Eine kurzfristige Versammlung
Der Eingangsbereich des Hauses war recht groß und lud zum Eintreten ein. Auf dem dunklen Holzboden lag ein roter Teppich, der zu einer breiten Holztreppe führte, und an den Wänden flackerten kleine Flämmchen hell auf, die in kleinen Gläsern gefangen an der Wand hingen. Doch viel Zeit blieb ihr nicht, das Haus zu bestaunen, denn aus dem Raum rechts von ihnen, aus dem ein leises Gemurmel kam, ertönte ein herzliches „Albus!” und die vier setzten sich in Bewegung, um nach dem Rufenden zu schauen.
Das Gemurmel verstummte jäh, kaum dass sie den Raum betreten hatten.
Es war ein riesiger Raum - und ebenso riesig war der lange Mahagoni-Tisch, um den einige Menschen saßen, die allesamt ihre Köpfe zu den Neuankömmlingen gedreht hatten und erwartungsvoll zu Dumbledore schauten. An der anderen Seite des Raumes stand eine Vitrine, ebenfalls aus Mahagoni, umgeben von einer blumigen Tapete. Wie in Hogwarts tanzten einige Kerze über dem Tisch und erleuchteten das Geschehen. Als hätten die Bewohner dieses Hauses sich wehmütig mithilfe der Kerzen an ihre ehemalige Schule erinnern wollen.
Mehr konnte Lily leider nicht mehr erkennen, denn vor ihr trat ein etwas älterer Herr mit grauen Haaren und Brille. „Gut, dass du da bist!”, sagte er und nickte Dumbledore ernst zu. „Sie warten schon auf dich. Delvaux”, grüßte er den Professor, doch seine Augen blieben bei James hängen, ehe der Professor ihm freundlich zunicken konnte. „James, was machst du hier?”, fragte er erstaunt und nahm diesen liebevoll in den Arm. Dann ließ er ihn los, wie um ihn auf Unversehrtheit zu prüfen. „Und die reizende Dame?”, raunte er zwinkernd und Lily erschrak. Die charmante Art, wie er sie ansprach, diese Haselnussbraunen Augen - so warm und vertraut. Verdutzt sah sie ihn an.
„Lily Evans, Sir”, antwortete sie und streckte ihm zögerlich die Hand entgegen. Sein Gesicht hellte sich kurz auf, als würde ihm ihr Name bekannt sein und als er ihre Hand entgegen nahm, schien es, als wolle er sie gar nicht erst loslassen. „Fleamont Potter”, sagte er und starrte sie fasziniert an.
Ein kurzer, vielsagender Blick von ihm huschte zu James, doch dann sah er leicht empört zu Dumbledore. „Albus, das sind Kinder, die haben...” - „... Hierfür unterschrieben”, beendetete Dumbledore den Satz.
„Ihr habt..?”, fragte Mr. Potter tadelnd. „Wisst ihr eigentlich, wie gefährlich das ist?”
Trotzig hob James den Kopf. „Für mich weniger als für euch”, erwiderte er und sah seinem Vater entschlossen in die Augen.
„Wir bieten einen Unterschlupf und Platz für Versammlungen. Außerdem sind wir alt genug, zu wissen, was wir tun!”, funkte Mrs. Potter dazwischen und tauchte mit funkelnden Augen hinter ihnen auf.
„Ich weiß auch, was ich hier tu - ich bin dabei und fertig”, entgegnete James stur.
„Moment, Freundchen! Darüber reden wir nochmal!”
„Mooom, ich bin 17!”, versuchte James sich zu verteidigen, doch in diesem Moment räusperte sich Dumbledore und seine Eltern gaben ihm ein Zeichen, dass das letzte Wort hierzu noch nicht gesprochen war.
Grummelnd setzte er sich mit Lily an den Tisch und folgten den Blicken der anderen zu Dumbledore. Lily selbst musste sich auf seine kindliche Reaktion das Lachen verkneifen, doch kaum setzte Dumbledore an zu sprechen, verstarb es in ihr, ehe es den Weg nach draußen fand.
„Vielen Dank, dass ihr so zahlreich erschienen seid”, begann er und musterte die Versammelten mit seinen tiefblauen Augen. Auch Lily sah umher. Sie erkannte einige Gesichter von der ersten Versammlung, an der James und sie teilnahmen, doch nur von Benjy Fenwick kannte sie den Namen.
„Es verschwinden immer mehr Menschen und es fühlt sich so erdrückend an, nichts dagegen tun zu können.
Neben den McCall's sind auch die Blake's nicht mehr auffindbar, Lesly Barough, Silas Brown, Avery Bloom, Lennox Baldrian, Adriel und Jasper Stone - nur um ein paar Namen zu nennen.” Außer den McCall's sagten Lily die Namen überhaupt nichts, aber den Reaktionen im Raum nach zu urteilen, schienen sie keine Unbekannte gewesen zu sein. Dumbledore fuhr fort.
„Nun traf es erneut eine Schülerin des Schlosses, doch diesmal ist es nicht in den Ferien geschehen, sondern in den letzten Tagen bei uns in den sonst so sicheren Mauern von Hogwarts. Der dunkle Lord macht wohl vor nichts mehr Halt.”
Neben Lily senkte Professor Delvaux betroffen den Kopf und überall im Raum trat ein allgemeines Raunen und Schniefen ein.
„Wie kann das sein?”, rief ein junger, rothaariger Mann verwundert raus. Dumbledore drehte sich mit gequältem Blick zu ihm und sah ihn an. „Ich weiß es nicht, Fabian. Wir haben wohl, wie in jeder gesellschaftlichen Runde zu dieser Zeit, einen Verräter unter uns.” Schockiert richtete sich Delvaux auf. „Wir sollten etwas dagegen tun”, sagte er und Dumbledore nickte zustimmend.
„Ich bitte euch, aufmerksam zu sein. Jede auffällige Bewegung oder Aussage kann ein Indiz für einen Verräter sein. Aber passt auf, dass ihr euch bei der Suche danach nicht selbst verliert.”
„Ich könnte mich bei den Todessern einschleusen!”, sagte ein großer, stämmiger Mann und blickte grimmig in die Runde. „Bist du dir da sicher,
Caradoc?”, fragte der Mann namens Fabian und lehnte sich besorgt vor. „Das ist nicht gerade ungefährlich, das weißt du.”
Der Mann namens Caradoc nickte entschlossen und sah Dumbledore an, als warte er auf eine Zustimmung von ihm. Dieser starrte nachdenklich zur Vitrine am Ende des Raumes und nickte dann langsam. „Die Idee wäre nicht so verkehrt. Wir dringen mit ihren eigenen Waffen zu ihnen ein. Es ist ein gefährliches Spiel - und du setzt deinen Kopf für eine große Sache aus. Aber ich denke, so können wir vielleicht herausfinden, nach welchem Muster sie gehen und die Unschuldigen schützen. Vielleicht gibt es von dem ein oder anderen Vermissten noch irgendwelche Lebenszeichen.”
In den Gesichtern der Anwesenden zeichnete sich eine unbeschreibliche Hoffnung auf.
Mitgerissen von Dumbledores Tatendrang, richtete Lily sich gerade auf.
„Wir könnten ein paar ausgewählte Schüler rekrutieren”, sagte Lily und sah erwartungsvoll zu James. Seine Augen nahmen einen abenteuerlichen Glanz an und er grinste ihr wissend zu. „Wir wüssten schon ein paar, die sofort dabei wären...”, sagte er. Lily lächelte ihn dankbar an.
„Das kommt überhaupt nicht in Frage!”, ertönte es von der Tür. Mrs. Potter tauchte I'm Türrahmen auf und zeigte mit einem tropfenden Kochlöffel in den Raum. „Schüler haben nichts in dem Orden verloren! Genauso wie ihr zwei!”
„Ich habe allgemein gesehen nichts zu verlieren”, sagte Lily entschlossen. James regte sich und schaute seine Mutter an. „Ich bin volljährig und wenn ich die Chance zum Kämpfen habe, will ich das auch tun! Und wenn Lily dabei ist”, fügte er an Lily gewandt hinzu, „habe ich nur was zu verlieren, wenn ich sie alleine in den Orden gehen lasse.”
Verwirrt schaute sie ihn an. Was sagte er?
Dann sprang sie jedoch auf und wandte sich an Dumbledore. „Wie werden bestimmt ein paar Schüler zusammen bekommen, die bereit sind, sich dem Orden anzuschließen.”
Dieser nickte lächelnd. „Das glaube ich auch”, erwiderte Dumbledore und zwinkerte ihr zu, ehe er sein Glas erhob. „Auf den Orden des Phönix!”, rief er und die Versammelten antworteten ein grölendes „Auf den Orden!”.
Als sie sich zum Aufbruch bereit machten, nahmen die Potters James noch ein letztes Mal fest in die Arme. Nach ein paar Diskussionen hatten sie aufgegeben, bei James den Orden aus dem Kopf zu bekommen. Schniefend drückten sie ihn an sich, während er immer wieder beteuerte, auf sich aufzupassen und Sirius Black nicht mit hinein zu ziehen („Aber keine Garantie für seine Entscheidung!”). Auch Lily nahmen sie überraschend in die Arme, weshalb diese leicht verwirrt zu James schaute.
„Seid bitte vorsichtig”, flüsterte ihr James' Mutter ins Ohr. Lily nickte, auch wenn Mrs. Potter es nicht sehen konnte.
Es war ihr unangenehm, dass sie so herzlich von James' Eltern umarmt wurde ohne sie wirklich zu kennen - und unter dem wachsamen Blick von ihrem Sohn. Doch es fühlte sich so warm an, fast so warm wie bei ihren Eltern damals. Und nur mit Mühe konnte sie die Tränen herunter schlucken, die drohten den Weg nach draußen zu bahnen.
„Ich denke, dich werden wir bestimmt bald wieder sehen”, sagte Mr. Potter grinsend und fing sich von seiner Frau einen Hieb in den Oberarm ein. „Bei Merlins verbohrtem Holzschuh, Fleamont!”, zischte sie. Doch er lachte nur und raunte Lily zwinkernd zu: „Ich meine natürlich damit die nächste Ordens-Versammlung! Vorerst..”
Lily konnte nichts mehr erwidern, denn just in diesem Moment rief Dumbledore nach ihr und sie drückte sich zu ihm vor, um nach dessem Arm zu greifen.
„Tut mir leid wegen meinen Eltern”, entschuldigte sich James später, als die zwei Schulsprecher von Dumbledores Büro in Richtung Gemeinschaftsraum liefen. „Ach, alles gut”, antwortete sie und lächelte ihn unsicher an. „Es war nur... ungewohnt. Aber sie haben es lieb gemeint.”
„Sie waren nur etwas erfreut, dich kennen zu lernen”, erwiderte er nervös.
Lilys Lächeln änderte sich zu einem frechen Grinsen. Forschend suchte sie dabei in seinem Gesicht nach einer Reaktion, als sie erwiderte: „Ich hatte das Gefühl, dass sie mich irgendwie bereits kannten.” Sein Gesicht wurde schlagartig rot und er starrte auf seine Füße.
„Gut möglich”, krächzte er.
Grinsend benetzte sie ihre Lippen mit der Zunge und zog eine Augenbraue hoch, bevor sie ihren Kopf senkte.
Röte stieg in ihr Gesicht, als sie darüber nachdachte, wie sein Vater sie angeschaut hatte, nachdem sie ihren Namen genannt hatte. Kein Junge erzählt seinen Eltern etwas von einem Mädchen, wenn er nicht wirklich Interesse an ihr hatte.
Er meinte es ernst - und bei diesem Gedanken spürte sie sämtliche Explosionen im Körper.
„Das Date...”, riss James sie aus ihren Gedanken. „Würdest du es mit mir irgendwann nachholen?”
Sie holte tief Luft, um ihren Atem zu beruhigen und antworten zu können. Doch genau in diesem Moment schwang vor ihnen das Portrait der fetten Dame auf und ein panischer Remus stürzte heraus. Als wüsste er genau, dass James hier war, stürmte er auf ihn zu und wedelte hilflos mit den Armen.
„Moony, was...?”, fragte James, doch Remus unterbrach ihn.
„Hilf mir”, japste dieser. „Sirius ist gerade am Durchdrehen! Er duelliert sich gerade mit Steve - und ich glaub' es geht nicht gut aus!”
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