlich und nimmt die weitere Verfolgung auf. Sie wird ihm nicht noch einmal entkommen, das eine Mal reicht vollkommen aus. Doch diese Frau ist für einen Menschen flink wie eine Gazelle und so kann sie ihm weitere Male entkommen. Charly weiß nicht wie lange sie das noch aushalten kann. Zwar hat sie ein wenig Ausdauer dazubekommen, die ist aber trotzdem noch nicht top! Aus dem Augenwinkel sieht sie die klauenbewehrte Hand und will erneut ausweichen, doch er erwischt sie an ihrem rechten Bein. Das Gleichgewicht ist weg und da sie überhaupt nicht damit gerechnet hat, fliegt sie auf den heißen Wüstensand, bevor sie sich ein paar Mal durch den Schwung überschlägt und schließlich liegen bleibt. So schnell es ihre verwirrten Sinne zulassen, dreht sie sich auf den Rücken und starrt keuchend dem leicht wütenden Gott der Totenriten und der Mumifizierung in die Augen. Hilflos und starr vor Schreck muss sie zusehen wie er eine Hand hebt und sie mit voller Wucht auf sie hinunter rasen lässt. Schützend, auch wenn das nichts bringt, hält sie sich ihre Hände vor das Gesicht und schließt die Augen.
Ein überraschter Schmerzenslaut ertönt und überrascht öffnet Charly die Augen. Vor ihr steht Apophis, der Rücken zu ihr gekehrt. Etwas tropft vor ihm auf den Sand und als sie hinsieht merkt sie, dass es frisches Blut ist. Anubis sieht von seiner blutverschmierten Hand zu dem zweiten Gott und legt den Kopf schief. Die Augen skeptisch zusammengekniffen. „Was hat das zu bedeuten, Apophis, Gott des Chaos. Du hast nicht darüber zu entscheiden ob sie weiterlebt oder nicht!" Kurz muss er husten und es ist für ihn neu dass ihm schwindlig wird. Gut, noch nie hat ihm jemand einen Teil seines Bauches einfach so weggerissen! Er muss sich hinsetzen und fällt mehr auf seinen Hintern als dass es irgendwie elegant wäre. Der schwarzhaarige wischt sich das Blut von seinem Mundwinkel und sieht dann wieder hoch zu ihm. „Sie gehört zu mir, Anubis." Charly hingegen starrt ihn entsetzt an, ehe sie zu ihm krabbelt. „Apep! Was zur Hölle- Wie kannst du noch einfach so reden?! Spinnst du? Verdammte scheiße...!" Ohne darüber nachzudenken zieht sie sich selbst das Oberteil aus und legt es auf die riesige Wunde bei der sie nicht gesehen hat dass sie schon wieder zuwächst. „Charly, komm mal wieder runter. Ich-" „Du hältst jetzt die Klappe! Ich habe meine erste Familie wegen einem LKW verloren, meine zweite wegen den Echra... ich will dich nicht auch noch verlieren!" Tränen stehen erneut in ihren Augen, während Apophis sie leicht lächelnd ansieht, wenn auch vorwurfsvoll. „Charly, du verlierst mich nicht. Wenn du mich ausreden lassen würdest?" Die Panik in ihren Augen wird stärker, die Tränen laufen über ihre Wangen. Mit einem ruhigen Lächeln legt er ihr eine Hand an die Wange und hebt das Oberteil hoch. „Kleines... ich bin ein Gott. Es hat ein bisschen weh getan, aber man bekommt nicht alle Tage die halben Gedärme-" Er bricht ab als sie ihm um den Hals fällt und ihn erleichtert an sich drückt. Menschen und ihre Emotionen. Dennoch fängt er an sie zu verstehen, nicht zuletzt wegen der Frau der er nun eine Hand auf den Hinterkopf legt. „Bevor du dich das nächste Mal beschwerst solltest du mich ausreden lassen, einverstanden?" Sie nickt leicht und lässt ihn nur zögerlich los. Apophis hebt das Oberteil hoch und sieht es sich mit verzogenem Gesicht an. „Ich sollte dir ein neues besorgen, nicht jeder sollte dich halb nackt sehen." Sein Blick geht zu Anubis der sich jetzt einfach nur den Schichtwechsel wünscht. „Hier wird nichts besorgt, wir kehren in das Totenreich zurück und sie wird ihrer Bestimmung folgen. Sie ist für den Tod bestimmt, Apophis. Niemand wird etwas daran ändern können." Der schwarzhaarige sieht von ihm zu Charly und dann wieder zurück. Fieberhaft denkt er nach, seine Gedanken sind an so vielen Orten gleichzeitig! Aber er findet nichts. Verdammt! Anubis sieht zu der jungen Frau und nickt ihr zu. „Wir gehen in die Unterwelt, hoffentlich benimmst du dich ein zweites Mal besser." Einer ihrer Mundwinkel geht hoch und sie schnaubt amüsiert. „Ich kann für nichts garantieren." Aber sie sieht ein dass sie verloren hat, eine unübersehbare Niederlage gegen die niemand etwas machen kann. Eine Hoffnung hat sie. Vielleicht vergisst sie was hier passiert ist. Den Palast, Marik, Alnasr, Sitara und auch die Echra. Die Bilder und Schreie die sich in ihr Gedächtnis gebrannt haben. Leicht überrascht sieht sie nach unten auf ihre Hand und lässt für einen Moment die Schultern hängen. Apophis hat seine Hand auf ihre gelegt und hält sie fest. Mit zusammengepressten Lippen dreht sie leicht ihre Hand und hält seine fest, ehe sie zu ihm sieht. „Das... ist dann wohl der endgültige Abschied, huh?" Kein Wort kommt von dem schwarzhaarigen, der immer noch einen Weg sucht. Sie hat ihm selbst in der kurzen Zeit schon so viel gezeigt, so viel erleben lassen! Er kann noch so viel von ihr lernen, warum? Warum muss er sie unbedingt mitnehmen? Aber sich gegen Anubis zu stellen ist so ungefähr das dümmste was er je machen könnte. „Ich dachte du hasst Abschiede?" Um den Schein zu wahren, lächelt sie und zuckt mit den Schultern, während sie sich das Oberteil wieder anzieht. „Das ist das wahre Leben, stimmts? Nicht immer ist alles friedlich." Das waren seine eigenen Worte von der Nacht zuvor.
Anubis bringt sie so schnell in die Unterwelt, Charly kann sich nicht einmal aufsetzen. Sie schluckt, ehe sie langsam aufsteht und sich umsieht. Es sitzen hier verdammt viele Leute in diesem Zimmer und sie steht mit dem blutbeflecktem Oberteil da, hat keine Ahnung wie das jetzt ablaufen soll . „Du hast sie endlich einfangen können?" Anubis sieht zu Osiris und neigt seinen Kopf. „Es hat zu lange gedauert, aber ja." Die junge Frau blickt skeptisch in die Runde, erkennt eigentlich nicht wirklich jemanden außer Anubis und Horus. Sehr viele Gestalten mit anderen Tierköpfen oder -körpern sind zu sehen. Sie fühlt sich beobachteter als in ihrer praktischen Abschlussprüfung! Liegt vielleicht auch daran, dass alle Augen auf die gerichtet sind. „Hol das Herz." Herz? Bitte was? „Was für ein Herz?" Anubis dreht seinen Kopf zu ihr und sieht sie direkt an. „Deines." Charlette sieht auf ihre eigene Brust, dann zu Anubis, dann wieder an sich selbst herunter und schüttelt den Kopf. „Nö. Nein. Pfoten weg!" Sie legt sich eine Hand auf die Brust und weicht einen Schritt zurück. „Meins!" Der Gott mit dem Schakalkopf tritt aber nur einen Schritt auf sie zu. „Du wirst es nicht mehr brauchen." Leicht irritiert legt sie den Kopf schief. „Sind da drüben im Jenseits die Leute alle Arschlöcher? Herzlos und so? Das ist schon ein wenig assi..." Ein wenig perplex bleibt Anubis stehen und mustert sie. Sie versteht den Sinn dahinter gleich überhaupt nicht, oder? „Wie weit bist du mit unseren Ritualen und Bräuchen bekannt." Entgeistert verschränkt sie die Arme und zuckt mit den Schultern. „Soweit man sich damit beschäftigt hat wenn man erst einmal die Sprache lernen musste, dann hatte man Probleme mit den Echra und du denkst dass du mal kurz abkratzt. Also... so gut wie null? Ich kenne Apep und dich. Und Ra! Aber auch nur weil er der Bruder von Apep ist. Und Horus! Vom Namen her noch Osiris, Nephtis und zugegebenermaßen fallen mir jetzt spontan nicht mehr ein! Das sind schon ganze sechs Götter von... keine Ahnung wie vielen." Der Gott legt sich eine Hand auf die Schnauze und schließt die Augen, braucht einen Moment um wieder ruhig zu sein. „Du hattest sehr lange Zeit um über uns zu lernen, warum hast du das nicht getan?" Charly überlegt kurz, sieht auf die Seite. „Lass mich überlegen... Ich war auf dem Weg zur Bibliothek, bin dann im nächsten Moment in der Wüste aufgewacht und vor jemandem zusammengebrochen nachdem ich stundenlang durch die Wüste gewandert bin. Musste mich mit Händen und Füßen verständigen, habe den Pharao davon abgehalten jemanden zu Tode zu peitschen weil er mich angefasst hat und musste die Sprache lernen während ich mich daran gewöhne plötzlich in Ägypten der Vergangenheit zu sein. Habe dann zusammen mit Marik ein paar Leichen entdeckt als ich den Kerl besuchen wollte den ich gerettet habe, so sind wir auf die Echra gekommen. Es ist verdammt viel passiert bis dann der Angriff der Echra kam, ich werde für alles zur Verantwortung gezogen beziehungsweise ich bin schuld daran und habe mit einem Schlag mal wieder alles verloren." Sie streckt die Arme aus, zuckt mit den Schultern und hebt das Kinn. „TUT mir leid dass ihr nicht mein Lebensinhalt seid, Leute! Ich muss hier ehrlich sein, stimmts? Okay, dann bin ich ehrlich! Was wollt ihr wissen! Das hier ist so etwas wie ein Gericht, oder? Stellt die Fragen, wertes Gericht." Von ihrer anfänglichen Unsicherheit ist nichts mehr zu sehen. Stattdessen hat sie sich selbst Mut zugeredet und nutzt es nun. Stille. „Habe ich jemanden umgebracht? Nein. Bin ich schuld daran dass tausende Menschen denken dass ich sie umgebracht habe? Ja. War ich gut? Nein. War ich schlecht? Auch nein. Habe ich mich eingemischt als es hieß dass ich mich nicht einmischen soll? Nein!" Ihr wird nur zugehört, während Anubis nahe genug herankommt und mit seiner Hand weit ausholt. Charly taumelt nur nach hinten, spürt aber keinen Schmerz oder dergleichen. Überrascht sieht sie auf ihre Brust, ehe sie zu Anubis sieht der tatsächlich ein Herz in der Hand hält. „H-Hey...! Ist das meins?!" Ohne ein Wort dazu zu sagen dreht er sich um und geht zu der Wage mit der Feder auf der einen Waagschale. Das wars. DAS kennt sie! Leider. „Werte Damen? Werte Herren? Werte Non-binäre Anwesenden? Gleich werden Sie sehen wie schnell so ein Herz nach unten rasen kann." Ein wenig Humor hat vor dem richtigen Tod noch nie geschadet. Anubis legt das Herz auf die zweite Waagschale und lässt es los. Fast augenblicklich geht sie runter. Aber nicht die Schale mit dem Herz. Mit leicht offenem Mund starrt Charly auf ihr Herz, welches nach oben gerast ist. „How..." Sie geht selbst zu der Waage und schlängelt sich an Anubis vorbei, ehe sie ihr Herz nimmt. „Ugh, das fühlt sich ekelhaft an! Gut dass ich nie Arzt geworden bin..." Charly hebt ihr eigenes Herz von der Schale, lässt sie zurück in die die Ausgangsstellung pendeln und legt das Herz erneut drauf. Gleiches Ergebnis. „Jo... Anubis." Sie dreht ihren Kopf zu ihm und deutet auf die Waage. „Ist das Ding kaputt?" Dieser sieht von ihr zu der Waage und wieder zurück. „Ich stehe kurz davor es zu denken." Das ist alles was er von sich gibt. „Dann hol nen Techniker, ich hab Zeit. Habe ja nicht mehr wirklich was vor."
„CHARLY?!" Mit diesen Worten wird eine Tür aufgerissen und die junge Frau gibt einen so hohen Ton von sich, der selbst dem halben Schakal in den Ohren schmerzt. Auch hängt sie halb hinter ihm, was ihn irritiert zu ihr blicken lässt. Als sie sieht wer es ist, entspannt sie sich. „Junge! Du bringst mich selbst im Tod noch um!" Charlette atmet erleichtert durch und geht in die Mitte des Raumes, während man rundherum das Tuscheln anfängt. Apophis sieht sie lächelnd an und geht zu ihr. „Ich würde dich nie umbringen, Kleines. Ist alles in Ordnung?" Sie schnaubt und verschränkt die Arme. „Mein Herz ist leichter als die Feder." Kurz vor ihr bleibt er stehen und sieht an ihr vorbei zur Waage. „Ist das Ding endlich mal kaputt gegangen?" Vollkommen fertig mit den Nerven legt sich Anubis beide Hände auf die Schnauze. Feierabend. Wann ist der Feierabend da?! „Hier, halt mal kurz." Charly schmeißt ihm das Herz hin, welches Apophis leicht überrascht fängt und erst sieht was es ist, als er es sich genauer ansieht. „Charly...? Warum habe ich dein Herz in meiner Hand?" Sie sieht ihn lächelnd zu ihm. „Weil ich dir mein Herz geschenkt habe, mein bester!" Zwei Sekunden später gehen ihre Mundwinkel wieder runter. „Ne, Spaß. Ich hols mir wieder. Halt einfach nur." Mit diesen Worten dreht sie sich um und stellt sich vor Anubis. „Brauchst du ne Umarmung?" Der Gott lässt seine Hände sinken und sieht entgeistert zu ihr hinunter. „Du verursachst mehr Chaos als vorher, weißt du das?" Kurz sieht sie auf die Seite, dann wieder zu ihm. „Ich hab gesagt dass ich nichts versprechen kann. Brauchst du jetzt eine Umarmung oder nicht? Das Angebot steht noch." Auch wenn sie es schon fast geahnt hat, so ist sie ein wenig enttäuscht als der ablehnt. Wenigstens bedankt er sich für dieses kleine Angebot, auch wenn es ihm vielleicht nichts gebracht hätte. Nach einer kurzen Stille räuspert er sich schon wieder und wirkt erneut ernst. „Wie auch immer. Apophis, du wirst nicht verhindern können dass sie in das Jenseits übergeht. Es gibt keinen Grund wieso sie-" „Es gibt einen!" Anubis, überrascht und neugierig, sieht ihn direkt an. Es gibt keinen möglichen Weg sie davon abzuhalten. Sie ist und bleibt ein Teil der Totenwelt, ein Wunder dass sie ihre Menschlichkeit zurückbekommen hatte als sie runtergefallen ist. Das Tuscheln wird lauter, einzelne Götter bringen ihre Sitznachbarn zum verstummen um das alles gebannt verfolgen zu können. So etwas sieht man nicht jeden Tag. Der schwarzhaarige sieht zu Charly, blickt dann auf das Herz und wieder zu ihr. „Es gibt einen Weg, Charly. Du kannst bei mir bleiben, wir können gemeinsam alles machen! Du... musst nur bei einem zustimmen." Irritiert legt sie den Kopf schief. Von was redet er? „Die Frau eines Gottes kann man nicht ins Jenseits schicken." Ihr Kiefer klappt nach unten. Hat Anubis ihr neben dem Herz noch das Hirn weggenommen, oder hat sie das gerade richtig verstanden? „Apophis! Du kannst keine sterbliche zur Frau nehmen! Außerdem kennst du sie noch nicht so lange! Ich habe sie vielleicht fünf Minuten aus den Augen gelassen und du willst sie gleich als Frau?!" Dieser jedoch schmunzelt und hebt das Herz hoch. „Welche sterbliche könnte das einfach so überleben? Sie ist nicht sterblich, Anubis und somit steht nichts dagegen. Oder steht das irgendwo? Außerdem... Ist es nicht egal wen ich an meiner Seite habe?" Wieder sieht er zu der blauhaarigen Frau, seine Stimme und der Blick sanfter. „Du musst mich nicht lieben, es muss keine Ehe sein die aus Liebe besteht, okay? Ich- Ich will dich nicht verlieren und das ist die einzige Möglichkeit. Du hast nichts in dem Jenseits, oder? Aber hier! Hier hast du das Wissen dass ich dich nie alleine lasse, egal was für Chaos du anstellst!" Anubis sieht zu Charly herunter und legt sich erneut eine Hand auf die Schnauze. „Ich will ja nichts sagen, aber ihr passt mit eurem Chaos perfekt zusammen.", gibt er murrend zu und sieht dabei zu, wie Charlette wohl noch innere Zweifel hat. Oh? Er dachte dass das einfach so ablaufen würde, ohne ein Zögern. Scheinbar nicht. Sie weiß im Moment wirklich nicht was sie sagen soll. Ging ein Heiratsantrag nicht anders? Sollte man sich nicht ein bisschen besser kennen? „Das... ist einer der komischsten Heiratsanträge die ich je gesehen habe. Und ich bin mit dem Internet aufgewachsen..." Das ist nicht die Antwort die er haben möchte. „Charly...? Du musst dich entscheiden. Eine Ewigkeit mit mir und in Freiheit, oder das Jenseits." Als ob man sie veräppeln wollen würde, blickt sie auf die Seite in eine unsichtbare Kamera, bevor sie wieder Blickkontakt aufbaut. „Ich kenn dich noch nicht so lange, du mich aber. Testen wir deine Qualitäten als Ehemann! Was würde ich sagen." Seine Mundwinkel gehen hoch und er geht auf sie zu. „Du solltest besser formulieren wenn du mich auf die Folter spannen willst. Ich wäre fast drauf reingefallen." Die Augen sind skeptisch klein, als sie ihn ansieht. „Was hats verraten?" Er hält ihr das Herz hin und schmunzelt. „Ehemann. Du hättest es anders formuliert wenn du dir wirklich unsicher gewesen wärst." Lachend nimmt sie das Herz entgegen und nickt. „Ich muss wohl noch ein wenig üben, was?"
„Ich bin raus. ICH bin im Feierabend!" Mit diesen Worten nimmt Anubis sich das Herz aus ihrer Hand, holt wieder aus und rammt es ihr ein wenig fester zurück in den Körper als geplant. Selbst im tot geht ihr die Luft aus und keuchend stolpert sich nach hinten, ehe sie sich selbst fangen kann und sich nach vorn beugen muss. Der Gott mit dem Schakalkopf verzieht sich aus dem Zimmer und der schwarzhaarige ist sofort bei ihr. „Charly! Alles in Ordnung?" Sie holt tief Luft und richtet sich auf. Muss immer noch weiteratmen um keine Probleme zu bekommen, denn sie sieht schon Sternchen. „Halleluja... Da sind die Schläge meiner Brüder nichts dagegen gewesen... nur einen Moment!" Unter dem Getuschel der meisten Götter findet sich aber ein schon fast zufrieden wirkender Osiris der Apophis zunickt als er zu ihm sieht. Dieser bringt Charly nach draußen, die inzwischen auch wieder einigermaßen normal atmen kann. „Komm erst einmal wieder runter und dann werden wir sehen wie wir dich hier rausbekommen." Die junge Frau sieht zu ihm und lehnt im nächsten Moment an ihm dran. „Du bist der beste...", murmelt sie und er selbst zuckt mit den Augenbrauen hoch und runter, ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen, ehe er sie auf die Seite zieht und einen weiteren Gott mit einer anderen Seele vorbei in den Raum lässt. „Dumme Frage... Kann ich mal diesen Steg ansehen bei dem ich mir dachte dass es ganz toll ist runterzufallen? Ich bin eh sicher, also... und meine Neugierde kennst du!" Apophis zieht eine Augenbraue hoch und tritt einen Schritt zurück um sie zu mustern. „Aber erst wenn du mir versprichst dass du bei wichtigen Dingen ernst bleibst und nicht versuchst mich an der Nase herumzuführen. So wie da drin! Ich wollte dein Leben retten, nicht verarscht werden!" Entschuldigend lächelnd legt sie sich eine Hand auf den Hinterkopf. „Grins nicht so dumm!" Doch das Lächeln wird nur breiter anstatt kleiner. Apophis taumelt schon fast einen Schritt durch den Schwung zurück, als sie ihn im nächsten Moment in den Arm nimmt. „Danke, Apep." Mit einem Seufzen entspannt er sich und legt ihr eine Hand auf den Hinterkopf und eine auf den Rücken. „Wehe du lässt es mich bereuen." Mal sehen wann er dass das erste Mal tun wird. Er lässt sie wieder los und deutet mit seinem Kopf in eine Richtung. „Du wolltest dir den Ort ansehen an dem alles angefangen hat. Wird vielleicht nur noch ein wenig überfüllt sein wegen gestern." Mit einem nicken folgt sie ihm und sieht sich währenddessen auch ein wenig um. Alles ist hier ziemlich dunkel gehalten, dennoch irgendwie elegant. Dunkelgraue Säulen schmücken den langen Gang in welchem immer wieder ein paar Türen abzweigen. „Das hier ist... stell es dir vor als wärst du hinter den Kulissen einer Show. Mitarbeiter und so." Zumindest versucht Apophis es ihr so ein wenig zu erklären. Im Gegensatz zu den Tempeln im alten Ägypten ist hier nichts mit irgendwelchen Hieroglyphen geschmückt die eine Geschichte erzählen. Ob das überall so ist? „Hey, Apep... Ich hätte ne dumme Frage." Er dreht seinen Kopf zu ihr und nickt. Wartet darauf dass sie ihm diese Frage stellt, denn er weiß noch nicht ob er sie als dumm bezeichnen kann. „Geht von hier aus ALLES in das Jenseits? Auch... Tiere?" Im ersten Moment ist er ein wenig verwirrt, erinnert sich dann aber daran warum sie diese Frage stellen würde. „Ja, hier geht alles ins Jenseits, auch Tiere. Hast du... ein spezielles Tier im Kopf?" Sein wissendes Lächeln kann er sich nicht verkneifen, besonders nicht als ihre Augen schon fast das Leuchten anfangen. Mit einem Mal ist ihre Schrittgeschwindigkeit schneller und sie treibt ihn zur Eile an, obwohl sie nicht einmal weiß wohin sie gehen muss. Der schwarzhaarige dirigiert sie nur immer nach links oder rechts um zu verhindern dass sie sich irgendwie verläuft. Kennst du dich hier unten nicht aus, bist du höchstwahrscheinlich verloren wenn du auch nur eine einzige falsche Abzweigung nimmst. Ein Wunder dass sie sich das letzte Mal nicht verlaufen hat. Vor einer Tür bleiben sie stehen und Apophis legt eine Hand auf die Klinke. „So. Egal was du jetzt sehen wirst, egal WEN du sehen wirst, egal wie anders es aussieht. Bitte blamier mich nicht. Ich wette mit dir dass das ganze Ding mit der Ehefrau und so schon verbreitet ist. Alles was du tust kommt auf mich zurück, bau keine Scheiße." Dass er ihr das erst jetzt sagt ist so ein wenig dumm, aber gut. Dann hält sie halt ihre Klappe. Irgendwie wird das schon gehen.
Also DAS ist die ägyptische Unterwelt, so hat sie es sich auch vorgestellt! An den Wänden sind die verschiedensten und wirklich alt aussehenden Bilder und Hieroglyphen angebracht worden. Neugierig liest sie das ein oder andere durch, es wird aber nur von der großen Erlösung gesprochen und dass man im Leben gute Taten vollbringen muss. Eine lange Schlange an normal aussehenden Menschen steht um eine Ecke wartend da, zu der Apophis sie führt. Der Boden ist spiegelglatter schwarzer Marmor, so wie es aussieht und die brennenden Feuerschalen geben der ganzen Atmosphäre einen leicht düsteren Touch. Wachen in halben Tiergestalten stehen in regelmäßigen Abständen dort und halten ihre Speere und Schilde mit eiserner Faust. Der Gott deutet ihr an das Kinn ein wenig zu heben um stolzer auszusehen, selbstbewusster. Charly ist sich der Sache nicht ganz so sicher wie er und weiß nicht so recht ob das eine gute Idee wäre. Sollte man den Toten nicht eher ein wenig Respekt entgegen bringen? „Wir sind Götter, Charly. Wir benehmen uns auch so." Eine ihrer Augenbrauen geht hoch. „DU bist ein Gott, Apep. Ich... nicht so ganz." Kurz vor dem Ende der Schlange bleibt er stehen und nimmt ihre Hand. Er hebt sie hoch und schmunzelt leicht. „Du bist die Frau eines Gottes, gewöhn dich dran." Perplex starrt sie ihn an als er ihr schon fast einen Kuss auf den Handrücken haucht und sieht dann mehr als skeptisch auf diesen. Dann zu Apophis, dann wieder zu dem Handrücken, ehe sie ihre Lippen aufeinander presst. „Nicht dein Ding?" Die braunen Augen gehen zu ihm, während sie mit den Schultern zuckt. „Ich habe keine Ahnung... ich glaube ich bin im Moment einfach von allem so ein wenig überfordert." Sie dreht sich zum Gehen und seufzt. „Es gibt nicht viel was jetzt irgendwie helfen könnte." Apophis folgt ihr mit einem Schmunzeln, denn tatsächlich geht sie ein wenig stolzer voran als sie es vorher noch getan hat. Wenigstens etwas, wenn es auch nicht viel ist. Charly geht an den Leuten vorbei und zwingt sich schon fast nach vorn zu sehen, um nicht nach bekannten Gesichtern zu suchen. Beim Steg angekommen bleiben sie stehen und sie sieht nach unten. „Das könnte an mein Niveau herankommen...", murmelt sie, bleibt aber weit genug vom Rand weg um nicht noch einmal nach unten zu fliegen. Noch einmal- Nein. Das steht sie nicht durch. „Manchmal bezweifle ich ob überhaupt etwas an dein Niveau herankommt." Entgeistert dreht sie ihren Kopf zu Apophis und mustert ihn. „Was passiert wenn ich da einen Gott runterschubse?" Nachdenklich legt er sich eine Hand an das Kinn, hat aber nicht wirklich eine Antwort darauf. „Da das eigentlich auch noch keinem Menschen passiert ist, kann ich dir leider nichts sagen." Er lässt den Fakt außer Acht dass sie ihm gerade indirekt angedroht hat ihn da runter zu schmeißen. Sie ist gestresst! Glaubt er zumindest, auch wenn sie nicht so aussieht. „I-Ihr seid doch... das Geschenk der Götter!" Die blauhaarige dreht ihren Kopf und sieht ein kleines Kind. Sofort kommen die Schuldgefühle wieder hoch. Der kleine Junge steht neben der Mutter und sieht sie von unten an. Sie holt schon Luft um zu sagen dass das alles ein kompletter Unsinn ist! Doch Apophis's Blick lässt sie erst verstummen, ehe sie leicht lächelt und in die Hocke geht. „So hat man mich genannt, ja. Und du bist sicherlich ein furchtloser Krieger, habe ich recht?" Der Kleine streckt ein wenig seine Brust hervor und lässt seine Mutter los. Grinst breit und sieht sie dann wieder an. „Ist es da drüben schön?" Perplex sieht sie ihn an, ihr Lächeln verschwindet für eine Sekunde. Ob es im Jenseits schön ist? Sie weiß es nicht, sie ist dem ja eigentlich entkommen. Dennoch lächelt sie wieder und nickt. „Du hast deine Mama, nicht wahr? Da drüben ist es wunderschön und du hast genug Zeit um alles zu spielen was du möchtest." Die Leute werden mit einem Mal weitergeschoben und somit wird auch der Junge von ihr weggebracht. Charly steht wieder auf und hebt weiterhin lächelnd eine Hand, ehe sie sich umdreht und zu Apophis sieht. Dieser nickt ihr zufrieden zu, hält ihr sogar schlussendlich seine Hand hin die sie etwas zögerlich entgegen nimmt. „Und du sagtest immer dass du nicht mit Kindern umgehen könntest." Erst ist sie verwirrt, wann hat sie das ihm gegenüber erwähnt?! Doch dann erinnert sie sich daran dass er auch viel aus ihrem ersten Leben weiß an welches sie sich noch erinnern kann. „Temporär geht es immer besser als wenn ich sie längere Zeit bei mir habe." Vorsichtig zieht er sie zu sich auf die Seite und die beiden beobachten wie die Menschen nach und nach durch eine Art Portal treten. Apophis lehnt sich zu ihr hinüber, seine Stimme leise damit es die anderen nicht hören können. „Alles ein wenig magischer als es sein muss, aber Menschen lieben so etwas." Leicht geht ihr Mundwinkel hoch als sie sieht wie der nächste Mensch durch das Portal tritt und verschwindet.
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