
Kapitel 67
Yelir erwachte mit dem Bild vor Augen, wie Arcas sich auf Zunae stürzte, die sich schützend vor ihn gestellt hatte. Er schreckt panisch hoch, nur um mit klopfendem Herzen festzustellen, dass er sich in seinem Zimmer befand.
Alles war ruhig und als er sich umsah, entdeckte er Dainte, der auf einem Stuhl in der Nähe schlief.
Sein Gesicht wirkte friedlich, doch die Haut war eingefallen und er sah aus, als wäre er um viele Jahr gealtert. Das zeigte Yelir, dass er eine sehr schwere Heilung hinter sich gehabt haben musste.
Als er an sich hinabblickte, konnte er von den Wunden nichts mehr sehen. Auch die Schmerzen waren verschwunden.
»Zunae«, stieß er hervor und sah sich panisch nach ihr um, bevor er sogar die Beine aus dem Bett schwang, weil er sie suchen wollte.
Dieses Geräusch ließ Dainte aufschrecken, der zuerst verwirrt blinzelte, doch dann bemerkte, dass Yelir wach war. »Bleib liegen«, wies er Yelir barsch zurecht. Er hatte sich nicht so sehr bei der Heilung verausgabt, dass Yelir diese Dinge jetzt wieder zu Nichte machte.
»Zunae«, stieß Yelir hervor, der ein leichtes Stechen in seiner Seite spürte.
»Sie schläft nebenan«, erklärte Dainte, der träge auf Yelir zukam und seine Hände auf dessen Schultern legte, um ihn kraftlos wieder hinabzudrücken.
Yelir ließ es zu, weil er Dainte dankbar dafür war, dass er ihn geheilt hatte. »Wie geht es ihr?«, fragte er leise und schloss die Augen.
»Sie schläft«, wiederholte Dainte ausweichend. Er wollte Yelir nicht sagen, dass er nicht wusste, was mit ihr war. Sie hatte keinen Wunden, die er behandeln konnte, war nicht vergiftet und auch sonst konnte er nichts finden und doch wandte sie sich manchmal vor Schmerzen hin und her.
»Was sollen wir Charlet und deinem Vater sagen?«, fragte Dainte vorsichtig.
»Die Wahrheit«, brummte er. Es war eine Schande, wie Arcas gestorben war und er hätte es gern verhindert, doch sein Halbbruder hatte förmlich darum gebettelt. »Weiß Degoni schon davon?«
Dainte verzog das Gesicht. »Er war da, als Andras zu mir gerannt kam, um davon zu berichten, was passiert ist. Dein Vater ist immer noch krank.«
Das gefiel Yelir gar nicht. Er hatte nicht viel mit Arcas am Hut, doch Degoni mochte seinen kleinen Bruder. Als Kinder hatten sie viel miteinander gemacht. Das hatte sich mit dem Alter zwar verlaufen, doch ihre Beziehung war dennoch gut gewesen. Sie hatten sich zwar ab und an darüber gestritten, welcher Weg der richtige war, doch das hatte die Beziehung der Brüder nie belastet.
»Das heiß, er weiß davon«, stieg Yelir hervor, der sich wirklich Sorgen um Degoni machte.
»Er ... hat mir geholfen, Arcas zu bergen ... und er ist wütend. Arcas Körper ... erinnert an die Banditen«, brachte Dainte schweren Herzens hervor.
Yelir blickte ihn überrascht an und musste erst einmal verarbeiten, was dieser gesagt hatte. »Wie meinst du das?«, fragte er leise, während sein Herz im laut in den Ohren schlug.
»Es war, als wären Teile seiner Organe ausgetrocknet waren.« Dainte versuchte sich an einer Erklärung, doch so wirklich gelingen wollte es ihm nicht. Es war so schwer in Worte zu fassen. Außerdem hatte er ein wenig Angst davor, weiter zu sprechen. Yelir würde sicher wütend werden, wenn er erfuhr, dass Degoni Zunae die Schuld daran gab. Darum wollte Dainte ihn auch nicht zu ihr lassen. Er hatte zwar nicht gelogen, als er gesagt hatte, dass sie schlief, doch Degoni hatte darauf bestanden, sie zu fesseln, weil er Angst hatte, dass sie auch seinen zweiten Bruder tötete.
Dainte sah das anders. Er hatte sofort erkannt, dass Zunae Yelir geschützt hatte, doch er verstand auch Degonis Gedankengang. Es war nicht abzustreiten, dass Zunae die Banditen, die sie untersucht hatten, getötet hatte. Daher war anzunehmen, dass sie der Grund für dieses Organschrumpfen war. Nur warum war dann Yelir nicht davon betroffen? Weil sie ihn nicht angegriffen hatte?
Dainte konnte es nicht sagen und Zunae erwachte auch nicht. Das hieß, dass Degoni sie nicht befragten konnte. Darauf hatte er jedoch bestanden, bevor er Yelir zu ihr ließ.
Dainte konnte das nicht gutheißen, denn sie war verletzt. Egal, wie viel sie mit diesen Vorkommnissen zu tun hatte, sie war seine Patientin.
Yelir legte sich eine Hand auf die Stirn und stöhnte leise. »Sag mir nicht, Arcas hängt mit den Banditen in irgendeiner Sache drin«, brummte er. Es ärgerte ihn, dass er Arcas nicht mehr fragen konnte. Aber für Yelir ergab es Sinn. Arcas war derjenige, der mit Zunae die Kontrolle bei Fürst Dravarn gemacht hatte. Kurz darauf waren die Bestellungen eingestellt und nicht einmal einen Monat später war er tot.
Dainte fühlte sich hin- und hergerissen. »Das ist möglich. Degoni hat seine eigene Theorie«, sagte er schließlich. Yelir war sein König und hatte ein Recht, es zu erfahren. Auch, weil es um eine Frau ging, die unter seinem Schutz stand.
»Will ich es wissen?«, brummte Yelir, der sich eigentlich nicht damit herumschlagen wollte.
Dainte wollte gerade den Mund auf machen, um zu erklären, als aus dem Nachbarzimmer ein panischer Frauenschrei erklang.
»Zunae«, rief Yelir, der sofort auf den Beinen war. Er spürte das Ziehen in der Seite und wie wackelig seine Beine waren, doch er schaffte es zur Tür, sie er auf riss.
Dann brauchte er einen Moment, um das Bild zu verstehen.
Im Bett lag Zunae. An Händen und Füßen gefesselt, während ein Schutz aus Magie sie umgab. In ihrer Nähe ein fluchender Degoni, der überhaupt nicht verstand, warum sie so panisch reagierte.
»Zunae«, rief Yelir erneut, doch sie zerrte weiter an den Ketten, während sie sich voller Panik hin und her schmiss.
Kaum war sie erwacht, hatte sie sich gefesselt wiedergefunden. Unaufhaltsam war die Vision in ihre Erinerungen getreten und hatte sie zurück in den dunklen Raum gezogen, in dem die Männer unbeschreibliches mit ihr taten.
Die Panik, die sie in ihren Fängen hatte, war so groß, dass sie nicht mehr wusste, wo sie war.
Yelir schnappte entsetzt nach Luft. Wieso hatte Degoni sie fest gebunden? War etwas vorgefallen?
Ohne auf das Schild zu achten, das sie umgab, bewegte sich Yelir auf sie zu.
Degoni wollte ihm gerade zurufen, dass er auf keinen Fall den Schild berühren sollte, da löste er sich an den Stellen, die Yelir berührt hätte auf und ließ ihn ein, nur um sich hinter ihm zu schließen.
»Zunae«, rief Yelir erneut, in der Hoffnung sie mit ihren Namen vielleicht auf sich aufmerksam zu machen. Er ahnte, dass es mit der Vision zu tun hatte, von der sie erzählt hatte. In Verbindung mit dem, was Arcas ihr angetan hatte, musste sie sehr leiden.
Mit einer schnellen Berührung löste er die Ketten, bevor er sie sanft in die Arme schloss. »Es ist alles in Ordnung«, summte er sanft an ihr Ohr, auch wenn sie sich noch immer wehrte. Jedoch nur kurz.
Die Wärme, die sie einschloss und die Stimme, die ihr so vertraut war, zog sie aus ihren Erinnerungen.
Zunae blinzelte gegen die Tränen an und realisierte langsam, dass sie sich in einem Zimmer und auf einem Bett befand.
Ihr hektischer Atem wurde ruhiger und auch ihr Herz drohte nicht mehr, aus ihrer Brust zu springen.
»Ich bin da«, flüsterte Yelir beruhigend, worauf sich ihre Finger in seine Arme krallten und sie den Kopf an seiner Brust vergrub.
Die Erleichterung ihn zu sehen, überrollte sie so stark, dass sie nicht anders konnte, als in Tränen auszubrechen.
Degoni rieb sich den Nacken, während er die beiden beobachtete. Was sollte er denn jetzt damit anfangen?
»Ich sagte doch, sie hat damit nichts zu tun«, flüsterte Dainte ihm zu, wobei er die beiden nicht stören wollte.
Yelir hatte begonnen, über ihren Rücken zu streicheln und nur langsam beruhigte sie sich wieder.
Degoni brummte frustriert. Er hatte gehofft seine Wut an ihr abbauen zu können, doch so wie Yelir sie hielt und so aufgelöst wie sie war, fiel es ihm schwer.
Aber er wollte jemanden für den Tod seines Bruders zur Rechenschaft ziehen. Aber wen?
»Elende Turteltauben«, brummte er, bevor er mit schnellen Schritten den Raum verließ.
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