Drachenwelpen
Es war alles sehr köstlich gewesen. Ein wenig fühlte ich mich wie im Amore. Denn gewisse Aromen schmeckte ich heraus. Rosmarin, Oregano Thymian und Knoblauch. Das Heimweh in mir war so stark, dass es bereits schmerzte. Ich versuchte jedoch, mir nichts anmerken zu lassen. Ich würde Taro keine weitere Gelegenheit geben, auf mir herumzuhacken. Das Dinner lief schweigend ab. Wofür ich auch dankbar war. Ich hatte keine Lust mehr mich zu unterhalten. Mein Kopf pochte, die Müdigkeit kroch mir in die Knochen. Ich benötigte einen erholsamen Schlaf. Ohne aufschrecken, Alpträumen oder Drachenangriffen.
„Taro, würdest du Laureline morgen durch die Stadt führen? Damit sie sich hier frei bewegen kann und nicht suchen muss, wenn sie etwas benötigt", wandte sich die Königin an ihren Sohn.
„Nein schon in Ordnung! Ich werde mich sicherlich zurechtfinden", antwortete ich zügig und sah ihn nicht an.
„Natürlich Mutter. Ich werde dich führen. Keine Widerrede, wir möchten ja nicht, dass dir etwas zustößt", gab er mit einem sarkastischen Unterton von sich und berührte dabei meine Hand.
Was wiederum einen sanften Schauer auslöste, der über meinen Rücken floss. Seine blauen Augen fixierten meinen Blick und wie unter einem Bann war ich davon gefangen. Ich konnte meinen Blick einfach nicht von ihm lösen. So sehr ich es auch wollte. Er sah unglaublich gut aus. Was mich wiederum erneut ärgerte. Seine Anziehung auf mich war enorm. Obwohl er mir gegenüber sehr launisch und abweisend wirkte. Was hatte ihn so verärgert? Was hatte ich falsches getan?
„Sehr schön. Wenn du nun möchtest, darfst du auf dein Zimmer gehen. Taro, sei so höflich und geleite sie. Sicherlich konnte sie sich den Weg nicht einprägen", lächelte Theon und nickte seinem Sohn zu.
Erneut sträubte sich alles in mir. Ich wollte nicht, dass er mich begleitete. Dass sein Hass auf mich noch größer wurde.
„Das musst du nicht, ich lasse Lana rufen. Sie sagte, dass sie Tag und Nacht zu meiner Verfügung steht", gab ich erneut schnell von mir und hoffte er würde darauf eingehen.
„Ich weiß das sie das sagte, ich habe sie schließlich darum gebeten. Aber ich werde dich heute geleiten", erklang seine raue Stimme und ließ mich erschaudern.
„Dann wäre das ja geklärt. Wir wünschen dir eine gute Nacht", grinste Narola sichtlich amüsiert.
Genervt rollte ich mit den Augen und stand auf. Verneigte mich leicht und wandte mich an Taro. Welcher sich nun ebenfalls erhob und seinen Eltern zunickte. Dann sah er mich an. Intensiv und für meinen Geschmack etwas zu lange. Dann hielt er mir wartend seinen Arm entgegen.
Höflichkeitshalber hängte ich mich bei ihm ein und wir gingen los. Taro sprach kein Wort. Selbst nicht als wir den Saal verlassen hatten. Die Wachen standen regungslos an den Mauern. Hin und wieder sah ich zu ihm rüber. Ich konnte seinen Blick nicht deuten. Es lag etwas verbissenes darin, aber auch tiefste Traurigkeit. Kaum hatten wir die Treppen hinter uns gebracht, ging ein Tor zu unserer linken auf, welches mir zuvor nicht aufgefallen war. Drei kleine Drachen kamen auf uns zugestürmt. Zwei waren nicht größer als Hühner, einer von ihnen jedoch hatte bereits die Größe eines Schäferhundes. Erschrocken blieb ich stehen und hielt die Luft an. Während Taro grinsend in die Hocke ging.
„Na meine kleinen, ja wer ist ein gutes Mädchen. Seid ihr wieder ausgebüxt", lachte er und tätschelte den beiden kleinen den Kopf.
Fassungslos blickte ich auf ihn herab. Kaum war er in der Nähe dieser Monster, schien sich seine Laune zu bessern. Der große kam weiter auf mich zu. Seine Schuppen glänzten schwarz Perlmuttfarben. Die kleinen Ohren hatte er eng an seinen Kopf gelegt. Schnaufend und mit großen Augen ging er um mich herum. Schnupperte und stieß sanft gegen mein Bein. Doch meine Angst schnürte mir die Kehle zu. Ich ging einen Schritt zurück, davon ließ sich der Drache nicht beeindrucken. Er folgte mir und entblößte seine schon beachtlichen spitzen Zähne. Ein tiefes Grollen entwich seinem Maul, was mich dazu veranlasste, meine Hände abwehrend hoch zuhalten. Seine grünen Schlangenähnlichen Augen ließen mich keine Sekunde aus den Augen. Er fixierte mich. Ängstlich sah ich zu Taro, der amüsiert zu sah. Der Drache nahm eine lauernde Haltung ein. Sein Schwanz zuckte aufgeregt hin und her. Ich ging einen weiteren Schritt zurück. Dann ging alles ganz schnell. Ehe ich überlegen konnte, was gerade geschah, lag ich auch schon auf dem Boden. Der Drache stand über mir und kam meinem Gesicht gefährlich nahe.
„Oh Gott! Bitte Taro!", schrie ich ängstlich und schloss meine Augen.
„Regar scheint dich ja sehr zu mögen. Das hat er bisher noch nie getan, noch nicht mal bei mir und ich bin die Hand, die ihn füttert", lachte er nun, machte aber keine Anstalten mich aus dieser Lage zu befreien.
Der Drache legte sich auf mich nieder und begann damit seine Nüstern an meiner Wange zu reiben. Dabei gab er seltsame grunzende laute von sich. Mein Herz schlug mir bis zum Halse. Immer wieder stupste er mich. Es dauerte etwas, bis ich begriff, dass er mir nichts tun wollte. Er wollte das ich ihn streichele. Ängstlich hob ich meine Hand und fuhr damit zaghaft über seinen schuppigen mit kleinen weichen Stacheln besetzten Kopf. Seltsamerweise schien ihm dies zu gefallen. Sein Grunzen wurde lauter und er schmiegte sich meiner Hand entgegen.
„Ja das glaube ich ja nicht. Unfassbar, dass du mir so in den Rücken fällst. Regar runter von ihr", lachte Taro noch immer, wirkte aber bestimmend.
Regar gehorchte ihm umgehend. Er ließ von mir ab und legte sich zu meinen Füßen. Ich stütze mich auf meinen Ellenbogen ab und sah ihn an.
„Komm, ich helfe dir", wandte sich Taro mir zu und hielt mir seine Hand entgegen.
Widerwillig griff ich danach und er zog mich auf meine Füße. Für einen kurzen Moment war ich ihm so nahe, dass mir sein unglaublich guter Geruch in die Nase stieg. Er hüllte mich ein. Taro roch nach Sandelholz, Minze und Meer. Einfach betörend. Ich blickte zu ihm auf, mein Atem ging immer noch viel zu schnell. Dann entzog ich ihm meine Hand und suchte Abstand.
„Wie auch immer du das gemacht hast, Gratuliere. Regar ist der einzige Drache, der sich von mir nicht anfassen lässt", lächelte er mir schwach zu.
„Ich würde sie gerne zurück zu den Stallungen bringen, ehe ich dich auf dein Zimmer geleite. Ist das für dich annehmbar?", fragte Taro mit rauer sanfter Stimme.
Unglaublich wie schnell sich seine Laune veränderte. Eben noch störrisch und Streitlustig, nun sanft und höflich. Ich wurde einfach nicht schlau aus ihm. Doch ich musste sein Vertrauen gewinnen.
„Natürlich, wenn du mich nicht an sie verfütterst", piepte ich ohne die Drachen aus den Augen zu lassen.
„Gewiss nicht. Du bist ihnen viel zu mager", lachte er und reichte mir erneut seinen Arm.
Die beiden kleinen waren wie Welpen und vollends auf Taro fixiert. Regar jedoch sah nur mich an. Als ich wieder einen Schritt auf Taro zu machte, stand Regar auf und kam an meine Rechte Seite. Kaum zu glauben, dass aus einem solchen sanften verspielten Wesen, einst ein riesiger Zerstörer werden würde. Die Angst in mir war immer noch vorhanden. Jedoch galt sie nun nicht mehr diesen kleinen Drachen. Auch wenn ich wusste, was aus ihnen werden würde.
„Na mager bin ich nun wirklich nicht", gab ich mit rotem Kopf von mir.
„Für die Drachen schon", zwinkerte er mir zu und zog mich in Richtung der Tür, aus der die Drachen zu uns hineinkamen.
Taro war wie ausgewechselt. Die Drachen waren wohl sein Element, sein Ausgleich. Es war bereits dunkel draußen, jedoch keineswegs kühl. Zu meinem Glück, denn dieser Hauch von nichts konnte die Kälte nicht abhalten. Die Luft jedoch war unglaublich Rein. Nicht wie die Luft in meiner Welt, welche vor Feinstaub nur so triefte.
„Sag woher rührt deine Angst vor Drachen? Gibt es wo du herkommst keine Drachen?", führte er Eine Unterhaltung an.
Während die zwei kleinen vor uns her trollten. Nur Regar wich mir nicht von der Seite.
„Ich bin bereits dreimal auf einen Drachen gestoßen. Zwei mal auf einen Feuerdrachen. Einmal ein Eisdrache. Ich wurde gejagt. Und glaub mir die waren viel, viel größer, als jener mit dem du nach Mohawé gekommen bist. Dort wo ich herkomme, existieren Drachen nur in Büchern", gab ich von mir und sah zu ihm herüber.
Seine Augen leuchteten wie die Sterne am Firmament über uns. Während sich ein Grübchen auf seiner Wange bildete.
„Oh Raiden ist noch jung, gerade erst neun Monate alt. Voll ausgewachsen werde ich ihn wohl nie zu Gesicht bekommen. Drachen wachsen ihr Leben lang. Anfangs ziemlich schnell, später nur noch sehr langsam. Diese Drachen die dich deiner Meinung nach verfolgt haben, hätten dich nicht gefressen, nur getötet. Was nicht unbedingt beruhigender ist", lachte er laut.
„Wenn du einen ausgewachsenen Drachen sehen möchtest, kann ich dir einen der unseren zeigen. Meine Familie ist seit Jahrhunderten in Besitz von Drachen. Etwas, dass die Mohawé niemals erlernen werden", nickte er mir nun verschwörerisch zu.
„Also bist du von jenseits des Meeres. Laut unseren Schriften gibt es dort keine Drachen. Sie nehmen den Weg dorthin nicht auf sich. Außer ein Pulsar vielleicht", hing er nachdenklich an und sah mich interessiert an.
Taro war auf einmal seltsam redselig geworden. Vielleicht lag es auch garnicht an mir, dass er eben so abweisend war.
„Also ihr habt hier noch größer Drachen? Habt ihr denn keine Angst, dass sie euch angreifen werden? Ich glaube du verstehst nicht ganz. In meiner Welt sind Drachen eher Sagen. Sowie Einhörner. In welcher Richtung mein Zuhause liegt, weiß ich leider nicht. Was ist ein Pulsar?", versuchte ich ihm zu erklären und lockte so viele Informationen aus ihm heraus, wie möglich war.
Der Weg den wir beschritten war wie in Mohawé mit kleinen Steinen gepflastert. Er führte in leichten Serpentinen den Berg hinab. Hier war von der Stadt nichts zusehen. Deshalb ging ich davon aus, das dieses Areal hinter dem Schloss lag.
„Genauer gesagt haben wir zwei der ältesten dieses Landes. Einen Eis und einen Feuerspeier. Einer von ihnen ist weit über sechshundert Jahre alt. Wir sind Drachenhüter, die Drachen wissen und merken dies. Sie werden von uns gefüttert, gepflegt und geschützt. Sind bei uns Zuhause, deshalb würden sie niemals unsere Stadt angreifen.", nickte er lächelnd und sah den Drachenwelpen beim trollen zu.
„Nun ja, Einhörner sind auch sehr selten geworden. Nur noch dort, wo alles erblüht, die Wälder noch wachsen, gibt es noch Einhörner. Jenseits des Meeres, beherrscht nunmal die Wüste die Landschaft. Das es dort keine Einhörner mehr gibt, weiß doch jedermann", sah Taro mich entgeistert an.
Ich traute meinen Ohren nicht. Wollte er mir nun weiß machen, dass es hier tatsächlich neben Drachen und seltsamen Kreaturen auch noch Einhörner gab? Das war alles ganz schön verrückt. Dennoch wollte ich mehr erfahren. Zumal er gerade sehr Gesprächig war.
„Natürlich. Also was ist ein Pulsar?", pflichtete ich ihm bei und hakte nach.
„Ein Pulsar ist einer der seltensten Drachen die es gibt. Er ist für uns nahezu unsichtbar. Zumindest besitzt er diese Fähigkeit. Er verschmelzt mit seiner Umgebung. Mit seinem Flügelschlag kann er alles zerstören, so mächtig ist er. Doch das ist nichts zu seiner Energie. Er kann eine Kugel aus reiner Energie speien. Das Ausmaß dieser Zerstörung kannst du dir nicht vorstellen. Sein Schrei löst eine Druckwelle aus, die über Länder hinweg noch zu spüren ist. Jedoch haben wir noch nie einen gesehen oder gespürt. Er ist eine Art Legende. Wir glauben, dass sie bereits ausgestorben sind. Oder sie schlafen, bis sie irgendwann erwachen", sprudelte es aufgeregt aus ihm heraus.
Sein Herz gehörte den Drachen, dies war seine Leidenschaft. Auf diesem Wege würde ich mir sein Vertrauen erlangen. Dies war der Grund, weshalb ich nun das tat, wovor ich mich am meisten fürchtete.
„Das hört sich gefährlich an. Würdest du mir einen eurer ältesten Drachen zeigen?", gab ich mit zitternder Stimme von mir.
Abrupt blieb Taro stehen und sah mich mit großen funkelnden Augen an.
„Möchtest du das wirklich? Obwohl du dich so fürchtest?", fragte er flüsternd.
„Ja, das möchte ich. Vielleicht kann ich so meine Furcht verlieren", gab ich wispernd zurück und ertrank in dem blau seiner Augen.
Mein Herz begann zu Hämmern. Wild und unkontrolliert. Das zittern hatte längst Besitz von meinem Körper genommen. Ich muss verrückt geworden sein. Doch dies schien mir eine gute Möglichkeit zu sein, Taro besser kennenzulernen und ihn zu verstehen. Ich hoffte, ich würde dies überleben.
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