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Kapitel 29

Mit einem siegessicheren Grinsen auf dem Gesicht, ließ Ray die schwere Eisentür hinter sich zufallen. Mallorys hysterisches Wiehern dahinter beachtete er nicht einmal. Das Einzige was zählte, war, dass er nun endlich etwas gegen Feivel im Huf hatte. Diesmal mehr als nur einen lächerlichen USB-Stick. Einen hübschen Nebeneffekt stellte die Tauglichkeit der kleinen Dunkelfuchsstute als Rekrutin für seine Mutter dar. Soweit er ihr zottiges, an einigen Stellen etwas gewelltes Fell und die dennoch sportliche Figur richtig beurteilte, handelte es sich bei ihr um einen Bashkir Curly Warmblutmix. Perfekt für einen kleinen Test mit dem für Mischlinge tödlichen Mittel.

Würdevoll warf Raymon seine Mähne zurück und schritt mit geschwellter Brust durch die sterilen, weißen Gänge der geheimen Labortrakte der Winters Academy. Schon eine ganze Weile herrschte Mangel an Versuchspferden. Und er hatte es nun tatsächlich geschafft, eines zu beschaffen. Kira würde stolz auf ihn sein. Wenn er es richtig mitbekommen hatte, fehlte der Studie für den öffentlichen Einsatz in Supermärkten nur noch ein letzter Stoß in die richtige Richtung. Bereits John hatte die Forschung für ein „Nahrungsergänzungsmittel" angemeldet. Natürlich wusste keiner, dass es sich dabei eigentlich um eine Substanz handelte, die sämtliche Mischlingspferde ausrotten sollte. Lediglich 100-prozentige Reinblüter blieben unversehrt. Und genau darin bestand die Schwierigkeit. Das Mittel durfte wirklich nur bei den Mischlingen greifen, sonst würde das ganze Unterfangen erstens Sinnlos sein und zweitens viel zu schnell auffliegen.

Verbissen dachte Ray an John Winters, der förmlich besessen davon gewesen war, eine Art Elite in Tuesday und Umgebung zu schaffen. Sein Vater - oder besser Adoptivvater, wie er nun wusste - hatte keine Kosten und Mühe gescheut, dieses Ziel zu verwirklichen. Es gab sogar eine Testreihe, in der er den Versuch gestartet hatte, perfekte Klone zu schaffen. Gleiches Erbgut in Reagenzgläsern aufbereitet hatte einige durchaus robuste Fjordpferde ergeben, von denen die meisten allerdings entweder frühzeitig verstorben waren oder heute hier als Kiras Huflanger tätig waren. Und dann gab es da natürlich noch das Mittel, an dem auch Ray intensiv geforscht hatte ... War es erst einmal für den Markt freigegeben, gab es kein Zurück mehr.

Ray schluckte schwer. Beim Gedanken an den grauen Hengst mit den finsteren, leeren Augen, lief es ihm eiskalt das Rückgrat hinunter. Wenn er darüber nachdachte, waren die Pläne, die John und nun Kira verfolgten, wirklich grausam. War es ein Fehler gewesen, ebenfalls an dem Mittel zu arbeiten? Bilder von Tyler O'Conory rauschten vor Rays innerem Auge vorbei. Dieser zerlumpte, grau gescheckte Hengst, der vermutlich Maultierblut in sich trug, war sein Vater. John war es nie gewesen ... Dennoch hätten er und Kira die Aufgabe als Eltern übernehmen müssen, ihn zu lieben und zu unterstützen. Stattdessen kümmerte sich Kira nur noch um Feivel, der scheinbar um so vieles besser war, als Raymon selbst. Grimmig stampfte der muskulöse Fuchsschecke mit dem Huf auf. Ob Kira und John wussten, dass Tyler sein Vater war? Wussten sie auch, dass ihr eigener Adoptivsohn ein Mischling war? Wie wildgewordene Moskitos schwirrten diese Fragen in seinem Kopf umher und ließen ihn rastlos mit dem Schweif peitschen.

Einschlossen raste er die steinerne Treppe hinauf, die ihn direkt wieder an die Oberfläche führen würde. Wenn er sich nicht irrte, steckte Kira in ihrem Büro und durchwühlte irgendeinen belanglosen Papierkram. Fest nahm Ray sich vor, ihr zuerst von seinem Fang für die Experimente und direkt im Anschluss von Tyler zu erzählen. Er musste wissen, ob sie über diesen Alkoholiker Bescheid wusste. Wenn dem so war, war er hier nicht mehr länger sicher. Und falls nicht, musste er die Fassade des folgsamen Reinblüters so lange aufrecht erhalten wie möglich.

Schwungvoll stieß der Fuchsschecke die Tür zu dem Gang mit den Laborräumen auf. Statt auf seine Umgebung zu achten, eilte er schnurstracks auf die andere Seite und fand sich sogleich vor der Türe des Büros seiner Mutter wieder.

Schnaubend baute er sich davor auf. Ohne zu zögern, warf er das Türblatt beiseite. „Kira. Ich muss dir etwas sagen." Seine Stimme klang zugleich eisig und stolz. Normalerweise nannte er seine Mutter nicht bei ihrem Vornahmen, doch seit er wusste, dass sie wenn überhaupt nur auf dem Papier mit ihm verwandt war, hatte sich seine Sicht der Dinge geändert.

„Raymon, was machst du denn hier?" Überrascht sah die Rappstute von einem Stapel Papier auf. Hinter ihrem gigantischen Schreibtisch, sah sie fast schon verschwindend klein aus. Doch sobald sie sich erhob und mit ausladenden Schritten vor den Tisch stolzierte, strahlte sie bereits wieder die übliche, einschüchternde Aura aus. „Sag schon, was ist los, mein Sohn?"

Aufgeregt wie ein kleines Fohlen, das seinen Eltern ein selbstgemaltes Bild präsentiert, senkte Ray den Kopf und trat von einem Huf auf den anderen. Er ärgerte sich selbst über dieses unbewusst antrainierte Verhalten, doch irgendwie konnte er sich gerade nicht anders artikulieren.

„Ich habe einen Mischling für dich rekrutiert."

Schlagartig wandelte sich Kiras Überraschung in Genugtuung. „Ausgezeichnet."

„Und das, bevor Feivel auch nur einen Huf gerührt hat", schob Ray noch hinterher. Er platzte schier vor Stolz.

Als sein Gegenüber jedoch misstrauisch die Stirn runzelte, kehrte er rasch in seine unterwürfige Haltung zurück. „Ich meine natürlich ..." Als er keine Worte mehr fand, klappte er wie ein stummer Fisch das Maul zu.

„Schon gut." Als Kira seinen gequälten Blick bemerkte, deutete sie beschwichtigend ein Lächeln an. „Du hast natürlich Recht. Bis auf einen lächerlichen Abholdienst im Labor, hat der gute Mr. Cooper nicht viel zu Stande gebracht." Das Lächeln wandelte sich in ein diabolisches Grinsen.

Ohne es bewusst zu steuern, fiel Ray in dieses Grinsen mit ein. Er hatte es geschafft. Sogar Kira hatte mittlerweile die Nüstern voll von diesem armseligen Getier von Feivel. Der Gedanke daran, dass seine kleine Freundin sich in diesem Moment gerade gefesselt im Keller die Seele aus dem Leib heulte, lies ihn ein siegessicheres Schnauben ausstoßen.

„Du bist der Nächste, Feivel. Du bist der Nächste ...", murmelte er grimmig.

Kira horchte auf. Sie beide sahen sich an. Zum ersten Mal war es, als flössen ihre Gedanken in völligem Gleichklang. Ray wurde plötzlich alles klar. Kiras Interesse an Feivel war nie wirklich mit seinen Fähigkeiten zu begründen gewesen. Sie hatte ihn nur benutzt. Genau wie John es mit vielen Pferden zuvor getan hatte. Jetzt musste Feivel nur noch in die Falle tappen und er würde als weiteres Opfer auf dem Seziertisch landen.

Geräuschvoll scharrte Kiras Huf über den Boden. Vielsagend sah sie zu Ray herüber. „Lass uns gehen. Wir haben Patienten zu versorgen."

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Angespannt starrten alle auf Simons Handybildschirm. Schon seit geraumer Zeit hockte der zottige Braunschecke nun schon davor und rührte sich nicht von der Stelle. Feivel hatte keine Ahnung, wie man Anrufe orten konnte, aber sein Kumpel offenbar schon.

„Hast du's bald mal?" Ungeduldig tippte Clementine gegen das Bettgestell.

„Chill", schnaubte Simon nur. „Bin gleich durch."

Erleichtert beobachtete Feivel einen auf dem Display erschienenen Ladebalken, dessen Prozentzahl stetig anstieg.

„Was ist eigentlich euer Plan?", schaltete sich Dr. Baker ein. Dorothy konnte sich wohl nicht mehr von ihm lösen und hatte ihn einfach mitgeschleppt. Inzwischen befanden sich also sechs Pferde in diesem Raum, die allesamt in Kiras Machenschaften eingeweiht waren. Erstaunlicherweise hatte Baker keine Ahnung von der Existenz der geheimen Kellerlabore gehabt. Im Gegensatz zu einigen anderen Dozenten hatte Prof. Winters ihn wohl nicht als leichtgläubig genug erachtet, ihr zu helfen.

„Wir müssen meine wahnsinnige Schwester irgendwie stoppen!" Aufgewühlt warf Dorothy ihre fuchsrote Mähne zurück.

Der Rapphengst an ihrer Seite zog eine Augenbraue hoch. „Und wie?"

„Keine Ahnung. Erstmal sollten wir versuchen, rauszufinden, was mit Mallory passiert ist", merkte Skyla mit besorgter Miene an.

Noch immer gab es keinerlei Annahmen darüber, warum das Telefonat vorhin so merkwürdig verlaufen war. Der einzige Anhaltspunkt war, dass die Stute von irgendjemandem gefesselt worden schien. Unwillkürlich zog sich Feivels Thorax zusammen. Mallory schwebte vermutlich in diesem Moment in Lebensgefahr und er konnte nichts tun, als auf die Ergebnisse von Simons Hackexperimenten zu warten.

„Hab es!", rief dieser plötzlich aus. Sofort richteten sich alle Augen auf ihn. Aufgeregt spitzte Feivel die Ohren. „Wo ist sie?", wieherte er drängend.

Mit gerunzelter Stirn tippte Simon auf dem Display herum. Da verfinsterte sich sein Blick mit einem Mal um die markante Nuance in der Helligkeitsskala. „Leute ...", raunte er nahezu lautlos. „Ihr werdet es nicht glauben ..."

„Was ist los?" Hecktisch atmend versuchte Feivel einen Blick auf das Handy zu erhaschen.

Der matt bläuliche Bildschirm ließ Simons darüber gebeugten Kopf gespenstisch schimmern. Langsam und deutlich sagte er: „Sie ist hier."

„Hier?", wiederhole Clementine ungläubig fragend. Ihr weißes Gesichtsfell war vor Aufregung ganz fleckig geworden.

„Ja ..." Noch immer starrte Simon unverändert auf das Gerät. „Laut diesem Programm befindet sich Mallorys Handy hier." Das Weiße trat aus seinen Augen hervor und er riss energisch den Kopf hoch. „Unmittelbar in der Winters Academy."

„Du heiliger Strohsack ..." Feivel wurde vor Aufregung heiß und kalt zugleich. „Heißt das etwa ... Sie wurde für die Mischlingssache rekrutiert??" Seine Stimme war unnatürlich hoch und schrill geworden.

„Das könnte tatsächlich sein ...", überlegte Baker in erstaunlich ruhiger Tonlage. „Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen ..."

In Feivels Gehirn herrschte ein einziges Chaos. Wenn all das stimmte, mussten sie sich wirklich beeilen. Sonst würde es Mallory ähnlich wie Jackson ergehen. Man würde sie mit giftigen Substanzen vollpumpen, bis ihr Leben schließlich ein qualvolles Ende fand.

„Verdammte Scheiße ...", hauchte Skyla. Ihre Augen wirkten tot und leer. „Sie könnte sterben ..." Die Palominostute stieß keuchend die Luft aus den Lungen.

„Jetzt mal ganz ruhig." Besänftigend redete Dr. Baker auf die aufgebrachte Gruppe ein. „Wenn wir es wirklich schaffen wollen, Mallory zu retten und diese ganze Sache ein für alle mal zu beenden, brauchen wir einen Plan."

Nickend sah Dorothy ihn an. „Ich stimme dem gutaussehenden Hengst zu meiner Rechten vollkommen zu. Wir sollten wirklich mit Bedacht vorgehen."

„Aber ..." Angestrengt versuchte Feivel seine Atmung unter Kontrolle zu bringen. Seine Gedanken kreisten einzig und allein um Mallory. Es war fast, als spüre er die Angst und Verzweiflung, in der sie sich gerade befinden musste, am eigenen Leib.

Ernst blickte Baker in die Runde. „Nur mit einem sinnvollen Plan gibt es Hoffnung." Zustimmendes Murmeln.

„Also?" Eifrig zog Clementine einen Notizzettel hervor. „Irgendwelche Ideen?"

Mit pochendem Herzen trabte Feivel über den Innenhof der Winters Academy. Sein Weg führte ihn unmittelbar an all den nichtsahnend plaudernden Studenten vorbei, die gemütlich auf den Bänken herumlungerten oder in Trauben beisammen standen. Keiner von ihnen hegte auch nur annähernd ähnliche Gedanken, wie Feivel es in diesem Moment tat. Auch wenn er es kaum zugeben wollte, seine Angst war riesengroß.

Gemeinsam hatten er und die Übrigen entschieden, dass nur eine einzige Möglichkeit bestand, Mallory und die restlichen Rekruten zu retten. Er, Feivel Cooper, sollte sich in den finsteren Untergrund der Winters Academy einschleichen. Er sollte so tun, als habe er sich für Kira und ihre Ziele entschieden, um Zugang zu den geheimen Labortrakten zu erhalten. Auf diese Weise erhofften sie sich, Mallory rechtzeitig finden und befreien zu können.

Tief atmend bog Feivel in jenen Gang ein, in dem sich das Büro der schwarzen Stute befand. „Wenn das mal gut geht ...", murmelte er mit sorgenvoll zuckenden Ohren.

Die Zähne fest zusammengebissen baute er sich vor der Bürotür auf. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Diesmal kannte er die Wahrheit. Er schluckte schwer. Die ganze Wahrheit.

Gerade wollte er dazu ansetzen zu klopfen, da stockte er. Ein düsterer aber umso hartnäckigerer Gedanke hatten sich in seinen Hirnwindungen abgesetzt. Eine tief sitzende Sorge, deren Tragweite ihm erst jetzt so wirklich bewusst wurde.

Wenn Kira es auf alle Mischlinge abgesehen hat ... gehöre auch ich dazu. Was, wenn sie mich nur in ihrem Team haben will, um mich ebenfalls zu ... vernichten?

Unruhig trat Feivel auf der Stelle. Zögernd musterte er die Tür. Doch ehe dieser erschreckende Gedanke Überhuf gewinnen konnte, schüttelte er ihn wieder aus seinem zu Berge stehenden Fell.

Nein, das kann nicht sein. Warum sollte Kira mir sonst so viel von ihren geheimen Plänen anvertrauen?

Ihre Begeisterung für sein Wissen schien echt gewesen zu sein. Oder?Vermutlich wusste sie einfach nicht von seiner unreinen Abstammung. Von den Meisten wurde er einfach als ein etwas klein geratener Appaloosa angesehen. Sicherlich hatte auch Kira sich von der charakteristischen Fellfärbung täuschen lassen.

Der gepunktete Hengst stampfte mit dem Huf auf dem Boden auf. Mit aller Würde, die er aufbringen konnte, wagte er es endlich, an die Tür zu klopfen.

Im Inneren rumorte es. Ein hektisches „Verdammt" drang aus dem verschlossenen Raum an Feivels nervös aufgestellte Ohren. Misstrauisch zog er die Augenbrauen zusammen. Was ging dort drin bloß vor? Nach Kira hatte die Stimme jedenfalls nicht geklungen. Hatte er sich etwa im Büro geirrt? Ein schneller Blick auf die metallene Namensplakette verriet ihm, dass dies nicht der Fall war.

Ohne weiter zu überlegen, stieß Feivel die Tür auf. Mit einem Ruck schwang sie beiseite und knallte unsanft gegen die Wand. Er riss den Kopf hoch und richtete sich auf. Mit forschend verengten Augen überblickte er das Geschehen.

„Es ist nicht so, wie es aussieht!", quietschte eine braune Stute. Mit geweiteten Pupillen sah sie zu ihm auf. Zeternd hockte sie in einem ziemlich wüst aussehenden Haufen aus Akten und versuchte verzweifelt, sie wieder einzusammeln.

„Dr. Charlson!", wieherte Feivel überrascht. „Was machen Sie denn hier?" Kritisch trat er auf sie zu.

„Äh ..." Suchend flogen die Augen der etwas zu schlanken Stute durch die Raum. „Ich ... räume auf!" Wie zum Beweis packte sie eines der herumliegenden Blätter mit dem Maul und hielt es mit einem falschen Grinsen in die Höhe.

Doch diesmal ließ Feivel sich nicht so leicht einschüchtern wie gewöhnlich. In seiner Zeit an dieser Uni hatte er gelernt, seine Schüchternheit zu überwinden und genau von dieser Eigenschaft würde er jetzt Gebrauch machen. Zwar handelte es sich bei der noch immer am Boden hockenden Stute um seine Dozentin, doch das war ihm in diesem Moment vollkommen egal. Was immer sie hier in Kiras Büro zu suchen hatte, sie führte definitiv etwas im Schilde.

„Dr. Amanda Charlson!", rief Feivel so kraftvoll und tadelnd wie er nur konnte. „Wir haben Sie erwischt!" Er hätte definitiv nicht so viele Detektivromane lesen sollen.

Zu seiner Überraschung segelte die Papierfetzen, die Dr. Charlson bis gerade eben noch im Maus gehalten hatte, tatsächlich zu Boden und sie wich mit angsterfülltem Blick zurück. „Es tut mir so leid!", maunzte sie kläglich. "Ich hätte das nicht tun dürfen!"

Triumphierend warf Feivel seinen Schopf zurück. Das war einfacher, als er erwartet hatte. Er hatte zwar noch immer keinen blassen Schimmer, was die Stute hier zu suchen hatte, aber er beschloss, einfach weiter den Dominanten zu spielen. Mit tief verstellter Stimme beugte er sich zu ihr herunter. „Sie haben Glück. Heute habe ich einen guten Tag."

„Da bin ich aber froh", grinste sie scheinheilig. „Ich wollte wirklich nur nach den Abstammungsverhältnissen von Raymon Winters suchen. Das ist doch bestimmt keine große Sache", platzte sie stammelnd heraus. Natürlich konnte sie mal wider nichts für sich behalten. Diese Eigenart kam Feivel mehr als nur gelegen.

„Was?" Verwirrt schnaubte er ihr entgegen. „Warum ..." Er brach ab, als Dr. Charlson wie von selbst weiterpalapperte.

„Schon seit ich ihn das erste Mal sah, war mir klar, dass er nicht Kiras Sohn sein kann. Und wenn doch, dann definitiv nicht Johns. Ich meine, hast du diesen Typen mal gesehen?" Augenrollend verzog sie das Gesicht. „Gescheckt und zottig wie sonst was. Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen!" Hysterisches Quietschen.

Mit hochgezogenen Brauen starrte Feivel sie an. Doch er hielt sich davon ab, Charlsons Redeschwall zu unterbrechen. Daraus ließen sich mit Sicherheit so einige brauchbare Informationen ziehen.

„Als Kira rausgefunden hat, dass ich was mit Rays besten Kumpel Rick hatte, wollte sie mich eigentlich rausschmeißen aber ... Moment, ich schweife ab. Jedenfalls wollte ich beweisen, dass Raymon nicht ihr richtiger Sohn ist. Immerhin behandelt mich die olle Tante nicht im Geringsten so angemessen, wie es meinen Kompetenzen entsprechend adäquat wäre", laberte sie munter weiter. „Kira respektiert mich nicht. Es ist an der Zeit, mein Leben selbst in den Huf zu nehmen! Über euch alle werde ich mich erheben. Das habe ich verdient, jawohl! Ich brauche mehr Macht, mehr Respekt! Und eine eigene Kaffeemaschine!" Bekräftigend nickte sie mit dem Kopf, sodass ihre dünne Mähne ulkig zur Seite schwang. „Eines Tages werde ich Rick Miller heiraten und wir werden wunderbar reinblütige Fohlen bekommen. Aber Kira würde eine Beziehung mit einem Studenten sicherlich nicht gutheißen. Deshalb brauche ich ein geeignetes Druckmittel." Ein irres Grinsen hatte sich auf dem Gesicht der Stute ausgebreitet. „Und was würde sich wohl besser eignen, als Beweise dafür, dass der eigene Sohn dieser Rassenfanatikerin ein Mischling ist?" Entschlossen scharrte sie in dem Papierberg zu ihren Hufen herum. Feivel wartete vergeblich auf weitere Ausführungen ihres verrückten Lebens. Der redende Wasserfall war versiegt.

„Was zum ..." Schockiert kräuselten sich Feivels Nüstern. Ray war also nicht Kiras leiblicher Sohn und darüber hinaus auch noch aller Wahrscheinlichkeit nach selbst ein Mischling? Wie passte das denn jetzt zusammen?

„Ups ..." Verlegen biss sich Dr. Charlson auf die Lippen. „Das hätte ich jetzt wohl eher nicht alles sagen sollen ..." Dümmlich lachend senkte sie den Blick. Ehe Feivel reagieren konnte, schnappte sie sich eine scheinbar x-beliebige Akte aus dem Papierhaufen und huschte an ihm vorbei hinaus aus Kiras Büro. Den vollkommen neben sich stehenden Feivel, ließ sie einfach dort zurück.

Nach Luft ringend stützte er sich an dem massiven Schreibtisch ab. Um die neu gewonnenen Informationen zu verarbeiten, musste er sich erst wieder sammeln. Sein Blick glitt über die unordentlich daliegenden Blätter zu seinen Hufen, die Charlson durchwühlt wie nach einem Wirbelsturm dort zurückgelassen hatte. Ob sie gefunden hatte, wonach sie suchte? Dokumente über Raymons tatsächliche Abstammung?

Da vernahm Feivel plötzlich ein Knarzen hinter sich. Alarmiert fuhr er herum. Als er die Person erkannte, die ihm gegenüber stand, klappten seine Ohren automatisch nach hinten und er stieß ein erschrockenes Wiehern aus.

„Feivel?" Kiras Stimme klang kälter und bedrohlicher als sonst. „Was machst du hier?" Misstrauisch näherte sie sich. Vor den zerstreuten Akten stoppte sie. Ihre dunklen Augen bohrten sich in Feivels Pelz. „Warst du das?", knurrte sie mit angelegten Ohren.

„Nein!", rief er eilig. Augenblicklich brach ihm der Schweiß aus den Poren, als er realisierte, wie das hier aussehen musste. „Das was Dr. Charlson!" Noch bevor er diesen Satz ausgesprochen hatte, wurde ihm bewusst, dass Kira ihm nie und nimmer glauben würde. Ein Student stand inmitten eines verwüsteten Büros und besass auch noch die Dreistigkeit zu behaupten, eine hochangesehene Dozentin sei daran Schuld. Er war sowas von geliefert.

Stirnrunzelnd musterte Kira ihn. „Aha", meinte sie nur trocken. Die Düsternis verschwand aus ihrem Ausdruck und wich einer unnatürlich strahlenden Wärme. Obwohl sie ihm nicht zu glauben schien, fragte sie nicht weiter nach. Stattdessen machte sie eine lässige Kopfbewegung auf die herumliegenden Papierstücke. „Dann hilf mir wenigstens, das wieder aufzuräumen."

Eifrig nickte Feivel. Gehorsam bückte er sich nach einem braunen Umschlag und hob ihn an. Auf Kiras Anweisung hin, begannen sie gemeinsam, den Kram wieder fein säuberlich in die Kiste zu stapeln, die Charlson zuvor wie wildgeworden umgestoßen haben musste. Der jungen Hengst war mehr als nur erleichtert, dass Kira ihm zu glauben schien - auch wenn ihm ziemlich schleierhaft war, wieso sie seine Aussagen nicht weiter hinterfragte.

Während sie einige Blätter zählte, richtete sich ihr Blick auf Feivel. „Warum bist du hier?", fragte sie in seltsam sanftem Tonfall. „Hast du mich gesucht?"

„Äh ... ja ...", stotterte Feivel überrumpelt. Ihm fiel schmerzlich wieder ein, wieso er überhaupt hergekommen war. Bei dem Gedanken, seine Dozentin gleich eiskalt anlügen zu müssen, stieg seine Herzfrequenz unmittelbar an.

„Hast du dich entschieden?" Eindringlich sah die schwarze Stute ihn an.

Stumm nickte Feivel.

Auffordernd hob Kira daraufhin eine Augenbraue. Die dunklen Wolken kehrten langsam aber sicher auf ihren Ausdruck zurück.

Unsicher trat Feivel von einem Huf auf den anderen und starrte angestrengt auf eine der einzusortierenden Akten. „Ich ... werde der Forschung treu bleiben." Allzu gelogen war das nicht. Immerhin kämpfte er für die richtige Anwendung der Wissenschaft. Aber das brauchte Kira ja nicht zu wissen.

Zufrieden sah sie ihn an. „Sehr gut, Feivel, sehr gut." Ein undefinierbarer Schimmer lag in ihren Augen.

Matt bemühte der gepunktete Hengst sich zu einem Lächeln. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Er musste von diesem Moment an die Rolle des Gehorsamen perfekt spielen, sonst würde ihm nie die Möglichkeit zuteil werden, unten nach Mallory zu suchen. Leider kannte er sich in den geheimen Gefilden der W.A.S. noch viel zu wenig aus. All die Gänge waren so verzweigt, dass man sich kaum orientieren konnte. Feivel nahm sich fest vor, später Clementine zur Hilfe mitzunehmen.

Da richtete sich Kira vor ihm auf. Ernst und eindringlich blickte sie ihm in die Augen. „Jetzt, wo du dich für unsere Seite entschieden hast, müssen wir sichergehen, dass wir dir auch vertrauen können." Geheimnisvoll zwinkerte sie ihm zu.

Schlagartig gefroren Feivels Adern zu Eis. Er hatte keine Ahnung, was ihn erwartete. Die ganze Rettungsaktion entpuppte sich jedenfalls als wesentlich komplizierter als geplant. Gespannt riss er die Augen auf.

„Wir werden eine Zeremonie abhalten, die dich endgültig in den Bund der Winters Academy of Sciences aufnehmen wird. Danach gibt es kein Zurück mehr." Ihre Blicke trafen sich. Die Worte hallten unwirklich in Feivels Kopf wieder.

Noch immer in Schockstarre, sah er zu ihr auf. Kalte Angst kroch seinen Rücken hinab. Was hatte Kira vor?

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