Dumbledores Idee
Lily stand der Mund offen. „Professor...”, stotterte sie.
Doch dieser sah die beiden nur erstaunt an und klatschte dann in die Hände. „Miss Evans, Mr. Potter - welch angenehme Überraschung, dass sie hergekommen sind! Ich bin mir sicher, dass mein guter Freund hier euch eingeladen hatte.” Er wies zu einem Mann in zerfetztem Mantel, der ihnen seinen Rücken gekehrt hatte und wohl als einziger Gast in diesem Wirtshaus Lilys und Potters Ankunft keine Beachtung schenkte.
Kritisch beäugte Lily den Mann, doch ehe sie nach seinem Namen fragen konnte, stürzte ein anderer junger Mann von links auf Dumbledore zu und zischte ihn an. „Albus, das sind noch Kinder! Das geht nicht!”
Mit einem Blick zu Lily und Potter wusste Lily, dass er offensichtlich die beiden meinte und ihre Hand verkrampfte sich augenblicklich. „Kinder?! Wir sind immerhin schon -”
„Sie sind volljährig, mein Guter”, unterbrach sie Dumbledore. „Ich denke, sie können für sich selbst entscheiden und wir haben nicht die Macht dazu, ihnen zu sagen, ob sie dabei sein möchten oder nicht.”
„Aber wir wissen nicht, ob wir ihnen vertrauen können.” Der Mann durchbohrte die zwei Schulsprecher mit einem forschen Blick, als suche er nach etwas, mit dem er Dumbledore beweisen konnte, dass sie nicht dazu gehörten.
„Ich wüsste niemandem, dem ich mehr vertrauen würde als unseren diesjährigen zwei Schulsprechern, Benjy”, sagte Dumbledore und brachte den Mann somit zum Schweigen. Der Professor zwinkerte Lily zu und sie lächelte ihn dankbar an.
Neben ihr regte sich Potter. „Benjy?”, fragte er. „Benjy Fenwick?”
Der Mann baute sich vor Potter auf. Er versuchte sich größer zu machen, doch sein Kinn ragte gerade mal über Potters Brust. „Der bin ich”, murrte er. „Wer will das wissen?”
„James Potter, Sir”, antwortete er ruhig. Lily spürte jedoch, wie er tatsächlich eher unruhig war, denn seine Finger drückten gegen ihre Hand. Als sie hinunter schielte, sah sie, dass ihre Finger noch immer ineinander verschränkt waren. Potter folgte ihrem Blick und hastig ließen beide ihre Hände voneinander los. Der Mann namens Benjy war so auf Potters Gesicht fixiert, dass er diese Bewegung nicht mitbekam.
Dumbledores amüsierter Blick entging Lily jedoch nicht.
„James Potter”, wiederholte Benjy ungläubig, fing jedoch an zu lachen, als würde er sich an sämtliche Sandkastengeschichten erinnern. „Natürlich!”
Und plötzlich riss er Potter zu sich und schien ihn mit seiner kleinen Manneskraft zu erdrücken.
„Hätte dich fast nicht erkannt in der düsternen Bruchbude!” Hinter ihm ertönte ein Husten, doch er ignorierte es gekonnt.
„Man, bist du erwachsen geworden! Und kräftig!” Er schlug Potter unsanft in die Arme, sodass dieser leicht zu Lily taumelte. „mit dir sollte man sich wohl lieber nicht anlegen, kleiner Jamsie!”
Jamsie! Lily konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, doch genau dies zog die Aufmerksamkeit des jungen Mannes von Potter auf sie.
„Und das ist deine Freundin? Hast dir aber ein hübsches Ding zugelegt! Verzeih, dass ich vorhin so grob zu dir war”, fügte er an sie gewandt hinzu. „Aber ich wusste nicht, dass das hier der kleine Jamsie ist. Ihr seid natürlich willkommen, auch wenn es hier vielleicht zu gefährlich für euch werden kann..”
Er blinzelte kurz verärgert zu Dumbledore, besann sich jedoch dann und hob Lily grinsend seine Hand entgegen. „Benjy Fenwick, ein ferner Verwandter von James. Du erinnerst dich sicher nicht an mich - ich war im Abschluss-Jahrgang als James sein erstes Jahr in Hogwarts verbrachte.”
Zögerlich nahm sie die Hand entgegen. „Lily Evans”, sagte sie freundlich und lächelte ihn an. „Und nein, nicht die Freundin von Pot-... James.”
Sie bemerkte Potters überraschten Blick in den Augenwinkeln, wandte jedoch nicht ihren Blick von dem fremden Mann ab.
Dieser grinste nur verschmitzt und lehnte sich zu ihr. „Dann seid ihr also kein Paar?” Potter sog neben ihr tief Luft ein und Lily schüttelte bemüht gefasst den Kopf „Nein”, sagte sie. Zum Glück nicht, dachte sie - doch behielt es lieber für sich.
„Na dann halt dich lieber ran, Jamsie - sonst schnapp ich sie mir!”, meinte er lachend zu Potter.
Lily wusste, dass das nur scherzhaft gemeint war, aber dennoch schüttelte es sie innerlich. Sie setzte ein gezwungenes Lächeln auf und sah dann wieder auf den Mann, der ihnen anfangs den Rücken gekehrt hatte, da dieser gerade aufstand und sich umdrehte.
„Mit Verlaub Albus - können wir dann mal langsam anfangen?!”, grummelte er und nickte ihm zu.
Im dämmrigen Licht der Kerzen konnte Lily sein Gesicht sehen. Es kam ihr recht bekannt vor, doch sie wusste nicht, woher.
Sein Gesicht war völlig vernarbt und über seinem linken Augen versteckte eine Augenklappe wohl eine Wunde, die noch recht neu sein musste. Er sah mit seinem gesunden Auge an Dumbledore vorbei und durchbohrte sie mit seinem Blick.
Wer war er?
Dumbledore riss sie aus ihren Gedanken, als er dem Mann antwortete: „Alles klar, Alastor. Dann wollen wir mal!”
Und mit einem Mal fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
A. M.
In ihrem Mantel spürte sie die Kanten des zusammen gefalteten Pergaments mit der Einladung. Mit ihrer Hand fuhr sie automatisch darüber, als ihr das klar wurde.
„Alastor”, sagte sie ungläubig. „Alastor Moody! Sie sind...”
„... Der Auror, der dich aus dem Elternhaus geholt und für heute eingeladen hat, richtig. Das war erstaunlich schnell erraten für deine Verhältnisse, Kind!”, unterbrach er sie.
Neben ihr regte sich Potter, doch Dumbledore wies die zwei freundlich zu einer Bank in einer Ecke, auf die sie sich setzen sollten. Ohne zu widersprechen setzten sie sich und sahen zu ihrem Schulleiter, der allmählich die Lichter im Wirtshaus dämmte und alle Versammelten mit ernstem Gesicht ansah.
„Liebe Freunde”, begann er und sah in die erwartungsvollen Gesichter der Anwesenden. „Ich danke euch, dass ihr die teils weite Reise auf euch genommen habt und so zahlreich erschienen seid.”
Neugierig blickte Lily in die Runde. Es war dunkel, doch ein wenig konnte sie die Köpfe zählen. Es war vielleicht ein Dutzend Menschen. Nicht viele, wenn man bedachte, dass Dumbledore von zahlreich redete.
Doch keiner grinste, sondern starrte ernst in Dumbledores Gesicht.
„Es ist nicht einfach, in Zeiten wie diesen genug Menschen zu finden, die sich einem anschließen”, fuhr Dumbledore fort. Es war, als hätte er gemerkt, was Lily dachte, denn sein Blick durchbohrte sie vielsagend. „Verrat, Angst, Unachtsamkeit, Schwäche.. Das alles begegnet uns tagtäglich. Und glaubt mir wenn ich euch sage, dass wir dies noch öfter erleben werden, wenn wir uns aktiv gegen dem stellen würden, das der Welt den Atem nimmt.
Lange genug haben wir gewartet, haben beobachtet, haben Dinge geschehen lassen, die sich in unsere Erinnerungen und unser Gewissen beißen und uns nie wieder loslassen.
Ich finde, es ist Zeit, sich zu wehren und offen zu zeigen, dass wir nichts mehr einfach so hinnehmen werden. Nicht der, der den Krieg beginnt, ist der, dem die Macht zu gebühren gilt.”
Erschrocken sah Lily ihren Schulleiter an. So hatte sie ihn noch nie reden gehört. Potter hingegen hing ihm so an den Lippen, dass er beinahe gesabbert hätte, wäre ihm nicht eingefallen, seinen Mund zu schließen.
Als er Lilys Blick bemerkte, sah sie in seinen Augen die pure Entschlossenheit. Sie selbst war jedoch noch so perplex von dem neuen Dumbledore, der nun vor ihr stand, dass sie noch nicht klar denken konnte.
Doch Dumbledore sprach weiter. Er erzählte von dem, dessen Name nicht genannt werden sollte, er erzählte von den verschwindenden Menschen und den vielen Opfern, die sich in den letzten Jahren häuften. Er erzählte davon, schwächere zu beschützen - darunter auch Muggel, Muggelgeborene, wehrlose Menschen, Kinder und sogenannte Blutsverräter.
Mit jedem Wort wuchs auch die Entschlossenheit von Lily.
Um sie herum begannen die Menschen zu erzählen. Es waren ein paar Auroren unter ihnen, die von Begegnungen mit Todessern erzählten und bei einigen Geschichten stellten sich bei Lily die Haare auf. Einer der Auroren, der sich Caradoc Dearborn nannte, war wohl beispielsweise zweimal dem Tod gerade so entkommen und Emmeline Vance, eine Aurorin im ersten Lehrjahr, erzählte von den unsäglichen Schmerzen, die sie bei einem Cruciatus-Fluch von einem der Lestrange-Brüdern durchlitten hatte.
Viele Geschichten waren auch sehr beeindruckend und Lily war sich sicher, dass sich viele unter ihnen gegenüber den Todessern sicherlich behaupten konnten.
Getrieben von dem Ehrgeiz der anderen, ließen sich Lily und James treiben, riefen mit, johlten mit und standen am Ende auch auf, als sich alle um ein Blatt Pergament sammelten, um ihre Unterschrift zu hinterlassen.
Irgendwer drückte Lily eine Feder in die Hand. Doch kurz bevor die Feder das Pergament berührte und die Tinte ein ewig hinterlassenes Wort ergab, zögerte sie und sah Professor Dumbledore an.
„Ich weiß nicht, ob ich gut genug dafür bin”, gab sie ihre Bedenken zu. „Ich bin jung, schwach und unerfahren.”
Doch noch ehe Dumbledore etwas dazu sagen konnte, hörte sie eine vertraute Stimme hinter sich.
„Keine Sorge, Miss Evans. Ich weiß, wie gut Sie sind.”
Überrascht drehte sie sich um und sah ein ihr nur allzu bekanntes Gesicht. „Professor Delvaux”, sagte sue erstaunt. Dieser nickte und erzählte: „Ich habe Professor Dumbledore und Alastor vom Unterricht erzählt und dass ich viele Stücke auf Sie halte. Wenn nicht Sie geeignet sein sollten, wer dann?”
Lily errötete und schaute verlegen auf das Pergament.
Es waren schon einige Unterschriften gesammelt - und Lily war sich sicher, dass es wohl nicht die erste Versammlung war. Den Unterschriften nach zu urteilen, hatte Dumbledore bereits schon einmal ein paar Leute zusammen getrommelt und für die gute Sache begeistern können.
Weit unten hatte Potter bereits eifrig unterschrieben. Mit einem kurzen Blick zu diesem, welcher sie nervös beobachtete, setzte sie ihre Unterschrift unter die seine und betrachtete ihren Namen, wie er langsam auf dem verbindlichen Pergament trocknete.
Über den Überschriften war der Name der Untergrundorganisation mit roter Schrift versehen:
Der Orden des Phönix.
Als sie wieder hochsah, blickte sie in Dumbledores Gesicht. Er sah sie mit einer Art väterlichem Stolz zu und sie war sich sicher, dass sein kurzes Zwinkern ihr allein galt und von niemand anderem gesehen wurde, als sie ihm die Feder zurück gab.
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