
•𝐀𝐔𝐒 𝐃𝐄𝐑 𝐕𝐄𝐑𝐙𝐖𝐄𝐈𝐅𝐋𝐔𝐍𝐆•
𝑀𝑎𝑟𝑖𝑏𝑒𝑙𝑙𝑒
Mit angehaltenem Atem und einem brennenden Druck in meiner Kehle presse ich die Augen fester zusammen. Das Echo des Knalls hallt unaufhörlich in meinem Kopf wider, jagt mir eisige Schauer über den Rücken. Mein Verstand spult die letzten Sekunden immer wieder zurück, zwingt mich, das Geschehen erneut durchzuleben – jede einzelne, erbarmungslose Sekunde. Dann trifft mich die Erkenntnis mit voller Wucht. Ich stehe noch. Auf sicherem Boden. Mein Körper zittert unkontrolliert, doch ich bin unversehrt. Der Schuss galt nicht mir. Meine Augen reißen auf. Mein Puls hämmert so heftig gegen meine Halsschlagader, dass ich ihn spüre, als würde er mich von innen zerreißen. Mein Herz schlägt so schnell, dass es mir in der Brust zerspringen könnte. Tränen strömen über mein Gesicht, brennen auf meiner Haut, rauben mir die Sicht. Meine Lungen schnappen nach Luft, doch es fühlt sich an, als würde ich ersticken. Ein eiskalter Schauer jagt über meinen Rücken, während sich eine brennende Hitze in meinem Inneren ausbreitet. Mein Körper zittert so stark, dass ich das Gefühl habe, meine Glieder könnten jeden Moment nachgeben.
Der Schock sitzt tief. Er gräbt sich in meine Knochen, zieht mich mit gnadenloser Härte in seinen dunklen Abgrund. Noch immer hallt der Knall in meinen Ohren, durchfährt mich wie ein Stromstoß, der mich lähmt. Ich kann nicht klar denken. Nicht atmen. Nicht begreifen, dass mein Leben in einem einzigen Moment am seidenen Faden hing. Es hätte vorbei sein können. Endgültig. Das Wissen, wie schnell alles enden kann, trifft mich wie ein Schlag in die Magengrube. Ich hätte es nicht verhindern können. Ich war machtlos. Und doch... ich bin noch hier. Nur knapp dem Tod entkommen. Aber es darf nicht so enden. Ein neuer Gedanke flackert in mir auf, stärker als die Angst, stärker als die Panik, die mich zu ersticken droht. Ich habe mir selbst ein Versprechen gegeben. Aufgeben ist keine Option. Niemals. Mit zitternder Hand presse ich meine Finger gegen meine Brust, spüre den rasenden Herzschlag unter meiner Haut. Ich zwinge meine Lungen, sich mit Luft zu füllen, zwinge meinen Körper, nicht nachzugeben.
Ich werde kämpfen. Für meine Freiheit. Für das Leben meiner Schwester. Komme, was wolle.
Ich wage meinen Blick zu senken – und augenblicklich gefriert das Blut in meinen Adern. Meine glasigen Augen starren in ein leeres, aufgerissenes Paar, das mich mit stummer Endgültigkeit ansieht. Leblos. Kalt. »Oh Gott! Was habe ich getan?« Meine eigene Stimme hallt schrill in meinen Ohren wider, doch es fühlt sich nicht an, als käme sie von mir. Ich kann den Blick nicht abwenden, kann nicht begreifen, was ich sehe. Ein Körper, regungslos, entstellt vom letzten Ausdruck des Entsetzens. Mein Magen zieht sich zusammen. Mir wird übel. Mein Atem stockt, als meine zitternden Hände sich wie von selbst auf meinen Mund pressen. Mit weichen Knien trete ich mehrere Schritte zurück, bis der Boden unter mir zu schwanken scheint. »D-das... w-wollte... wollte ich... nicht!« Meine Worte sind kaum mehr als ein ersticktes Flüstern. Die Tränen laufen heiß über meine Wangen, brennen sich in meine Haut. Mein Körper zittert unkontrolliert, während sich die Erkenntnis mit brutaler Härte in mein Bewusstsein bohrt.
Ich habe einen Menschen getötet. Das ist kein Albtraum. Das hier ist real.
Mein Verstand weigert sich, es zu begreifen, doch mein Herz weiß es längst. Die Schuld bohrt sich wie ein glühendes Messer in meine Brust, lässt mich kaum noch atmen. Es zerreißt mich. Es frisst mich auf. Ich will schreien, weinen, fliehen – doch wohin? Vor mir selbst kann ich nicht entkommen. Mein Magen krampft sich zusammen, meine Hände klammern sich an meinen Kopf, als könnte ich so die Gedanken darin zum Schweigen bringen. Doch die Worte reißen mich mit sich, hämmern unaufhörlich gegen meine Schädeldecke.
Ich habe ihn umgebracht.
Ich habe ihn umgebracht.
Ich habe ihn umgebracht.
Meine Kehle schnürt sich zu, meine Beine geben nach. Ich spüre den harten Aufprall kaum, als meine Knie mich zu Boden zwingen. Alles in mir bebt. Alles in mir schreit. Ich kenne mich nicht mehr. Ich spüre mich nicht mehr. Nur diese Leere, tief in mir, ein bodenloser Abgrund, der mich mit sich zieht. Ich wollte stark sein. Ich wollte kämpfen. Doch wie kann ich weitermachen, wenn sich jeder meiner Schritte anfühlt, als würde er mich noch tiefer in den Abgrund reißen?
Ich bin machtlos. Ich bin verloren. Und nichts wird diesen Moment je rückgängig machen können.
Plötzlich flackert eine alte Erinnerung in meinem Inneren auf – ein Bild, das ich so tief in mir vergraben hatte, dass es fast zu Staub zerfallen war. Doch jetzt, inmitten dieses Chaos', bricht es aus der Dunkelheit hervor, als hätte es nur auf diesen Moment gewartet. Ich sehe mich als Kind. Kleiner, verletzlicher. Mit verweinten Augen stürze ich damals nach Hause, meine Schulranzenriemen graben sich in meine Schultern, aber der Schmerz in meiner Brust ist weitaus größer. Die Worte meiner Klassenkameradinnen hallen in meinem Kopf wider, messerscharf, gnadenlos. Mobbingopfer. Außenseiterin. Wertlos. Jedes Wort brennt sich in meine junge Seele ein. Ich weiß noch genau, wie ich damals die Tür aufriss und in die Arme meiner Mutter fiel. Ich klammerte mich an sie, als könnte sie mich vor der Grausamkeit der Welt retten. Doch sie tat etwas anderes – etwas Wichtigeres. Sie hielt mich nicht nur fest. Sie ließ mich wachsen. Jeden Abend hinterließ sie mir einen kleinen Brief auf meiner Nachttischkommode, zart gefaltet, die Tinte sorgfältig auf das Papier gebracht. Ihre Worte wurden mein Anker, mein Halt, als ich am meisten glaubte, unterzugehen.
"Stärke ist nicht, wie viel du aushältst, bevor du zerbrichst. Sie ist, wie viel du aushältst, nachdem du zerbrochen bist."
Ich höre noch immer ihre Stimme in meinem Kopf, ruhig, bestimmt. Damals verstand ich nicht ganz, was sie meinte. Heute spüre ich das volle Gewicht ihrer Worte auf meinen Schultern lasten. Meine Mutter wusste es. Sie wusste, dass das Leben nicht immer fair ist, dass es einen zu Boden schlägt, dass es Momente gibt, in denen alles zerbricht – und dass wahre Stärke nicht darin liegt, unversehrt zu bleiben, sondern trotz der Risse weiterzumachen. Ich habe so viel verloren. Ich habe mehr Schmerz ertragen, als ich für möglich gehalten hätte. Und trotzdem stehe ich noch hier. Die Welt um mich herum verschwimmt in Tränen und Blut, aber ich weiß eines mit unerschütterlicher Klarheit:
Ich werde nicht aufgeben. Nicht jetzt. Nicht jemals.
Egal, wie schwer dieser Weg wird. Egal, wie oft ich stolpere.
Ich bin nicht schwach.
Ich bin stark.
Und ich werde kämpfen.
Bis zum bitteren Ende.
Ein stechender Schmerz durchfährt meinen Oberarm, schneidet sich brennend durch mein Fleisch und jagt wie Feuer durch meine Nervenbahnen. Meine Gedanken an meine Mutter reißen jäh ab, zerfetzen wie Papier im Sturm. Ein unkontrollierter, schmerzerfüllter Schrei entrinnt meiner Kehle, ehe ich begreife, dass er mir gehört. Mein Körper zuckt zusammen, meine Nägel graben sich tief in meine Oberschenkel – ein verzweifelter Versuch, diesen höllischen Schmerz zu überlagern. Doch es hilft nichts. Es ist, als würde mein eigenes Blut in Lava verwandelt. Mein Atem stockt, meine Brust verengt sich, als sich ein schwerer Druck darauf absetzt. Jede Sekunde dehnt sich ins Unermessliche, während sich mein Blickfeld trübt. Dann sehe ich sie – Mr. Monteiro und sein Handlanger, emotionslose Silhouetten, während die Nadel, die sie mir achtlos in den Muskel gerammt haben, verschwunden und bereits entsorgt ist. Verdammt! Was haben Sie mir gegeben? Mein Körper beginnt zu zittern, meine Sicht verschwimmt. Schwarze Punkte tanzen vor meinen Augen, wie kleine Risse in der Realität. Ich kämpfe dagegen an, zwinge mich, wach zu bleiben, mich nicht fallen zu lassen. Aber je mehr ich mich dagegen wehre, desto unerträglicher wird die Wirkung. Ein lähmendes Gefühl breitet sich in mir aus, raubt mir jede Kontrolle, als hätte jemand das Seil, an dem ich mich festhalte, durchtrennt. Ein leises Flüstern streift mein Ohr, kaum mehr als ein Windhauch.
»Lass endlich los«
Die Stimme ist sanft, beinahe beruhigend – doch sie zieht mich tiefer in die Dunkelheit. Meine Lider werden schwer, meine Muskeln geben nach. Plötzlich spüre ich starke Arme, die mich hochheben, eine harte Brust, gegen die ich gedrückt werde. Der warme, fremde Geruch dringt in meine Nase, ehe alles um mich herum endgültig in der Schwärze versinkt.
..
Ein greller Schmerz durchbohrt meine Schläfen, als ich langsam aus der Dunkelheit auftauche. Ein dumpfes Pochen hämmert in meinem Schädel, als wäre mein Kopf in einen Schraubstock eingespannt, der sich mit jeder Sekunde enger und enger zieht. Mein Atem geht schwer, meine Brust hebt und senkt sich mühsam, als wäre jeder Zug eine Last, die mich erdrückt. Langsam, vorsichtig, blinzle ich. Ein einziger Lichtstrahl, der durch das schmutzige Fensterglas fällt, trifft mich wie ein Schlag. Ein verzweifeltes Stöhnen entweicht meinen Lippen, als ich instinktiv meine Hände an die schmerzende Stirn presse. Es fühlt sich an, als würde etwas in meinem Kopf reißen, als könnte mein Schädel jeden Moment zerspringen.
»Verdammt!«
Meine Fingernägel krallen sich in meine Haut, als könnte ich die Schmerzen damit irgendwie aus mir herausreißen. Doch das Dröhnen bleibt. Es verstärkt sich nur weiter, wird lauter, unaufhaltsamer, bis es mich fast in den Wahnsinn treibt. Ich presse die Augen zusammen, versuche, mich zu sammeln, aber mein eigener Körper kämpft gegen mich. Dann trifft es mich mit voller Wucht. Erinnerungen stürzen über mich herein wie eine unaufhaltsame Welle.
Der ohrenbetäubende Knall.
Die leeren Augen, die mich anstarren.
Das Blut.
Mein zittriger Atem. Mein rasender Puls. Mein erstarrter Körper.
Meine Brust zieht sich zusammen, als ob eine unsichtbare Hand Sie fest umklammert. Mein Magen verkrampft sich so stark, dass mir übel wird. Ich presse eine Hand darauf, als könnte ich damit die Übelkeit vertreiben, doch es hilft nichts. Ein eiskalter Schauer fährt mir den Rücken hinunter, lässt mich erbeben, bis meine Knie beinahe nachgeben. Und dann... dann spüre ich es. Ein stechender Schmerz, tief in meinem Oberarm. Als hätte jemand glühendes Eisen in meine Haut getrieben. Ich presse die Lippen zusammen, unterdrücke den gequälten Schrei, der sich in meiner Kehle formt. Meine Finger tasten über die Stelle – heiß, geschwollen, ein pochender Schmerz, der sich bis in die Fingerspitzen ausbreitet. Dann sehe ich Sie vor mir. Mr. Monteiro. Sein Handlanger. Die Nadel, die achtlos entsorgt wird. Ein Beben fährt durch mich. Meine Fingernägel graben sich in meine Oberschenkel, so tief, dass es fast wehtut. Aber dieser Schmerz ist mir lieber als der andere. Lieber als die brennende Wahrheit, die sich in mein Bewusstsein frisst. Mein Magen verkrampft sich, doch gleichzeitig flammt eine ganz andere Emotion in mir auf – Wut. Reine, brennende Wut. Diese verdammten Mistkerle! Sie haben mich hierhergebracht, haben mich betäubt, als wäre ich nichts weiter als ein Objekt. Ich schwöre, ich werde sie alle eigenhändig umbringen! Bitter lache ich auf, doch es ist kein fröhliches Lachen – es ist voller Verzweiflung, voller Sarkasmus. Wie um alles in der Welt sind wir in diese Scheiße geraten? Allein die Vorstellung, dass er – dieser kranke, emotionslose Psychopath – ohne mit der Wimper zu zucken einen Menschen getötet hat, jagt mir eine Kälte durch die Glieder. Ich will nicht wissen, wozu er noch fähig ist. Und doch...
Mein Blick fällt auf meine eigenen Hände. Ich bin selbst nicht besser. Mir ist klar, dass meine Tat keine Rechtfertigung hat. Ich kann es nicht schönreden, nicht ausradieren. Ich habe ein Leben genommen. Und was mich am meisten erschreckt, ist nicht die Tat selbst – sondern die Erkenntnis, dass ich dazu fähig war. Dass ich es wieder tun könnte. Ein eiskalter Schauer läuft mir über den Rücken. Aber jetzt ist nicht der Moment, mich von Schuldgefühlen zerfressen zu lassen. Ich darf die Kontrolle nicht verlieren. Ich darf nicht zerbrechen.
Nicht hier. Nicht jetzt.
Ich muss einen kühlen Kopf bewahren. Ich muss aus diesem verdammten Albtraum entkommen. Und wenn das bedeutet, dass ich all das für immer in die tiefsten Abgründe meines Bewusstseins verbannen muss – dann sei es so. Ein hysterisches Lachen steigt in meiner Kehle auf, doch es klingt leer, gebrochen.
»Diese verdammten Mistkerle...«
Mein Blick verschwimmt für einen Moment, als die bittere Realität auf mich herabstürzt. Ich bin ihnen ausgeliefert. Gefangen. Alleine. Und trotzdem... Trotzdem spüre ich etwas anderes als Angst. Es ist tief in mir vergraben, brodelt unter der Oberfläche wie ein schwelendes Feuer, das nur darauf wartet, entfacht zu werden. Es ist Wut. Reine, brennende Wut. Sie haben mich unterschätzt. Sie haben geglaubt, ich wäre schwach. Sie dachten, sie könnten mich brechen. Aber sie haben sich geirrt. Mein Atem beruhigt sich, meine zitternden Hände ballen sich zu Fäusten. Ich werde nicht aufgeben. Nicht jetzt. Nicht hier. Ich werde kämpfen. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue.
Mein Körper fühlt sich schwer an, als hätte jemand eine unsichtbare Last auf meine Schultern gelegt. Jeder einzelne Atemzug kostet mich Kraft, als würde die Luft in meinen Lungen zu Blei werden. Mein Herz pocht dumpf in meiner Brust, ein bedrängender, schmerzhafter Rhythmus, der mich an meine eigene Zerbrechlichkeit erinnert. Mit zitternden Fingern streiche ich mir über die Stirn, als könnte ich die schwere Müdigkeit, die auf mir lastet, einfach fortwischen. Ich will nicht weinen. Aber die Angst sitzt mir tief in den Knochen. Sie ist allgegenwärtig, schleicht durch meine Adern wie Gift, das mich von innen heraus lähmt. Ich spüre es in jeder Faser meines Körpers – diese grausame Hilflosigkeit, die mich wie eine unsichtbare Kette an diesen Ort fesselt. Gott, wenn es doch nur irgendeine Möglichkeit gäbe... irgendeinen Weg hier raus. Ein Seufzen entfährt mir, als ich mich mühsam auf die Bettkante setze. Die Matratze gibt unter meinem Gewicht nach, und für einen Moment schließe ich die Augen, versuche, meinen rasenden Puls unter Kontrolle zu bringen. Ich muss stark bleiben. Irgendwie. Mit einem tiefen, zitternden Atemzug schiebe ich die Decke zur Seite. Der Stoff fühlt sich fremd an unter meinen Fingern, als gehöre er nicht in diese Realität. Als sei alles um mich herum nur eine Kulisse, die jederzeit in sich zusammenbrechen könnte. Langsam setze ich meine Füße auf den Boden. Der weiche Teppich berührt meine Haut, ein winziger Moment der Geborgenheit inmitten dieses Albtraums. Doch es reicht nicht, um das Zittern in meinen Gliedern zu besänftigen. Mein Körper gehorcht mir kaum, als wäre er sich nicht sicher, ob er wirklich aufstehen will – oder ob er mich einfach zusammensinken lassen sollte, mitten in all dem Chaos, das mich innerlich zerreißt. Die Stille im Raum ist erdrückend. Sie schreit lauter als jedes Geräusch es könnte, kriecht mir in die Knochen, wickelt sich um meine Kehle wie eine unsichtbare Schlinge. Ich muss atmen. Ich muss mich sammeln. Aber wie?
Mein Blick schweift umher, verzweifelt nach etwas suchend, das mich festhält, mich verankert. Und dann sehe ich Sie. Die Bilder. Mein Herzschlag setzt einen Moment aus. An der Wand hängen Sie, jedes einzelne ein stummes Zeugnis von etwas, das tiefer reicht, als Worte es je könnten. Farben tanzen über die Leinwände, miteinander verwoben in chaotischer Perfektion. Sie schreien vor Emotion, vor Sehnsucht, vor Schmerz – so intensiv, dass ich mich ihnen nicht entziehen kann. Meine Hand erhebt sich fast von selbst. Meine Finger streichen vorsichtig über eine der Leinwände, spüren die raue Oberfläche, die getrocknete Farbe, die noch immer Leben in sich trägt. Sind diese Kunstwerke... von ihm? Von dem Mann, der mich hier gefangen hält? Mein Herzschlag beschleunigt sich. Die Vorstellung ist absurd, beinahe lächerlich – und doch kann ich mich des Gedankens nicht erwehren. Was wäre, wenn hinter all der Kälte, all der Grausamkeit, die ich von ihm kenne, tatsächlich ein Funken Menschlichkeit steckt? Mein Magen zieht sich schmerzhaft zusammen, während meine Gedanken rasen. Es ergibt keinen Sinn. Jemand, der fähig ist, solche Schönheit zu erschaffen – wie kann er gleichzeitig so grausam sein? Ein Kloß formt sich in meiner Kehle, dick und unnachgiebig. Tränen steigen mir in die Augen, brennen heiß, aber ich lasse Sie nicht los. Noch nicht. Denn in diesem Moment spüre ich etwas, das mich mehr erschreckt als alles andere. Verwirrung. Ein tiefes, bodenloses Gefühl der Zerrissenheit, das mich auffrisst. Ich sollte ihn hassen. Ich sollte ihn fürchten. Und doch...
Warum kann ich nicht aufhören, seine Kunst anzustarren? Warum fühle ich mich, als hätte ich einen Blick in eine Seele geworfen, die ich nie zu verstehen glaubte? Und warum, verdammt noch mal, pocht mein Herz so heftig in meiner Brust? Mein Magen zieht sich zusammen. Ich kenne diesen Mann nicht, aber ich kenne seine Kälte. Seine Stimme, sein Blick – all das hat sich bereits tief in mein Bewusstsein gebrannt. Ich bin sein Gefangener, gefangen in einem Albtraum, aus dem ich keinen Ausweg sehe.
Mein Blick wandert zum Fenster. Hoffnung keimt in mir auf, nur um im nächsten Moment zu ersticken – Gitter. Natürlich. Er ist kein Idiot. Verzweifelt presse ich die Hände gegen mein Gesicht. Ich kann nicht hier bleiben. Ich muss etwas tun. Doch gerade als ich meine Gedanken sortieren will, bricht ein Windstoß gegen die Fensterscheibe. Das plötzliche Geräusch fährt mir wie ein elektrischer Schlag durch den Körper. Mein Herz setzt für eine Sekunde aus, bevor es doppelt so schnell weiterschlägt. Und dann – höre ich es. Ein leises Knarren. Die Türklinke bewegt sich langsam nach unten. Mein Atem stockt, als mein Blick zur Tür schnellt. Die Klinke senkt sich langsam, quälend langsam – ein verräterisches Knarren dringt in die bedrückende Stille. Ein eiskalter Schauer jagt mir den Rücken hinunter, während meine Gedanken wild durcheinanderwirbeln. Jemand ist hier. Mein Körper spannt sich instinktiv an. Mein Herz schlägt so laut, dass es mir vorkommt, als könne die Gestalt auf der anderen Seite es hören. Ich kann nicht denken, kann nicht atmen – kann nur fühlen, wie die Angst sich wie ein eiskalter Griff um meine Kehle legt. Mein Blick huscht hektisch durch den Raum. Wo kann ich mich verstecken? Die Türklinke bewegt sich weiter nach unten. Der leise, metallische Klick des Schlosses bringt mein Blut zum Kochen. Ich darf nicht hier stehen bleiben. Ich darf nicht warten. Mit pochendem Herzen stürze ich mich in die Schatten, meine Finger umklammern den kühlen Rand der Kleiderschranktür, die ich leise hinter mir zuziehe. Die Dunkelheit schluckt mich, während ich versuche, meinen eigenen Atem unter Kontrolle zu bringen. Jeder Atemzug ist ein leises Zittern, das mich verraten könnte. Die Tür öffnet sich. Schritte. Langsam, bedächtig. Mein Herz hämmert gegen meine Rippen. Ich presse meine zitternden Finger gegen meine Lippen, unterdrücke jedes Geräusch. Durch den winzigen Spalt zwischen den Schranktüren sehe ich eine dunkle Silhouette, die sich ins Zimmer schiebt. Ein Schatten, der sich bewegt. Die Luft steht still. Dann – ein weiteres Knarren. Der Eindringling bleibt stehen. Direkt vor dem Schrank. Er weiß es. Er weiß, dass ich hier bin. Mein Brustkorb hebt und senkt sich unregelmäßig, als ich mich noch tiefer in die Dunkelheit des Kleiderschranks drücke. Die stickige Luft brennt in meinen Lungen, aber ich wage es nicht, richtig zu atmen. Jeder kleinste Laut könnte mich verraten.
Meine Finger umklammern den kühlen Lampenfuß, als wäre er meine letzte Rettung. Meine Muskeln sind so angespannt, dass sie schmerzen, doch ich darf nicht nachgeben. Nicht jetzt. Mein Herz hämmert gegen meine Rippen. Ist er noch da? Die Sekunden ziehen sich unendlich. Stille. Totenstille. Mein Verstand schreit mich an, dass er gegangen ist – dass die Gefahr vorbei ist. Doch mein Körper glaubt nicht daran. Ich kann ihn nicht sehen, nicht hören. Aber das heißt nicht, dass er nicht da ist. Trotzdem ... ich muss es wissen. Ich kann nicht ewig hier drin bleiben. Vorsichtig, ganz vorsichtig, löse ich meine verkrampfte Hand von der Lampe. Ein Zittern läuft durch meine Finger. Ich warte noch einen Moment, zwinge mich zur Ruhe. Dann, mit angehaltenem Atem, hebe ich langsam den Kopf. Immer noch nichts. Langsam will ich die Lampe sinken lassen. Vielleicht hatte ich Glück. Vielleicht hat er wirklich aufgegeben. Doch genau in diesem Moment reißt der Schrank plötzlich auf. Mein Körper reagiert schneller als mein Verstand – mit einem panischen Schrei hole ich aus und schleudere die Lampe mit aller Kraft nach vorne. Mein Atem geht keuchend, meine Beine fühlen sich an, als würden sie mich kaum noch tragen – aber ich kann nicht stehen bleiben. Nicht jetzt. Nicht hier.
Die Nachtischlampe kracht mit voller Wucht gegen sein Gesicht, ein dumpfer Aufprall, gefolgt von einem erstickten Fluch. Ich nutze die Gelegenheit, stoße ihn mit all meiner verbleibenden Kraft von mir weg und stolpere hastig aus dem engen Kleiderschrank. Die stickige Luft weicht einer plötzlichen Kälte, die mich zittern lässt – oder ist es die nackte Angst, die mich durchströmt? Mein Blick huscht panisch durch das halbdunkle Zimmer, während mein Herzschlag laut in meinen Ohren hämmert. Raus hier! Ein einziger Gedanke, der mir durch den Kopf rast. Ich reiße die Tür auf und stürze auf den Flur hinaus. Die Helligkeit trifft mich wie ein Schlag, doch ich lasse mich nicht aufhalten. Ich renne – ohne zurückzublicken, ohne zu überlegen. Jeder Schritt hallt auf dem Boden wider, als würde er meinen Fluchtversuch verraten. Dann, aus dem Nichts, ein wütendes Fluchen. Weiblich. Schrill. Verdammt! Mein Magen zieht sich zusammen, als mir schlagartig bewusst wird: Der Mann im Kleiderschrank war nicht Monteiro. Ein kalter Schauer jagt mir über den Rücken. War es seine Frau? Eine andere Gefolgschaft? Egal, wer es war – sie wird mich nicht so einfach entkommen lassen.
Plötzlich spüre ich, wie mich zwei starke Arme von der Seite packen. Ein erschrockener Laut entweicht mir, meine Lunge zieht sich panisch zusammen. »Da hat es aber jemand eilig, von hier zu verschwinden« Die Stimme ist tief, amüsiert – und viel zu nah. Mein Kopf schnellt hoch, meine weit aufgerissenen Augen treffen auf sein grinsendes Gesicht. Mein Blut gefriert.
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