Kapitel 33
Yelir lief im Raum auf und ab, während er sich die Worte von Aelith durch den Kopf gehen ließ.
Zunae schlief erschöpft im Bett und er gab sich Mühe, sie nicht zu wecken. Sie hatte sich den Schlaf wirklich verdient, doch Yelir brauchte jemanden zum Reden. Er hatte so viele Fragen.
Fürst Ladvarian war einer der wenigen Fürsten, die sein Vater immer unterstützt hatten und regelmäßig Gelder an die Burg zahlte. Außerdem verdankte auch Yelir ihm viel. Wie konnte es also sein, dass er für so viele Probleme verantwortlich war?
Yelir wollte es nicht glauben, doch er würde jemanden schicken, um das Ganze zu untersuchen. Ob er vielleicht sogar Aelith nutzen konnte? So könnte sie ihre Fehler wieder gut machen. Allerdings müsste er dann jemanden schicken, der auf sie aufpasste. Vielleicht Degoni? Wobei dieser zu sehr auffiel.
Aber ihm vertraute Yelir. Neben Dainte und Zunae war er der einzige. Nach Arcas Verrat, war Yelir sehr misstrauisch geworden. Noch mehr als ohnehin schon.
Als er im Innenhof eine Bewegung wahrnahm, blieb er stehen und sah genauer hinaus.
Dort ritt ein Mann durch das Tor, was ihn sofort misstrauisch machte. Er erwartete keinen Besuch, weshalb er innerlich fluchte.
Schnell nahm er sich einen Mantel, warf ihn über und stürmte hinaus. Wie konnten seine Wachen einfach so jemanden hineinlassen?
Frustriert, aber vor allem kampfbereit trat Yelir hinaus in den Innenhof, wo der Reiter gerade abstieg.
Er bewegte sich sehr sicher und nicht, als wäre er dabei, in die Burg zu schleichen, weshalb Yelir ihn genau musterte, bevor er etwas Falsches tat.
Als sich der Mann zu ihm umwandte und seine Kapuze runterzog, erstarrte Yelir.
Das blonde Haar war an den Schläfen ergraut, doch er ähnelte Degoni sehr.
»Vater«, brachte Yelir überrascht hervor, ausgerechnet ihn hier zu sehen.
»Yelir. Du bist schon wieder zurück?«, fragte Lacrew überrascht, bevor er auf seinen Sohn zuging und ihn mit einer kurzen Umarmung begrüßte. »Hätte ich gewusst, dass du schon wieder zurück bist, wäre ich nicht gekommen«, erklärte er, als müsste Yelir wissen, was los war.
»Warum bist du überhaupt hier?«, fragte Yelir, der seinen Vater besorgt musterte. Sein letzter Stand war, dass er krank war, doch so sah er nicht mehr aus.
»Mir ging es besser und da du so lange weg warst, dachte ich, ich schaue nach Degoni und helfe ihm«, erklärte Lacrew mit einem väterlichen Lächeln.
Yelir spürte, wie die Sorge von ihm abfiel. Er war nur hier, um zu helfen.
»Du bist viel früher wieder zurück, als erwartet«, meinte Lacrew, der seinem Sohn eine Hand auf den Rücken legte und ihn Richtung Eingang führte. Es war immerhin recht kalt draußen und begann auch wieder zu schneien. »Ist etwas vorgefallen?«
»Nein. Es lief alles gut. Zu gut«, erwiderte Yelir, wobei er die letzten Worte eher zu sich selbst murmelte.
»Ich habe gehört, hier haben sich einige Probleme aufgestaut«, bemerkte Lacrew, was Yelir nicht überraschte. Er hatte schon immer angenommen, dass Lacrew gut informiert war. Daher musste er auch über die aktuelle Lage bescheid wissen. Zumindest grob.
»Am meisten Sorgen macht mir das Verhalten der Fürsten«, seufzte Yelir, der seinen Nacken kreisen ließ, um ihn zu lockern.
Lacrew führte Yelir in ein kleines Zimmer, das gemütlich eingerichtet war und zum Entspannen genutzt wurde. »Erzähl mir davon«, forderte er und zog seinen Mantel aus, den er an eine Halterung hängte, bevor er zu einem kleinen Tisch ging. Dort gab es Kaffee, den er nun zubereitete. Dazu nutzte er magische Steine, in denen Feuermagie gespeichert war. Er brauchte sie nur kurz in das Wasser zu legen, da begann dieses auch schon zu kochen.
Nur wenige Augenblicke später standen zwei dampfende Tassen Kaffee auf dem Tisch, während Lacrew seinen Sohn aufmerksam ansah.
Yelir nahm den Kaffee, trank jedoch nicht. »Während meiner Reise zu den Drachenklippen, habe ich einige Briefe bekommen. Von Fürsten, die wollen, dass ich ... Zunae irgendwie zügle«, erzählte er seufzend. »Dabei hat bei der Hochzeit unser Gott persönlich seine Zustimmung gegeben«, brummte Yelir frustriert und fuhr sich durch die Haare.
Lacrew lehnte sich jedoch recht entspannt zurück. »Was hast du auch erwartet? Indem du sie zur Mitherrscherin gemacht hast, bist du einen großen Schritt gegangen«, erklärte Lacrew, der sich schon gedacht hatte, dass etwas Derartiges passieren würde.
»Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie alle mich drängen würden«, gab Yelir zu, denn es fühlte sich ein bisschen so an, als hätten sie seine Entscheidungen hinterfragt. Das war noch nie vorgekommen. Vor allem nicht wegen etwas so Trivialen.
»Sie machen sich Sorgen. Machverlust, Verrat. Sie können Zunae nicht einschätzen und wollen sich deshalb versichern, dass du alles unter Kontrolle hast.«
Yelir stöhnte frustriert. Er verstand, dass die Fürsten Zunae nicht so akzeptieren konnten, wie er es tat, doch mussten sie gleich so einen Aufstand machen? »Können die Fürsten sie nicht weiter einfach nur als Frau sehen? Warum wird sie jetzt zu einer Bedrohung, vor der man sich schützen muss?«, fragte er zähneknirschend.
Lacrew nahm seinen Kaffee, nippte daran und stellte ihn schließlich wieder ab. Seinen Sohn dabei direkt im Blick. »Weißt du, was man sich über sie erzählt?«, fragte Lacrew.
Yelir verzog unwillig die Lippen. »Ich habe ein paar Dinge in Vereven mitbekommen«, gab er zu, doch das war nur ein kleiner Einblick.
»Sie nennen sie eine Hexe, die dich verführt. Eine Giftmischerin, die uns alle umbringen könnte. Einige von ihnen munkeln sogar, dass wir bei ihnen verschuldet sind«, erklärte Lacrew scheinbar ungerührt, was Yelir wütend machte. Nichts davon entsprach auch nur der Wahrheit. »Außerdem«, sprach Lacrew weiter, bevor Yelir etwas sagen konnte, »Geht das Gerücht um, dass sie in der Lage wäre, eine Armee mit einem einzigen Atemzug zu vernichten.«
Dem konnte Yelir nicht einmal widersprechen. Er hatte ihre magische Stärke schon gesehen und ohne eigene Magie war man schutzlos. Aber das konnte man über sie alle sagen. Im vergleich zu einfachen Menschen waren sie alle Monster.
So gesehen konnte sich Yelir vielleicht sogar vorstellen, was die Fürsten dachten. Yelir war das Monster, dem sie dienten. Doch er hatte ein weiteres in sein Land geholt. »Ich verstehe ja, dass sie verunsichert sind, aber was soll ich denn tun?«
Lacrew gab einen nachdenklichen Laut von sich. »Was ist mit dem Artefakt, das sie schon einmal getragen hat. Das hat schon damals funktioniert«, bemerkte Lacrew, der zwar ein paar Dinge gehört hatte, doch nicht sonderlich genau wusste, was vorgefallen war.
Yelir ballte die Hände zu Fäusten, während er versuchte, seine Wut im Zaun zu halten. Die Vorstellung gefiel ihm ganz und gar nicht, doch sein Vater meinte es nur gut. »Das letzte Mal ist fürchterlich schiefgelaufen und hätte sie fast getötet, weil sie sich nicht schützen konnte«, erklärte er durch zusammengebissene Zähne. Noch immer schmerzte der Gedank daran.
»Ich sag ja nicht, dass du das Artefakt wirklich nutzen sollst«, stellte Lacrew klar, während er seinen überraschten Sohn beobachtete.
Dieser verstand nicht ganz und runzelte die Stirn. »Was genau meinst du damit?«, fragte er, da er nicht ganz folgen konnte.
Lacrew hob seinen Finger. »Pass auf. Um die Fürsten zu beruhigen, müssen sie glauben, dass du die Frau unter Kontrolle hast. Ob du das wirklich hast, ist unerheblich. Ich weiß, dass du dafür kein Artefakt brauchst. Aber es wäre ein Zeichen. Also leg ihr die Kette um, aber ohne ihr einen Befehl zu geben. Gib ihr alle Freiheiten, die du ihr geben willst. Es gibt keinen Grund, das Artefakt zu nutzen.«
So langsam verstand Yelir, was sein Vater meinte. Natürlich hatte er recht. Ohne einen Befehl war die Kette nur ein schönes Schmuckstück. »Ich glaube, sie ist kaputt«, erwiderte Yelir zähneknirschend.
»Noch besser«, erwiderte Lacrew. »Dann kannst du es gar nicht mehr nutzen. Es gibt also keinen Grund, warum du sie ihr nicht erneut umlegen solltest.«
Yelir wusste nicht so recht, was er davon halten sollte, doch er würde über die Idee nachdenken und sie mit Zunae diskutieren. Dazu müsste er ihr aber erst einmal erzählen, was es für Probleme mit den Fürsten gab.
Am liebste hätte er sich die Haare gerauft, denn es gab noch so viele Baustellen, dass er gar nicht wusste, wo er zuerst anfangen sollte. Er wollte sich auch nicht bei allem immer auf Zunae verlassen. Wie hatte er es denn gemacht, bevor sie gekommen war?
Wäre sie nicht da, wie hätte er das Problem dann gelöst?
Ohne sie gäbe es das Problem mit den Fürsten nicht, aber das der Banditen. Doch wie sollte er vorgehen? Er konnte nicht einfach in Ladvaran einfallen und Fürst Ladvarian festnehmen. Dazu fehlten ihm die Beweise. Früher hätte er das vielleicht getan, doch da der Krieg vorbei war, waren alle Augen auf ihn gerichtet. Er sollte das Reich in eine bessere Zukunft führen und das machte er nicht, indem er einfach seine Fürsten tötete. Das würde kein gutes Bild auf ihn werfen.
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