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Kapitel 23

Es dauerte eine Weile, bis Dr. Charlson und der Pfleger verschwanden und Kira allein zurückblieb. Mit gesenktem Kopf stand die Friesenstute da. Die sonst aufrechte und autoritäre Haltung hatte sie verlassen. Stattdessen wirkte sie plötzlich verbraucht und alt. Sie musste mehr durchgemacht haben als die meisten andere Pferde. Ihr Mann war gestorben und sie trug die Verantwortung für solch eine große Institution wie die Winters Academy - inklusive der Last der dahinter steckenden Geheimnisse.

Schnell schüttelte Feivel sein Mitleid ab. Er war aus einem anderen Grund hier. Endlich hatte er die einmalige Chance sie alleine und verletzlich anzutreffen. So gemein es klingen mochte, es kam ihm im Moment gerade recht, dass sie ein wenig neben der Spur zu sein schien. Tief einatmend richtete er sich auf. Jetzt oder nie.

In strammer Haltung, baute er sich hinter der noch immer bis auf einen schmalen Spalt geschlossenen Tür auf. Ein leises Wiehern verließ seine Lippen, um Kiras Aufmerksamkeit zu erregen. Überrascht drehte sie sich in seine Richtung und wischte sich hastig und verwirrt über das Gesicht.

Mit einer dramatischen Geste stieß Feivel die Tür an, sodass sie nahezu in Zeitlupe aufschwang und der Stute offenbarte, wer ihr da gegenüber stand. Knarzend bewegte sich das Metallobjekt beiseite. In Feivels Ohren brandete ein tosendes Rauschen auf. Es gab kein Zurück mehr.

„Feivel, was machst du denn hier?" Mit schräggelegtem Kopf und einer hochgezogenen Augenbraue musterte die Rappstute ihn. Vorwurfsvoll blitzten ihre Augen ihn an. Hätte sie keine vier Hufe gehabt, hätte sie sicherlich unterstreichend die Arme in die Hüften gestemmt. Eigentlich dürfte er um diese Zeit gar nicht hier sein.

Ein allerletztes Mal atmete Feivel durch und versuchte sich gänzlich auf die Situation zu konzentrieren. Diesmal durfte er keine Schwäche zeigen. Er musste Kira davon überzeugen, dass er die Wahrheit verdient hatte.

Bestimmt tat er einige Schritte auf die dunkle Stute zu, bis er letztendlich nahezu direkt vor ihr stand. Als er sprach, versuchte er so gut es ging, keine Miene zu verziehen. „Professor Kira Winters." Eisern presste er die Worte hervor. „Wir müssen reden."

Als hätte man einen Hebel umgelegt, wich Kiras anschuldigender Ausdruck aus ihrem Gesicht. Mit einem Mal formten sich ihre Züge zu einer harten Wand, an der alles abzuprallen schien. Schlagartig war jegliche Form des Gefühls von ihr gewichen. Wie ein Roboter nickte sie. „Ich glaube, du könntest Recht haben."

Ohne weitere Zeit zu vergeuden oder Feivels Reaktion abzuwarten, packte sie seinen langen Mähnenschopf und zerrte ihn in einen der Laborräume hinein.

Sobald die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, stieß sie ihn unsanft von sich, sodass er taumelnd das Gleichgewicht suchen musste. Sobald er sich wieder gefangen und seine zugegebenermaßen ziemlich zittrigen Beine sortiert hatte, gelang es ihm, zu Kira aufzublicken. Aufrecht stand sie da, erhobenen Hauptes und noch immer mit dieser versteinerten Maske über dem Gesicht. So verharrten sie einen Moment, musterten sich gegenseitig und versuchten verbissen die Absicht des jeweils anderen zu ergründen. Es fiel nicht schwer, sich anzublicken, doch zugleich war es so, als läge eine unsichtbare Wand zwischen ihnen.

Irgendwann hielt Feivel es nicht mehr aus. Er hob den Blick und richtete ihn direkt in Kiras funkelnde und auf eine skurrile Weise dennoch stumpfe, rauchschwarze Augen.

„Was ist die Wahrheit?", platzte es aus ihm heraus. „Die Wahrheit über Jacksons Tod und das, was wir hier tun?" Eigentlich hatte er nicht geplant, gleich so direkt mit der Tür ins Haus zu fallen, doch es schien ihm die einzige Möglichkeit, Kira deutlich genug klarzumachen, was er wollte. Und das war nur eines: Die Wahrheit.

Scharfes Schnauben drang aus den Nüstern der nachtschwarzen Stute. Ihr Schädel wandte sich abwehrend und gespielt interessiert zu einigen Gerätschaften, die auf der Fensterseite des Raumes aufgereiht waren. Feivel erkannte einige hochwertig wirkende Mikroskope und ein ziemlich großes Konstrukt, das ein Massenspektrometer sein könnte. Eines musste man der Winters Academy lassen, was die Forschung anbelangte, war sie top ausgerüstet.

Eine Zeit lang schwieg Kira. Die Sekunden verstrichen quälend langsam und Ungeduld keimte in Feivel auf. Unruhig und angespannt ließ er seine Augen erneut in dem Labor herumschwirren. Doch seine eigentliche Aufmerksamkeit war noch immer zu einhundert Prozent auf das Pferd vor ihm gerichtet. Jede Regung ihres Körpers erfasste er. Jedes Ohrenzucken, jedes Schweifschlagen. Suchte nach Anzeichen, dass endlich etwas passieren würde; Dass sie endlich sprach.

Einerseits brodele noch immer der unbändige Wille in ihm, endlich alles zu erfahren, aber andererseits wollte er seine Dozentin auch nicht bedrängen und womöglich schlimmeres herbeiführen, als ihr Schweigen. Dennoch wuchs die Ungeduld des Hengstes von Herzschlag zu Herzschlag mehr. Wenn Kira nicht bald eine Reaktion zeigte, konnte er für nichts garantieren. Er hatte sich ohne Plan B in diese Situation gestürzt. So schnell würde er nicht aufgeben.

Plötzlich atmete Kira langsam und pfeifend aus. Sie hob den Kopf und sah Feivel an. Die metallene Maske war gefallen und dem weich gezeichneten Gesicht gewichen, das er von ihr kannte. Etwas war dennoch anders. Ihr Körper spiegelte keinerlei Ausdruck der Freude wieder. Die Augen wirkten glanzlos und tot. Alter und Zerbrechlichkeit blitzte durch die sonst undurchdringbare Hülle ihrer starken Persönlichkeit. Einer Persönlichkeit, die sich von nichts und niemandem aufhalten lies. Und doch war es Feivel, als offenbare Kira endlich ihr wahres Selbst.

„Willst du wirklich alles erfahren? Die Wahrheit?" Ernst und eindringlich sah Kira Feivel in die Augen. Obwohl sich bei diesen Worten ein flaues Gefühl der Angst in seiner Magengegend bemerkbar machte, nickte er nachdrücklich. „Nichts als die Wahrheit."

„Nun gut..." Deutlich war zu erkennen, dass das, was sie jetzt erzählen würde, sie große Überwindung kostete. „Ich werde ganz am Anfang beginnen..." Zögerlich und mit leiser Stimme sprach sie auf ihn ein. Doch jeder einzelne Buchstabe, der ihre Lippen verließ, brannte sich in Feivels Seele ein. So deutlich wie nie etwas zuvor, strömte ihre Stimme durch die Windungen seines Gehirns. Ganz still stand er einfach nur da und lauschte dem, was Kira so lange in sich verschlossen hielt und nun endlich auszusprechen wagte.

„Als John und ich uns kennenlernten, hatte ich rein gar nichts mit der Wissenschaft zu tun." Die Worte klangen gefasst und langsam, doch sprudelten zugleich aus ihr heraus, als wären sie lange Zeit in ihrer Seele gefangen gewesen. „Aber dann zeigte er mir seine Forschungen und fesselte mich mit seinem Vorsatz, die Welt zu einem besseren Ort zu machen." Bei der Erinnerung huschte ein sanftes Lächeln, das von tiefstem Herzen kam, über Kiras Gesicht.

Ehrlich gesagt war Feivel ziemlich überrascht darüber, dass es so einfach gewesen war, sie zu überzeugen, ihm alles zu erzählen. Außerdem hatte er beim besten Willen nicht erwartet, wirklich alles von John bis Jackson über die W.A.S. zu erfahren. Kurz gesagt hatte er sich in Kira geirrt. Bisher war er der Meinung gewesen, sie vertraue ihm nicht ausreichend. Dabei schien es ganz anders. Hatte sie tatsächlich ihn als das Pferd ihres Vertrauens erwählt?

„So kam es, dass ich ihm dabei half, die Winters Academy aufzubauen", für Kira fort. Dann wandte sie sich mit ernster Miene Feivel zu. „Ich weiß, du hast das Gefühl, etwas ginge hier nicht mir rechten Dingen zu ..."

Schuldbewusst senkte er den Kopf. „Es tut mir ...", setzte er an, doch Kira unterbrach ihn. „Dir muss gar nichts Leid tun." Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. „Weil es stimmt ..."

Feivels Pupillen weiteten sich überrascht. Warum gab sie das so ungeniert zu? Was war es nur, was dieser Ort verbarg?

„Wir führen hier Forschungen durch, die weltweit weder genehmigt noch akzeptiert sind", fuhr Kira fort.

„Die Krebsimpfungen?" Verwirrt trat Feivel von einem Huf auf den anderen. Ihm war bewusst, dass experimentelle Studien eigentlich nicht an echten Patienten durchgeführt werden durften, aber warum sollte Forschung, die vielleicht irgendwann einmal Krebs heilen oder zumindest das Risiko verringern könnte, nicht von der Wissenschaft akzeptiert sein?

„Das ist es nicht, von dem ich hier spreche." Kira trat einen Schritt auf ihn zu und senkte ihre Stimme. „Ich meine unsere Rassenforschung."

„Rassenforschung?!", rief Feivel eine Spur geschockter aus, als er geplant hatte. Bilder von den Dokumenten, die Simon auf ihrem Computer gefunden hatte, flammten vor seinem inneren Augen auf. Noch war ihm nicht ganz klar, was Kira damit meinte, aber es löste definitiv großes Unbehagen in ihm aus. Das war es also, das Geheimnis der Winters Academy. Die Erforschung von Pferderassen. Irgendwie kam Feivel das noch nicht ganz schlüssig vor. Was hatte es dann mit Jackson und den eingesperrten Pferden auf sich, die er dort unten gesehen hatte?

„Es war nicht meine Idee, sondern Johns", versuchte sich Kira zu rechtfertigen. „Seiner Meinung nach ist ein Pferd nur in der Lage, ein optimal nutzvolles Leben zu führen, wenn es über eine reine Blutlinie verfügt."

Unwillkürlich kontrahierte sich Feivels Schultermuskulatur und seine Ohren klappten leicht nach hinten. „Dann ist es also wahr. Hier werden nationalsozialistische Ziele verfolgt", resultierte er knurrend. Ob vor Wut, Furcht oder bloßer Überraschung war ihm selbst nicht bewusst. Was er jedoch wusste war, dass es die richtigen Entscheidung gewesen war, hier herzukommen und Kira zur Rede zu stellen.

Diese fuhr sich nun angespannt durch die dichte Mähne. „So darfst du das nicht sehen", wandte sie ein. „Wir wollen doch nur das Beste für die Pferde. Es ist medizinisch nachgewiesen, dass Reinrassige über eine bessere Lebensqualität und geringere Gesundheitsrisiken verfügen."

„Woran ist John Winters gestorben?", schoss es auf einmal aus Feivel heraus. Die Frage, die ihm schon seit einer geraumen Zeit auf der Zunge brannte, hatte endlich ihren Weg ins Freie gefunden.

Hecktisch stieß Kira ihre Atemluft aus. Kurz krümmte sie sich zusammen und musste sich keuchend an einem der feuerfesten Labortische abstützen. Die Erinnerung an ihren toten Mann traf sie härter, als sie jemals zugegeben hätte.

Geduldig wartete Feivel, bis sie sich wieder gefangen hatte.

Langsam richtete sich Kira wieder auf, verharrte jedoch in der Nähe des stützenden Tisches. „Er ..." Sie stockte. Ihre Stimme war plötzlich brüchig und dünn geworden. „Er ist irgendwie ausgetickt und hat eines seiner Mittel an sich selbst getestet."

„Und daran ist er gestorben?", harkte Feivel nach.

Kaum merklich nickte Kira. „Wir hatten keine Testpersonen mehr übrig. Er wollte unbedingt, dass wir so schnell wie möglich vorankommen. Und dann hat er das Zeug einfach selbst geschluckt - oder vielmehr in sich herein geschüttet."

„Was für ein Zeug?" So sehr sich Feivel auch bemühte, die ganze Geschichte wurde langsam so verwirrend, dass er drohte, den Faden zu verlieren.

„Das Mittel, das eigentlich für die Mischlinge gedacht war", versuchte Kira sich einer Erkältung. Sie klang noch immer ein wenig zittrig und unsicher. „Es musste auch an reinen Pferden getestet werden, um eine Massenimmunisierung zu erleichtern."

„Aha." Verwirrt zog Feivel eine Augenbraue hoch. Die Art, in der sie sprach, beunruhigte ihn. Er verstand zwar die Worte, die ihre Lippen verließen, aber deren Inhalt war ihm nahezu gänzlich schleierhaft.

„John ist also an einem Mittel gegen Krebs gestorben?", versuchte er den Zusammenhang zu Jackson wieder herzustellen.

„Sozusagen", stimmte Kira zu. Irgendetwas in ihrem Ausdruck verriet Feivel jedoch, dass es eine ganz andere Bedeutung hatte. Inzwischen hatte sich wieder dieser eisige Film über ihr Gesicht gelegt, der sie unergründlich und distanziert werden lies.

„Doch es war wohl zu hoch dosiert, oder die Mischung stimmte nicht. Jedenfalls hat es seine inneren Organe stark beschädigt. Er ist ziemlich schnell daran zu Grunde gegangen." Ihr leerer Blick richtete sich aus dem Fenster, wo vor gräulichem Himmel die oberen Zweige der Buche im Hof vor sich hin wankten.

Da schwoll ihre Brust und sie nahm wieder die autoritäre Haltung ein, die Feivel von ihr gewohnt war. „Jetzt bin ich sein Beauftragter. Es ist meine Mission. Ich werde Johns Vermächtnis zu Ende führen", sprach sie mit fester Stimme und entschlossen zusammengekniffenen Augen.

Nickend sah Feivel sie an. Obwohl er in Sachen Rassenlehre und Heilmitteln noch immer nicht so ganz durchblickte, verstand er ihre Motivation. Für die Person, die er liebte, würde er sicherlich das gleiche tun. Bei diesem Gedanken, erschien eine ganze Menge an Gesichtern blitzartig aufleuchtend vor seinem inneren Auge. Mallory, Simon, seine Eltern, Clementine und auch Kira selbst waren darunter. Kurz zuckte er zusammen und schüttelte die Bilder von sich.

„Ich vertraue dir, Feivel, wirklich." Eindringlich trafen sich seine Blicke mit jenen der nachtschwarzen Stute. „Es fiel mir nicht leicht, diese Entscheidung zu treffen, aber ich habe beschlossen, dir nun wirklich die Wahrheit anzuvertrauen." Sie näherte sich ihm und ihr warmer Atem streifte seine Tasthaare. „Versprichst du mir, immer hinter mir und der Winters Academy zu stehen?"

Wie ferngesteuert nickte Feivel. Ihm war, als hinge sein ganzes zukünftiges Leben von seiner Antwort auf diese Frage ab. Entweder er erführe jetzt wirklich, was hier vor sich ging, oder sie würde ihn mit seinem nutzlosen Halbwissen für immer von hier verbannen.

Obwohl er tief in seinem Inneren wusste, dass es falsch war, was hier getan wurde, nickte er noch ein letztes Mal bekräftigend mit dem Kopf. „Ja, ich verspreche es" , presste er so überzeugend hervor, wie er nur konnte.

Ein zufriedenes Lächeln huschte über Kiras Gesicht. „Sehr gut, mein Lieber, von dir hätte ich auch nichts anderes erwartet." Sie zwinkerte ihm wohlwollend zu, was sofort wieder eine Welle des Stolzen durch Feivels Körper jagte, die er eilig in den letzten Winkel seiner Hirnwindungen verstaute. Für so etwas hatte er jetzt keine Zeit. Er wollte die Wahrheit. Die ganze Wahrheit.

„Unser Ziel ist es, jeden auszurotten, der keiner reinen Blutlinie entspringen. Auf diese Weise soll eine eine Elite an starken und gesunden Pferden erschaffen werden", sprach Kira unvermittelt aus, was lange schon erdrückend im Raum geschwebt hatte. Der warme Ausdruck, mit dem sie Feivel ansah, blieb unverändert, doch er spürte, dass sich etwas in ihrem Inneren gewandelt hatte.

„Ausrotten? Ein hartes Wort." Perplex blickte er zu ihr auf. Einen Moment lang war ihm gar nicht bewusst, was er da gerade erfahren hatte. Es dauerte eine Weile, bis er die Informationen richtig eingeordnet und verarbeitet hatte. Doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Er hatte es hier also tatsächlich mit einer nationalsozialistischen Organisation zu tun. Die Rassendokumente auf ihrem Computer waren genau das, was er und Simon von Anfang an vermutet hatten: Ein Tötungsplan für Mischlinge.

„Das ... Das ist vollkommen unethnisch", versuchte sich Feivel einer Anschuldigung. Eingeschüchtert von der Wahrheit aber zugleich kochend vor Wut, straffte er die Schultern und wölbte seinen Hals.

„Was hat Jackson damit zu tun?" Fragte er ganz langsam und eindringlich, während er Kira dabei absichtlich starr und rief in die Augen sah.

„Der gute Jackson." Die Stute lachte kurz und herzlich auf. „Du hast doch gesehen, wie schwach er war."

„Das war er nicht!", begann Feivel. Aber als er merkte, dass sie sowieso nicht auf seine Argumente eingehen würde, brach er ab. Entschieden und fordernd starrte er sie an. „Warum war er wirklich hier?"

Kira seufzte. Ohne zu antworten drehte sie sich elegant in Richtung des Fensters. Ihr dunkelblauer Laborkittel flatterte und dessen Zugluft umspielte Feivels Nüstern. Einen Hinterhuf lässig angewinkelt, verharrte Prof. Winters dort. Was wie eine abweisende Geste wirkte, war vielmehr die Einladung, sich zu ihr zu gesellen, die einer Feivels tief verankerter Urinstinkte zu deuten wusste.

Etwas zögerlich trat er neben sie. Ihre Schultern berührten sich fast, doch sie sahen sich nicht an. Stattdessen zwangen sich beide ihr Augenmerk lediglich auf die Buchenzweige zu lenken, die vor der verschlossenen Glasscheibe auf und ab wippten.

Ohne eine Änderung ihrer Position vorzunehmen, fuhr Kira schließlich fort. „Die Krebsimpfungen existieren nicht. Von Anfang an war geplant, dass Jackson an dem Serum stirbt." Sie klang beunruhigend besonnen.

„Das heißt also, hier werden Pferde getötet wegen einer Sache, für die sie gar nichts können." Verständnislos scharrte Feivel am kalten Boden. und schob einen Krümel darauf hin und her, der möglicherweise von einer alten Gesteinsprobe stammen könnte. Pure Wut und Aggression kochte in seinem Blut auf. Gleichzeitig musste er heiße Tränen unterdrücken, als er an den armen Jackson dachte. Wie konnte man so etwas nur tun?

„So darfst du das nicht sehen. Es ist das Beste für Pferde wie ihn, wenn sie ihr klägliches Dasein nicht noch länger zu fristen haben", wandte Kira ein. „Gesundheitlich sind Reinblüter wesentlich robuster und stabiler."

Wütend schnaubte Feivel in ihre Richtung, hörte jedoch sofort wieder auf, als er sich an sein Versprechen erinnerte. Sollte er Kira vertrauen? Obwohl er heftig mir sich rang, die Gedanken aus seinem Kopf zu vertreiben, war ein Teil von ihm dennoch überzeugt, das es Sinn ergab, was Kira sagte. Natürlich war es falsch, unschuldige Pferde einfach so zu töten, doch die Wissenschaft log nicht. Erwiesenermaßen waren die Fähigkeiten der Nachkommen von gleichrassigen Paaren wesentlich leistungsstärker und spezifizierter ausgeprägt. Rational gesehen war es ein logisches Ziel, die Entstehung von Mischlingen verhindern zu wollen - doch zu welchem Preis?

„Wie ... hat John diese Ausrottung geplant? Wie wollte er seinen ... Plan umsetzen?" Mit Mühe sortierte Feivel die Gedankenstrudel, die in seinem Kopf wüteten. Zwar sprach dieses Vorhaben gegen alle Werte und Normen, für die er jemals gelebt hatte, doch er brauchte mehr Informationen.

„Die Verschleierung über die Krebsimpfung ist die eine Sache", ging Kira auf ihn ein. „Damit haben wir bis jetzt ganz gute Quoten erzielt, aber es müssen sich natürlich erst passende Kandidaten finden, die ins Profil passen. Das dauert seine Zeit."

„Und die andere Sache?" Mit bebenden Nüstern zwang Feivel sich, noch immer stur aus dem Fenster zu starren. Alles in ihm sträubte sich gegen die Vorstellung, dass Kira tatsächlich gezielt Mord an Jackson begangen hatte. Es kam ihm vollkommen unwirklich vor, dennoch jetzt einfach so neben ihr zu stehen. Er fürchtete sich beinahe davor, sie direkt anzusehen. Zu verwirrt war er von der zugleich abweisenden und vertrauten Aura die sie ausstrahlte.

„Die andere Sache befindet sich noch in der Testphase." Feivel hörte, wie auch Kira langsam die Fassung verlor und die in ihr aufkeimende Unruhe mit kleinen Scharrbewegungen am Boden zu kompensieren versuchte. Hätte sie Krallen gehabt, würde sie diese sicherlich jetzt in den Untergrund graben, um ihre Haltung zu stabilisieren.

„Wir arbeiten daran, ein Mittel zu entwickeln, das nur Auswirkungen auf Mischlingspferde hat."

„Aha." Feivel war zutiefst skeptisch, dennoch war sein Interesse nicht geheuchelt. „Ein Mittel, das auf eine spezielle DNS-Codierung anspricht ...", überlegt der gepunktete Hengst laut und versuchte die innere Unruhe in sich zu unterdrücken, die wieder drohte, Überhuf zu gewinnen.

„Ganz genau", hauchte Kira und klang dabei nahezu ehrfürchtig.

Plötzlich löste sie sich aus ihrer Pose, stampfte bekräftigend mit dem massiven Huf auf den Boden und sah Feivel in die Augen. Ihr Blick war so kraftvoll und fesselnd, dass er unfähig war, ihm auszuweichen.

„Genau aus diesem Grund brauche ich dich in meinem Team, Feivel Cooper."

Verwirrt ließ Feivel den Blickkontakt nun doch abbrechen. Was meinte sie damit?

„Du hast wirklich großes Potential. Als Wissenschaftler."

Noch immer verstand Feivel nicht. Was war es, das diese Stute in ihm sah? Wieso schenkte sie ihm ihr Vertrauen? War ihr nicht bewusst, in welche Gefahr sie sich und die Winters Academy brachte, indem sie ihn eingeweiht hatte? Er könnte jetzt sofort die Polizei anrufen und die Labore durchsuchen lassen. Mit Sicherheit würde man dort Material finden, die Kira und ihre Anhänger lebenslänglich ins Gefängnis beförderten. Doch irgendetwas hielt Feivel davon ab. Zum ersten Mal wurde ihm wirklich bewusst, über welch große Macht Wissenschaftler wie John und Kira verfügten. Sie hatten die Macht, die Welt zu verändern. Und er hatte Kiras Vertrauen.

Hin und her gerissen senkte Feivel den Blick zu Boden. Er hatte Kira versprochen, die Wahrheit mit niemandem zu teilen. Auch wenn es ihm falsch vorkam, wieso sollte er das Vertrauen dieser Stute missbrauchen? Damit wäre sein eigenes Handeln falsch. Genauso falsch, wie Pferde allein wegen ihrer Abstammung zu töten.

„Ich werde darüber nachdenken", gab Feivel knapp, aber präzise von sich, ehe er auf den Hinterhufen kehrtmachte und aus dem Raum marschierte.

Er hatte keine Ahnung, was als Nächstes zu tun war. Nicht einmal mit Clementine konnte er mehr darüber beraten. Jetzt hing wirklich alles einzig an ihm. Er musste eine Entscheidung treffen.

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