꧁ 82 ꧂
Ethan
Ich starrte an die Decke – wie fast jede Nacht seit Chris' Tod. Er fehlte uns allen. Sehr. Auch wenn ich meinen besten Freund und Alpha verloren hatte, so konnte ich für mich doch Trost finden. Hatten doch all die kleinen Schritte auf unserem Weg uns dazu geführt, dass wir nun frei waren. Dass Ivy frei war. Auch wenn wir mit Chris' Tod einen schmerzlich hohen Preis gezahlt hatten.
Doch das Leben würde weiter gehen, ob wir wollten oder nicht.
Und so hielt ich Ivy. Ich wachte über sie, bis sie wieder aus der Dunkelheit trat. Ivy hatte es die letzten Tage sehr schwer gehabt. Auch wenn es mich beeindruckte, wie gut sie mit dem Verlust von Chris umging, so traurig machte es mich zu sehen, wie sie jede Nacht in ihren Träumen von dem Erlebten heimgesucht wurde. Jede Nacht schreckte sie schweißüberströmt auf, und ich war mir ziemlich sicher, dass auch diese Nacht keine Ausnahme sein wird.
Es war unfair. Ich würde alles dafür tun, könnte ich diese Last von ihren kleinen Schultern abnehmen – doch konnte ich es nicht.
Reden wollte sie auch nicht. Und so ließ ich sie. Mir war klar, dass es seine Zeit brauchen würde, bis sie so weit war. Und die Zeit gab ich ihr.
Es dauerte nicht lange, bis Ivy anfing, unruhiger zu werden und zu schwitzen begann. Ich konnte mir redlich vorstellen, wovon sie wieder träumte.
„Shhhht", versuchte ich sie zu beruhigen, doch ich drang nicht zu ihr durch. Sie begann ihren Kopf hin und her zu wälzen, dann hörte ich ihre Stimme. Und wie jedes Mal zersprang auch diesmal mein Herz in tausend Teile, angesichts der Verzweiflung, die in ihrer Stimme lag.
„N-nein ... Ethan ... bitte tut ihm nichts..."
„Baby ... shhhhhh. Ich bin hier." Ich zog Ivy wieder an mich und gab ihr Halt, wissend, dass das Schlimmste noch kommen würde.
Sie begann zu zittern, sie atmete schneller, war angespannt, warf sich hin und her. „Nein ... nicht ... CHRIS!", schrie sie plötzlich in die Stille der Nacht und schreckte schließlich auf.
Ich gab ihr einen Moment der Orientierung, dann schlang ich meine Arme erneut um sie, und zog sie an mich ran.
Und wie in jede Nacht begann Ivy auch diesmal bitterlich an zu weinen. Tagsüber gelang es ihr sehr gut, alles zu verdrängen – doch in der Nacht holte es sie ein.
Es dauerte eine Weile, bis Ivy wieder im hier und jetzt ankam. Ihre Tränen waren getrocknet, ihr Atem hatte sich beruhigt, ihre Muskeln sich wieder entspannt.
„Müssen ... müssen wir heute schlafen?", fragte sie schließlich an meiner Brust und ich schüttelte sanft den Kopf.
„Wir müssen gar nichts, wenn du es nicht willst, Kitz", murmelte ich und küsste sie auf die Stirn.
Nach einer kurzen Stille hörte ich ihre leise Stimme. "Ich habe mich nie bei dir entschuldigt."
"Wofür?"
"Dafür ... dafür dass ich an dem Morgen ohne dich spazieren gegangen bin um den Kopf frei zu kriegen", murmelte sie leise.
Schlagartig holte mich das bittere Gefühl wieder ein, welches ich gespürt hatte, als ich Ivy Abwesenheit an dem Morgen bemerkt hatte. Es hatte mir den Boden unter den Füßen weggezogen.
Ivy schluckte leise. "Als ihr auf die Lichtung geführt wurdet, habe ich gespürt, wie sauer du warst."
"Was sagst du da?", raunte ich und sah zu ihr hinab.
"Du hast mich nicht eines Blickes gewürdigt, bis..."
"Aber Baby!", unterbrach ich sie. "Ich habe dich nicht angesehen, weil es mich zerrissen hat! Ich konnte es nicht ertragen, dich so zu sehen! Ich muss mich doch vielmehr bei dir entschuldigen! Ich hätte dir ein gutes Gefühl geben sollen in diesem Moment, stattdessen war ich blind vor Wut!"
Dann hob sie ihren Kopf, sah mich an und ich erschauderte wie üblich vor ihrer absoluten Vollkommenheit. In ihren großen, grünen Augen lag alles, was ich brauchte. Alles, was ich jemals ersehnt hatte.
„Ich muss dir noch etwas sagen", sagte sie schließlich leise.
Ich nickte sanft und schaute ihr aufmerksam in die Augen. Dass sie sich mir endlich öffnete ließ mich gespannt innehalten.
„Es gibt da etwas, was ich dir nicht erzählt habe", wisperte sie leise und ich klebte förmlich an ihren rosigen, zarten Lippen. Ihre Scheue vor dem Ungesagten ließ sie kaum richtig atmen.
Erneut nickte ich. Ich hatte Angst, dass jedes meiner Worte nun zu viel sein könnte und ihre Entschlossenheit, endlich mit mir zu sprechen, ins Wanken bringen könnte.
„Als ... als ich auf die Lichtung kam, ich meine als ... als Wöflin, und als ich dich sah ... da ... da ... naja." Ivy atmete nervös und zittrig ein.
Wie gebannt lauschte ich ihren Worten.
„Ich ... ich habe da gespürt, was du meintest ... ich meine...", nervös befeuchtete sie ihre sanften Lippen und mein Blick glitt zu ihnen hinab.
Ivy genau in diesem Moment unvorstellbar zu begehren fühlte sich falsch an, fast sündhaft, öffnete sie sich mir doch gerade das erste Mal seit dem Geschehen vor zwei Wochen und doch konnte ich nichts gegen das berauschende Gefühl tun, welches mich bei ihrem Anblick überkam.
Sie senkte ihren Blick und ihre langen, dunklen Wimpern unterstrichen ihre natürliche Schönheit auf eine Art, die ihres gleichen suchte.
„Ich ... ich habe mich auch auf dich geprägt", sagte sie schließlich leise und ich weitete erschrocken die Augen.
„Was sagst du da?", fragte ich perplex.
Dann blickte sie erneut auf, legte ihr Kinn auf meine Brust ab und wiederholte die Worte, die ich niemals erwartet hatte, je aus ihrem Mund zu hören.
„Ich habe mich auch auf dich geprägt, Ethan. Auf der Lichtung. Ich habe gespürt, was du damals beschrieben hast. Meine ... meine Wölfin hat wohl einfach ... naja ... etwas Druck gebraucht." Ivy lächelte verlegen. Ihre Worte klangen federleicht, wie der Flügelschlag eines Schmetterlings und doch brach sie damit eine unvorstellbares Erdbeben in mir los.
„Ich ... ich ...", vollkommen von meinen Gefühlen überwältigt konnte ich keinen klaren Gedanken fassen. „Mein Gott, Ivy", flüsterte ich schließlich ehrfurchtsvoll.
Dann fasste ich kurzerhand nach ihrem Gesicht, zog sie an meines heran und küsste sie. Als ihre Lippen meine berührten trat es eine Welle der Sehnsucht los, waren wir uns seit der Sache auf der Lichtung doch körperlich nie näher gekommen, als kuscheln.
Doch nun küsste ich sie stürmisch, immer und immer wieder. Noch nie hatte ich so ein Verlangen nach ihr gespürt wie in diesem Moment.
Kurzerhand drehte ich mich entschlossen über sie, eroberte ihren Körper und als Ivy seufzend in meinen Mund atmete, wusste ich, dass es ihr genau so ging. Wir brauchten einander. Und wir vermissten einander.
Zu wissen, dass Ivy sich nun auch auf mich geprägt hatte, veränderte alles. Sie spürte mich fortan auf eine völlig andere Weise und ich konnte kaum abwarten ihr zu zeigen, wie intensiv dieses Gefühl der Verbundenheit war vor allem beim Sex war. Hatten wir schon vorher göttlichen Sex gehabt? Keine Frage.
Doch eine erfüllte Prägung hob es auf ein ganz neues Level.
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