Eine Wahl?
𝑀𝑎𝑟𝑖𝑏𝑒𝑙𝑙𝑒
Stillschweigend starre ich aus dem Fenster hinaus, dabei beobachte ich aufmerksam die Umwelt und ihre Lebewesen, um Erkenntnisse über deren Verhaltensweisen und Lebensräume zu erhalten. Die Außenwelt mit allen Sinnen wahrzunehmen und für einen kurzen Augenblick zu empfangen. Ich atme die frische Morgenluft, die durch mein Fenster herbei weht und die durch meine Lunge strömt. Die feuchte Waldluft sorgt für eine ausreichende Sauerstoffversorgung, die ich dringend benötige. Es bereinigt allmählich die entzündeten Bronchien und die Lunge. Meine erhöhte Temperatur ist nach dem fiebersenkenden Arzneimittel zum Normalwert zurückgesunken. Jedoch fühle ich mich noch ausgelaugter als noch vor einigen Stunden. Bei jedem Hustenstoß spüre ich, wie die Luft explosionsartig durch mich hindurch gepresst wird, wodurch höllische Schmerzen in den Brustkorb ausgestrahlt werden. Die unerträglichen Kopfschmerzen haben kaum nachlassen können. Heute Morgen hatte ich versucht, die fürchterlichen Schmerzen mit einem Aspirin zu lindern, jedoch habe ich das Gefühl, dass die Tablette keineswegs ihre Wirkung zeigt. Ich spüre ziehende und reißende Schmerzen an den Beinen und Armen. Die Schmerzen plagen mich dermaßen. Der Rachen fühlt sich rau und staubtrocken an. Ich habe das Gefühl, dass ich mehrmals hüsteln muss, um das lästige Gefühl loszuwerden. Ich habe mir eine gewaltige Erkältung zugezogen, mit plötzlich einsetzenden Krankheitssymptomen, wie hohem Fieber und trockenem Hustenfall. Die gesamte Nacht über wurde ich vom krampfartigen Hustenfall geschüttelt. Es ließ mich kein einziges Mal zur Ruhe.
Es war mitten in der Nacht, als ich aus meinem festen Schlaf hergerissen wurde und der krampfartige Hustenfall mich mal wieder hellwach schüttelte. Ich blinzelte verwundert und blickte völlig übernächtigt auf die geformte Uhr mit dicken und kräftigen Zeigern an der kahlen Wand, welche auf fünf Uhr Nacht zeigte. Es war noch relativ finster, doch der Mond spendete mir sein kaltes, silbernes Licht, wobei sich leichte Umrisse meines Zimmers erkennen ließen. Ich war ziemlich überrascht, als meine müden Augen keinerlei Spur von Miran auffinden konnten. Die rechte Bettseite war von seinem atemberaubenden Duft umhüllt und benebelte all meine Sinne. Er hat dem Anschein nach das Schlafzimmer verlassen, als ich mich allmählich durch seine Anwesenheit zunehmend beruhigen ließ und anschließend einschlafen konnte. Merkwürdigerweise sehnte sich mein gesamter Körper nach seiner Nähe, die Körperwärme, welche er ausstrahlte und die ich zum allerersten Mal hautnah wahrnehmen konnte. Sein orientalischer Duft seiner glänzende Haut, die sich im Gedächtnis festgesetzt hat. Er hat mich kein einziges Mal aus seinen starken, definierten Armen losgelassen, während er meinen Körper behutsam an sich presste und meinen Kopf auf seine steinharte Brust legte. Seine angenehme Wärme umschloss mich und ließ mich für einen einzigen Augenblick alles Wesentliche vergessen. Miran ließ mich allmählich zur Ruhe kommen. Es war, als wäre die Zeit plötzlich stehen geblieben, und ich hatte für den Moment ignoriert, welches Verhältnis zwischen uns beiden besteht. Ein Verhältnis, das von Gewalt, Kontrolle und Manipulation geprägt ist. Es macht sich jedoch auch ein mulmiges Gefühl in der Grube meines Magens breit, die Erinnerungen daran, wie unglaublich nahe wir beide uns gekommen waren. Seine liebevolle Art gegenüber mir, als er sich sorgsam um meinen kritischen Zustand gekümmert hatte, lässt mich plötzlich stark daran zweifeln, ob Miran in Wahrheit ein narzisstischer und krankhafter Mensch ist, wie ich ihm die vielen Male begegnet bin.
Ich blinzle mehrmals gegen die erhebliche Müdigkeit, die sich noch in mir träge festsitzt. Ich sollte mir keine großen Gedanken darüber erlauben. Er hat sich höchstwahrscheinlich für meinen Zustand verantwortlich gefühlt und da um die späte Zeit keine ärztliche Versorgung mehr möglich gewesen ist, hat er sich zur Verfügung bereit erklärt. Ich sollte mir bloß keine falschen Gedanken in meinem verwirrten Kopf verschaffen, welche mich vollkommen aus dem Ruder ziehen. Ich habe für einen kurzen Augenblick vergessen, dass Miran mir in den letzten Tagen zugesetzt hat und er derjenige ist, welcher für die schwerwiegenden Verhältnisse verantwortlich ist. Ein rhythmisches Anklopfen dringt in meinen abschweifenden Gedanken ein. Ich hebe allmählich meinen Kopf an und schaue auf die Tür, welche nach wenigen Sekunden vorsichtig aufgeschlagen wird. Als sich ein bekanntes Gesicht vor meinem Inneren befindet, lächle ich schwach und bemühe mich, mich zögernd aufzusetzen, dabei entferne ich die überschlagene Decke von meinem Leib. Augenblicklich überkommt mich eine leichte Eiseskälte auf meinen nackten Füßen und ich seufze tief auf. Kadir passiert lächelnd mit einem kleinen rechteckigen Tablet, das er mit beiden Händen fest umschließt, welches mit handgemachtem Frühstück und frisch gepresstem Orangensaft ausgestattet ist, direkt auf mich zu. »Die Mühe hättest du dir lassen können«, lächle ich schüchtern und ein himmlischer Duft von gerösteten Erdnüssen und gebackenem Brot durchdringt die Luft und schlägt mir schlagartig entgegen. Ich verspüre plötzlich einen riesengroßen Hunger, als der Gedanke an ein wohlschmeckendes Essen aufkommt. Mein leerer Magen knurrt unwillkürlich. »Keine große Ursache. Zudem möchte ich keinesfalls, dass du mir noch verhungerst!«, höre ich ihn ernst klingend und mit erhobener Augenbraue sagen, als er mir das glänzende Serviertablett auf dem Schoß hinterlässt und sich auf das Bett gegenüber mir niederlässt, wobei ihm ein Lächeln im Gesicht umgibt, als er mein hell erleuchten Ausdruck im Gesicht bemerkt, da ich förmlich auf das hergerichtete Essen hinstarre und am liebsten augenblicklich in das frisch gebackene Brot hinein beißen würde. »Danke«, flüstere ich dankbar, ehe ich einen Schluck vom erfrischenden, prickelnden Getränk nehme und mich an meinen bequemen Sitz zurücklehne, um es mir angenehm zu machen. Die angenehme Temperatur kühlt meinen schmerzenden Hals, wobei ich einen zweiten Schluck des vorzüglichen Fruchtsafts nehme. »Wie geht es dir heute?«, fragend blicken seine kristallblauen Augen mich ernst an, welche mich keineswegs aus den Augen lassen. Sie schimmern im gedämpften Licht, als wären Sonnenstrahlen in seiner schwarzen Iris eingefangen worden. Die Geschwister müssen ihre wahnsinnig anziehenden stahlblauen Augen dominant von ihrem Vater vererbt haben. Es ist eine Mischung aus kristallblauem Meer und einem tobenden Sturm, welche mich unwillkürlich in einem Bann festhält und mich keineswegs loslässt.
Atemberaubend.
Auf sein markantes Gesicht macht sich eine Sorgenfalte breit und die Augenbrauen ziehen sich unwillkürlich nach oben, während seine Augen mich mit einer tiefen Besorgnis genausten ansehen. Kadir ist das komplette Gegenteil von seinem garstigen Bruder. Er hingegen verbirgt keinerlei Gefühle, die sich in seinen glänzenden Augen widerspiegeln. In ihm verbirgt sich ein großes und weiches Herz. Er ist ein empathischer, mitfühlender und hilfsbereiter Mensch. Ich muss eingestehen, dass es mich tatsächlich sehr berührt, dass Kadir sich große Mühe gibt und sich wohlbedacht über meinen aktuellen Zustand erkundigt. »Etwas besser, denke ich. Mein Hals und der Kopf lassen mich nur nicht richtig zur Ruhe kommen«, gestehe ich ihm ein und verziehe unwillkürlich das Gesicht, als ich an die grauenvollen Kopfschmerzen denke. Eine wohltuende Dusche würde meinen Körper sicherlich entspannen und meine Kopfschmerzen allmählich lindern. »Dein Bruder ist im Haus?«, richte ich neugierig klingend die Frage, welche mir auf der Zunge liegt, doch bereue in nächsten Moment, dass ich die Frage tatsächlich gestellt habe, da Kadir plötzlich überraschend eine Augenbraue in die Höhe hebt, dabei Zucken seine Mundwinkel unwillkürlich in die Höhe. Sein vielsagender Blick treibt mir die Schamröte ins Gesicht und ein beklemmendes Gefühl durchflutet meinen gesamten Körper. Ich möchte keinesfalls, dass Kadir auf einen falschen Gedanken verfällt und ich den Eindruck erwecke, dass ich mich aus eigener Interesse nach Miran erkundige. Jedoch hat Kadir bereits meine Nachfrage komplett in die falsche Richtung interpretiert, da mein Gegenüberliegender ein breites Lächeln auf dem Gesicht zeigt.
»Miran hat Dringliches außerhalb der Stadt zu erledigen. Er hat uns jedoch strengstens die Anweisung gegeben, dich keinesfalls aus den Augen zu lassen, bevor das Fieber steigen sollte. Er hat es mindestens dreimal erwähnt, bevor er sich außer Haus begab. Wie kommt es jedoch, dass du dich nach meinem Bruder erkundigst?« Interessiert blicken mich seine Augen mit einem auffallenden Blick an, während ich beschämend einzelne Saatkörner vom Sesambrötchen abziehe, um seinen durchdringenden Blick bewusst ausweichen zu können. Mir fällt keine passende Antwort dazu ein, welche mir aus meiner unangenehmen Situation heraus helfen könnte. Ich begreife selbst nicht, was meine Nachfrage überhaupt sollte. Welchen Zweck wollte ich damit bloß erreichen? Es sollte mich nicht mal das Geringste interessieren, wo Miran sich im Augenblick aufhält oder was er außerhalb treibt! Ich hebe allmählich meinen Kopf an, um ihm auf Augenhöhe zu begegnen. Kadir soll gefälligst damit aufhören, mich mit einem schelmischen Grinsen zu provozieren. Das macht es um tausendmal schwerer, ihm in seinen amüsanten Augen zu schauen, ohne dass sich meine Wangen erröten. »Bilde dir bloß nichts Falsches ein, du Spinner«, rufe ich beschämend und verpasse ihm einen leichten Schlag auf die Schulter, wobei er augenblicklich ins schallende Gelächter verfällt. »Ich habe doch nichts andeuten lassen«, bringt er lachend und mit erhobener Stimme über die Lippen, als ich in das belegte, knusprige Brötchen hineinbeiße und einen salzigen Geschmack auf der Zungenspitze verspüre. »Na gut! Wir belassen das Thema, da ich dich keinesfalls mehr in Verlegenheit bringen möchte. Zudem du meinen Bruder auf den Tod nicht ausstehen kannst«, ein Hauch von ordentlicher Ironie versteckt sich in seiner Stimme, ehe er unberührt eine Weintraube aus der schmalen Schüssel heraus nimmt und sich diese breit grinsend in den Mund schiebt. Mir ist bewusst, dass er das Gegenteil von dem, was er sagt, ausdrücken möchte. Doch ich belasse das hiermit und möchte unsere Konversation nicht weiter ausführen. Zudem habe ich keinerlei Argumente, welche meine Aussage verstärken können. »Ich habe noch etwas Wichtiges zu erledigen, weshalb ich mich verabschieden muss. Bevor ich es jedoch vergesse, dir zu sagen. Mein Vater erwartet dich heute Abend. Er erwartet eine endgültige Entscheidung. Ich soll dir jedoch ausrichten, dass du dich bis dahin noch auskurieren sollst« Augenblicklich verkrampft sich mein Magen schmerzhaft zusammen, als ich jedes einzelne Wort vernehme und mein Herz verdoppelt sich um einige Male, da die große Angst meinen ganzen Körper einnimmt. Eine Million Schauer läuft mir den Nacken hinauf bis zur Kopfhaut. Es kribbelt auf der Kopfhaut, als würden winzige kleine Spinnen auf die Kopfhaare sitzen und sich vermehren. Die zwei Tage, die ich billigte, sind vorübergegangen und meine endgültige Entscheidung war vor zwei Tagen erforderlich, jedoch kam es nicht zu einer endgültigen Schlussbefassung, wie vereinbart. Eine heiße Übelkeit rollte wie eine Welle in meinen Magen. Die Tage waren blitzartig vergangen, bevor ich einen einzigen Gedanken darüber machen konnte, welche Verfahrensweise ich beschloss.
Ich nicke abweisend den Kopf, während mir die gesamte Farbe aus dem Gesicht fällt. Mir schwirren tausend von Gedanken in den Kopf. Das Blut pumpt mir in die Ohren. Ich kann nicht blinzeln. Das Verlangen danach, ihm zu sagen, dass ich keineswegs mit seinem Vater sprechen möchte, steigt immer mehr, doch es gelingt mir nicht, meinen Mund zu öffnen. Alles, was herauskommt, ist das unangenehme Klicken meiner zugeschnürten Kehle, die sich schmerzhaft zusammenzieht. Blanke Panik bricht in mir aus und verbreitet sich wie ein Virus in meinem ganzen Körper aus. Ich benötige schnellstmöglich einen gut durchdachten Plan, da ich keineswegs eine Eheschließung zwischen mir und Miran genehmigen werde! Genauso wenig werde ich meine Schwester in einer schwerwiegenden Situation begeben. Es muss einen anderen Ausweg geben. Eine andere Lösung, um mich und meine Schwester aus dieser gnadenlosen Familie zu bergen. »Du solltest dich erstmal ausruhen und ich werde in zwei Stunden noch mal vorbeischauen« Er schenkt mir ein warmherziges Lächeln, ehe er sich allmählich aus dem Bett erhebt. »Kadir, darf ich dir eine Frage stellen?«, frage ich unsicher klingend und blicke mit einem abwartenden Blick zu ihm auf, als ich zügig nach seinem Handgelenk greife und diese in meinem unsicheren Griff festhalte. Mit einem fragenden Blick schauen seine Augen mir entgegen und die Neugier darin wächst. »Bist du liiert?« Ich frage, wie aus der Pistole heraus geschossen, bevor ich meine Frage noch einmal überdenken konnte. Seine Augenbrauen ziehen sich zu einer geraden Linie zurecht und seine Lippen sind fest zusammengepresst. Für einen Moment blitzt Klarheit in seinem Gesicht auf. Der tiefe Ausdruck in seinen Blick wirkt plötzlich ernst. Mir wird schleunigst klar, dass meine Nachfrage höchst unpassend ist. Er benötigt einige Sekunden. Ich erkenne einzelne Falten auf seiner Stirn. Er sucht dann nach einem passenden Wort. Er scheint die richtige Antwort zurechtzulegen. Doch dann zwingt er sich ein Lächeln auf seinen prallvollen Lippen. »Bedauerlicherweise habe ich meine zukünftige Frau noch nicht auffinden können«, scherzend löst er sich aus meinem plötzlichen Fang, als ich den Griff um sein Handgelenk willkürlich auflockere. »Wenn du jemanden kennst, der zu mir passen könnte, dann lass es mich wissen«, raut er mir zwinkert, dabei umspielt ihm ein wohlgefälliges Lächeln auf seinem Gesicht. »Darauf kannst du dich verlassen«, entgegne ich mit erhobener Augenbraue. Er schenkt mir noch ein auffallendes Lächeln, ehe er mir den Rücken zukehrt. Mit einem letzten Blick öffnet er die Tür und verlässt das Zimmer. Ich warte keine Sekunde, ehe ich das Serviertablett auf die Nachttischkommode abstelle. Mein Appetit nach einem wohlschmeckenden Frühstück ist mir vergangen. Ich denke zurück an das mulmige Gefühl in meinem Magen. An die abträglichen Konsequenzen, die mich erwarten werden, sollte ich auf die vereinbarte Forderung nicht eingehen. Ich fahre mir gestresst mit der Hand über das Gesicht und stöhne frustriert auf.
Mir sind die Hände gebunden durch die Vereinbarung, die ich mit Djamal getroffen habe. Ich besitze keineswegs die Möglichkeit der Einflussnahme bei dieser Entscheidung. Er verlangt einen endgültigen Entschluss, der einer Überlegung vorausgeht. Mir bleibt keine andere Möglichkeit, als mit einer ehelichen Vereinbarung einverstanden zu sein. Im Augenblick scheint es die einzige Möglichkeit zu sein, um meiner Schwester das Leben zu retten. Der Gedanke daran graut mir jedoch davor. Mir sträuben sich die Nackenhaare und eine schauerliche Gänsehaut streichelt meine Haut. Meine Muskeln erstarren unwillkürlich, was erhebliche Schmerzen im Nacken und Rücken auslöst. Ein Unbehagen breitet sich in der Grube meines Magens aus. Die grausame Vorstellung daran, einen Ehevertrag abzuschließen, der besagt, dass ich die rechtmäßige Ehefrau eines Mannes bin, welcher mir fernstehend liegt, aber zugleich abgrundtief verabscheue, verstärkt drastisch den Speichel und den Kloß in meinem Hals. Ein saures Aufstoßen äußert sich plötzlich, begleitet von einem seifigen Geruch im Mund. Meine Bauchmuskeln ziehen sich kräftig zusammen und mein Unterleib verhärtet sich unwillkürlich. Mit ausgestreckter Hand umgreife ich mir eilig einen Mülleimer in die Hand, bevor die Galle aus meiner gepressten Kehle heraus rinnen kann. Der Druck im Bauchraum steigt ruckartig und löst ein Unbehagen in meinem Magen aus. Vereinzelte Tränen laufen mir die Wangen entlang und entschärfen mir vollkommen die Sicht. Ich versuche einigermaßen nach Luft zu holen, als ich glaube, dass ich meinen Magen entleeren konnte. Ich verspüre eine leichte Linderung meines Brechreizes. Mit zittriger Hand wische ich mir über meinen feuchten Mund. Mein verengter Brustkorb zieht sich krampfhaft zusammen und nimmt mir langsam den nötigen Sauerstoff, welchen ich dringend benötige. Ich schlucke die Angst herunter, die sich in meiner Kehle staut. Ich besitze kaum die Kraft, weder in den Armen noch in den Beinen. Der grippale Infekt macht mich vollkommen leistungsunfähig. Ich sollte den hartnäckigen Infekt mit viel Ruhe auskurieren, jedoch fällt es mir im Augenblick ziemlich schwer. Meine Gedanken lassen mich nicht zur Ruhe kommen und eine diffuse Angst rollt über mich wie eine Walze. Ich sollte zuallererst eine wohltuende Dusche nehmen, was zu einer Entspannung und Erfrischung führen soll. Mit meinem aktuellen Zustand kann ich der Familie keineswegs unter die Augen treten. Ich möchte keinesfalls, dass eines der Familienangehörigen mir begegnet und bemerkt, wie schlecht es mir in Wahrheit ergeht. Kadir ist eine Ausnahme! Den Mülleimer mit meinem Erbrochenen stelle ich kurz auf den Boden ab. Ich stütze mich mit beiden Händen an die Bettkante und erhebe mich mühevoll aus dem Bett. Mit langsamen Schritten begebe ich mich ins Badezimmer. Dieses Mal bemühe ich mich nicht mehr als dreißig Minuten zu benötigen. Das müsste vollkommen ausreichend sein!
Wie beabsichtigt, bin ich mit einer wohltuenden Dusche fertig geworden. Der heiße Dampf hat die Nasennebenhöhlen befreit und die Beschwerden mindern können. Es hat meine gereizten und entzündeten Atemwege beruhigen lassen. Der wohltuende Duft des Eukalyptus konnte mich vollkommen entspannen und wirkte leicht erfrischend, sowie die angenehme Wärme meine lang haltenden Gliederschmerzen allmählich lindern konnte. Ich stelle die angenehme Wassertemperatur ab und hänge den Duschkopf an der Seitenwand. Ich umhülle meinen Körper in einem Badetuch ein. Ein Duschtuch, um meine nass-befeuchteten Haare darin einzuwickeln und sie trocken gedrückt zu halten. Seit dem Unglücksfall hat Miran auf dem Badewannenboden Antirutsch-Matten befestigt, um dem hohen Risiko, abrutschen zu können und mit dem Körper auf den steinharten Boden zu prallen, entgegenzuwirken. Worüber ich mehr als dankbar bin. Im Schlafzimmer begebe ich mich auf den begehbaren Kleiderschrank und blicke mit zusammengezogenen Augenbrauen auf die Maßenweise an Kleidung, welche nach Art und Farbe sortiert worden sind. Nach kurzer Betrachtung entscheide ich mich für einen schlichten Zweiteiler, welchen ich mir aus dem Kleiderbügel heraus nehme und ordentlich auf das Bett hinlege. Ich trockne meinen ganzen Körper zuallererst mit dem Handtuch ab, bevor ich mir frische Unterwäsche anlege, welche ich mir aus der naheliegenden Kommode heraus nehme. Das benutzte Handtuch lasse ich auf das Bett fallen, ehe ich in den bequemen Zweiteiler hineinschlüpfe. Die karierte blaue Bluse ist mit mehreren Knöpfen versehen, welche ich bis zu meinem Dekolleté zuknöpfe. Die dazugehörige Hose schmiegt sich sanft um meine Hüften und verjüngt sich nach unten hin. Der hohe Bund zaubert eine wunderschöne Taille und lässt die Beine länger wirken. Ich betrachte einen Augenblick meine äußere Erscheinung in der Spiegelwand und bemerke mein ungewohntes Hautbild. Meine makellose Haut wirkt blass und fahl aus, was möglicherweise an einem Flüssigkeitsmangel liegen könnte. Meine hervorgetretenen Wangenknochen wirken plötzlich stark eingefallen, was überhaupt nicht gesund aussieht.
Meine Hazel braunen Augen zieren bildende dunkle Augenringe, die minimal herausragen. Meine Gesichtszüge wirken insgesamt weniger prall, ehe müde und vollkommen erschöpft. Die vergangenen Tage haben meinem Körper abträgliche Spuren hinterlassen, was zuallererst nicht aufgefallen ist. Erst nach genauem Suchen fallen die Veränderungen auf, die beim ersten Blick nicht sichtbar sind. Mir ist zum Weine zumute, da die belastende Situation nicht mehr zu ertragen ist. Es belastet mich psychisch und physisch. Ich fühle eine dauernde Angst und das Gefühl von Hilflosigkeit und Einsamkeit. Es hat mich zu einem Menschen gemacht, welcher kaum wiederzukennen ist. Die zerbrochene Frau, die ich in der Spiegelwand beobachte, ist mir fernliegend und nicht greifbar. Eine dicke, wohltuende Träne rinnt aus meinen Augen, als meine Gedanken an meine Kindheit zurückreisen. Es waren unvergessliche Erinnerungen, an welche ich mich festhalten sollte. Es verleiht mir Kraft, die ich dringend benötige. Ich vermisse meine Familie unglaublich sehr, dass der Gedanke daran mir ein deutlich spürbares Stechen in den Brustkorb versetzt. Ich atme einen tiefen Atemzug, ehe ich mir mit einer Hand vereinzelte Tränen wegwische. Im Augenblick habe ich größere Probleme, um welche ich mich zwingend befassen sollte. Ich darf die Vergangenheit nicht an mich heranlassen und mich damit verwundbar machen. Ich öffne die letzte Schublade des Schminktischs und nehme mir eine Haarbürste heraus. Ich arbeite mit der Bürste von den Spitzen über die Längen, bis hin zum Haaransatz hoch. Ich entwirre die Haare zuallererst, bevor ich behutsam von oben nach unten kämme, um Haarbruch zu vermeiden. Anschließend teile ich mir die Haarpartien in etwa zwei gleich großen Strähnen. Ich beginne auf der rechten Seite und greife von außen unten eine dünne Strähne und lege diese über die große Haarsträhne. Ich lasse sie dann zur großen Strähne auf der linken Seite fallen. In dieser gleichermaßen Reihenfolge fahre ich, bis ich zum Abschluss des Bauernzopfes fort. Als ich allmählich zum Ende gelange, fixiere ich den langen Zopf mit einem schwarzen Haargummi. Ich lege die Haarbürste an seinen Angehörigen Platz und entsorge das benutzte Handtuch, das noch auf dem Bett liegt. Ich bemerke allmählich die Kopfschmerzen, die sich schleichend annähern und die kaum wahrnehmbar sind. Ich möchte keineswegs, dass die Kopfschmerzen vermehrt auftreten, weshalb ich nach einer Schmerztablette greife und diese mit einem eiskalten Wasser herunterspüle.
Ich sollte mich allmählich in dem unteren Erdgeschoss begeben und der Monteiro Familie gegenüber treten. Kadir wollte noch einmal kurz nach mir vorbeischauen, bevor ich seinem Vater begegne, doch die große Nervosität lässt mich kaum zur Ruhe. Es macht mich beinahe wahnsinnig. Es wäre am besten, ich bringe das ganze ein, für alle Mal hinter mich, ganz gleich, wie das Resultat ausschauen wird. Die Anspannung staut sich in meinem gesamten Körper an und lässt mich keineswegs im Stich. Mein Herzklopfen wird mit jeder Sekunde rasanter und meine Muskeln spannen sich unwillkürlich an. Meine Hände sind unruhig und zittern wie verrückt. Mit schwitziger Hand umschließe ich die eiskalte Türklinke und drücke diese kraftvoll herunter. Meine Füße fühlen sich plötzlich ziemlich schwer an und bei jedem weiteren Schritt, welchen ich tätige, spüre ich, wie mein Herz in Sekundentakt schlägt und mir droht beinahe aus meinem Brustkorb zu zerspringen. Eine Hitze rollt über meinem Rücken hinab. Ich schlucke den schweren Kloß in meinem Hals herunter. Mit geradem Rücken passiere ich die Treppenstufen hinunter bis zur letzten Etage und gelange anschließend ins Wohnzimmer, wo eine Stimme in unmittelbarer Nähe aufzunehmen ist. Die Stimme ist nicht laut, jedoch lässt es mich unwillkürlich versteinert erstarren. Die Muskeln in meinem Oberschenkel vibrieren. Ich habe vergessen, was eine unglaubliche Macht sich hinter seine Stimme verbirgt. Mein Puls rast unter der Haut meines Halses, wie ein Feuerwerk, das sich in meinen Poren entzündet. Plötzlich habe ich das Gefühl, dass ich jeden Augenblick in Ohnmacht fallen werde. Die unglaubliche Anspannung lässt mich nicht los. Die Beine erhalten keinen Halt mehr und lassen mich jeden Augenblick fallen. Mein gesamter Körper stürzt sich am Türrahmen fest, während meine zittrigen Hände sich an die Türklinke festhalten, da ich befürchte, dass ich jeden Moment mein Gleichgewicht verliere. Meine ängstlichen Augen haben sich starr auf seine breite Rückenmuskulatur gelegt. Man könnte denken, dass der Inhaber dieses Hauses sich Mitte dreißig befindet. Er hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut gehalten. »Meine Güte! Jetzt stell dich gefälligst nicht wie ein Kind an! Es darf doch nicht allzu schwer sein, dem Mann mit einer Knarre zu drohen?«. Ein Peitschenhieb aus Energie hängt in seiner Stimme. Die Wut darin ist kaum zu überhören und verursacht mir eine überwältigende Gänsehaut, die sich in Sekundenschnelle auf meinem gesamten Körper ausbreitet. Die beängstigenden Worte hallen durch meinen Kopf, wie ein Echo im Ohr. Ich habe das Gefühl, dass mein Herz für einige Sekunden stillsteht. Ich kann nicht blinzeln, gar mich in Bewegung bringen, da ich an Ort und Stelle festgefroren bin. Sein Kiefer wird hart aufeinander gepresst, wobei sich dunkle Adern an seinem Hals aufbauen und deutlich hervortreten. Ich kann seine gewaltige Wut durch meine Adern spüren. Mein gesamter Körper zittert fürchterlich. Ich bekomme eine riesengroße Angst, als ich eine unbestimmte Bedrohung vor meinem Inneren signalisiere. Ich möchte auf der Stelle zurückkehren und ihm schnellstmöglich entkommen. Einzig allein hallt mein Atem ohrenbetäubend laut durch den gesamten Wohnbereich. Urplötzlich dreht der aussehende Mann sich komplett in meiner Richtung um und steht in seiner vollen Pracht gegenüber mir. Seine tiefblauen Augen blicken mich genausten an. Sie fixieren sich in meiner Seele hindurch und hinterlassen ein schmerzhaftes Brennen auf meiner Haut nieder. Eine eiskalte Gänsehaut streift sich über meinem gesamten Körper. Ich habe das schreckliche Gefühl, dass mir ein Fremdkörper im Hals stecken geblieben ist. Als hätte ich plötzlich einen Speichelfaden eingeatmet.
Das Telefon in seiner Hand verschwindet plötzlich in seiner Hosentasche, dabei lassen mich seine eisblauen Augen kein einziges Mal los. Sein Ausdruck auf seinem Gesicht wirkt kalt und emotionslos. Keinerlei Gefühle sind zu erkennen, gar zu spüren. »Maribelle, ich hatte Sie ehrlich gesagt in einer halben Stunde erwartet« Überraschend öffnet Dzamal die Augen, dabei kommt er mir einen Schritt entgegen. »Das ist jedoch kein Problem. Ich habe im Augenblick keinerlei Verpflichtung außerhalb. Sie dürfen hineintreten und sich zu mir gesellen, meine Liebe«, seine Stimme hat sich um einiges verändert und die gewaltige Wut, die ihn noch zu beherrschen schien, ist kaum noch aufzunehmen. Ein auffallendes Lächeln umspielt sein Gesicht. Nach langen zögernd wage ich das Wohnzimmer zu betreten, ohne den Blick von seinen anziehenden Augen zu entreißen. Ich möchte keineswegs, dass Dzamal die Angst in meinen Augen erkennt. Meine verschwitzten Hände balle ich unbewusst in zwei Fäusten. Er lässt sich auf das Sofa nieder, was ich ihm zögernd gleich mache. Gegenüber ihm mache ich es mir bequem, während er die Beine überkreuzt hat. Eine Hitze, die mir wie ein heftiger Schlag ins Gesicht schlägt, breitet sich in meinem Inneren aus und meine Ohren beginnen zu sausen an. In meinem Kopf schwirren tausend von Gedanken herum. Ich habe fürchterliche Angst davor, was geschehen wird, sollte ihm meine endgültige Entscheidung nicht entgegenkommen. Ich lege mir die Wörter zurecht, die ich ihm überbringen möchte, doch ich befürchte, dass ich kein einziges Wort davon über die Lippen bringen werde. Nervös faltete ich meine nassen Hände in meinem Schoß zusammen. »Maribelle, die Vereinbarung besagt, dass ich Ihnen zwei Tage zu einem endgültigen Entschluss geraten habe. So wie es gekommen ist, haben sich die Tage verlängert. Sie hatten vier Tage lang Zeit, in Ruhe über das Angebot nachzudenken und sich schlussendlich über eins der beiden Angebote zu entscheiden«, interessiert heben sich seine Augenbrauen in die Höhe. Ich benötige einen kurzen Augenblick, denn die Angst scheint mich vollkommen zu beherrschen.
Ich versuche mich zur Ruhe zu zwingen, denn ich wollte keineswegs meine Angst gegenüber ihm offenlegen. Ich habe mir selbst versprochen, dass ich es niemals so weit kommen lassen werde. Die Angst ist für jemanden, der schwach und zerbrechlich wirkt. Ich möchte in seinen Augen keinesfalls als jemand erscheinen, der leicht zu brechen ist. Komme, was wolle. Ich bemühe mich, kalt und gelassen ihm gegenüber zu wirken.
»Sie haben mir die Auswahl nicht gerade einfach gemacht«, sage ich mit kalter Stimme und hebe anschließend eine Augenbraue in die Höhe. »Ich würde jedoch für das Leben meiner Schwester durch die Hölle gehen«, gestehe ich ehrlich und presse die Zähne aufeinander, als sich ein Lächeln auf seinen geschmeidigen Lippen abspielt. Er hat die Antwort bereits erhalten, worauf er die Tage sehnsüchtig gewartet hat. Eine Wut macht sich in meinem Inneren breit. Ich begreife nicht, weshalb er darauf beharrt, dass ich mit Miran Monteiro einen Ehestand begründen soll? Es macht mich rasend vor Wut, dass ich mich augenblicklich aus meinem Platz erheben und ihm ins Gesicht brüllen möchte. Er ist total verrückt im Kopf. Ich bleibe jedoch ruhig und gelassen, da ich keinerlei Gefühle an mich heranlassen kann. »Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen. Sie haben mir jedoch keine andere Möglichkeit gegeben. Ich habe mich dazu entschieden, auf das Angebot von Ihnen einzugehen. Ich werde Ihren Sohn als meinen Ehemann akzeptieren» Ich lege eine kurze Pause ein und beobachte seine siegreiche Reaktion. Ein breites Lächeln erscheint vor meinem Inneren, und die große Erleichterung in seinen Augen ist zu erkennen.
»Ich habe mir gedacht, dass Ihnen die richtige Entscheidung nicht schwerfallen wird, meine Liebe«
»Sie haben mich nicht zu Ende sprechen lassen, Dzamal« Ein mokantes Lächeln legt sich auf meinen Lippen. Ich genieße es plötzlich, die große Unsicherheit in seinen kristallblauen Augen zu erkennen. Er runzelt die Stirn in Falten und scheint kein einziges Wort von dem, was ich sage, zu begreifen. »Ich sagte, dass ich Ihren Sohn heiraten werde«, versuche ich ihm zu vermitteln, doch er scheint plötzlich noch verwirrter zu wirken, da er irritiert die Augenbrauen zusammenzieht und mich mit einem fragenden Blick beobachtet, ehe ich kühl zu ihm aufsehe. »Kadir und ich werden ein hinreißendes Ehepaar in der Öffentlichkeit ausgeben, denken Sie nicht« Ein charmantes Lächeln legt sich auf meinen Lippen, welches ich mir nicht verkneifen kann. Ich mustere dabei den seriösen, aussehenden Mann, der keinerlei Reaktion darauf gibt. Eine Stille kehrt zwischen uns ein, die sich wie eine lange Ewigkeit anfühlt. Es ist die einzige Möglichkeit, um weder das Leben meiner Schwester noch mein Leben in irgendeiner Gefahr auszusetzen. Kadir scheint ein sehr vernünftiger Junge zu sein, und ich bin fest entschlossen, dass wir ein gut eingespieltes Team sein werden. Eine angenehme und respektvolle Atmosphäre zwischen zwei Menschen ist von Bedeutung. Ich fühle mich bei Kadir gut aufgehoben und involviert. »Mit solch einer Entscheidung habe ich nicht rechnen können. Ich muss sagen, Sie haben mich überrascht«, entgegnet er erstaunt klingend und seine Augenbrauen ziehen sich zu einer geraden Linie zurecht. »Kadir ist mein jüngster Sohn. Ich denke, für eine Ehe sollte das jedoch kein Hindernis darstellen«, ich weite abrupt die Augen weit und sehe ihm sprachlos in die Augen. Er hat die Bedingung, welche ich indirekt gestellt habe, nicht abgelehnt und somit war die Vereinbarung zwischen uns beiden getroffen. »Sie werden verstehen müssen, dass zuallererst mein Sohn über solch ein Vorgehen in Kenntnis gesetzt werden muss, bevor ich Ihnen eine endgültige Bewilligung geben kann«, ich nicke verständnisvoll mit dem Kopf, da ich seine Entscheidung darüber teile. Ich möchte Kadir keineswegs zu etwas bedrängen, womit er nicht einverstanden ist. »Ich würde Sie höflich darum bitten, dass Sie keinen meiner Söhne über ihren Entschluss in Kenntnis bringen lassen. Damit würden Sie nur einen riesengroßen Schaden anrichten« Er hat vollkommen recht. Ich denke, Miran wird vollkommen durchdrehen und das würde die Situation um einiges erschweren. »Darüber sollten Sie sich keine Gedanken machen. Ich werde stillstehen und abwarten, bis Sie Ihren jüngsten Sohn darüber in Kenntnis setzen können. Ich denke, alle weiteren Vorgehensweisen werden zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden«. Ich erhebe mich von meinem Platz, dabei beachte ich die Körperhaltung meines Gegenüberliegenden genauestens, als er mir plötzlich gegenübersteht. Seine Schulter und die Wirbelsäule befinden sich in einer geraden Linie. Dabei sind seine Schultern entspannt und leicht nach hinten gezogen. Sein straffer Bauch, der hinter einem frischen weißen Hemd verbirgt wird, ist leicht verspannt und sein Körpergewicht ist gleichmäßig auf beiden Füßen verteilt. Seine Hände sind lässig in seiner Hosentasche verstaut.
Seine prallvollen Lippen formen sich zu einem breiten ehrlichen Lächeln, dabei bilden sich zwei Grübchen an seiner Wange, welche den ernst wirkenden Mann ziemlich liebenswürdig ausschauen lassen. Sein durchdringender Blick ruht auf meiner Haut, während er mich von oben bis unten auffällig mustert und keine Millisekunde aus den Augen lässt. Ich glaube, für einen kurzen Augenblick irgendetwas in seinen Augen aufblitzen gesehen zu haben. Ich erinnere mich plötzlich an die Worte von vorhin und die mir einen eiskalten Schauer über den Rücken gebracht haben. Er hat vermutlich mit einem seiner Angestellten gesprochen, um den Auftrag, welchen er übertragen hat, sorgfältig zu erledigen. Er scheint offensichtlich kein gewöhnlicher Mann zu sein, der sich alles gefallen lässt. »Wenn Sie mich entschuldigen würden«, räuspere ich mich und bemerke, dass meine Stimme plötzlich heißer wirkt. Die Unsicherheit ist darin kaum zu überhören gewesen und die Angst, die ich keineswegs an mich heranlassen wollte, scheint allmählich an die Oberfläche zu gelangen. Ich versuche dennoch, jegliches Anzeichen von Angst zu überspielen, und zwinge mir eine eiskalte Miene auf. »Selbstverständlich«, entgegnet er entschlossen und lächelt höflich, ehe ich ihm zögernd den Rücken zukehre und das Wohnzimmer mit eiligen Schritten verlasse.
Als ich mich im Treppenhaus befinde, atme ich mühevoll durch die Nase und bekomme das schreckliche Gefühl, dass mir der nötige Sauerstoff fehlt, den ich dringend benötige. Mit einer Hand halte ich mich am glänzenden Gelände fest und versuche mich einigermaßen zu beruhigen. Alles wird gut, Maribelle, rede ich mir selbst ein. Ich habe das Allerschlimmste hinter mich gebracht. Ich benötige einige Minuten, bevor ich langsam die restlichen Treppenstufen hinaufsteige. Im Schlafzimmer angelangt, schließe ich vorsichtshalber die Tür zu. Ich erwarte keinen weiteren Besuch mehr. Plötzlich höre ich ein seltsames Geräusch aus unmittelbarer Nähe, welches aus dem Fenster erklingt. Ich tätige einen Schritt auf das Fenster und möchte einen prüfenden Blick hinauswerfen, als ich unerwartet mit einer Hand gegen die eiskalte Wand gepresst werde. Seine rechte Handfläche umschließt meinen Mund und die andere Hand schlingt sich um meine Hüften entlang. Seine atemberaubenden blauen Augen kommen mir jeden Zentimeter näher. Ganz beängstigend nah, während seine Augen von eisiger Wut umrandet sind, die meinen Körper mit einer unangenehmen Gänsehaut quittieren. Mein gesamter Körper steht unter Strom und ich spüre das starke Kribbeln in meinem Unterleib. Es macht mich beinahe ganz verrückt. Ihm so unglaublich nahe zu sein und seinen atemberaubenden Duft einzuatmen. Seine eiskalten Hände, die mich kein einziges Mal loslassen, lösen ein ungewöhnliches Gefühl in meinem Inneren aus. Er hat mich für diesen Moment versteinert erstarrt. Plötzlich kommt sein Gesicht mir minimal näher und seine Lippen streifen mein Ohrläppchen entlang.
»Du gehörst mit Leib und Seele mir, nur mir habibti«
Ich hab's auch endlich mal geschafft ein Kapitel zu schreiben 😊 Ich würde mich dieses Mal wirklich freuen, wenn ihr mir eure Meinung dazu sagt. Ich bin mir nämlich nicht mehr sicher, ob die Geschichte euch noch interessiert 🤔
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro