Das Foto
Ihr Haar fiel ihr in grauen Locken um das gealterten Gesicht. Die Haut ihrer Hände war dünn geworden und fleckig. Sie zitterten leicht, als sie das alte Foto, das sie darin hielt, betrachtete.
Es war vor langer Zeit aufgenommen worden, in glücklichen Tagen, als ihre Familie noch komplett war und die Kinder noch jung. Sie betrachtete ihr Gesicht auf dem Bild, mit leichten Falten, aber noch nicht runzelig, umgeben von roten Locken, neben ihr, ihr Mann, der liebevoll einen Arm um sie gelegt hatte.
Sie schmunzelte leicht, als sie seine dünner werdenden Haare auf dem Bild sah. Mittlerweile war er fast kahl. Aber seine Augen hatten noch immer dieses junge, neugierige Funkeln, diesen Glanz, der von Freude und Offenheit zeugte. Und noch immer schlug ihr Herz jedes mal schneller, wenn sie ihn morgens im hellen Sonnenlicht erblickte, selig schlummernd. Er genoss es, endlich jeden Tag ausschlafen zu können, genoss seinen Ruhestand in vollen Zügen. Für sie war es zunächst schwierig gewesen.
Nachdem die Kinder das Nest verlassen hatten und als Arthur noch gearbeitet hatte, war sie oft einsam gewesen. Doch als er in Pension gegangen war, fiel es ihr zunächst schwer, sich daran zu gewöhnen, dass er stets zu Hause war, obwohl er sich oft in seine kleine Werkstatt zurück zog.
Ganz in ihren Gedanken versunken starrte sie auf das Foto und bemerkte gar nicht, wie er sich anschlich und über ihre Schulter auf das Bild in ihren Händen hinab sah. Vorsichtig legte er die Hände auf ihre Schultern, zärtlich und sanft, und beugte sich hinab, um ihr einen Kuss auf die Wange zu hauchen. Kurz schrak sie zusammen, doch sonst reagierte sie kaum.
"Was ist los, Molly?“, fragte Mr Weasley mit ruhiger Stimme. Eine kurze Stille folgte. „Liebst du mich noch?“, fragte die gealterten Hexe. Mr Weasley blickt verdutzt zu ihr hinab. „Wieso fragst du das, mein Liebes?“ Mit zitternden Fingern strich Molly über das Foto. „Weil ich alt und hässlich bin. Ich bin eine dicke, alte, langweilige Hexe mit Falten, Altersflecken und schütterem Haar.“ Plötzlich wechselte Arthurs Blick von Besorgnis zu einer jähen Sanftheit und eine Verliebtheit trat in seine Augen, mit der er seine Frau schon als junges Mädchen zu betrachten pflegte.
„Molly Weasley, du hörst mir jetzt mal ganz genau zu!“, er legte die Hände auf ihre Schultern und sah sie direkt an, „Ich liebe dich mit jedem Fleck, jeder Falte und jedem Röllchen, weißt du warum?
In jeder Falte sehe ich die wunderbaren Tage, die wir gemeinsam verlebt haben, die vielen Male die wir zusammen gelächelt und gelacht haben, aber auch gemeinsam besorgt waren und getrauert haben. Wir waren immer füreinander da und haben jede Freude und jeden Schmerz gemeinsam getragen und ertragen. Deine Falten sind auch meine Falten. Man sieht sie in deinem und meinem Gesicht.“ Bei den Worten strich er ihr sanft über die Wange.
„In deinem wunderbaren Körper und den dir verhassten Röllchen, sehe ich unsere Kinder, die du in dir getragen und zur Welt gebracht hast, die wir gemeinsam erzogen und groß gezogen haben und wie wir es geschafft haben, trotz unserer Geldsorgen, immer das Wichtigste zu schaffen: Unsere Familie zu versorgen und einander Glück und Sicherheit zu schenken.“ Tränen der Rührung bildeten sich in Mollys Augen.
„Und in den Flecken und deinen schönen, grauen Locken, sehe ich den Wunsch, den ich schon als junger Mann, als ich dich kennen gelernt habe und mich verliebte, hatte. Ein Wunsch, simpel und doch nicht selbstverständlich. Der Wunsch, gemeinsam mit dir alt zu werden, ein gemeinsames Leben zu leben und den Herbst dieses Lebens mit dir gemeinsam zu verbringen und zu genießen. Als wir damals geheiratet haben, weißt du noch, was ich dir da erzählt habe, den Traum, den ich hatte? Ich habe geträumt, wir wären alt und grau, säßen gemeinsam auf der Veranda unseres Hauses und um uns herum spielten unsere zahlreichen Enkelkinder. Das war mein Lebenswunsch, den haben wir uns hart erkämpft und letztendlich auch erfüllt. Ich könnte kaum glücklicher sein.“
Mrs Weasley schniefte leicht und lächelte zu ihrem Mann hinauf. „Wenn du also fragst, ob ich dich noch liebe, kann ich nur sagen, mehr denn je und wie sollte ich auch jemals damit aufhören. Du warst und bist die perfekte Frau für mich und ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt.“ Er gab ihr einen Kuss und zog sie fest in seine Arme. Und sie schwebte fast dahin, auf all der Liebe, die sie spürte und den wunderbaren Worten, ihres sonst so wortkargen Mannes. „Und?“, fragte er. Sie hatte die Wange an seine Brust gelegt und die Augen geschlossen. „Was und?“, erwiderte sie. „Liebst du mich noch, mein Mollyröllchen?“ Sie schmunzelte. „Wie könnte ich jemals damit aufhören!?“
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