Kapitel 28
Nach zwei Wochen außerhalb der Nordlande und einer Seereise, die fast die Hälfte ihrer Zeit in Anspruch genommen hatte, freute sich Zunae wirklich, endlich wieder zurück nach Hause zu kommen.
Sie war froh, dass sie mit der Morgenübelkeit noch nicht so viele Probleme hatte, denn das half ihr zu verstecken und auch zu vergessen, dass sie schwanger war. Eine Tatsache, die sie so gut es ging verdrängte. Damit wollte sie sich im Moment nicht befassen, weil sie keine Ahnung hatte, was sie tun sollte.
Yelir trat an Zunae heran und legte ihr einen Arm um, während er ihren Blick hinaus auf den Horizont folgte. Es sollte nicht mehr lange dauern, bis Vereven wieder in Sicht kam. Eine Tatsache, die Yelir nervös machte, weshalb er schon die ganze Zeit recht angespannt gewesen war. Zunaes Gegenwart half ihm, auch wenn er das Gefühl hatte, sie würde, seitdem sie von der Rabenklippe zurück auf dem Schiff waren, vor ihm wegrennen. »Was siehst du dir an?«, fragte Yelir, während sich Zunae vertrauensvoll an ihn lehnte.
»Ich kann es nicht erwarten, wieder zurück zu kommen, aber ich mache mir auch Sorgen«, bemerkte sie. Nicht nur die Sorgen um ihren aktuellen Zustand besorgten sie. Auch die Tatsache ihrer Vision von Vereven. Durch ihre Schwangerschaft waren weitere Visionen ausgeblieben, was hieß, dass sie zumindest in nächster Zeit von Zeitreisen verschont bleiben würde. Hoffte sie.
»Ich werde nicht von deiner Seite weichen und versuchen, dich daran zu hindern, wieder zu verschwinden«, versprach Yelir ernst, der glaubte, dass es diese Sache war, die sie besorgte.
Zunae spürte Wärme in ihre Wangen steigen, denn seine Worte waren durchaus süß und gingen ihr ans Herz.
»Ich mache mir auch Sorgen, um meine Vision«, flüsterte sie, denn sie wollte Yelirs Sorge nicht einfach so abtun, ihm aber durchaus darauf hinweisen, dass ein großes Feuer ausstand.
Was, wenn sie in Vereven ankamen und dieses in Flammen stand?
Yelir zog sie fester an sich. »Ich weiß«, erwiderte er hauchend, wobei die Sorge in seiner Stimme mitschwang, denn auch er konnte an nichts anderes denken.
Beide blickten hinaus auf den Horizont, während sich angespanntes Schweigen zwischen ihnen ausbreitete. Was würde sie erwarten, wenn sie ihre Heimat am Horizont erblickten?
Zunae malte sich die schrecklichsten Dinge aus, doch als schließlich die ersten Zeichen der Hafenstadt auftauchten, gab es nichts, das auf Probleme hindeutete.
Ein erleichtertes Seufzen verließ ihre Lippen, als auch Yelir den angehaltenen Atem ausstieß.
»Scheint, als hätten wir uns zu viele Sorgen gemacht«, sagte er, wobei Zunae genau spürte, wie er sich wieder entspannte.
Vorsichtig nickte sie. »Die Zeitangaben der Vision waren nicht sonderlich genau«, flüsterte sie, denn sie hatte keinerlei Zeitgefühl gehabt, in ihrer Vision.
»Mich wundert es sowieso, dass du so genau sagen kannst, wann etwas passieren wird«, gestand Yelir, denn er hatte in der Vision nichts gesehen, was ihm auch nur einen Hinweis auf die Zeit des Feuers gegeben hatte.
Zunae lächelte leicht. »Ich habe es eher im Gefühl«, gab sie zu, während sie beobachtete, wie die Häuser von Vereven immer näher kamen.
»Und was sagt dein Gefühl jetzt?«, fragte Yelir, dessen Stimme bewusst ein wenig neckend klang. Er verstand durchaus, dass sie ihre Visionen meinte, doch er wollte die Unterhaltung in eine andere Richtung wenden.
Zunae runzelte die Stirn. »Nun, ich denke das problematischste, was auf uns zukommt, werden die Änderungen in der Burg sein«, sagte sie, da Vereven im Moment kein Problem war.
»Änderungen in der Burg?«, fragte Yelir, der ihr nicht ganz folgen konnte.
»Charlet ist zurückgekommen, als wir gegangen sind. Ich glaube nicht, dass das ein gutes Zeichen ist«, gab sie zu, auch wenn sie nur ungern zugab, dass sie ein Problem mit ihr hatte.
Yelir stieß die Luft aus. »Sie wird hoffentlich die Füße still gehalten haben«, brummte er. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte Charlet auf dem Alterswohnsitz bleiben sollen, doch sie war erpicht darauf gewesen, Degoni bei der Verwaltung zu helfen. Degoni hatte allerdings die Anweisung, Charlet nicht an die Dokumente zu lassen. Erst recht nicht an die, von Zunaes Plänen.
Außerdem war Evareth angewiesen, die Zimmer des Königspaares regelmäßig zu kontrollieren und niemanden hineinzulassen. Eine Sache wie mit Arcas sollte sich auf keinen Fall wiederholen.
»Wir sollten uns für solche Ausflüge wirklich eine vertrauenswürdige Vertretung suchen, die nicht so viel Probleme mit dem Papierkram hat, wie Degoni«, bemerkte Zunae mit einem leisen Lachen.
Degoni hatte seine Abneigung gegen den ganzen Papierkram sehr deutlich gemacht. Politische oder wirtschaftliche Belangen lagen ihn noch weniger als Yelir.
Dieser fuhr sich durch die Haare. »Ariel ist sehr gut in Politik«, bemerkte er, wobei er Zunae aus den Augenwinkel genau betrachtete.
Er sah, wie sie das Gesicht verzog. Nicht gerade vor Abneigung, aber allein der Name reichte Zunae, um sich unwohl zu fühlen.
»Magst du sie?«, fragte Zunae, die sich Mühe gab, ihren Mund nicht zu verziehen. Sie hatte bisher verdrängt, was vorgefallen war, weshalb sie auch nie darüber gesprochen hatten. Nicht so, wie es sein musste.
»Sie ist begabt und eine gute Lehrerin«, sagte er etwas abweisend. Anders sah er sie nicht. Mehr war sie für ihn nicht.
»Woher weißt du das?«, fragte sie, denn es war Zunae, die von ihr unterrichtet wurde.
Yelir wurde ein wenig unruhig. »Ich habe sie dafür missbraucht, mir ein Bild der wirtschaftlichen Lage zu machen«, gab er leise zu, wobei er seine Arme so um Zunae legte, dass sie nicht wegrennen konnte. »Unter dem Vorwand, ich würde deinen Lehrplan kontrollieren wollen, habe ich sie dazu gebracht, mir ein paar Dinge zu verraten und ... beizubringen.«
Zunae hob eine Augenbraue und lehnte ihren Kopf zurück, sodass sie zu Yelir hochsehen konnte. »Das erklärt es«, murmelte sie. Es hatte sie schon gewundert, wie Yelir es geschafft hatte, so genau zu wissen, was in ihren Stunden besprochen wurden war. Und wenn sie jetzt so darüber nachdachte, dann machte auch die Zeit Sinn. Ihrer beiden Tage waren sehr vollgepackt gewesen, sodass er nur am Abend, wo sie eigentlich gemeinsam Essen wollten, Zeit gehabt hatte, um sich um diese Dinge zu kümmern. Trotzdem musste es Zunae nicht gefallen.
Yelir zog sie etwas an sich. »Ich hätte es dir sagen sollen«, murmelte er entschuldigend.
»Mir wäre es lieber, wenn du einfach mit mir zusammen ...«, setzte sie an, doch Yelir schüttelte den Kopf, bevor er sich zu ihrem Ohr lehnte.
»Ich darf mir nicht anmerken lassen, dass ich davon keine Ahnung habe. Wenn das die Runde macht ...«, versuchte er zu erklären, wobei es ihm besonders peinlich war, das vor Zunae zuzugehen. Allerdings fiel es ihm auch nicht so schwer, wie er angenommen hatte.
Zunae verzog die Lippen, denn er hatte leider recht. »Und wenn wir uns einfach am Abend zusammen damit beschäftigen? Nachdem Ariel mir die Sachen beigebracht hat?«
Yelir hob eine Augenbraue. »Du willst meine Lehrerin sein?«, fragte er neckend.
Zunae spürte aus unerklärlichen Gründen eine leichte Wärme in ihr Gesicht steigen und wurde um die Nase rot. »Ja«, brachte sie hervor, auch wenn sie nur leise flüsterte.
Yelir begann ihre Seite zu streicheln und blickte einfach nur auf den Horizont, wo Vereven immer näher kam.
Er freute sich so, wieder zuhause zu sein. Hätte er zu dem Moment gewusst, was noch auf ihn zukommen würde, hätte er vielleicht anders reagiert.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro