꧁ 80 ꧂
Ohne darüber nachzudenken sprang ich los und rannte auf das zusammengesackte Wolfsknäuel vor mir zu. Ich konnte Chris unter Aeris riesigem Wolfspelz nur erahnen und betete, dass ihm nichts passiert war.
Nach wenigen Sätzen erreichte ich sie. Sofort versuchte ich, Aeris von Chris herunter zu schieben und doch gelang es mir nicht. Aeris' regungsloser Körper war viel zu schwer.
Doch dann bekam ich unerwartete Hilfe. Dea und Cito traten neben mich, und beide warfen mir einen kurzen, beinahe fragenden Blick zu. Auch wenn sie nicht sprachen, wirkte es, als würden sie mich um Erlaubnis bitten? Kurzentschlossen und ehe ich die neue Lage einordnen konnte, nickte ich ihnen hilflos zu. Dann halfen sie mir tatsächlich, Aeris zur Seite zu schieben , der daraufhin wie ein nasser Sack in der feuchten Wiese landete.
„Ist er tot?", wollte einer der anderen Primusmitglieder wissen.
Dea starrte Aeris an, dann zurück in die Runde, ehe ihr Wolfskopf langsam nickte. Aeris war also wirklich tot? Ich schüttelte den Gedanken an ihn ab und wandte mich eilig Chris zu. Der schwarze Wolf lag auf seiner Seite und wimmerte leise.
Instinktiv wandelte ich zurück und eilte an seine Seite. „Shhh shhh shhh", wisperte ich und tastete mit meinen Händen verzweifelt über sein schwarzes Fell, um nach Wunden zu suchen. „E-es ist alles gut", beruhigte ich ihn und irgendwie auch mich und als meine Fingerspitzen warmes Blut ertasteten, wusste ich, dass es wirklich ernst war. Unter seiner nassen Halskrause entdeckte ich eine große Bisswunde, aus der unaufhörlich und viel zu viel Blut pochte und sein schwarzes Fell förmlich tränkten. Das konnte nur eins bedeuten. Halsschlagader.
„Nein ... nein, nein, nein", flüsterte ich panisch und drückte meine Hand auf seine Wunde, um das Blut irgendwie zu stoppen. „Das ... das wird schon wieder ... kein Problem ... wir müssen nur..."
„Lass ruhig, Kurze."
Mein Blick huschte ängstlich hoch in Chris' Wolfsgesicht, der mich mit großen, dunklen Augen viel zu vielsagend ansah.
Nein! Nein!
Tränen stiegen mir in die Augen. Ich blickte eilig auf, suchte nach Hilfe und entdeckte endlich Ethan. Seine Angreifer hatten inzwischen von ihm abgelassen und starrten selbst sichtlich erschrocken auf ihren am Boden liegenden, toten Alpha.
Ethan nutzte die Chance und eilt zu uns herüber. Mein Blick huschte über die Bissverletzungen auf seinen Oberarmen. Ich spürte seinen Schmerz, und doch war es nichts im Vergleich zu dem Gefühl der Angst, Chris zu verlieren. Er durfte hier nicht einfach so sterben! Nicht wegen mir!
„Er ... e-er ist wirklich schwer verletzt, Ethan", ließ ich ihn wissen, als er uns erreichte.
Sofort kniete er sich zu mir und checkte die Lage. Dann tauschte er Blicke mit Chris aus.
Dann Stille.
Ich wusste sofort warum. Ich konnte mir denken, was Chris Ethan zugedacht hatte.
Nein! Nein, nein, nein! Nicht mit mir!
„W-wir brauchen einen Krankenwagen... jetzt ... ruf ... ruf schnell einen Krankenwagen, ja?", stieß ich hervor, doch Ethan regte sich nicht. „Ruf doch mal jemand einen Krankenwagen!", schrie ich und hörte meine Stimme über die Lichtung hallen. Mein Blick fiel auf Samira. Sie war kreidebleich. Sie schluchzte, Jake nahm sie in den Arm.
Ich wusste selber, dass das mit dem Krankenwagen eine Schnapsidee war. Selbst wenn es eine Straße hierher geben würde, er bräuchte Stunden.
Ich zog verzweifelt meine Augenbrauen zusammen und wandte mich wieder Chris zu. „Es wird gleich Hilfe kommen, ganz bestimmt. Ich muss nur..."
Als ich bemerkte, wie Chris' Blut zwischen meinen Fingern hinauf sickerte, presste ich noch hektisch die zweite Hand drauf. „Ich muss nur die Blutung stillen ... ich ..."
Ethan atmete leise aus und sah mich eindringlich an. „Ivy...", murmelte er.
„Nein!", zischte ich ihn an. „Chris, bitte, du musst durchhalten. Ein bisschen noch okay?" Tränen lösten sich von meinem Wimpernkranz und rannen mir die Wange hinab.
„Es ist okay, Ivy", murmelte seine tiefe Stimme durch meinen Kopf.
„Nein, bitte!", hauchte ich verzweifelt und wischte die Tränen an meinem Oberarm ab.
Plötzlich spürte ich Ethans warme Hand an meiner Taille. „Kitz ... Baby, bitte", flüsterte er erneut sanft und seine Stimme drang diesmal zu mir durch – und traf mich mitten ins Herz.
Ich riss mich von Chris Anblick los, schaute auf und sah in Ethans Gesicht. Was ich in seinen mir so vertrauten, blauen Augen fand, war furchtbar. Es war Gewissheit. Dann verstand auch ich.
Ich schloss die Augen. Weitere Tränen rannen meine Wange hinab. Schluchzend wandte ich mich dem schwarzen, leise wimmernden Wolf zu. Ich neigte meinen Kopf und vergrub ihn an Chris Hals, direkt in seinem weichem, schwarzen Fell. „Es tut mir so leid", flüsterte ich leise, und schluchzte erneut.
„Das ... das muss es nicht."
„Ohne mich wäre das alles nicht passiert. Warum musstest du dich einmischen, verdammt!" Ich hob meinen Kopf und sah ihm verzweifelt in die Augen. „I-ich hätte das schon irgendwie geschafft!"
„Wahrscheinlich hast du sogar recht", dachte Chris mir zu. Sein Alpha-Flüstern war das erste Mal ein tatsächliches Flüstern. Leise und schwach. „Aber noch bin ich hier der Alpha des Rudels, Kurze. Also muss ich dich beschützen. Du gehörst doch zu uns, nicht wahr?"
Ein Schwall Tränen übermannte mich. Zur Antwort konnte ich nur nicken.
„Skolls Tochter. Rechtmäßge Alpha der Primus ... nicht schlecht, Vögelchen." Der schwarze Wolf schloss kurz die Augen, um sie dann wieder langsam zu öffnen. Chris schien angestrengt zu sein. Er sah mir fest in die Augen. Aus seiner Kehle drang ein leises Wimmern. „Mir war klar, dass du dich auf Ethan prägen würdest, sobald du dich erstmal deiner Wölfin hingibst."
Erstaunt riss ich die Augen auf. Er wusste es?
„Ich fühle eure Verbindung. Sie ist stärker, als alles, was ich kenne. Ihr ... ihr seid etwas sehr besonderes."
Plötzlich spürte ich Ethans Hand auf meinen. Langsam zog er meine Hände von Chris' Bisswunde herunter. Und ich ließ ihn gewähren. Sofort ergoss sich weiteres Blut aus der Wunde.
Ethan legte seine Hand auf Chris' Seite und einen Arm um meine Taille. Dann sah ich auf. Die Zwillinge, Jake und Samira waren heran getreten. Sie schlossen den Kreis um uns herum, Chris in unserer Mitte. Auch wenn ich wusste, dass Chris und ich eine sehr besondere Verbindung hatte, so wusste ich doch, dass es auch für die anderen furchtbar sein musste, ihren Freund und Alpha zu verlieren.
Ich senkte meinen Blick und streichelte liebevoll Chris Fell an seinem Gesicht.
Er schaute sein Rudel an. Jedes Mitglied einzeln. Nacheinander. Und jedem Flüsterte er ein letztes Mal etwas zu. Dann verharrte er bei Ethan. Eine ganze Weile.
Bis Chris' Augen schließlich wieder meine fanden. „Vielleicht im nächsten Leben, Ivy."
Ich lächelte durch meine Tränen hindurch. „Vielleicht im nächsten Leben, Chris."
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