"Hohenehr"
Auf Drachenschwingen durch die Luft zu fliegen war das schönste, was Jon je erlebt hatte. Er liebte es, auf Rhaegals Rücken durch den Himmel zu gleiten. Der grüngoldene Drache war ein sanfter Riese und flog langsam und ruhig. Daenerys, die auf ihrem schwarzem Drogon, dem geflügeltem Schatten neben ihm flog, mochte es wilder. Sie flog höher als Jon und vollführte weitaus gefährlichere Flugkunststücke.
Die beiden Drachenreiter hatten Drachenstein verlassen, nachdem die Nachricht von Gil Steinerns Eroberung von Sturmkap eingetroffen war. Jon war entsetzt gewesen, wie grausam Gil Steinern seinen Gegner getötet hatte, doch Daenerys hatte es einfach hingenommen. „Wir sind im Krieg. Und im Krieg passieren schlimme Dinge."
Jon hatte sie wütend angesehen, aber nichts erwidert.
Er war wütend geworden, als Daenerys ihn aufgefordert hatte, mit ihr die Loyalität von Haus Arryn einzufordern. Doch er hatte sich seiner Königin gebeugt. Nun überflog er mit ihr die Grenze zum Einzigen der Sieben Königslande, dessen Treue sich noch keiner Seite sicher war.
Sie hatten die Gurgel überquert, sich auf dem sumpfigen und nebelverhangenen Klauenhorn niedergelassen, wo Daenerys die Treue der Lords angenommen hatte. Viele der alten Häuser auf dem Klauenhorn waren treue Vasallen von Haus Targaryen gewesen und mit den Geschichten von Visenya Targaryen aufgewachsen, die ihnen die Unabhängigkeit von Harrenhal und Sturmkap versprach. Die Lords vom Klauenhorn hatten nicht viel übrig für Renly Baratheon, auch wenn sie ihn mehr mochten als Joffrey oder die Lennisters.
Doch ihr Flug hatte sie weiter geführt. Über die Krabbenbucht hinaus und über die Mondberge. Ihre Reise hatte ein Ziel: Hohenehr. Dem Sitz von Haus Arryn, den Herrschern des Grünen Tals von Arryn.
Hohenehr war der kleinste Sitz eines Hohen Hauses in Westeros. Kleiner als Drachenstein oder Winterfell. Sieben schlanke Türme, aus weißem Marmor, bohrten sich in den klaren blauen Himmel. An den Türmen wehte das blauweiße Banner von Haus Arryn. Ein silberner Falke und eine Mondsichel auf blauem Grund. Jon ließ Rhaegal eine Runde über die Burg drehen. Er entdeckte weder Wachen noch Bogenschützen auf den Balkonen.
Dann zeigen wir denen mal, dass die Drachen zurück sind, dachte Jon. Rhaegal brüllte donnernd, Drogon stimmte mit ein. Ihr Brüllen hallte von den Hängen der Mondberge zurück und war im halben Grünen Tal zu hören.
Als sich noch immer nichts regte, warf Jon einen fragenden Blick zu Daenerys. Sie nickte und ließ Drogon höher steigen. Jon beugte sich auf Rhaegals Rücken herab und setzte zur Landung an.
Der grüne Drache landete auf einem der großen Balkone. Der weiße Stein zersprang, als Rhaegal seine Krallen über ihn zog. Jon sprang vom Rücken seines Drachen und betrat die Hohe Halle der Arryns.
Das Erste, was ihm auffiel, waren die schwarzen Banner, die die Wände der Halle bedeckten. Es wirkte wie Trauer. Mindestens einhundert Personen erwarteten ihn. Sie hatten sich vor dem großen Wehrholzthron versammelt uns blickten auf eine Öffnung im Boden.
Misstrauisch blickte Jon in die Gesichter der Männer. Die meisten trugen Schwerter, doch keiner machte auch nur Anstalten, seine Waffe zu ziehen. Jon trat neben den Wehrholzthron der Arryns. „Wo ist Lady Arryn?", fragte er mit lauter Stimme.
Die Männer sahen auf. Keiner wirkte überrascht, ihn zu sehen. Sie hatten ihn erwartet
Ein Mann trat vor. Er trug schwarze Gewänder. Trauerkleidung, die von einer Spottdrossel gehalten wurde. Seine dunklen Haare wurden an den Schläfen bereits grau. Er verneigte sich vor Jon. „Mylord. Ich bin Petyr Baelish. Lord Protektor vom Grünen Tal und Regent für Lord Robin Arryn.", sagte Kleinfinger mit leiser Stimme. „Ich freue mich, euch und eurer Königin das Grüne Tal übergeben zu dürfen, ganz so, wie es ihrem Geburtsrecht zusteht."
Ein älterer Mann mit weißen Haaren, der eine reich verzierte Bronzerüstung trug, schnaubte abfällig.
Jon sah zu ihm auf. Er erkannte den Mann. „Lord Rois.", sagte er. „Habt ihr etwas zu sagen?"
„Jon Schnee.", sagte der Lord von Runenstein, Yohn Rois. „Als ich euch zuletzt sah, war ihr noch der Bastard von Winterfell. Wie kommt es, das ihr nun an der Seite von Daenerys Targaryen reist?"
„Ich bin schon lange nicht mehr der Bastard von Winterfell, Lord Rois.", antwortete Jon kühl. „Ich bin Königin Daenerys Erbe und Prinz von Drachenstein." Hinter ihm brüllte Rhaegal laut auf und die Lords und Ritter wichen erschrocken zurück.
Jon nutzte den Moment des Schreckens. Er trat von Lord Rois und Kleinfinger zurück. „Daenerys Targaryen ist das letzte Kind von Aerys Targaryen und die wahre Königin von Westeros. Ich weiß, dass das Grüne Tal einst gegen ihren Vater in den Krieg gezogen ist. Und das zu Recht. Doch Daenerys ist nicht ihr Vater," er sah zu Rhaegal. Der Drache brüllte, breitet seine Flügel aus und stürzte sich in die Tiefe.
Nur Augenblicke später, wurde Hohenehr erneut erschüttert. Drogons mächtige Gestalt erschien vor den Fenstern. Seine roten Augen blickten ins Innere der Halle und er knurrte laut. Dann kam Daenerys in den Saal. Mit kühlen Blick musterte sie die Lords und Ritter vom Grünen Tal. „Mein Vater, war ein Wahnsinniger und Mörder. Er hat eurem letzten Lord, Jon Arryn, den Erben genommen. Er hatte es verdient, das man ihn stürzte." Sie sah zu Yohn Rois. Jon wusste, dass der alte Lord von Runenstein, einer der Kommandanten im Heer von Robert Baratheon gewesen war. „Ich habe es bereits den Lennisters versprochen und das gleiche verspreche ich euch: Niemand wird für das, was während der Rebellion passiert ist, verurteilt."
Daenerys legte die Hände aneinander und Drogon verschwand vom Fenster und mit ihm die direkte Bedrohung eines Drachen. „Ich würde gerne mit Lord Robin Arryn und seiner Mutter, Lady Lysa sprechen," verlangte Daenerys.
Jon musterte die Lords. Als Daenerys ihre Lady erwähnte, warfen nicht wenige Petyr Baelish wütende Blicke zu.
Der Lord Protektor senkte wie in Trauer den Kopf. „Euer Gnaden. Ich muss euch leider mitteilen, das Lady Lysa Arryn verstorben ist. Als sie hörte, dass ihr die Mondberge überschritten habt, hat sie sich in Verzweiflung und aus Angst, ihr könntet sie für die Taten ihres verstorbenen Gemahls, Lord Jon Arryn, verantwortlich machen, durch die Mondpforte gestürzt."
Er deutet auf das Loch im Boden. „Sie ist vor einigen Tagen verstorben." Petyr seufzte leise. „Ich habe Lord Arryn zu den Toren des Mondes gebracht. Dort wird er den Winter verbringen und zu einem wahren Lord des Grünen Tals ausgebildet werden. Und in Sicherheit sein."
„Wenn wir den Winter überleben," knurrte Jon. „Sagt mir, Lord Baelish. Wer war anwesend, als Lady Lysa gestorben ist?"
Kleinfinger sah ihn aus den Augenwinkeln an. „Ich kannte euren Vater. Lord Eddard war ein guter Freund und es hat mich in tiefe Trauer gestürzt, als er
verraten wurde."
„Lenkt nicht von euch ab, Lord Protektor.", rief Lord Rois. „Der Prinz hat euch eine Frage gestellt."
Kleinfinger warf ihm einen geringschätzigen Blick zu. „Ich war dabei, als Lysa sich in den Abgrund stürzte. Ich sah sie noch an der Pforte stehen, doch ich war zu langsam. Lord Rois und Lord Corbray haben mich gefunden."
„Wir sahen nur euch an der Pforte kauern. Niemand hat gesehen, wie die Mutter unseres Lords gefallen ist," knurrte Rois.
„Aber wir haben ihre Leiche gefunden. Am Grund der Mondberge," beharrte Kleinfinger. Dann breitet er die Arme aus. „Doch lasst uns nicht in Trauer verfallen. Mylords. Hohenehr hat eine Königin zu Besuch. Lasst sie uns willkommen heißen, wie es sich gehört. Mit einem Fest, Euer Gnaden," er verbeugte sich galant vor Daenerys, „ich habe euch die Gemächer der Lady fertigmachen lassen."
„Das ist sehr freundlich, Lord Baelish," Daenerys lächelte ihn an, „lasst uns die Eide auf das Essen verschieben, wenn wir alle satt und zufrieden sind."
„Das ist eine hervorragende Idee, euer Gnaden. Lord Rois, lasst die Gäste kommen. Und sendet einen Raben zu den Toren des Mondes. Lord Arryn sollte informiert werden, dass seine Königin zurückgekehrt ist."
Yohn Rois sah Kleinfinger finster an, verbeugte sich jedoch und verließ die Hohe Halle.
Kleinfinger hatte sich bereits zu Daenerys umgedreht. „Euer Gnaden. Bitte folgt mir."
Daenerys warf Jon einen triumphierenden blick zu und folgte Kleinfinger.
Jon sah ihnen nach, dann drehte er sich um und lief Yohn Rois hinterher.
„Lord Rois!", rief er.
„Ser Jon.", Yohn Rois hatte sich mit einem jungen Ritter unterhalten. „Was kann ich für euch tun?"
Jon sah sich um, doch er konnte niemanden sehen. „Was ist wirklich passiert? Hat Lady Arryn Selbstmord begangen?"
Yohn Rois zögerte mit seiner Antwort.
Jon schloss entnervt die Augen. „Auch wenn ich ein Targaryen bin, Lord Eddard Stark war lange Zeit mein Vater. Er hat euch hoch geschätzt. Und er traute Kleinfinger zu sehr."
„Es ist leider eine Möglichkeit, dass Lady Lysa sich selber das Leben genommen hat," sagte Lord Rois zögernd. „Sie war immer schon sehr labil. Vor allem, wenn es um ihre Kinder ging. Ihre Ehe mit Lord Baelish war nicht so erfolgreich wie sie immer gehofft hatte. Er war viel auf Reisen und hat das Tal besucht, um sich seiner Unterstützung sicher zu sein."
„Und hat er die Unterstützung des Tales?" fragte Jon. Sie wanderten die Gänge von Hohenehr entlang.
„Von vielen Ja. Waynwald. Belmore. Haindorf. Jäger. Kaltwasser. Tollett. Sie alle hat er auf seine Seite gezogen.", berichtete Lord Yohn.
„Das ist nicht gut.", murmelte Jon. „Könnte er seine Gemahlin eigenhändig aus der Mondpforte geworfen haben?"
Lord Rois sah ihn misstrauisch an. „Das halte ich für unwahrscheinlich. Er ist nur ein Emporkömmling, der seine gesamte Macht der Ehe mit Lady Arryn und dem Haus Lennister verdankt. Und dem Vertrauen von Lord Arryn."
„Die Lennister sind entmachtet und Lady Arryn tot. Und das Vertrauen von Lord Arryn... er ist noch ein Junge und nach allem was man über ihn hört, nicht unbedingt Willensstark."
'Ich war dabei, an jenem Tag in Königsmund. Er hat euren Ziehvater verraten und der Gnade von Joffrey ausgeliefert. Varys Worte, die der Eunuch i'hm vor seinem Aufbruch von Drachenstein zugeflüstert hatte, begann in Jons Gedanken zu kreisen. „Bei allem, was Kleinfinger macht, tut und sagt: Stellte euch eine Frage; Was will Kleinfinger?"
„Und was will er?", hatte Jon den Meisterspion gefragt.
Varys hatte ihn Mitleidig angesehen. „Das was alle Männer wollen. Und das, was auch unsere Königin will. Die Absolute Macht."
„Wisst ihr, was Kleinfinger vorhat?", fragte Jon Lord Rois.
Dieser schüttelte den Kopf. „Es tut, mir Leid. Doch selbst wenn ich es wüsste, könnte ich es euch nicht sagen. Ich bin durch Eid an Lord Arryn gebunden und ob ich ihn jetzt schätze oder nicht, ich bin dazu verpflichtet, seine Geheimnisse zu hüten. Und die seines Regenten."
„Ich würde nie von euch verlangen, dass ihr gegen eure Eide verstoßt, Lord Rois," beschwichtigte Jon den ehrwürdigen Lord. „Doch ich traue Kleinfinger nicht. Was hat er euch erzählt, was in Königsmund passiert ist?"
„Er hat nur gesagt, dass Lord Eddard daran gescheitert ist, die Regierung der Sieben Königslande zu übernehmen.", antwortet Lord Rois.
Jon hatte nichts anderes erwartet. „Ich verstehe. Sagt mir, Lord Rois. Wie viel Soldaten hat Kleinfinger auf Hohenehr?"
„Geschworene Schwerter? Ein Dutzend, die nur ihm Treu sind. Aber er baut auf die Loyalität der Lords."
„Die Wegfallen würde, wenn man ihm Verrat nachweisen könnte," murmelte Jon. „Ich danke euch, Mylord. Kann ich darauf Vertrauen, das ihr unsere Unterhaltung mit Vertraulichkeit behandeln werdet?"
„Bei meiner Ehre, Ser Jon.", versicherte ihm Lord Rois.
Jon verließ den Lord von Runenstein. Alleine wanderte er durch die Gänge von Hohenehr. Kleinfinger war ein intriganter Mann. Jon war sich sicher, dass Kleinfinger Lysa Arryn umgebracht hatte, so wie er auch Eddard Stark verraten hatte. Doch auch wenn Varys Bericht überzeugend klang, konnte Jon auch ihm nicht richtig vertrauen. In den Briefen, die er von Lord Eddard gelesen hatte, war viel von der Rivalität, zwischen Kleinfinger und Varys die Rede gewesen. Varys könnte gelogen haben.
Jon erreichte die Gemächer des Lords von Hohenehr. Leise Klopfte er an.
Daenerys erwartete ihn bereits. „Hast du mit Lord Rois gesprochen?", fragte seine Königin.
„Das habe ich. Er traut Kleinfinger ebenso wenig wie ich.", antwortete Jon. „Er hat es nicht direkt gesagt, aber wenn wir einen gerechten Grund finden, um Kleinfinger anzuklagen, dann würde er uns unterstützen. Er mag gegen deinen Vater in den Krieg gezogen sein, doch er hat für Kleinfinger, noch weniger übrig."
„Was für viele Lords des Tales spricht.", Daenerys sah aus dem Fenster und beobachtete, wie Drogon und Rhaegal sich über der Riesenlanze jagten. „Wir haben es fast geschafft, Jon. Wenn die Lords vom Grünen Tal mir die Treue halten, dann hat Renly verloren."
Jon neigte nur den Kopf. Er war es leid, Daenerys vor den Wanderern zu warnen. Sein Entschluss stand fest. Sobald Renly abgesetzt war, würde er nach Norden fliegen. Egal was Daenerys sagte. „Was haltet ihr von Kleinfinger?", fragte er ausweichend.
„Er ist ein Intrigant.", antwortete Daenerys. „In der kurzen Zeit, die er von der Hohen Halle bis zu diesen Gemächern hatte, hat er bereits versucht, mir die Vorzüge seiner Gefolgschaft zu präsentieren."
Jon verschränkte die Arme. „Er saß im kleinen Rat von Robert und Joffrey."
„Genau so wie Varys und Tyrion. Warum sollten wir ihnen mehr trauen als ihm?", argumentierte Daenerys. „Er sichert mir die Loyalität des Grünen Tals. Wenn du etwas findest, das wir gegen ihn verwenden können, dann bring es mir und ich lasse ihn wegsperren. Aber bis dahin wirst du ihn mit Respekt behandeln." Sie drehte sich zu ihm um." Hast du mich verstanden?" fragte sie hart.
Jon verzog missmutig die Lippen. „Wie du befielst. Darf ich mich für das Fest zurück ziehen?"
„Natürlich. Aber ich verlange deine Anwesenheit. Ob es mir gefällt, oder nicht, du bist meine beste Verbindung nach Westeros. Viele sehen in dir den Bastard von Lord Eddard. Daher vertrauen sie dir mehr als mir." Sie entließ ihn mit einer Handbewegung.
Jons Gemächer lagen im höchsten Turm von Hohenehr. Der Kamin war zwar mit Holzscheiten gefüllt, doch das Feuer konnte den Raum nur schwer wärmen. Jon starrte dennoch in die Flammen. Er hoffte, das der Herr des Lichts ihm Visionen schickte, doch die Bilder, die er sah, waren jene, die er schon kannte. Kleinfinger, wie er seinen Vater verriet. Varys, wie er nichts tat. Tyrion, wie er Pläne schmiedete und gegen Robb intrigierte.
Ein leises Klopfen kam vom Fenster. Jon sah kurz hin und entdeckte einen Raben, der gegen die Scheibe klopfte. Jon ignorierte ihn und starrte wieder ins Feuer.
Das Klopfen wurde lauter. Flügel raschelten. Jon stand auf und öffnete das Fenster. Ein ganzer Schwarm Raben flog in das Zimmer.
Jon wich zurück. Das laute Krähen der Raben dröhnte ihm in den Ohren und die Flügel peitschten über sein Gesicht. Jon griff nach seinem Schwert. Langklaue fuhr lautlos aus der Scheide. Die Raben hörten auf, ihn zu umfliegen und ließen sich auf den Möbeln, dem Bett und dem Kaminsims nieder.
Jon senkte Langklau. Etwas war anders an diesen Raben. Sie starrten ihn an. Aus dutzenden schwarzen Perlenaugen. Und als er sich bewegte, folgten ihm alle, als wären sie eins. Dann fielen ihm die Briefe auf. Mehrere der Raben hatten Botschaften an den Beinen. Jon löste eine. Sie war mit einem Schwarzen Wachsiegel verschlossenen, den ein dreigängiger Rabe zierte. Er brach das Siegel.
>>Prinz von Drachenstein. Rhaegar Targaryen ist dein Vater und Lyanna Stark deine Mutter.<<
Jon starte auf den Brief. Das konnte doch nicht sein. Daenerys hatte ihn zwar immer als ihren Erben und Targaryen bezeichnet, doch er hatte noch keinem gesagt, wer seine Eltern waren. Ob die Nachricht von Aegon war? Aber was sollte sie bedeuten? Und warum war sie dann mit einem Raben versiegelt und nicht mit einem Drachen? Von wem war dieser Brief?
Ein weiterer Rabe hüpfte auf ihn zu und hob das Bein. Auch er trug eine Nachricht und auch sie, war mit einem schwarzen Rabensiegel verschlossen.
>>Glaube Kleinfinger kein Wort<<
Jon wurde bleich. Was wurde hier gespielt? Er nahm sich die nächsten Nachrichten vor. Die Raben schienen zu wissen, was er wollte, denn sie hüpften auf ihn zu und bleiben still, wenn er ihnen die Nachrichten abnahm.
>>Chaos ist eine Leiter<<
>>Der Dolch, der mein Leben beenden sollte, gehörte Baelish, ehe er an Robert ging<<
>>Er hat Vater seine Unterstützung versprochen und ihn verraten<<
>>Ramsay Schnee wurde von Kleinfinger unterstützt<<
>>Frag ihn nach seiner Reise nach Maidengraben<<
>>Was will Kleinfinger?<<
>>Er hat meine Mutter immer geliebt<<
>>Was will Kleinfinger?<<
>>Suche das Mädchen<<
>>Was will Kleinfinger?<<
Jon starrte auf die Briefe. Das war doch nicht möglich. Die Nachrichten erzählten in allen Einzelheiten, was Petyr Baelish verbrochen hatte, seitdem Eddard Stark zu Roberts Hand geworden war. Alle Vorwürfe, vom Verrat an Lord Eddard bis zum Mord an Jon Arryn waren hier aufgezeichnet. Mit zitternden Händen, öffnete Jon den letzten Brief.
>>Petyr Baelish hat Lysa Arryn aus der Mondpforte gestoßen, um frei zu sein.
Brandon Stark, der Dreiäugige Rabe<<
Kraftlos ließ sich Jon auf das Bett sinken. Bran lebte. Und er hatte ihm diese Briefe gesendet, um ihn vor Kleinfinger zu warnen. Was sollte er jetzt tun?
Einer der Raben hüpfte auf ihn zu und starrte ihn an. Alle Raben starrten ihn an. Jon kam ein wahnsinniger Gedanke. Er hatte eine enge Verbindung zu Rhaegal. Er ritt nicht einfach auf ihm, sondern konnte in die Gedanken des Drachen sehen. Sie waren wie eins, mehr noch, als Daenerys und ihr schwarzer Drogon. Konnte er das auch mit anderen Tieren machen? Zögernd versuchte er, in die Gedanken des Raben einzugreifen.
Plötzlich kreischte der ganze Schwarm auf und stob auf. Jon konnte für einen Moment nichts mehr sehen, außer Federn, Krallen und Schnäbeln. Dann waren die Raben aus seinem Zimmer verschwunden. Jon sah ihnen nach und schloss das Fenster. Seine Hände zitterten leicht.
Als er den Raben mit seinem Geist versucht hatte zu berühren, hatte er für einen Moment, die Präsenz eines anderen gespürt. Jemand war bereits in den Verstand der Raben eingedrungen. Und er hatte den Verdacht, dass es Bran gewesen war.
Die Briefe waren auf dem Boden verteilt worden. Jon beugte sich hinab und sammelte sie langsam auf. Während er das Papier aufsammelte, wuchs sein Entschluss, Kleinfinger zu verurteilen. Das Pergament knistere, als er seine Hände zu Fäusten ballte. Er würde ihn noch am heutigem Abend, mit seinen Taten konfrontieren
Die Hohe Halle war mit großen Tischen zugestellt und Fackeln und Kerzen, erhellten die Halle. Alle Tische waren besetzt und eine Gruppe Barden spielte Musik. Jon betrat die Halle. Ein Kettenhemd unter der Wolle und mit Langklaue an seinem Gürtel. Misstrauisch ließ Jon seinen Blick durch die Halle wandern.
Daenerys saß auf einem erhöhten Stuhl. Kleinfinger saß neben ihr. Er lächelte charmant und füllte Daenerys den Weinkelch auf. Und Daenerys lächelte zurück.
Jon ballte erneut die Fäuste. Am liebsten wäre er auf Kleinfinger losgegangen. Doch als er den ersten Schritt machte, fiel ihm ein kleines Mädchen auf, dass sich hinter einer Säule versteckte. Sie war vielleicht vier und wirkte ängstlich.
Jon entspannte sich und kniete sich vor ihr hin. „Hey. Wie heißt du?", fragte er freundlich.
„Kätzchen.", sagte das Mädchen leise. Sie hatte blaue Augen und kastanienbraune Haare. Ihre Kleider waren blau und grün. Sie wirkten edel, aber irgendwie vernachlässigt. Jon hielt ihr die Hand hin. „Hallo Kätzchen. Ich bin Jon."
Zögernd nahm Kätzchen seine Hand. „Du bist der Drachenreiter," sagte sie leise.
„Das stimmt.", lächelte Jon. „Er heißt Rhaegal. Willst du ihn mal sehen?"
Kätzchen begann zu strahlen und nickte.
Jon lächelte. Das Mädchen erinnerte ihn an sein früheres Leben, als Sansa und Arya noch kleine Mädchen waren.
„Wo ist deine Mutter, Kätzchen?", fragte Jon.
Das Lächeln verschwand aus Kätzchens Gesicht. „Da," sagte sie und deutete auf das Mondtor. „Mein Vater hat sie hinunter geworfen."
Jon wurde weiß und ihm kam ein schrecklicher Verdacht. „Kätzchen.", sagte er langsam. „Wo ist dein Vater?"
Kätzchen hob den Arm und zeigte mit ausgestrecktem Finger auf Petyr Baelish.
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