Unerwartete Wendung
Eine ganze Weile schwieg das kleine Monster nun schon. Es horchte angestrengt. Hin und wieder sah es zu mir herüber. Lauernd, als hätte es genauso viel Angst vor mir, wie ich vor ihnen hatte. Draußen war es ruhig geworden. Ich vernahm weder das Rauschen der Luft, noch das Grollen des Drachens. Er musste von dannen geflogen sein. Dies war alles nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. In meinen Büchern hörte sich das alles so aufregend an, spannend und wundervoll. Doch seit ich hier gelandet war, schien alles aus dem Ruder zulaufen. Es war schon grotesk genug, überhaupt hier zu sein. Wo auch immer dieser Ort sein mochte. War dies alles tatsächlich real? War ich vielleicht in ein Koma gefallen? Oder war es doch ein Traum, der sich einfach nur so echt anfühlte?
Was es auch sein mochte, ich hoffte ich würde bald in mein Leben zurückkehren können.
Als ich erneut zu dem Grünling blickte, erschrak ich. Er war näher gekommen und beäugte mich eingängig.
„Ich bin Laureline und wie ist dein Name?", versuchte ich mich mit ihm zu verständigen.
„Lorkolok", krächzte er mir entgegen.
„Nein, Laureline, ich heiße Laureline", versuchte ich es erneut und wies auf mich selbst.
„Lau...Lauk...Laukelink", kam aus seinem riesigen Mund während er auf mich wies.
Dies ließ ich so stehen, besser würde er es sowieso nicht hinbekommen.
„Richtig und wie ist dein Name, Name. Ich Laukelink du?", fragte ich erneut und wies auf ihn.
„Dok Laukelink, ik Nock", verzog er seinen riesigen Mund zu einer grinsenden Fratze und entblößte seine krummen, teils schwarzen Zähne.
„Nock also. Freut mich deine Bekanntschaft zu machen.", lächelte ich und versuchte mit Gesten und meinen Händen ihm verständlich zu machen, was ich sagte.
„Freuk, Nock freuk auck", quietschte er und zappelte wild.
Seltsamerweise war er wirklich nett. Hatten sie nur versucht, mich zu beschützen? Wollten sie mich vor dem Drachen in Sicherheit bringen. Ich hoffte darauf.
„Nock, gibt es hier Menschen, Menschen wie mich, Laukelink?", fiepte ich aufgeregt.
„Menk, jak jak! Menk wik Laukelink.", nickte er und sprang auf und ab.
Erleichtert pustete ich die Luft aus meinen Lungen. Es gab also Hoffnung für mich. Vielleicht wusste dort jemand was mit mir geschehen war? Oder wie ich hier her gelangt war.
„Kannst du mich zu ihnen führen? Zu den Menk?", redete ich weiter.
„Jak, Nock mak. Mock", nickte er, stand auf und schritt zu den angehäuften Gegenständen in der Ecke.
Ich interpretiere sein Geplapper als ein Ja und sah ihm zu. Nuschelnd kramte er sich durch die ganzen Sachen hindurch. Bis er aufgeregt quickte.
„Laukelink ank ank. Leink", kam er zu mir zurück und hielt mir ein seidenes Kleid entgegen.
Erstaunt und verwirrt blickte ich ihn an. Was sollte ich damit? Ich trug niemals Kleider und schon gar keine aus Seide. Ich sah an mir hinab. Fürchterlich. Ich sah einfach grauenvoll aus. Wie eine Obdachlose Frau, die schon mindestens zwei Wochen keine Dusche mehr gesehen hatte. Vielleicht sollte ich sein Geschenk annehmen. Ich rang wenige Sekunden mit mir, entschied mich dann aber doch für das Kleid. Dankend nahm ich es an mich.
„Schlak schlak, mock Menk", kamen diese seltsam klingenden Silben aus seinem Mund.
Dennoch wusste ich was er mir damit sagen wollte. Ich sollte schlafen. Morgen würde er mich zu den Menschen geleiten. Zumindest hoffte ich, dass seine abgehackten Worte dies bedeuteten.
Ich kroch hinüber zu dem Haufen Stroh und betrete mich darauf nieder. Nach kurzer Zeit fielen mir die Augen zu und ich glitt in das Land der Träume hinab.
Ich träumte von dem Feueratem des Drachen, von den kleinen grünen Kerlchen mit ihren spitzen Speeren und dem Kauderwelsch den sie von sich gaben.
Von der wunderschönen Landschaft die mich umgab, als ich hier erwachte. Diese Nacht war alles andere als erholsam gewesen. Immer wieder wurde ich wach, weil ich das grelle schreien des Drachens hörte. Jedoch war dies nur ein Gespinst meiner verworrenen Träume gewesen.
Als ich ein weiteres Mal meine Augen aufschlug, stand Nock vor mir.
„Menk, Menk. Lock", brabbelte er drauf los.
Nickend ging ich ich die Knie und folgte ihm durch den Tunnel. Draußen angekommen, war das ganze Ausmaß des Drachens zu sehen.
Die Lehmkuppeln waren nun wie gebrannter Ton. Kaum vorzustellen wie heiß sein Feueratem sein mochte. Ich hievte mich aufrecht und streckte meine müden Glieder. Nock ging mir gerade mal bis zur Hüfte. Ihre Lehmbauten waren nicht für Menschen gemacht. Ich ließ meinen Blickweiter schweifen. Der Drache hatte ganze Arbeit geleistet. Nicht ein Grashalm wuchs hier mehr. Das Kleid, welches mir Nock am Abend zuvor gegeben hatte, hing um meine Schultern. Ich benötige Wasser, nicht nur zum waschen. Ich hatte durst.
„Gib es hier Wasser?", wandte ich mich an den Grünling.
„Wak wak darrr", nickte er und wies zur einer Baumgruppe nicht weit von ihren Unterkünften entfernt.
Ich eilte zu den Bäumen rüber und je näher ich kam, umso lauter wurde das Rauschen. Es war ein kleiner Bachlauf, dessen breite nicht mehr als einen halben Meter betrug. Umgehend ging ich in die Knie. Gierig füllte ich meine Hände und trank davon. Es schmeckte gut und ich hoffte, dass dieses Wasser genießbar war. Nachdem ich meinen Durst gestillt hatte, begann ich mich zu waschen. Es war keine Dusche, aber es genügte um sauber zu werden. Die kleinen Monster ließen mir diese Zeit. Dafür war ich ihnen sehr dankbar. Ich zog das seidene Kleid an und blickte an mir hinab. Es war Perlmuttfarben. Der Stoff war zu meinem Erstaunen angenehm kühl auf der Haut. Ich mochte zwar immer noch keine Kleider, doch dieses hier war wirklich bequem.
Ich fühlte mich nun gleich viel besser. Schnell eilte ich zu den Grünlingen zurück. Behielt jedoch ständig den Himmel im Auge. Nur für den Fall, dass der Drache zurückkehren würde.
Als Nock in Sichtweite kam, sah ich das er wild mit den Armen gestikulierte. Er schien sich mit einem anderen seiner Art zu streiten. Zumindest hörte es sich für mich so an.
„Dock Menk! Helfk!", schrie er schrill.
„Nek Nek! Trocko Feuk! Menk tock!", erwiderte der andere Grünling wütend und gestikulierte ebenso wild mit seinen Armen in der Luft.
Ich verstand nicht alles, aber ein wenig konnte ich mir denken worum es ging. Menk bedeutete wohl Mensch und Trocko, Drache. Ich deutete diesen Streit so, dass Nock mir helfen wollte. Aber der andere Grünling hatte wohl Angst vor dem Drachen. Was ihm nicht zu verübeln war. Auch ich hatte Angst vor dieser Bestie. Ich würde nicht von ihnen verlangen, mich zu geleiten, aber vielleicht könnten sie mir die Richtung zeigen.
„Nicht streiten, bitte. Nock, ihr müsst mich nicht begleiten. Zeig mir den Weg und ich werde alleine gehen. Ich bin euch dankbar, euch allen für letzte Nacht. Aber ich muss weiterziehen", unterbrach ich die beiden Streithähne.
„Nek! Nock gek. Nock Freunk. Fock anck", brabbelte er drauf los und zog einen Schmollmund.
„Fock anck jak! Nock gek, Fock auk!", quickte der Grünling, der offensichtlich Fock hieß.
Diese Sprache bereitete mir Kopfschmerzen. Es war schwierig überhaupt Wörter herauszufiltern. Aber wenn man genauer zuhörte, war es garnicht so schwer. Anscheinend wollte Fock nicht als Feigling dastehen. Deshalb wollte auch er uns begleiten. Wartend sagen sie mich an, sie alle.
„Also dann, wir sollten wohl los", bestätigte ich, während die anderen Grünlinge ihrer Wege gingen.
Sehr höflich waren diese seltsamen Wesen nicht, aber dessen war ich mir bereits bewusst. Nock und Fock watschelten los und ich folgte ihnen. In der Hoffnung, der Weg würde nicht alt zu weit und schwierig werden.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro