Gefangen
Ich wusste nicht wieviel Zeit vergangen war, wie lange ich nun schon wimmernd auf dem kalten steinernen Boden saß. Mein Gesicht vergraben in meine Tränen feuchten Hände. Mein Kopf dröhnte vor Schmerz. Was der Aufregung und dem Wasserverlust meines Körpers zuzuschreiben war. Ich fror, zitternd hob ich meinen Kopf und blickte mich um. Auch wenn die Tür einer Zellentür glich, dieser Raum tat es nicht. Ein hölzernes, äußerst großes Bett, stand unter dem Fenster. Welches allerdings ebenfalls mit Gitterstäben versehen war. Gegenüber des Bettes war ein riesiger Schrank aufgebaut. Er nahm beinahe gänzlich die Mauer ein. Überall waren Kerzen und Fackeln angebracht. Vor dem Bett lag ein großer quadratischer roter Teppich, auf dessen Mitte ein graues Herz gestickt war. Vermutlich das Wappen des Königs. Mit zittrigen Beinen stand ich auf und wusch meine Tränen ab. Ich schritt weiter in den Raum hinein und erblickte eine weitere Tür. Vorsichtig zog ich sie auf und erstaunte. Es war das Badezimmer. Nicht so, wie ich ein Badezimmer kannte, aber es war ein Bad. Ein großer Bottich aus Holz stand unter einem weiteren, mit Gitterstäben versehenen Fenster. Auf seiner oberen Kante war eine Art Ablage angebracht. Auf deren etliche Tiegel mit verschiedenfarbigen Flüssigkeiten standen. Unter diesem Bottich war eine eiserne Klappe zusehen. Ich vermutete, dass dies eine Art Heizung für warmes Wasser war. Das dieser Bottich eine Bade Wanne war. Eine seltsame hölzerne Konstruktion stieg einem eisernen Kessel empor. Wie Rohre sah dies aus. Sie lief der Mauer entlang. Gegenüber dieser Wanne war ein Tisch an der wand befestigt. Auf dessen Tischplatte eine wunderschöne, aus schwarzem Marmor bestehendes ungleichmäßiges Becken befestigt war. Ein weiteres hölzernes Rohr diente als Ablauf und führte Rechts durch die Mauer hinaus. Über dem Tisch hing ein großer runder Spiegel aus poliertem Stahl. Neben dessen ebenfalls Fackeln an der Mauer befestigt waren. Die Toilette war nichts weiter als ein größerer hölzerner Eimer mit Deckel. Vermutlich wurde diese täglich geleert. Ein Teppich aus Schafwolle, zumindest sah es so aus, lag vor dem Bottich auf dem kalten Boden. Handtücher aus Leinenstoff hingen feinsäuberlich gefaltet über einem Herrendiener. Welcher ebenfalls aus Holz getischlert worden war.
Dies war alles so grotesk. Mir kam ein Gedanke. Ich benötigte einen Stift oder eine Feder. Irgendwas in dieser Richtung. Wenn ich mich mit meinem Wunsch hier her katapultiert hatte, konnte ich mich ja vielleicht zurück Nachhause wünschen. Mein Herz erhöhte seinen Takt. Ich eilte zurück in meinen Wohnraum, fing an zu suchen. Ich öffnete eine Schranktür nach der anderen, aber außer prunkvollen Kleider war nichts vorzufinden. Mit meinen Kräften am Ende, ließ ich mich auf das Bett fallen. Zugegeben, es war äußerst bequem. Was dazu führte, dass ich einschlief. Als ich meine Augen wieder aufschlug, stand eine kleine ältere Dame vor mir.
„My Lady, ich habe ihnen das Wasser erwärmt, sie können nun ein Bad nehmen. Der König wünscht, dass sie mit der Königsfamilie speisen", gab sie mit gesenktem Haupt und piepsiger Stimme von sich.
Diese Umgangsform missfiel mir. Ich war keine Lady und ich wollte auch keine sein.
„Bitte, ich bin Laureline. Wie ist dein Name", wandte ich mich an die Dame und sah sie mir an.
Sie trug die typischen Kleider einer Magd und war ziemlich mager. Bekamen die Angestellten hier etwa nichts zu essen? Ihre Haut war faltig, was nicht nur an ihrem Alter lag. Es war ein Zeichen des Wassermangels. Braune Augen sahen mich nun erstaunt an.
„Valerie ist mein Name, My Lady. Mir steht es nicht zu, sie bei ihrem Namen zu nennen", fiepte sie weiter.
„Doch Valerie, ich möchte es so. Ich bin nicht die jene, für die mich alle halten", pochte ich auf meine Aussage und ein Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht.
„Wenn ihr es so wünscht", nickte sie und verschwand im Badezimmer.
Ich musste meine Tasche hier irgendwo verstecken. Das Buch war wichtig. Ich durfte es nicht verlieren. Zu meinem Glück wurde mir mein gab und gut nicht entwendet. Ich öffnete den knoten des Schlauches, und verstaute meine selbstgebastelte Tasche unter dem Bett. Dort würde hoffentlich niemand suchen. Dann ging ich zu Valerie ins Badezimmer.
„Ich werde ihr Kleid säubern. Es trieft ja vor Schmutz. Ihnen muss ja was schreckliches widerfahren sein", sprach sie ohne mich anzusehen.
Sie war gerade dabei, einen der vielen Tiegel zu öffnen. Valerie goss etwas von der milchigen Flüssigkeit hinein und nahm einen weiteren Tiegel, von dem sie ebenfalls etwas ins Wasser goss.
„Entspannen sie sich etwas Laureline. Sie haben noch genügend Zeit. Dies hier ist für ihre Haare", wandte sie sich nun zu mir um und hielt den Tiegel mit der grünen Flüssigkeit in der Hand.
„Das bringt die Geschmeidigkeit und die Leuchtkraft zurück. Ihr Haar sieht sehr, stumpf aus", sprach sie weiter und fühlte noch einmal die Wärme des Wassers.
„Ich lasse sie nun allein, wenn sie mir bitte noch ihr Kleid reichen würden", fuhr sie fort.
„Danke Valerie", hauchte ich und entledigte mich meines Kleides.
Ich sah ihren seltsamen Blick, als sie meine Unterwäsche erblickte. Augenblicklich fragte ich mich, ob sie so etwas hier nicht trugen? Wahrscheinlich nicht in dieser Art. Es war stinknormale Baumwollunterwäsche. Ohne spitze. Jedoch in pink. Ich errötete leicht, doch Valerie wandte sich umgehend um und ging davon.
Vorsichtig tauchte ich einen Zeh in das Wasser. Es war perfekt. Ich konnte garnicht schnell genug hinein kommen. Meine müden glider und meine verspannten Muskeln schrieen auf vor Glück. Der Duft des Wassers hüllte mich ein. Es war ein sanfter Duft, nach Blumen und Holz. Der Dunst verteilte sich im gesamten Badezimmer. Ich blieb eine ganze Weile so liegen, genoss die Wärme. Dann widmete ich mich meinen Haaren. Ich gab von der grünen Flüssigkeit auf meinen Kopf und verteilte es. Zu meinem Erstaunen entwickelte sich tatsächlich so etwas wie Schaum. Ich entschied mich meine langen schwarzen Haare zwei mal zu waschen und fühlte mich gleich viel wohler. Dann schrubbte ich meinen Körper mit einem Stück Seife, welche ebenfalls wie eine Blumenwiese roch. Allerdings roch ich dort auch Minze, die ich sehr mochte. Das Wasser wurde immer trüber, je mehr ich schrubbte. Dann stieg ich aus dem Bottich heraus und begann mich abzutrocknen. Das Leinenhandtuch war äußerst kratzig, jedoch sog es die Feuchtigkeit meiner Haut sehr gut auf. Besser als jedes Handtuch in meiner Welt. Als es an der Tür klopfte, erschrak ich fürchterlich.
„Ja?!", rief ich schrill und hielt das Handtuch vor meinen nackten Körper.
„Valerie hier, ich habe ihr Kleid und ein paar neue Schuhe für sie", erklang ihre piepsige Stimme.
„In Ordnung, komm rein", gab ich etwas atemlos von mir. Mein Herz schlug noch etwas zu schnell.
Mit gesenktem Haupt trat Valerie ein und hielt mein Kleid in ihren Händen, ebenso ein paar schwarze Sandalen und Unterwäsche, die der einer alten Frau gerecht wurden.
Wer um Himmelswillen trug so etwas?
„Danke ich werde ihnen ihre Haare des Hofes gemäß herrichten. Sobald sie angezogen sind", sprach sie mit erröteten Wangen.
Valerie hatte mich kurz angesehen. Jedoch schien ihr dies ebenso unangenehm zu sein, wie mir. Sie legte die Kleidung auf dem Herrendiener ab und schloss die Tür hinter sich.
Schnell schlüpfte ich in die Unterwäsche und mein Kleid, was fantastisch roch. Und zog die Sandalen an. Dann schritt ich zurück in den Wohnraum, wo Valerie bereits an der Kommode auf mich wartete. Ich nahm vor ihr Platz und sie begann umgehend damit, meine Haare zu kämmen.
„Sie haben wundervolles Haar. Hier am Hofe trägt jeder das goldene Haar. Man sieht sofort, dass sie nicht von Mohawé sind", sprach sie, während sie mir mit geschickten Händen einen französischen Zopf zauberte.
„Danke, das sieht sehr schön aus", wandte ich mich an sie und sah mir mein Spiegelbild an.
„Ich werde sie nun in den Speisesaal führen. Dort wartet die Königsfamilie auf ihr Eintreffen", gab Valerie von sich und legte den Kamm ab.
Umgehend wurde mir mulmig. Auf diesen herrischen vollgestopften Kerl, hatte ich nun wirklich keine Lust. Mein Magen jedoch, schrie vor Hunger. Ich müsste dies wohl oder übel über mich ergehen lassen. Wenn ich etwas zu Essen haben wollte. Ich stand auf und folgte ihr durch die etlichen Korridor dieses verfluchten Palastes. Bis sie vor einer großen Tür zum stehen kam.
„Mir ist es nicht erlaubt einzutreten. Ab hier müssen sie ohne mich weiter gehen. Ich wünsche ihnen eine gute Nacht Laureline", nickte Valerie mir lächelnd zu, wandte sich um und ging.
„Danke dir auch Valerie", flüsterte ich atemlos und hob zitternd meine Hand.
Die Wachen neben der Tür bewegten sich nicht, wie Statuen verharrten sie und ich öffnete die Tür.
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