꧁ 10 ꧂
„Also Ivy kennen einige ja schon, und Hope auch", verkündete Ethan seinen Freunden, als wir an ihrem Tisch und mit unseren neuen Drinks in den Händen ankamen. „Und das sind...?"
„Sue und Claire, hallo", half Claire Ethan weiter, während wir in Reih und Glied standen und jeder gefühlt jeden kreuz und quer begrüßte.
Nachdem Hope von Ethan erfahren hatte, dass die Drinks auf Jake gingen, hatte es für sie kein Halten mehr gegeben, und sie wollte ihm unbedingt persönlich danken.
Zu meinem Leidwesen hatten auch Sue und Claire es sich nicht nehmen lassen wollen, Ethan an seinen Tisch zu begleiten. Es hatte nur noch gefehlt, dass ihnen bei seinem Anblick die Kinnlade runter gefallen wäre. Sie fanden ihn heiß, dass hätte selbst ein Blinder gesehen.
„Und das sind Jake, Kyle, Nyle, Sam und Chris", stellte Ethan seine Freunde meinen Mädels vor und jeder nickte freundlich bei Nennung seines Namens. Alle, bis auf Chris und Samira. Samira hatte mich, seitdem wir an ihrem Tisch angekommen waren, noch nicht eines Blickes gewürdigt. Chris dafür umso mehr.
Er hatte die gleiche eindrucksvolle Statur wie Ethan, schwarze kurze Haare und offensichtlich war er der Älteste in der Runde. Die Tatsache, dass er mich aber gefühlt nicht eine Sekunde aus den Augen ließ, war merkwürdig. Er wirkte beinahe etwas unheimlich, was meinen Wunsch, dass ich eigentlich nicht hier sein wollte, nur unterstrich. Mit Ethan so zu tun, als wäre er nie weg gewesen, von Samira ganz offenbar gehasst und von Chris komisch beäugt zu werden war nicht gerade meine Vorstellung eines gelungenen Mädelsabends.
Das sahen meine Freundinnen aber offenbar anders. Ethan besorgte noch weiter Barhocker für sie und sofort ließen sie sich am Tisch nieder. Die Zwillinge unterhielten sich angeregt mit Claire und Sue und der sichtlich zufrieden Jake mit einer noch zufriedeneren Hope.
Und ich? Ich stand wie ein kleines Schulmädchen unsicher vor dem Tisch und wusste nicht so recht, wohin mit mir. Chris saß mir gegenüber und starrte mich finster an, neben ihm Samira, die mich ebenfalls abschätzig ansah, daneben Ethan. Dieser deutete galant auf den noch freien Barhocker neben sich. „Setz dich doch."
Ich atmete tief durch und folgte seiner Einladung, doch Ethan schien tatsächlich zu bemerken, dass ich mich nicht sonderlich wohl fühlte. Er neigte sich zu mir rüber. „Alles okay, Kitz?", fragt er leise und seine Aufmerksamkeit erfreute mich kurz. Es war jedoch seiner Nähe zu mir geschuldet, dass er nicht sah, wie Samira mich in diesem Moment wohl am liebsten gefressen hätte.
„Mhm." Ich nickte, setze mich, nahm einen tiefen Schluck von meinem Drink und suchte hilflos nach Hopes Blick, doch sie war ganz in Jakes Augen vertieft. Schön für sie, doof für mich.
„Ivy", hörte ich schließlich Chris recht eindrucksvoll tiefe Stimme über den Tisch zu mir rüber wehen. „Du bist also Ethans ominöse, frühere Nachbarin?"
Ich nickte. „Das bin ich wohl, ja." Wobei ich nicht so recht wusste, was daran ominös sein sollte ... aber gut.
„Wie kommt es, dass du ausgerechnet hier studierst?", wollte Chris wissen und seine dunkeln Augen funkelten interessiert und unheimlich zugleich. „Ziemlich weit weg von eurem alten Zuhause, oder nicht?"
„Zufall, denke ich." Ich zuckte mit den Schultern und schaute zu Ethan rüber. Lag es an meinen eineinhalb Gläsern Cocktail oder warum sah er heute Abend so verdammt gut aus? Meine Güte.
„Schon ein komischer Zufall", murmelte Chris, rieb sich das Kinn und erntete von Samira ein zynisches Lächeln.
Ich nickte kurz und blickte zu Hope, in der Hoffnung, dass ich mich irgendwie zu ihr rüber setzen könne, denn hier am anderen Ende des Tisches fühlte ich mich einfach nicht sehr wohl. Sie hatte jedoch nur noch Augen für Jake.
„Du hast unseren Ethan ganz schön durcheinander gebracht."
Ich fuhr herum und schaute Chris verwundert an. „Hab ich das?"
Er nickte und zog interessiert seine Augenbrauen in die Höhe. Rasch schielte ich zu Ethan rüber, aber er starrte nur zu Chris, als würde er ihm am liebsten eine reinhauen.
„Wie man hört, ja", verkündete Chris ungeachtet.
Mein Blick wanderte zu Samira, die arrogant eine Braue in die Höhe zog, mit der Zunge schnalzte und wieder zu Chris schaute.
„Und nur damit du es weißt, ich mag es nicht, wenn die Dinge anders als üblich sind", ließ Chris mich wissen und wirkte dabei wie ein aufgeblasener Mafia-Boss.
„Chris!", hörte ich Ethan neben mir eingreifen, doch dieser hob nur seinen Arm und brachte Ethan damit zum Schweigen.
„Nun", sagte ich unwohl. „Ich bin mir keiner Schuld bewusst."
„Das sehe ich anders." Chris runzelte die Stirn und strich mit dem Finger an dem Rand seines Glases entlang. „Immerhin bist du diejenige, die hier einfach so aufgetaucht ist, und die Dinge durcheinander bringt."
„Ich bringe gar nichts durcheinander!" Ich legte die Stirn in Falten. „Und entschuldige, dass ich diese Uni ganz interessant fand", wehrte ich mich spitzfindig und verdrehte die Augen. Chris hatte sie doch nicht mehr alle.
„Du musst dich nicht entschuldigen, Kleines", raunte Chris. „Einfach nur uns und Ethan in Ruhe lassen, das ist alles."
„Scheiße Chris! Lass' jetzt gut sein!", hörte ich Ethan erneut neben mir, diesmal deutlich energischer.
„Nenn mich nicht Kleine." Argwöhnisch kniff ich meine Augen zusammen. „Und überhaupt, warum interessiert es dich, ob ich Kontakt mit Ethan habe?"
„Ich ziehe es einfach vor, dass wir unter uns bleiben." Chris zuckte mit seinen breiten Schultern und seine braunen Augen funkelten mich beinahe herausfordernd an. Er war mit Abstand der unangenehmste Typ, den ich in meinem ganzen Leben getroffen hatte. Nach Ethans Pflegevater vielleicht. „Bei dir habe ich außerdem so ein Gefühl, dass es uns nicht gut tun wird."
„Chris, es reicht, verdammt!", raunte Ethan neben mir in die Richtung seines Freundes, der mich immer noch fest im Blick hatte und nicht mal daran zu denken schien, mich endlich in Ruhe zu lassen. Ganz offenbar zum Wohlgefallen von Samira, die mich höchst zufrieden und süffisant anlächelte.
„Ach ein Gefühl ja?", zickte ich zurück.
„Nenn es eine gute Spürnase für Ärger", konterte Chris.
Unverschämtheit. „Tja, dann wird es dich sicher erfreuen, dass das hier definitiv mein letzter Abend in diesem Kreise war. Ihr könnt gerne unter euch bleiben."
„Dann ist doch alles fein",verkündete Chris, lehnte sich im Stuhl zurück und wurde von Samiras Blicken beinahe frenetisch gefeiert.
Ich schaute hilflos zu Hope und erst jetzt fiel mir auf, dass alle Gespräche am Tisch verstummt waren. Alle starrten Chris und mich an. Oh man. Dies hier war an Peinlichkeit kaum zu übertreffen.
„Fein, dann sind ja jetzt alle auf dem neusten Stand." Ich presste meine Lippen aufeinander. „Danke für das nette Gespräch ... Chris!", zischte ich ironisch, schob meinen Drink auf den Tisch, stand auf und ging.
„Süße?" Hope rief noch hinter mir her, doch ich wollte nicht mehr auf sie warten. Ich musste hier einfach weg.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro